Entscheidungsdatum
22.11.2021Norm
WRG 1959 §32Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde von 1. A sowie 2. C, beide vertreten durch B, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Horn vom 08. Oktober 2021, ***, betreffend Zurückweisung eines Ansuchens und Verfahrenskosten, zu Recht erkannt:
I. Der Bescheid wird insoweit, als im Spruch die Verpflichtung zur Bezahlung von Verfahrenskosten ausgesprochen wurde, ersatzlos behoben. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
II. Gegen diese Entscheidung ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§§ 32 Abs. 1, 39, 138 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idgF)
§§ 13 Abs. 1, 59 Abs. 1, 76 Abs. 1, 77 Abs. 1 AVG (Allgemeines Verwaltungs-verfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idgF)
§§ 24, 27, 28 Abs. 1 und 2 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF)
§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 idgF)
Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundesverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF)
Entscheidungsgründe
1. Sachverhalt
1.1. Mit E-Mail vom 04. Juli 2021 wandten sich A und C (in der Folge: die Beschwerdeführer) an die Bezirkshauptmannschaft Horn (in der Folge: die belangte Behörde) und begehrten eine „wasserrechtliche Untersuchung“ zur Klärung der Sachlage in Bezug auf die Zuleitung von Wasser auf das Grundstück Nr. ***, KG ***. Begründet wird dies damit, dass der Eigentümer dieses Grundstücks, D, behaupte, dass vom Grundstück Nr. ***, KG ***, Wasser auf sein Grundstück geleitet würde; tatsächlich käme das Wasser jedoch vom Grundstück Nr. ***, einem Güterweg, bei dem es sich um öffentliches Gut handle.
1.2. Nach Mitteilung der belangten Behörde an den Erstbeschwerdeführer, dass eine entsprechende Behauptung bzw. Beschwerde des D bei der Behörde nicht bekannt sei, kam es zu aktenmäßig dokumentierten Telefonaten zwischen einem Behördenvertreter und dem Erstbeschwerdeführer, wobei dieser auf eine Überprüfung durch die Behörde bestand und auf eine Anzeige des D bei Gericht verwies.
1.3. Mit Eingabe vom 11. August 2021 wandten sich die nun rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer neuerlich an die belangte Behörde und begehrten mit Bezug auf das E-Mail vom 04. Juli 2021 „um bescheidmäßige Erledigung“.
1.4. Mit Schreiben vom 17. August 2021 teilte die belangte Behörde den Beschwerdeführern nach zusammenfassender Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens (mit offensichtlich irrtümlicher Angabe des Datums des verfahrensauslösenden Begehrens mit 05. Juli) ihre Rechtsansicht mit, dass Gegenstand eines Feststellungsbescheides nur die Feststellung strittiger Rechtsverhältnisse, nicht jedoch die Feststellung strittiger Tatsachen sein könne. Gerade letzteres sei Gegenstand des Anliegens der Beschwerdeführer.
Eine Äußerung der Beschwerdeführer erfolgte nicht, abgesehen von der von der Behörde gewünschten Bestätigung des Einlangens des behördlichen Schriftstückes.
1.5. Daraufhin erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 08. Oktober 2021, ***, mit folgendem Spruch:
„Die Bezirkshauptmannschaft Horn weist Ihr Ansuchen um bescheidmäßige Erledigung vom 11.08.2021 betreffend die Klärung der Abflussverhältnisse im Standort ***, KG ***, Grst.Nr. ***, zurück.
Verfahrenskosten
Sie werden gleichzeitig verpflichtet, folgende Verfahrenskosten binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten:
(Gebührenhinweis:
Für dieses Verfahren sind nach dem Gebührengesetz feste Gebühren zu entrichten: Antrag € 14,30
einzuzahlender Gesamtbetrag: € 14,30.
IBAN: ***
BIC: ***
Zahlungsreferenz: ***
Bankbezeichnung: ***
Empfänger: Bezirkshauptmannschaft Horn - Amtskassa
Zahlungsfrist: binnen vier Wochen ab Zustellung
Bei der Einzahlung bitte unbedingt die Zahlungsreferenz angeben!
Rechtsgrundlage
§ 6 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG
§§ 13, 14 Gebührengesetz“
Begründend gab die belangte Behörde den Verfahrensverlauf zusammengefasst wieder und führte – wie schon im oben angeführten Schreiben vom 17. August 2021 - aus, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um ein strittiges Rechtsverhältnis, sondern um eine strittige Tatsache handle, die nicht Gegenstand eines Feststellungsbescheides sein könne. Eine Überprüfung durch die technische Gewässeraufsicht sei nicht veranlasst worden, da kein Antrag des D mit der Behauptung einer Ableitung von Oberflächenwässern von der Grundstücksparzelle ***, KG ***, auf die Grunstücksparzelle *** einlangte und dass Anliegen der Beschwerdeführer einem Feststellungsbescheid nicht zugänglich sei.
1.6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde von A und C mit der Erklärung, ihn seinem gesamten Inhalt nach und zur Gänze anzufechten. Nach Wiedergabe des Bescheidspruches wird vorgebracht, dass von der belangten Behörde amtswegig Erhebungen durchzuführen gewesen wären. Hinsichtlich des Vorbringens des Nachbarn D, wonach von der Grundstücksparzelle ***, KG ***, sowie vom Grundstück der Beschwerdeführer Wasser auf die Parzelle des D (Grundstück Nr. ***, KG ***) eingeleitet würde, sei beim Bezirksgericht *** ein Verfahren „wegen Unterlassung“ eingeleitet worden. Hätte die Behörde Erhebungen durchgeführt, hätte erwiesen werden können, dass „sich gemäß Angaben des Herrn D, ***, das das Einleiten von Oberflächenwasser ausgehend von der Grundstücksparzelle ***, KG ***, vorliegt und dessen Grundstück dadurch beeinträchtigt ist“.
Es hätte daher „aus gewässertechnischer Sicht“ ein „entsprechendes Verfahren“ geführt werden müssen und hätten „die entsprechenden Veranlassungen“ getroffen werden müssen.
Schließlich wird der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zum Zwecke der Einvernahme des D und der Beschwerdeführer sowie die ersatzlose Behebung des Bescheides begehrt.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Gericht unter gleichzeitigem Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Entscheidung vor.
1.7. Im Grundbuch sind im Zeitpunkt der Einsichtnahme durch das Gericht, (18. November 2021) folgende Eigentumsverhältnisse eingetragen:
Alleineigentümer des Grundstücks Nr. ***, KG ***, ist D, geboren ***. Das Grundstück Nr. ***, KG ***, steht im Eigentum von A, geboren *** sowie C geboren ***, je zur Hälfte. Das Grundstück Nr. ***, KG ***, steht im Alleineigentum der Stadtgemeinde *** und ist als öffentliches Gut ausgewiesen.
2. Erwägungen des Gerichts
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen leiten lassen:
2.1. Feststellungen und Beweiswürdigung
Die unter Punkt 1. getroffenen Feststellungen zum Verfahrensablauf und Inhalt aktenmäßig erfasster Schriftstücke ergeben sich aus den unbedenklichen Akten der belangten Behörde und sind – insoweit – unstrittig. Sie können daher der gerichtlichen Entscheidung ohne weiteres Ermittlungsverfahren zugrunde gelegt werden.
Auch die Eigentumsverhältnisse an den oben angeführten Grundstücken sind offenkundig unstrittig, da sich das Vorbringen der Beschwerdeführer mit dem vom Gericht verifizierten Grundbuchstand deckt (auch wenn Grundstücksbezeichnungen von den Parteien teilweise unter Weglassung der Katastralgemeinde angegeben wurden, ist doch völlig klar, dass jeweils die KG *** gemeint ist).
Weiterer Feststellungen bedarf es, wie sich aus der rechtlichen Beurteilung ergeben wird, im Gegenstand nicht.
2.2. Anzuwendende Rechtsvorschriften
WRG 1959
§ 32.
(1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.
(…)
§ 39. (1) Der Eigentümer eines Grundstückes darf den natürlichen Abfluß der darauf sich ansammelnden oder darüber fließenden Gewässer zum Nachteile des unteren Grundstückes nicht willkürlich ändern.
(2) Dagegen ist auch der Eigentümer des unteren Grundstückes nicht befugt, den natürlichen Ablauf solcher Gewässer zum Nachteile des oberen Grundstückes zu hindern.
(3) Die Abs. 1 und 2 gelten nicht für eine Änderung der Ablaufverhältnisse, die durch die ordnungsmäßige Bearbeitung eines landwirtschaftlichen Grundstückes notwendigerweise bewirkt wird.
§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten
a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,
b) Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen durch geeignete Maßnahmen zu sichern, wenn die Beseitigung gemäß lit. a nicht oder im Vergleich zur Sicherung an Ort und Stelle nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten (Aufwand) möglich ist,
c) die durch eine Gewässerverunreinigung verursachten Mißstände zu beheben,
d) für die sofortige Wiederherstellung beschädigter gewässerkundlicher Einrichtungen zu sorgen.
(2) In allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit hat die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist.
(3) Bei drohender Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für die Umwelt hat die Wasserrechtsbehörde zur Wahrung des öffentlichen Interesses in den Fällen des Abs. 1 die zur Beseitigung der Gefährdung notwendigen Maßnahmen unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen.
(4) Wenn das öffentliche Interesse die Beseitigung eigenmächtig vorgenommener Neuerungen, das Nachholen unterlassener Arbeiten oder die Sicherung von Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen verlangt und der nach Abs. 1 Verpflichtete nicht dazu verhalten oder zum Kostenersatz herangezogen werden kann, dann kann an seiner Stelle dem Liegenschaftseigentümer der Auftrag erteilt oder der Kostenersatz auferlegt werden, wenn er die eigenmächtige Neuerung, das Unterlassen der Arbeit oder die Bodenverunreinigung ausdrücklich gestattet hat oder wenn er der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Dies gilt bei Ablagerungen auch für Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers, wenn sie von der Ablagerung Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mußten. § 31 Abs. 6 findet in allen Fällen dieses Absatzes sinngemäß Anwendung. § 16 Abs. 4 Forstgesetz 1975 bleibt unberührt.
(5) Maßnahmen, die Gegenstand einer behördlichen Anordnung oder eines behördlichen Auftrages gemäß Abs. 1 lit. b sind, bedürfen keiner wasserrechtlichen Bewilligung oder einer Bewilligung nach anderen Vorschriften. Soweit durch solche Maßnahmen Rechte Dritter berührt werden, findet § 72 Anwendung.
(6) Als Betroffene im Sinne des Abs. 1 sind die Inhaber bestehender Rechte (§ 12 Abs. 2), die Fischereiberechtigten sowie die Einforstungsberechtigten anzusehen.
AVG
§ 13. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.
(…)
§ 59. (1) Der Spruch hat die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages gelten Einwendungen als miterledigt. Läßt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden.
(…)
§ 76. (1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.
(…)
§ 77. (1) Für Amtshandlungen der Behörden außerhalb des Amtes können Kommissionsgebühren eingehoben werden. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Entrichtung dieser Gebühren ist § 76 sinngemäß anzuwenden.
(…)
VwGVG
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;
3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(…)
VwGG
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(…)
B-VG
Artikel 133. (…)
(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
(…)
2.3. Rechtliche Beurteilung
2.3.1. Vorauszuschicken ist, dass eine rechtzeitige Beschwerde vorliegt, mit der der angegebene Bescheid ausweislich der ausdrücklichen Erklärung im gesamten Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrens-vorschriften angefochten wird. Weiters sei angemerkt, dass das Verwaltungsgericht bei der Prüfung der ihm vorliegenden Sache in seiner rechtlichen Beurteilung nicht an das Beschwerdevorbringen gebunden ist und seiner Entscheidung auch Sachverhaltselemente, die bei der Prüfung aufgrund der Beschwerde hervorkommen, zu Grunde legen darf (zB VwGH 17.12.2014, Ro 2014/03/0066; 28.05.2019, Ra 2019/22/0036).
Die Entscheidungsbefugnis des Gerichtes kann jedoch niemals über die Grenzen jener Angelegenheit hinausgehen, die die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid erledigt hat. Das bedeutet, das Gericht darf – im Verhältnis zum Entscheidungsgegenstand des Bescheides - nicht über mehr oder etwas Anderes absprechen. Sache des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht und äußerster Rahmen seiner Prüfbefugnis ist nämlich nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des bei ihm angefochtenen Bescheides gebildet hat (vgl. etwa VwGH 30.4.2020, Ra 2019/21/0134, mwN). Im Falle einer zurückweisenden Entscheidung der belangten Behörde beschränkt sich die Prüfbefugnis des Gerichtes auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (zB VwGH 13.10.2020, Ra 2019/15/0036).
2.3.2. Maßgeblich für den Gegenstand der im vorliegenden Fall bescheidmäßig erledigten Verwaltungsangelegenheit ist das Begehren im Schreiben (E-Mail) vom 04. Juli 2021. Dessen Inhalt wurde in der Folge nicht verändert, insbesondere auch nicht durch den Antrag vom 11. August 2021, der lediglich auf die – bescheidmäßige – Erledigung jenes Begehrens gerichtet ist, zumal sich die Einschreiter offensichtlich mit der informell mitgeteilten Ansicht der belangten Behörde nicht zufriedengeben wollten.
2.3.3. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Parteienerklärungen ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, also wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der Aktenlage objektiv verstanden werden muss (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, 2. Auflage 2014, § 13, Rz. 38, Stand 01.01.2014, rdb.at und die dort zitierte Judikatur).
Nach Lage des Falles kann demnach der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Begehren der Einschreiter und nunmehrigen Beschwerdeführer als Ersuchen um eine Tatsachenfeststellung verstand (vgl. den ausdrücklichen Wortlaut im Email vom 4. Juli 2021 „Untersuchung zur Klärung der Sachlage“). Es ist offenkundig, dass es den Beschwerdeführern darum ging, von der Wasserrechtsbehörde eine Feststellung in Bezug auf die tatsächlichen Abflussverhältnisse im Bereich der von ihnen genannten Grundstücke in der Katastralgemeinde *** zu erlangen, wohl mit dem Ziel zu beweisen, dass es nicht von ihrem Grundstück, sondern allenfalls von dem Grundstück Nr. ***, KG ***, welches sich im Eigentum der Stadtgemeinde *** befindet, zu einem Abfluss auf das Grundstück des Nachbarn D kommt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides nur dann zulässig, wenn sie entweder im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist oder wenn eine gesetzliche Regelung zwar nicht besteht, die Erlassung eines solchen Bescheides aber im öffentlichen Interesse liegt oder wenn sie insofern im Interesse einer Partei liegt, als sie für die Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstellt. Dieses rechtliche Interesse ist nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen. Ein wirtschaftliches, politisches oder wissenschaftliches Interesse rechtfertigt nicht die Erlassung eines Feststellungsbescheides. Ein Feststellungsbescheid als subsidiärer Rechtsbehelf ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann. Die bescheidförmige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen ist überdies nur aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zulässig (vgl. zuletzt VwGH 15.09.2020, Ro 2020/16/0028, mit Hinweis auf die Erkenntnisse vom 21. 02. 2001, Zl. 95/12/0141, sowie vom 29. 11. 2005, Zl. 2005/12/0155, jeweils mwN).
Eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung über eine strittige Tatsache, nämlich der Abflussverhältnisse zwischen Grundstücken - zu entscheiden, liegt im gegenständlichen Zusammenhang jedoch nicht vor. Die belangte Behörde hat daher den Antrag der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt eines Feststellungsbegehrens im Ergebnis zutreffend zurückgewiesen.
Auch wenn man das gegenständliche Anbringen seinem Wortlaut nach nicht auf die Vornahme einer behördlichen Entscheidung, sondern auf die Durchführung einer faktischen Handlung, nämlich die örtlichen Verhältnisse zu prüfen, verstünde, änderte sich an der gebotenen Zurückweisung des Begehrens nichts. Ein Anspruch auf die bloße Durchführung von Überprüfungen, losgelöst von einem bescheidmäßig abzuschließenden Verfahren, räumt das Wasserrechtsgesetz nicht ein.
Selbst wenn man das Begehren der Beschwerdeführer in ihrer Eingabe vom 04. Juli 2021 als Antrag auf die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes iSd § 138 iVm § 32 oder § 39 WRG 1959 verstünde, wäre das Ergebnis kein anderes:
Die Beschwerdeführer behaupten nämlich nicht, dass sie selbst als Grundeigentümer durch eine Verletzung der wasserrechtlichen Vorschriften seitens eines Dritten in ihren Rechten verletzt wären. Eine Antragsbefugnis käme in diesem Zusammenhang gemäß § 138 Abs. 1 iVm Abs. 6 WRG 1959 (iV je nachdem § 32 Abs. 1 oder 39 leg.cit.) allenfalls dem Eigentümer des Grundstücks Nr. ***, KG ***, zu, dessen Grundstück möglicherweise von Ableitungen entweder von einer Liegenschaft der Beschwerdeführer oder der Ortsgemeinde betroffen ist. In einem derartigen Verfahren käme den Beschwerdeführern sodann als potentielle Adressaten eines gewässerpolizeilichen Auftrags Parteistellung zu, sodass sie dabei Gelegenheit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Ein Rechtsanspruch des potentiell zu Verpflichtenden auf Erlassung eines gewässerpolizeilichen Auftrags besteht nicht. Darüber hinaus ist darauf zu verweisen, dass nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer ohnedies bereits ein Zivilprozess mit dem selben Thema anhängig ist, in dem die strittige Frage geklärt werden kann, sodass auch insoweit ein Feststellungsinteresse nicht besteht.
Der Beschwerde kann daher, soweit sie sich gegen die Sachentscheidung richtet, kein Erfolg beschieden sein.
2.3.4. In Bezug auf die hinsichtlich ihres normativen Gehaltes undeutliche Kosten-entscheidung (Einerseits ist von einer „Verpflichtung“ die Rede, andererseits von einem „Gebührenhinweis“) ist festzuhalten, dass der belangten Behörde eine Zuständigkeit zur bescheidmäßigen Vorschreibung von Stempelgebühren (im Gegenstand geht es um die Eingabengebühr iSd 14 Gebührengesetzes 1957) nicht zukommt; auf § 34 Abs. 1 Gebührengesetz 1957 sei hingewiesen. Die Kostenentscheidung, soweit ihr ein normativer Inhalt als Teil des Bescheidspruches zukommt, war daher aufzuheben.
2.3.5. Der Durchführung einer mündlichen Verhandlung bedurfte es trotz eines entsprechenden Antrags der Beschwerdeführer nicht, da im vorliegenden Fall die Bestimmung des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG zum Tragen kommt, weil der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen war bzw. aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war.
Auch die Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 leg. cit. liegen vor. Weder waren im vorliegenden Fall neue oder ergänzende Beweise aufzunehmen, noch Fragen der Beweiswürdigung zu klären, sodass es der Durchführung der mündlichen Verhandlung nicht bedurfte (vgl. VwGH 9.9.2014, Ro 2014/09/0049; 17.2.2015, Ra 2014/09/0007; 26.1.2017, Ra 2016/07/0061). Nach der Judikatur des EGMR erfordert insbesondere in Fällen, in denen nur Rechtsfragen und keine Fragen der Beweiswürdigung strittig sind, auch Art. 6 MRK nicht zwingend die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (VwGH 29.06.2017, Ra 2017/06/0100). Schließlich bedingt eine prozessuale Entscheidung grundsätzlich keine mündliche Verhandlung (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0056).
2.3.6. Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung waren im vorliegenden Fall nicht zu lösen. Vielmehr vermag sich das Gericht auf eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu stützen (vgl. die angeführten Judikaturbelege) bzw. handelt es sich um die Anwendung einer klaren Rechtslage auf den Einzelfall. Die ordentliche Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) gegen diese Entscheidung ist daher nicht zulässig.
Schlagworte
Umweltrecht; Wasserrecht; Verfahrensrecht; Antrag; Feststellungsbescheid;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1971.001.2021Zuletzt aktualisiert am
19.04.2022