TE Vwgh Beschluss 2021/12/15 Ra 2021/10/0166

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Veröffentlicht am 15.12.2021
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Index

E1P
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art133 Abs4
MRK Art6
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §24 Abs4
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Tscheließnig, über die Revision des S M in W, vertreten durch die KOMWID Kompein Widmann Rechtsanwälte OG in 1030 Wien, Beatrixgasse 1/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25. August 2021, Zl. W254 2244946-1/2E, betreffend eine Beurteilung der letzten Stufe der besuchten Schulart als nicht erfolgreich abgeschlossen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bildungsdirektion für Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Der Revisionswerber besuchte im Schuljahr 2018/19 die fünfte Klasse (13. Schulstufe) einer bestimmten HTL in Wien. Nachdem in einem früheren Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 9. Februar 2021 festgestellt worden war, dass der Revisionswerber nicht aufgehört habe, Schüler der Schule zu sein, wurde ihm nachträglich ein Jahreszeugnis ausgestellt; dieses enthielt in den Pflichtgegenständen „Softwareentwicklung“ und „Englisch“ jeweils die Note „Nicht genügend“, im Gegenstand „Geografie, Geschichte und politische Bildung“ wurde der Revisionswerber nicht beurteilt. Er schloss somit die letzte Schulstufe der besuchten Schulart nicht erfolgreich ab.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 25. August 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht - im Beschwerdeverfahren - einen gegen den nicht erfolgreichen Abschluss der letzten Schulstufe erhobenen Widerspruch des Revisionswerbers ab, wobei es die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zuließ.

3        Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung - soweit für die vorliegende Revisionssache von Interesse - zugrunde, die belangte Behörde habe aufgrund des gegenständlichen Widerspruchs ein Ermittlungsverfahren zur Überprüfung der erwähnten Beurteilungen eingeleitet, in dem sich herausgestellt habe, dass die Unterlagen nicht zur Feststellung ausreichten, ob die Beurteilungen unrichtig oder richtig gewesen seien. Deshalb sei das Verfahren gemäß § 71 Abs. 4 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) unterbrochen und der Revisionswerber zu kommissionellen Prüfungen in den Pflichtgegenständen „Softwareentwicklung“, „Englisch“ und „Geografie, Geschichte und politische Bildung“ zugelassen worden.

4        Am 18. Mai 2021 habe der Revisionswerber durch seinen Rechtsvertreter mitgeteilt, dass er zu den Prüfungsterminen nicht antreten werde, weil es unzumutbar sei, nach einer derart langen Zeit zu kommissionellen Prüfungen anzutreten.

5        In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht im Kern aus, der Revisionswerber sei zu den ihm ermöglichten kommissionellen Prüfungen ohne triftigen Grund nicht erschienen; nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis u.a. auf VwGH 16.12.1996, 96/10/0095, und 11.6.2001, 99/10/0237) habe dies zur Folge, dass die auf „Nicht genügend“ lautenden Beurteilungen aufrecht blieben. Im Übrigen sei nach der hg. Rechtsprechung auch eine kurzfristige Ansetzung der Prüfung nicht rechtswidrig, doch müsse zumindest die Möglichkeit gegeben sein, die zum Antritt zur Prüfung notwendigen organisatorischen Vorkehrungen zu treffen (Hinweis u.a. auf VwGH 10.6.1985, 84/10/0272 = VwSlg. 11.788 A).

6        Die von der belangten Behörde mit dem vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheid ausgesprochene Abweisung des Widerspruchs des Revisionswerbers sei daher nicht rechtswidrig.

7        Im Weiteren verneinte das Verwaltungsgericht - näher begründet - eine vom Revisionswerber geltend gemachte „Befangenheit der Prüfungskommission“.

8        Von der vom Revisionswerber beantragten Verhandlung sah das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ab: Zum einen sei das Schulrecht nicht von Art. 6 EMRK und auch nicht von Art. 47 GRC erfasst (Hinweis u.a. auf VfGH 10.3.2015, E 1993/2014 = VfSlg. 19.958). Zum anderen führte das Verwaltungsgericht - unter umfangreicher Berufung auf hg. Rechtsprechung - insbesondere aus, der Revisionswerber sei der Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde in seiner Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten.

9        2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

11       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12       3.1. Die Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision bringen zunächst vor, das Ermittlungsverfahren habe sich vorliegend auf ein durch den Schulqualitätsmanager als Amtsgutachter anhand von Stellungnahmen der Lehrkräfte und der Schulleitung erstelltes Amtsgutachten beschränkt; eine „ernsthafte Auseinandersetzung mit den Leistungsfeststellungen des Revisionswerbers ist dadurch unterblieben“.

13       Soweit damit eine Verfahrensrüge erhoben werden soll, wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels auf keine Weise konkret dargelegt (vgl. zu diesem Erfordernis etwa VwGH 29.9.2021, Ra 2021/01/0181, mwN).

14       3.2. Mit der folgenden Behauptung des Revisionswerbers, es sei für ihn „ebenso aussichtslos und unzumutbar, nach zweijähriger Schulabsenz zu einer offenbar befangenen Prüfungskommission anzutreten, da der enormen psychischen Belastung keine Erfolgsaussichten gegenüberstanden“, wird mit Blick auf die vom Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund der hg. Rechtsprechung vertretene Auffassung, der Revisionswerber sei zu den ihm ermöglichten kommissionellen Prüfungen ohne triftigen Grund nicht erschienen, eine grundsätzliche Rechtsfrage nicht aufgeworfen (zu dem insofern strengen Maßstab vgl. etwa wiederum VwGH 96/10/0095); der Vorwurf der Befangenheit der Prüfungskommission bleibt in diesem Zusammenhang im Übrigen völlig unsubstantiiert.

15       3.3. Im Weiteren wendet sich das Zulässigkeitsvorbringen des Revisionswerbers gegen das Unterbleiben der von ihm beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht.

16       Dazu ist allerdings darauf hinzuweisen, dass es außerhalb des Anwendungsbereiches des (hier - wie vom Verwaltungsgericht richtig ausgeführt - nicht maßgeblichen) Art. 47 GRC bzw. des Art. 6 EMRK weiterhin Sache des Revisionswerbers ist, die Relevanz der unterbliebenen mündlichen Verhandlung aufzuzeigen. Diesbezügliche Darlegungen sind der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision allerdings nicht zu entnehmen (vgl. etwa VwGH 23.5.2017, Ra 2015/10/0127, mwN, ebenfalls zu einer Beurteilung der letzten Stufe der besuchten Schulart als nicht erfolgreich abgeschlossen).

17       3.4. Nach dem Gesagten entbehren die vom Revisionswerber abschließend aufgeworfenen Rechtsfragen (etwa ob eine kommissionelle Prüfung ohne „der vorherigen Führung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens“ angesetzt werden dürfe, oder welche Rechtsfolgen bei Nichtantritt zu einer kommissionellen Prüfung bei Vorliegen eines „triftigen Grundes“ einträten) einer Grundlage.

18       4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

19       Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 15. Dezember 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021100166.L00

Im RIS seit

07.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

10.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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