Entscheidungsdatum
22.09.2021Norm
VStG §45Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seine Richterin Mag. Zauner über die Beschwerde des F.P., vertreten durch die A., X, L., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19. April 2021, GZ: BHLL/920100146010/20, betreffend die Abweisung von Anträgen auf Einstellung bzw. Aussetzung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen einer Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959)
A. zu Recht:
I. Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und der Bescheid hinsichtlich der Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers vom 19. Oktober 2020 auf Einstellung des Verfahrens aufgrund von Verjährung ersatzlos aufgehoben.
II. Gegen diese Entscheidung ist eine Revision unzulässig.
B. und fasst den Beschluss:
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich jenes Spruchteils des angefochtenen Bescheides betreffend die Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers vom 19. Oktober 2020 auf Aussetzung des Verwaltungsstrafverfahrens als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diese Entscheidung ist eine Revision unzulässig.
Entscheidungsgründe
I.1. Mit Bescheid vom 8. Mai 2018, GZ: Wa20-8-1-2018/BrK/Wn, schrieb die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) der Wassergenossenschaft I. mit Sitz in der Gemeinde H., vertreten durch den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) als Geschäftsführer, die Beseitigung verschiedener konsensloser Veränderungen der mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Juli 1970, GZ: Wa-30/8/1-1970, bewilligten Entwässerungsanlage vor.
I.2. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 16. Juni 2020, GZ: LVwG-551313/32/BZ/JoS, wurde die Beschwerde gegen diesen Bescheid als unbegründet abgewiesen.
I.3. Gegen dieses Erkenntnis wurde mit Schriftsatz vom 31. Juli 2020 eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Das Revisionsverfahren ist zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.
I.4. Mit Schreiben vom 24. September 2020, GZ: BHLL/920100146010/20, forderte die belangte Behörde den Bf als Geschäftsführer der Wassergenossenschaft I. zur Rechtfertigung auf und legte ihm folgende Verwaltungsübertretung zur Last [Hervorhebungen nicht übernommen]:
„Als das seit 30.05.2011 gem. § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Wassergenossenschaft I. (Sitz in der Gemeinde H.) haben Sie seit 30.05.2011 zu verantworten, dass eine bewilligungspflichtige Entwässerungsanlage ohne wasserrechtliche Bewilligung betrieben worden ist. Konkret wurde die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14.07.1970, GZ Wa-30/8/1-1970, bewilligte Entwässerungsanlage, welche bereits vor dem genannten Zeitpunkt ohne Einholung einer wasserrechtlichen Bewilligung geändert und betrieben worden war, weiterhin bewilligungslos betrieben. Es wurde verabsäumt, den konsensgemäßen Zustand wiederherzustellen, indem der Betrieb der Entwässerungsanlage mit folgenden, bestehenden Änderungen weitergeführt wurde:
1. Beseitigung der ca 5 m breiten sowie ca 0,3 m tief errichteten und im Bereich der Kanalachse DN 600 liegenden HQ 3 Flutmulde auf GSt x KG H aufgrund der Durchführung von großflächigen geländegestaltenden Maßnahmen in Form von Geländeaufschüttungen und
2. Einleitung von Oberflächenwässern der GSt y und z/1 KG H über das Straßendurchlassrohr DN 400 der K.straße auf GSt Nr a/1 KG H und über einen konsenslosen Einlaufschaft DN 1000 auf der Grundgrenze der GSt b/2 und x KG H und eine konsenslose ca 6 m lange Kanalrohrleitung DN 250 auf GSt x KG H in den mit Bescheid der BH Linz Land vom 14.7.1970, GZ Wa-30/8/1-1970 bewilligten Rohrkanal DN 600 auf dem Grundstück x KG H.
Sie haben dadurch folgende Verwaltungsvorschriften verletzt:
§ 137 Abs. 1 Ziff. 16 i.V.m. § 40 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) idgF.“
I.5. Mit Eingabe vom 19. Oktober 2020 gab der rechtsfreundlich vertretene Bf eine schriftliche Rechtfertigung ab und beantragte, das Verwaltungsstrafverfahren insbesondere wegen Verjährung einzustellen und in eventu bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die außerordentliche Revision gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 16. Juni 2020, GZ: LVwG-551313/32/BZ/JoS, gemäß § 30 VStG zu unterbrechen.
I.6. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 19. April 2021, GZ: BHLL/920100146010/20, wies die belangte Behörde die Anträge des Bf, das Verwaltungsstrafverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die außerordentliche Revision gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 16. Juni 2020, GZ: LVwG-551313/32/BZ/JoS, gemäß § 30 VStG auszusetzen sowie das Verwaltungsstrafverfahren aufgrund von Verjährung gemäß § 31 VStG einzustellen, ab.
I.7. Mit der gegen diesen Bescheid rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom 19. Mai 2021 beantragt der rechtsfreundlich vertretene Bf neben der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückzuverweisen, jedenfalls aber von einer Geldstrafe gemäß § 137 WRG 1959 abzusehen.
Begründend führt der Bf im Wesentlichen aus, dass ein Verstoß gegen § 137 Abs. 1 Z 16 WRG 1959 nicht vorliege, weil die gegenständliche Entwässerungsanlage mit einer wasserrechtlichen Bewilligung betrieben werde. Das Verfahren betreffend die bewilligte Entwässerungsanlage sei noch nicht rechtskräftig beendet. Die Entscheidung, ob gegen den Bf ein Verwaltungsstrafverfahren bezüglich einer Rechtsverletzung aufgrund einer „fehlenden Bewilligung“ nach § 137 WRG 1959 eingeleitet werden könne, setze aber eine rechtskräftige Feststellung der Bewilligung der Entwässerungsanlage voraus. Da der „konsenslose“ Zustand der Entwässerungsanlage seit vielen Jahren behoben worden sei, sei die Frist für die Verfolgungshandlung bereits lange abgelaufen und die angelasteten Übertretungen seit langem verjährt.
I.8. Mit Schreiben vom 29. Juni 2021 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unter Anschluss des behördlichen Verwaltungsaktes zur Entscheidung vor.
II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG abgesehen werden, weil einerseits die Beschwerde hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf Aussetzung des Verfahrens zurückzuweisen ist und andererseits bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung aufzuheben ist.
II.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter I.1. bis I.7. dargestellten Sachverhalt aus.
II.3. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich vollständig und widerspruchsfrei aus dem Verfahrensakt. Einsicht genommen wurde in den hg. geführten Verfahrensakt zu LVwG-551313, aus dem sich ergibt, dass das Revisionsverfahren über die mit Schriftsatz vom 31. Juli 2020 eingebrachte außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung anhängig ist.
III. In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:
III.1. Gemäß § 45 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;
4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;
5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;
6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.
Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Wird die Einstellung verfügt, so genügt nach Abs. 2 par. cit. ein Aktenvermerk mit Begründung, es sei denn, dass einer Partei gegen die Einstellung Beschwerde beim Verwaltungsgericht zusteht oder die Erlassung eines Bescheides aus anderen Gründen notwendig ist. Die Einstellung ist, soweit sie nicht bescheidmäßig erfolgt, dem Beschuldigten mitzuteilen, wenn er nach dem Inhalt der Akten von dem gegen ihn gerichteten Verdacht wusste.
Ist eine Tat von den Behörden nur zu ahnden, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist es zweifelhaft, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, so hat die Behörde das Strafverfahren gemäß § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen, bis über diese Frage von der sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörde oder vom Gericht rechtskräftig entschieden ist.
Gemäß § 7 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) ist gegen Verfahrensanordnungen im Verwaltungsverfahren eine abgesonderte Beschwerde nicht zulässig. Sie können erst in der Beschwerde gegen den die Sache erledigenden Bescheid angefochten werden.
Gegen Verfahrensanordnungen ist gemäß § 63 Abs. 2 AVG eine abgesonderte Berufung nicht zulässig. Sie können erst in der Berufung gegen den die Sache erledigenden Bescheid angefochten werden.
III.2. Verfahrensgegenständlich ist zu prüfen, ob die Abweisung des Antrags des Bf auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens aufgrund von Verjährung sowie ob die Abweisung des Antrags des Bf auf Aussetzung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die außerordentliche Revision gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 16. Juni 2020, GZ: LVwG-551313/32/BZ/JoS, rechtmäßig sind.
III.2.1. Zur Abweisung des Antrags auf Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung (Spruchpunkt A.I.):
III.2.1.1. Vorab ist festzuhalten, dass § 45 VStG grundsätzlich nur ein Straferkenntnis, eine Ermahnung oder eine Einstellung kennt (Fister in Lewisch/ Fister/Weilguni, VStG2 § 45 Rz 1 [Stand 1.5.2017, rdb.at]).
Eine dieser Vorgehensweisen hat die Behörde im Verwaltungsstrafverfahren zu wählen. Wenn die Voraussetzungen für die Einstellung des Verfahrens vorliegen, ist gemäß § 45 Abs. 2 VStG die Einstellung zu verfügen. Ansonsten ist ein Verfahren zu führen und gegebenenfalls ein Straferkenntnis zu erlassen. Eine bescheidmäßige Abweisung eines Antrages auf Einstellung des Verfahrens insbesondere wegen Verjährung ist in § 45 VStG nicht vorgesehen. Ein derartiger Antrag ist zusammen mit der Enderledigung der Hauptsache in dem Strafverfahren abzuhandeln.
Ansonsten könnten durch derartige Bescheide im Verwaltungsstrafverfahren Entscheidungen über einzelne Rechtsverhältnisse sowie Strafverfolgungs- oder Strafbarkeitshindernisse in einem gesonderten Verfahren losgelöst vom Hauptverfahren herbeigeführt werden. Diese Überlegung steht vor allem auch einer inhaltlichen Sachentscheidung über die Verjährung – vor Erlassung eines Straferkenntnisses – durch das erkennende Verwaltungsgericht entgegen. Die belangte Behörde hat daher im weiteren Verfahren entweder eine Einstellung zu verfügen, oder ein Straferkenntnis bzw. eine Ermahnung zu erlassen, in welchem die Rechtsfrage der Verjährung miterledigt wird.
III.2.1.2. Die Abweisung des Antrages auf Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung kann inhaltlich auch als Feststellung dahingehend ausgelegt werden, dass nach der – zumindest derzeitigen – Rechtsansicht der belangten Behörde die Verjährung der Verwaltungsstraftat nicht eingetreten sei. Es ist daher zu prüfen, ob dieser Bescheid, welcher keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage findet, als Feststellungsbescheid zulässig ist. Dazu ist Nachstehendes auszuführen:
Derartige Feststellungsbescheide, welche ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage erfolgen, sind nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Im Verwaltungsverfahrensrecht ist keine § 228 ZPO (über die Feststellungsklage) vergleichbare Vorschrift vorgesehen, sodass eine allgemeine Berechtigung zur bescheidförmigen Feststellung von Recht(sverhältniss)en verneint wird (vgl. auch VwSlg 9662 A/1978; VwGH 14.5.2004, 2000/12/0272; VfSlg 2376/1952; 2653/1954).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erlassung einer Feststellungsentscheidung dann zulässig, wenn sie im öffentlichen Interesse oder insofern im Interesse der Partei liegt, als dies für die Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstellt. Ein rechtliches Interesse an einer Feststellung im Wege eines Bescheides bzw. einer gerichtlichen Entscheidung ist also dann gegeben, wenn die Feststellungsentscheidung für die Partei ein geeignetes Mittel zur Beseitigung aktueller oder zukünftiger Rechtsgefährdung ist. Der Feststellung muss in concreto die Eignung zukommen, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch die Gefährdung eines subjektiven Rechts des Antragstellers zu beseitigen. Ein Feststellungsbescheid bzw. eine Feststellungsentscheidung als subsidiärer Rechtsbehelf ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten behördlichen Verfahrens (mit einem das rechtliche oder öffentliche Interesse abdeckenden Ergebnis) entschieden werden kann (vgl. VwGH 25.9.2019, Ra 2019/09/0097; 1.3.2017, Ra 2016/03/0096, u.a.).
Unter Heranziehung dieser Grundsätze sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine bescheidmäßige Feststellung, dass hinsichtlich der vorgeworfenen Verwaltungsstraftat keine Verjährung eingetreten sei und deshalb das Verwaltungsstrafverfahren nicht eingestellt werde, nicht gegeben. Es besteht weder ein öffentliches Interesse noch ein Interesse der Partei bzw. des Bf im Sinne eines notwendigen Mittels zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Die strittige Rechtsfrage der Verjährung ist – wie bereits ausgeführt – vielmehr im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens durch Erlassung einer Enderledigung, im Zuge dessen die Rechtsfrage der Verjährung abgedeckt wird, zu entscheiden. Im Falle eines Straferkenntnisses steht dem Bf wiederum der Rechtsweg offen, in welchem unter anderem auch der Einwand der Verjährung geltend gemacht werden kann.
Aufgrund der bereits angeführten Auslegungsmöglichkeit des in Rede stehenden Spruchteils des Bescheides als Feststellung, dass die Tat nicht verjährt sei, ist die Aufhebung des Bescheides aufgrund der ansonsten eintretenden materiellen Rechtskraft und aus Rechtsschutzerwägungen geboten, weil der Bf ansonsten Gefahr laufen würde, dass die Rechtsfrage der Verjährung in einem allfälligen Rechtsmittelverfahren gegen ein Straferkenntnis nicht mehr geltend gemacht werden könnte (zur Bindungswirkung eines Feststellungsbescheides vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz 68 [Stand 1.7.2005, rdb.at]).
Zusammengefasst ist der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung weder durch eine gesetzliche Grundlage gedeckt, noch sind die Voraussetzungen für die Erlassung eines Feststellungsbescheides gegeben, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
III.2.2. Zur Abweisung des Antrags auf Aussetzung des Verfahrens (Spruchpunkt B.I.):
Der Bf stützt sich in seinem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens ausdrücklich auf § 30 VStG. Dazu ist vorab festzuhalten, dass kein Fall des § 30 Abs. 2 VStG vorliegt, in welchem die Tat von den Behörden nur zu ahnden ist, wenn sie nicht in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte fällt (Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 30 Rz 5 [Stand 1.5.2017, rdb.at]).
Zur Zulässigkeit der Beschwerde ist auf § 7 Abs. 1 VwGVG zu verweisen, welcher regelt, dass gegen Verfahrensanordnungen im Verwaltungsverfahren eine abgesonderte Beschwerde nicht zulässig ist und diese erst in der Beschwerde gegen den die Sache erledigenden Bescheid angefochten werden können. Die letztgenannte Bestimmung entspricht inhaltlich der Regelung des § 63 Abs. 2 AVG, wonach gegen Verfahrensanordnungen eine abgesonderte Berufung nicht zulässig ist und sie erst in der Berufung gegen den die Angelegenheit erledigenden Bescheid angefochten werden können. Dieser Zusammenhang wird auch in der RV (2009 BlgNR 24. GP, 3) herausgestrichen, wonach die Regelung des § 63 Abs. 2 AVG „eine Entsprechung für die Zulässigkeit der Beschwerde an das Verwaltungsgericht finden (soll)“ (so auch VwGH 30.6.2015, Ra 2015/03/0022).
Zur Frage, ob es sich hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf Aussetzung des Verfahrens um eine nicht gesondert anfechtbare Verfahrensordnung oder um einen gesondert anfechtbaren verfahrensrechtlichen Bescheid handelt, ist Folgendes festzuhalten:
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs sprechen verfahrensrechtliche Bescheide über die sich aus verfahrensrechtlichen Bestimmungen ergebenden formalrechtlichen Rechtsverhältnisse gestaltend oder feststellend ab; sie bestimmen die verfahrensrechtliche Rechtsstellung der Parteien. Nicht gesondert anfechtbare Verfahrensanordnungen regeln hingegen nur den Gang des Verfahrens. Die Entscheidung ist danach zu treffen, ob im konkreten Fall für die betroffene Partei ein Rechtsschutzbedürfnis nach sofortiger Anfechtbarkeit der Erledigung besteht (vgl. VwGH 18.12.2003, 2002/06/0110, mwN).
Zusätzlich ist zur Zulässigkeit der Beschwerde zu beachten, dass ergangene Aussetzungsbescheide nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgesondert bekämpfbar sind. Begründet wird dieses Ergebnis insbesondere mit Rechtsschutzüberlegungen, weil sich ansonsten ein Antragsteller gegen eine Verfahrensaussetzung selbst dann nicht zur Wehr setzen könnte, wenn damit ein jahrelanger Verfahrensstillstand verbunden und diese Entscheidung mit einem gröblichen Ermessensfehler belastet wäre (VwGH 24.3.2015, Ro 2014/05/0089, mwN; Hengstschläger/Leeb, AVG § 38 Rz 51 [Stand 1.4.2021, rdb.at]).
Hinsichtlich der erforderlichen Abgrenzung, ob der gegenständliche Bescheid einen verfahrensrechtlichen und gesondert anfechtbaren Bescheid oder eine nicht gesondert anfechtbare Verfahrensanordnungen darstellt, kann auf die in Lehre und Rechtsprechung zu den entsprechenden Bestimmungen der ZPO entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden (VwGH 30.6.2015, Ra 2015/03/0022). Maßgebend für die Anfechtungsmöglichkeit prozessleitender Beschlüsse nach der ZPO war für den Gesetzgeber, ob mit einer Beschränkung der Anfechtungsmöglichkeit für eine Verfahrenspartei ein nach Rechtsschutzerwägungen erkennbarer Nachteil verbunden wäre (vgl. VwGH 24.3.2015, Ro 2014/05/0089, mwN).
Gemäß § 192 Abs. 2 ZPO können die nach §§ 187 bis 191 erlassenen Anordnungen, soweit sie nicht eine Unterbrechung des Verfahrens verfügen, durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden. Daraus resultierend steht gemäß § 192 Abs. 2 ZPO ein Rechtsmittel nur gegen eine Unterbrechung des Verfahrens offen (Höllwerth in Fasching/Konecny3 II/3 § 192 ZPO Rz 14 [Stand 1.10.2015, rdb.at]).
Mit Rücksicht auf die genannten Kriterien ist für den gegenständlichen Fall festzuhalten, dass der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf Aussetzung des Verfahrens im Sinne einer Verfahrensanordnung ausschließlich den Gang des anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens dahingehend regelt, dass das Verfahren nicht ausgesetzt wird.
Im Unterschied zur oben dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und im Einklang mit den Regelungen der ZPO ist für den vorliegenden Fall auszuführen, dass es sich gegenständlich nicht um einen Aussetzungsbescheid im Rahmen eines mittels Antrages eingeleiteten Verfahrens handelt, sondern um einen Bescheid, mit dem das von Amts wegen eingeleitete Verfahren eben nicht ausgesetzt wurde. Dagegen ist ein unmittelbares Rechtsschutzbedürfnis bzw. ein nach Rechtsschutzerwägungen erkennbarer Nachteil in Anlehnung an die Regelung des § 192 Abs. 2 ZPO nicht ersichtlich, zumal über den Bf im angefochtenen Bescheid keine Strafe verhängt wurde und Rechtsschutzmöglichkeiten gegen ein allfälliges zukünftiges Straferkenntnis offen stehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausdrücklich festgehalten, dass die Partei mangels Anspruchs auf Aussetzung des Verfahrens durch die Nichtaussetzung in keinem Recht verletzt sein kann (vgl. VwGH 3.5.2018, Ra 2017/19/0609; 10.12.2013, 2010/05/0186). Insofern besteht auch hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf Aussetzung des Verfahrens kein unmittelbares Rechtsschutzbedürfnis im Sinne einer sofortigen Anfechtbarkeit der Erledigung des Bf.
Die Abweisung des Antrags auf Aussetzung des Verfahrens stellt aus den dargestellten Gründen eine nicht gesondert anfechtbare Verfahrensanordnung dar, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
III.3. Im Ergebnis war der Beschwerde hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf Einstellung des Verfahrens aufgrund von Verjährung stattzugeben und der Bescheid diesbezüglich ersatzlos aufzuheben. Hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf Aussetzung des Verfahrens war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Beschwerde; Verfahrensanordnung; Verjährung; Antrag auf Einstellung des Verfahrens wegen VerjährungAnmerkung
Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGOB:2021:LVwG.500620.2.BZ.AHoZuletzt aktualisiert am
04.01.2022