TE Lvwg Erkenntnis 2021/12/2 LVwG-2021/45/0180-1

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Veröffentlicht am 02.12.2021
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Entscheidungsdatum

02.12.2021

Index

L40017 Anstandsverletzung Ehrenkränkung Lärmerregung Polizeistrafen Tirol
L40057 Prostitution Sittlichkeitspolizei Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

LPolG Tir 1976 §20 litc
VStG §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Stemmer über die Beschwerde des AA, wohnhaft in Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Z vom 03.12.2020, Zl ***, betreffend ein Verfahren nach dem Tiroler Landes-Polizeigesetz (TLPG),

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Z vom 03.12.2020, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen wie folgt:

„Sie, AA, geb. am **.**.****, haben am 01.08.2019 um 13:41 Uhr in Z, Adresse 2, Vernehmungszimmer, folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Sie haben den Polizeibeamten GI BB vorsätzlich durch die Betitelung „DE BULLEN“ verspottet bzw. beschimpft und dadurch eine Ehrenkränkung gem. § 20 lit. c Tiroler Landes-Polizeigesetz (TLPG), LGBl. Nr. 60/1976 i.V.m. § 21 Abs. 1 Tiroler Landes-Polizeigesetz (TLPG), LGBl. Nr. 60/1976, in der Fassung LGBl. Nr. 56/2017, begangen.

Aufgrund dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

€ 50,00

12 Stunden

§ 21 Abs. 1 Tiroler Landes-Polizeigesetz, LGBl. Nr. 60/1976, in der Fassung LGBl. Nr. 56/2017

Verfahrenskosten

Barauslagen

Gesamtbetrag

€ 10,00

 

€ 60,00

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen angeführt, er habe die Wörter „die Bullen“ nicht zu den Polizisten CC und BB gesagt, sondern vielmehr am Telefon gegenüber DD. Auch wenn die beiden Polizisten alles mithören konnten, seien nicht sie gemeint gewesen, sondern die Polizisten, die ihn angefahren hätten.

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt sowie in den Akt des Landesverwaltungsgerichtes Tirol. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG entfallen.

II.      Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer wurde am 01.08.2019, gegen 13:41 Uhr auf der Verkehrsinspektion Y, Adresse 2, **** Z im dortigen Vernehmungszimmer aufgrund eines Verkehrsunfalles mit Personenschaden als Opfer schriftlich einvernommen. Er wollte dabei umgehend Namen, Adressen und Kopien der Vernehmungen der am Verkehrsunfall beteiligten Polizeibeamten der VI Y und betitelte in diesem Zusammenhang in einem Telefongespräch mit DD die am Verkehrsunfall beteiligten Polizeibeamten wiederholt als „de Bullen“. Diese Äußerung konnte von den beiden die Vernehmung durchführenden bzw im Vernehmungszimmer anwesenden Polizeibeamten GI CC und GI BB wahrgenommen werden.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich für das Landesverwaltungsgericht unstrittig aus der vorliegenden Aktenlage. Der Beschwerdeführer hat dabei eingeräumt, dass er die Worte „De Bullen“ verwendet hat (vgl insbesondere den Einspruch vom 27.08.2019). Er hat allerdings im gesamten Strafverfahren klargestellt, dass er diese Aussage auf die beiden am Unfall beteiligten Polizeibeamten bezogen hat und nicht auf die beiden die Vernehmung durchführenden bzw im Vernehmungszimmer anwesenden Polizeibeamten GI CC und GI BB. Aus der Anzeige vom 08.08.2019 sowie der Stellungnahme des GI BB vom 30.08.2019 geht ebenso unzweifelhaft hervor, dass der Beschwerdeführer mit diesem Ausdruck die beiden am Verkehrsunfall beteiligten Polizisten im Telefonat mit DD gemeint hat.

IV.      Rechtslage:

Die verfahrensgegenständlich relevanten Bestimmungen des Tiroler Landes-Polizeigesetzes (TLPG), LGBl Nr 60/1976, bezüglich § 21 TLPG idF LGBl Nr 56/2017, lauten wie folgt:

§ 20

Ehrenkränkungen

 

Eine Ehrenkränkung begeht, wer vorsätzlich

a) einen anderen einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zeiht oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen;

b) einem anderen eine gerichtlich strafbare Handlung vorwirft, für welche die Strafe schon vollzogen oder wenn auch nur bedingt nachgesehen oder nachgelassen oder für die der Ausspruch der Strafe vorläufig aufgeschoben worden ist;

c) einen anderen beschimpft, verspottet, am Körper mißhandelt oder mit einer körperlichen Mißhandlung bedroht.

§ 21

Strafbestimmung

(1) Ehrenkränkungen sind als Verwaltungsübertretungen mit einer Geldstrafe bis zu 215,- Euro zu bestrafen.

(2) Ehrenkränkungen sind nur zu verfolgen und zu bestrafen, wenn der Verletzte binnen sechs Wochen von dem Zeitpunkt an, in dem er von der Übertretung und der Person des Täters Kenntnis erlangt hat, bei der zuständigen Behörde einen Strafantrag stellt.

(3) § 56 Abs. 2, 3 und 4 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl. Nr. 52, ist anzuwenden.

V.       Erwägungen:

Nachdem aus dem festgestellten Sachverhalt unzweifelhaft hervorgeht, dass der Beschwerdeführer in einem Telefonat den von ihm verwendeten Ausdruck „De Bullen“ auf die am Verkehrsunfall beteiligten Polizeibeamten bezogen hat, erweist sich der im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfene Tatbestand, wonach der Beschwerdeführer „den Polizeibeamten GI BB vorsätzlich durch die Betitelung „De Bullen“ verspottet bzw. beschimpft zu haben“, sowohl in objektiver, vor allem aber auch in subjektiver Hinsicht als nicht vorliegend. Das angefochtene Straferkenntnis war daher zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Stemmer

(Richterin)

Schlagworte

Ehrenkränkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.45.0180.1

Zuletzt aktualisiert am

03.01.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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