TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/4 W285 2175923-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.08.2021
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Entscheidungsdatum

04.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch


W285 2175923-2/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geboren am: XXXX , Staatsangehörigkeit: Irak, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.03.2019, Zahl: 1093402000-190182011, betreffend die Zurückweisung des Folgeantrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache sowie die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes zu Recht:

A)       I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Irak, stellte am 03.11.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, zu welchem er am 04.11.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 27.09.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen wurde.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.10.2017 wurde dieser Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.), dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde dem Beschwerdeführer weiters eine Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt IV.).

Eine gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz des damals bevollmächtigten Vertreters des Beschwerdeführers eingebrachte vollumfängliche Beschwerde wurde infolge Durchführung einer Beschwerdeverhandlung am 25.01.2018 und am 12.04.2018 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.04.2018 als unbegründet abgewiesen. Jenes Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 18.05.2018 zugestellt und ist in Rechtskraft erwachsen.

Der Beschwerdeführer kam der ihm gesetzten Frist zur freiwilligen Ausreise nicht nach und verblieb zunächst im Bundesgebiet.

Ab dem 12.07.2018 verfügte der Beschwerdeführer über keinen behördlichen Wohnsitz mehr im Bundesgebiet oder eine sonstige bekannte Abgabestelle und war unbekannten Aufenthalts. Am 16.07.2018 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen diesen einen auf § 34 Abs. 1 Z 2 BFA-VG gestützten Festnahmeauftrag.

2. Der Beschwerdeführer hatte das Bundesgebiet ohne Meldung Richtung Frankreich verlassen, stellte dort am 23.07.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde von dort am 20.02.2019 nach den Bestimmungen der Dublin III-Verordnung auf dem Luftweg ins österreichische Bundesgebiet rücküberstellt.

Am 20.02.2019 hat der Beschwerdeführer den gegenständlichen Folgeantrag eingebracht, zu welchem er am gleichen Datum vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 05.03.2019 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, niederschriftlich einvernommen worden ist. Mit am 20.02.2019 und am 14.03.2019 persönlich übernommenen Verfahrensanordnungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer jeweils gemäß § 15b AsylG 2005 iVm 7 Abs. 1 VwGVG aufgetragen, in einer näher bezeichneten Grundversorgungseinrichtung Unterkunft zu nehmen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19.03.2019 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 20.02.2019 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.), es wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen diesen gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Irak gemäß § 46 zulässig ist (Spruchpunkt II.), sowie ausgesprochen, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht bestehe (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und es wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 aufgetragen worden sei, ab dem 15.03.2019 in einer näher bezeichneten Grundversorgungseinrichtung Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt V.).

Gegen diesen Bescheid wurde durch die damalige Rechtsvertretung des Beschwerdeführers mit am gleichen Datum eingelangtem Schriftsatz vom 28.03.2019 fristgerecht Beschwerde erhoben. In dieser wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen, in der Sache selbst entscheiden, dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz Folge geben und diesem den Status des Asylberechtigten zuerkennen, in eventu dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen, in eventu dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel gemäß §§ 55, 57 AsylG 2005 erteilen, in eventu feststellen, dass die erlassene Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig sei, in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, das gegen den Beschwerdeführer verhängte Einreiseverbot aufheben bzw. dessen Dauer herabsetzen sowie der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und der bezughabende Verwaltungsakt langten am 02.04.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Aktenvermerk vom 04.04.2019 wurde durch das Bundesverwaltungsgericht festgehalten, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach einer Grobprüfung des Akteninhaltes nicht vorliegen würden.

Seit dem 27.08.2019 verfügt der Beschwerdeführer über keine aufrechte Wohnsitzmeldung mehr im Bundesgebiet.

Mit Schreiben vom 10.06.2021 wurde dem Beschwerdeführer durch das Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit gewährt, binnen drei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme zu seiner aktuellen persönlichen Situation einzubringen und allfällige Unterlagen vorzulegen. Da eine aktuelle Abgabestelle des Beschwerdeführers nicht bekannt war, wurde gemäß § 8 Abs. 2 ZustG die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch angeordnet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Irak und sohin Drittstaatsangehöriger gemäß § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Der Beschwerdeführer gehört der Volksgruppe der Araber an, bekennt sich zum islamischen Glauben sunnitischer Ausrichtung und spricht muttersprachlich Arabisch. Der Beschwerdeführer verfügte bisher über keinen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet und gründet sich sein bisheriger Aufenthalt auf im Ergebnis unberechtigt gebliebene Anträge auf internationalen Schutz.

(vgl. etwa Erstbefragung 04.11.2015, AS 1 ff [Aktenteil I]; Einvernahme BFA 27.09.2017, AS 53 [Aktenteil I]; Verhandlungsniederschrift BVwG 25.01.2018, S. 4 [Aktenteil I]; Auszug Zentrales Fremdenregister 10.06.2021).

Der Beschwerdeführer lebte von Geburt an bis zu seiner Ausreise im Jahr 2015 in XXXX , einer in der Provinz al-Anbar etwa 50 Kilometer westlich von Bagdad gelegenen Stadt, wo er durch eine Tätigkeit im Gastgewerbe für seinen Lebensunterhalt aufkam

(vgl. etwa Erstbefragung 04.11.2015, AS 1 ff; Erkenntnis BVwG 26.04.2018, S. 3 [jeweils Aktenteil I])

Der Beschwerdeführer verließ den Irak im Jahr 2015 und stellte infolge illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 03.11.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

(vgl. etwa Erstbefragung 04.11.2015, AS 5 ff [Aktenteil I]; Einvernahme BFA 27.09.2017, AS 55 [Aktenteil I]; Verhandlungsniederschrift BVwG 25.01.2018, S. 5 [Aktenteil I]).

Mit dem Beschwerdeführer am 18.05.2018 zugestellten und in Rechtskraft erwachsenem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.04.2018 zu Zahl G304 2175923-1/10E wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.10.2017, Zahl: 15-1093402000-151686272, mit welchem der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Gewährung subsidiären Schutzes abgewiesen wurde, sowie gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit seiner Abschiebung in den Irak festgestellt und eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt wurden, nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 25.01.2018 und 12.04.2018 als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat das Bundesgebiet in der Folge etwa Anfang Juli 2018 ohne Meldung verlassen und reiste über Italien nach Frankreich, wo er am 23.07.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Am 20.02.2019 wurde er nach den Bestimmungen der Dublin III-Verordnung aus Frankreich in das österreichische Bundesgebiet rücküberstellt, wo er am gleichen Datum einen Folgeantrag auf internationalen Schutz einbrachte. Zwischen 13.07.2019 und 17.03.2019 verfügte er über keine behördliche Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet.

(vgl. EURODAC-Treffermeldung Frankreich vom 23.07.2018, AS 2; Erstbefragung 20.02.2019, AS 11 ff; Laissez-Passer vom 29.01.2019, AS 13; Schriftverkehr Überstellungsverfahren Frankreich, AS 25 ff; Aktenvermerk BFA 21.02.2019, AS 111 [jeweils Aktenteil II]; Auszug Zentrales Melderegister vom 10.06.2021).

Mit am 14.03.2019 persönlich übernommener Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 15b AsylG 2005 iVm 7 Abs. 1 VwGVG aufgetragen, in einer näher bezeichneten Grundversorgungseinrichtung Unterkunft zu nehmen

(vgl. Verfahrensanordnung BFA 20.02.2019, AS 147 [Aktenteil II])

1.2. Im gegenständlichen Fall ergab sich weder eine maßgebliche Änderung in Bezug auf die den Beschwerdeführer betreffende asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat, noch in sonstigen in der Person des Beschwerdeführers gelegenen Umständen. Der Beschwerdeführer berief sich auf ein Fortbestehen seines im ersten Verfahren vorgebrachten Fluchtgrundes, sohin auf einen Sachverhalt welcher bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.04.2018, mit welchem das Verfahren über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz rechtskräftig abgeschlossen wurde, vorgelegen hat. Sein Vorbringen zu einer während seines Aufenthalts in Frankreich über Facebook erhaltenen Drohung durch einen irakischen Beamten weist keinen glaubhaften Kern auf.

(vgl. Erstbefragung 20.02.2019, AS 12; Einvernahme BFA 05.03.2019, AS 135 ff [jeweils Aktenteil II]; Erkenntnis BVwG vom 26.04.2018, S. 3 ff [Aktenteil I]).

Ebenso ergab sich kein sonstiger unter die Tatbestandsmerkmale der GFK zu subsumierender Sachverhalt. Eine relevante Änderung der Rechtslage konnte nicht festgestellt werden.

Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers hat keine maßgebliche Verschlechterung erfahren, dieser hat keine gesundheitlichen Probleme genannt und er brachte keinen aktuellen Behandlungsbedarf vor.

(vgl. Einvernahme BFA 05.03.2019, AS 133 [Aktenteil II]).

Weitere Hinweise auf das Bestehen eines Sachverhaltes, welcher die inhaltliche Prüfung des vorliegenden Antrages gebieten würde, kamen bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen nicht hervor, weshalb die inhaltliche Prüfung des gegenständlichen Antrages ausscheidet.

1.3. Der strafrechtlich unbescholtene ledige und kinderlose Beschwerdeführer hat keine familiären oder sonstigen engen sozialen Beziehungen in Österreich. Dieser reiste gemeinsam mit einer irakischen Familie in das Bundesgebiet ein, machte jedoch bereits während des ersten Verfahrens widersprüchliche Angaben hinsichtlich seines Verhältnisses zu dieser und nannte zuletzt kein Interesse an einer Aufrechterhaltung des Kontaktes zu jener Familie. Der Beschwerdeführer hat keinen formellen Nachweis über eine absolvierte Sprachprüfung oder einen abgeschlossenen Deutschsprachkurs vorgelegt. Der Beschwerdeführer ging während seines Aufenthalts keiner Erwerbstätigkeit oder ehrenamtlichen Tätigkeit nach und war in keinem Verein Mitglied. Er bezog während der gesamten Dauer seines Aufenthalts Leistungen aus der Grundversorgung und war nicht selbsterhaltungsfähig.

(vgl. insb. Einvernahme BFA 05.03.2019, AS 133, 135 [Aktenteil II]; Erkenntnis BVwG 26.04.2018, S. 3, GVS-Auszug und Strafregister-Auszug jeweils vom 10.06.2021).

Der Beschwerdeführer war sich der Unsicherheit seines Aufenthalts bewusst.

Der Beschwerdeführer verfügt seit dem 26.08.2019 über keine Wohnsitzmeldung mehr im Bundesgebiet. Laut Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister vom 10.06.2021 reiste der Beschwerdeführer am 17.02.2020 im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr selbständig in den Irak aus. Seither hält er sich nicht mehr im österreichischen Bundesgebiet auf.

(vgl. Auszüge Zentrales Melderegister und Zentrales Fremdenregister jeweils vom 10.06.2021).

Der Beschwerdeführer war während seines gesamten Aufenthalts auf fremde Unterstützungsleistungen angewiesen hat nicht nachgewiesen, dass er über ausreichende Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts im Bundesgebiet verfügt.

(vgl. GVS-Auszug 10.06.2021)

1.4. Zur Situation im Irak:

Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zum Irak, welches bereits dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt wurde, wird zum Gegenstand des Erkenntnisses erhoben.

Aus diesem ergibt sich auszugsweise Folgendes:

Sicherheitslage

Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen Sieg über den Islamischen Staat (IS). Die Sicherheitslage hat sich, seitdem die territoriale Kontrolle des IS gebrochen wurde, verbessert (CRS 4.10.2018; vgl. MIGRI 6.2.2018). IS-Kämpfer sind jedoch weiterhin in manchen Gebieten aktiv, die Sicherheitslage ist veränderlich (CRS 4.10.2018).

Derzeit ist es staatlichen Stellen nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Insbesondere schiitische Milizen, aber auch sunnitische Stammesmilizen handeln eigenmächtig. Die im Kampf gegen den IS mobilisierten, zum Teil vom Iran unterstützten Milizen sind nur eingeschränkt durch die Regierung kontrollierbar und stellen eine potenziell erhebliche Bedrohung für die Bevölkerung dar. Durch die teilweise Einbindung der Milizen in staatliche Strukturen (zumindest formaler Oberbefehl des Ministerpräsidenten, Besoldung aus dem Staatshaushalt) verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren (AA 12.2.2018).

In der Wirtschaftsmetropole Basra im Süden des Landes können sich die staatlichen Ordnungskräfte häufig nicht gegen mächtige Stammesmilizen mit Verbindungen zur Organisierten Kriminalität durchsetzen. Auch in anderen Landesteilen ist eine Vielzahl von Gewalttaten mit rein kriminellem Hintergrund zu beobachten (AA 12.2.2018). Insbesondere in Bagdad kommt es zu Entführungen durch kriminelle Gruppen, die Lösegeld für die Freilassung ihrer Opfer fordern (MIGRI 6.2.2018).

Islamischer Staat (IS)

Seitdem der IS Ende 2017 das letzte Stück irakischen Territoriums verlor, hat er drei Phasen durchlaufen: Zunächst kam es für einige Monate zu einer Phase remanenter Gewalt; dann gab es einen klaren taktischen Wandel, weg von der üblichen Kombination aus Bombenanschlägen und Schießereien, zu einem Fokus auf die ländlichen Gebiete im Zentrum des Landes. Die Kämpfer formierten sich neu und im Zuge dessen kam es zu einem starken Rückgang an Angriffen. Jetzt versucht der IS, die Kontrolle über die ländlichen Gebiete im Zentrum des Landes und über Grenzgebiete zurückzuerlangen. Gleichzeitig verstärkt er die direkte Konfrontation mit den Sicherheitskräften (Joel Wing 3.7.2018). Im September 2018 fanden die IS-Angriffe wieder vermehrt in Bagdad statt und es ist eine Rückkehr zu Selbstmordanschlägen und Autobomben feststellbar (Joel Wing 6.10.2018).

Mit Stand Oktober 2018 waren Einsätze der irakischen Sicherheitskräfte gegen IS-Kämpfer in den Provinzen Anbar, Ninewa, Diyala und Salah al-Din im Gang. Ziel war es, den IS daran zu hindern sich wieder zu etablieren und ihn von Bevölkerungszentren fernzuhalten. Irakische Beamte warnen vor Bemühungen des IS, Rückzugsorte in Syrien für die Infiltration des Irak zu nutzen. Presseberichte und Berichte der US-Regierung sprechen von anhaltenden IS-Angriffen, insbesondere in ländlichen Gebieten von Provinzen, die vormals vom IS kontrolliert wurden (CRS 4.10.2018; vgl. ISW 2.10.2018, Atlantic 31.8.2018, Jamestown 28.7.2018, Niqash 12.7.2018). In diesen Gebieten oder in Gebieten, in denen irakische Sicherheitskräfte abwesend sind, kommt es zu Drohungen, Einschüchterungen und Tötungen durch IS-Kämpfer, vor allem nachts (CRS 4.10.2018). Es gibt immer häufiger Berichte über Menschen, die aus Dörfern in ländlichen Gebieten, wie dem Bezirk Khanaqin im Nordosten Diyalas, fliehen. Ortschaften werden angegriffen und Steuern vom IS erhoben. Es gibt Gebiete, die in der Nacht No-go-Areas für die Sicherheitskräfte sind und IS-Kämpfer, die sich tagsüber offen zeigen. Dies geschieht trotz ständiger Razzien durch die Sicherheitskräfte, die jedoch weitgehend wirkungslos sind (Joel Wing 6.10.2018).

Die Extremisten richten auch falsche Checkpoints ein, an denen sie sich als Soldaten ausgeben, Autos anhalten und deren Insassen entführen, töten oder berauben (Niqash 12.7.2018; vgl. WP 17.7.2018).

Das Hauptproblem besteht darin, dass es in vielen dieser ländlichen Gebiete wenig staatliche Präsenz gibt und die Bevölkerung eingeschüchtert wird (Joel Wing 6.10.2018). Sie kooperiert aus Angst nicht mit den Sicherheitskräften. Im vergangenen Jahr hat sich der IS verteilt und in der Zivilbevölkerung verborgen. Kämpfer verstecken sich an den unzugänglichsten Orten: in Höhlen, Bergen und Flussdeltas. Der IS ist auch zu jenen Taktiken zurückgekehrt, die ihn 2012 und 2013 zu einer Kraft gemacht haben: Angriffe, Attentate und Einschüchterungen, besonders nachts. In den überwiegend sunnitischen Provinzen, in denen der IS einst dominant war (Diyala, Salah al-Din und Anbar), führt die Gruppe nun wieder Angriffe von großer Wirkung durch (Atlantic 31.8.2018).

[…]

Sicherheitsrelevante Vorfälle, Opferzahlen

Der Irak verzeichnet derzeit die niedrigste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 (Joel Wing 5.4.2018). Die Sicherheitslage ist in verschiedenen Teilen des Landes sehr unterschiedlich, insgesamt hat sich die Lage jedoch verbessert (MIGRI 6.2.2018).

So wurden beispielsweise im September 2018 vom Irak-Experten Joel Wing 210 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 195 Todesopfern im Irak verzeichnet. Dem standen im September des Jahres 2017 noch 306 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 728 Todesopfern gegenüber. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen im September 2018 waren Bagdad mit 65 Vorfällen, Diyala mit 36, Kirkuk mit 31, Salah al-Din mit 21, Ninewa mit 18 und Anbar mit 17 Vorfällen (Joel Wing 6.10.2018).

Die folgende Grafik von ACCORD zeigt, im linken Bild, die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle mit mindestens einem Todesopfer im zweiten Quartal 2018, nach Provinzen aufgeschlüsselt. Auf der rechten Karte ist die Zahl der Todesopfer im Irak, im zweiten Quartal 2018, nach Provinzen aufgeschlüsselt, dargestellt (ACCORD 5.9.2018).

[…]

Laut Angaben von UNAMI, der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen im Irak, wurden im September 2018 im Irak insgesamt 75 irakische Zivilisten durch Terroranschläge, Gewalt und bewaffnete Konflikte getötet und weitere 179 verletzt (UNAMI 1.10.2018). Insgesamt verzeichnete UNAMI im Jahr 2017 3.298 getötete und 4.781 verwundete Zivilisten. Nicht mit einbezogen in diesen Zahlen waren zivile Opfer aus der Provinz Anbar im November und Dezember 2017, für die keine Angaben verfügbar sind. Laut UNAMI handelt es sich bei den Zahlen um absolute Mindestangaben, da die Unterstützungsmission bei der Überprüfung von Opferzahlen in bestimmten Gebieten eingeschränkt ist (UNAMI 2.1.2018). Im Jahr 2016 betrug die Zahl getöteter Zivilisten laut UNAMI noch 6.878 bzw. die verwundeter Zivilisten 12.388. Auch diese Zahlen beinhalten keine zivilen Opfer aus Anbar für die Monate Mai, Juli, August und Dezember (UNAMI 3.1.2017)

Die folgenden Grafiken von Iraq Body Count (IBC) stellen die von IBC im Irak dokumentierten zivilen Todesopfer dar. Seit Februar 2017 sind nur vorläufige Zahlen (in grau) verfügbar. Das erste Diagramm stellt die von IBC dokumentierten zivilen Todesopfer im Irak seit 2003 dar (pro Monat jeweils ein Balken). Die zweite Tabelle gibt die Zahlen selbst an. Laut Tabelle, dokumentierte IBC im September 2018 241 zivile Todesopfer im Irak. Im September 2017 betrug die Zahl von IBC dokumentierter ziviler Todesopfer im Irak 490; im September 2016 935. Insgesamt dokumentierte IBC von Januar bis September 2018 2.699 getötete Zivilisten im Irak. Im Jahr 2017 dokumentierte IBC 13.178 zivile Todesopfer im Irak; im Jahr 2016 betrug diese Zahl 16.393 (IBC 9.2018).

[…]

Sicherheitslage Bagdad

Die Provinz Bagdad ist die kleinste und am dichtesten bevölkerte Provinz des Irak, mit einer Bevölkerung von mehr als sieben Millionen Menschen. Die Mehrheit der Einwohner Bagdads sind Schiiten. In der Vergangenheit umfasste die Hauptstadt viele gemischte schiitische, sunnitische und christliche Viertel, der Bürgerkrieg von 2006-2007 veränderte jedoch die demografische Verteilung in der Stadt und führte zu einer Verringerung der sozialen Durchmischung sowie zum Entstehen von zunehmend homogenen Vierteln. Viele Sunniten flohen aus der Stadt, um der Bedrohung durch schiitische Milizen zu entkommen. Die Sicherheit der Provinz wird sowohl vom „Baghdad Operations Command“ kontrolliert, der seine Mitglieder aus der Armee, der Polizei und dem Geheimdienst zieht, als auch von den schiitischen Milizen, die als stärker werdend beschrieben werden (OFPRA 10.11.2017).

Im Jahr 2016 verzeichnete die Provinz Bagdad noch immer die höchste Zahl an Opfern im gesamten Land. Die Sicherheitslage verbesserte sich jedoch in Bagdad als die Schlacht um Mosul begann. Während Joel Wing im Januar 2016 in Bagdad noch durchschnittlich 11,6 Angriffe pro Tag verzeichnete, sank diese Zahl zwischen April und September 2017 auf durchschnittlich 3 Angriffe pro Tag (OFPRA 10.11.2017; vgl. Joel Wing 8.7.2017, Joel Wing 4.10.2017). Seit 2016 ist das Ausmaß der Gewalt in Bagdad allmählich zurückgegangen. Es gab einen Rückgang an IS-Aktivität, nach den Vorstößen der irakischen Truppen im Nordirak, obwohl der IS weiterhin regelmäßig Angriffe gegen militärische und zivile Ziele durchführt, insbesondere, aber nicht ausschließlich, in schiitischen Stadtvierteln. Darüber hinaus sind sunnitische Bewohner der Gefahr von Übergriffen durch schiitische Milizen ausgesetzt, einschließlich Entführungen und außergerichtlichen Hinrichtungen (OFPRA 10.11.2017).

Terroristische und politisch motivierte Gewalt setzte sich das ganze Jahr 2017 über fort. Bagdad war besonders betroffen. UNAMI berichtete, dass es von Januar bis Oktober 2017 in Bagdad fast täglich zu Angriffen mit improvisierten Sprengkörpern kam. Laut UNAMI zielten einige Angriffe auf Regierungsgebäude oder Checkpoints ab, die von Sicherheitskräften besetzt waren, während viele andere Angriffe auf Zivilisten gerichtet waren. Der IS führte Angriffe gegen die Zivilbevölkerung durch, einschließlich Autobomben- und Selbstmordattentate (USDOS 20.4.2018).

Laut Joel Wing kam es im Januar 2018 noch zu durchschnittlich 3,3 sicherheitsrelevanten Vorfällen in Bagdad pro Tag, eine Zahl die bis Juni 2018 auf durchschnittlich 1,1 Vorfälle pro Tag sank (Joel Wing 3.7.2018). Seit Juni 2018 ist die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle in Bagdad langsam wieder auf 1,5 Vorfälle pro Tag im Juli, 1,8 Vorfälle pro Tag im August und 2,1 Vorfälle pro Tag im September gestiegen. Diese Angriffe bleiben Routine, wie Schießereien und improvisierte Sprengkörper und konzentrieren sich hauptsächlich auf die äußeren südlichen und nördlichen Gebiete der Provinz (Joel Wing 6.10.2018).

Insgesamt kam es im September 2018 in der Provinz Bagdad zu 65 sicherheitsrelevanten Vorfällen. Damit verzeichnete Bagdad die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen im ganzen Land (Joel Wing 6.10.2018). Auch in der ersten und dritten Oktoberwoche 2018 führte Bagdad das Land in Bezug auf die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle an. Wenn man jedoch die Größe der Stadt bedenkt, sind Angriffe immer noch selten (Joel Wing 9.10.2018 und Joel Wing 30.10.2018).

In Bezug auf die Opferzahlen war Bagdad von Januar bis März 2018, im Mai 2018, sowie von Juli bis September 2018 die am schwersten betroffene Provinz im Land (UNAMI 1.2.2018; UNAMI 2.3.2018; UNAMI 4.4.2018; UNAMI 31.5.2018; UNAMI 1.8.2018; UNAMI 3.9.2018; UNAMI 1.10.2018). Im September 2018 verzeichnete UNAMI beispielsweise 101 zivile Opfer in Bagdad (31 Tote, 70 Verletzte) (UNAMI 1.10.2018).

Sicherheitslage Nord- und Zentralirak

In den Provinzen Ninewa und Salah al-Din muss weiterhin mit schweren Anschlägen und offenen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dem IS und irakischen Sicherheitskräften gerechnet werden. Diese Gefährdungslage gilt ebenfalls für die Provinz Anbar und die Provinz Ta’mim (Kirkuk), sowie auch für die Provinz Diyala. Hinzu kommen aktuelle Spannungen zwischen irakischen Streitkräften und kurdischen Peshmerga (AA 1.11.2018).

Mit dem Zuwachs und Gewinn an Stärke von lokalen und sub-staatlichen Kräften, haben diese auch zunehmend Verantwortung für die Sicherheit, politische Steuerung und kritische Dienstleistungen übernommen. Infolgedessen ist der Nord- und Zentralirak, obgleich nicht mehr unter der Kontrolle des IS, auch nicht unter fester staatlicher Kontrolle. Die Fragmentierung der Macht und die große Anzahl an mobilisierten Kräften mit widersprüchlichen Loyalitäten und Programmen stellt eine erhebliche Herausforderung für die allgemeinen Stabilität dar (GPPI 3.2018).

Der Zentralirak ist derzeit der wichtigste Stützpunkt für den IS. Die Gewalt dort nahm im Sommer 2018 zu, ist aber inzwischen wieder gesunken. In der Provinz Diyala beispielsweise fiel die Zahl sicherheitsrelevanter Vorfälle von durchschnittlich 1,7 Vorfällen pro Tag im Juni 2018 auf 1,1 Vorfälle im Oktober 2018. Auch in der Provinz Salah al-Din kam es im Juni 2018 zu durchschnittlich 1,4 sicherheitsrelevanten Vorfällen pro Tag, im Oktober jedoch nur noch zu 0,5. Die Provinz Kirkuk verzeichnete im Oktober 2018 einen Anstieg an sicherheitsrelevanten Vorfällen, mit durchschnittlich 1,5 Vorfällen pro Tag, die höchste Zahl seit Juni 2018. Die Anzahl der Vorfälle selbst ist jedoch nicht so maßgeblich wie die Art der Vorfälle und die Schauplätze an denen sie ausgeübt werden. Der IS ist in allen ländlichen Gebieten der Provinz Diyala, in Süd-Kirkuk, Nord- und Zentral-Salah-al-Din tätig. Es gibt regelmäßige Angriffe auf Städte; Zivilisten und Beamte werden entführt; Steuern werden erhoben und Vergeltungsmaßnahmen gegen diejenigen ausgeübt, die sich weigern zu zahlen; es kommt auch regelmäßige zu Schießereien. Es gibt immer mehr Berichte über IS-Mitglieder, die sich tagsüber im Freien bewegen und das Ausmaß ihrer Kontrolle zeigen. Die Regierung hat in vielen dieser Gegenden wenig Präsenz und die anhaltenden Sicherheitseinsätze sind ineffektiv, da die Kämpfer ausweichen, wenn die Einsätze im Gang sind, und zurückkehren, wenn sie wieder beendet sind. Der IS verfügt derzeit über eine nach außen hin expandierende Kontrolle in diesen Gebieten (Joel Wing 2.11.2018).

[…]

Grundversorgung und Wirtschaft

Der Staat kann die Grundversorgung der Bürger nicht kontinuierlich und in allen Landesteilen gewährleisten (AA 12.2.2018). Die Iraker haben eine dramatische Verschlechterung in Bezug auf die Zurverfügungstellung von Strom, Wasser, Abwasser- und Abfallentsorgung, Gesundheitsversorgung, Bildung, Verkehr und Sicherheit erlebt. Der Konflikt hat nicht nur in Bezug auf die Armutsraten, sondern auch bei der Erbringung staatlicher Dienste zu stärker ausgeprägten räumlichen Unterschieden geführt. Der Zugang zu diesen Diensten und deren Qualität variiert demnach im gesamten Land erheblich (K4D 18.5.2018).

Die über Jahrzehnte internationaler Isolation und Krieg vernachlässigte Infrastruktur ist sanierungsbedürftig. Trotz internationaler Hilfsgelder bleibt die Versorgungslage für ärmere Bevölkerungsschichten schwierig. Die genannten Defizite werden durch die grassierende Korruption zusätzlich verstärkt. Nach Angaben des UN-Programms „Habitat“ leben 70 Prozent der Iraker in Städten, die Lebensbedingungen von einem großen Teil der städtischen Bevölkerung gleichen denen von Slums (AA 12.2.2018).

In vom IS befreiten Gebieten muss eine Grundversorgung nach Räumung der Kampfmittel erst wieder hergestellt werden. Einige Städte sind weitgehend zerstört. Die Stabilisierungsbemühungen und der Wiederaufbau durch die irakische Regierung werden intensiv vom United Nations Development Programme (UNDP) und internationalen Gebern unterstützt (AA 12.2.2018).

Wirtschaftslage

Der Irak erholt sich nur langsam vom Terror des sogenannten Islamischen Staat und seinen Folgen. Nicht nur sind ökonomisch wichtige Städte wie Mosul zerstört worden. Dies trifft das Land, nachdem es seit Jahrzehnten durch Krieg, Bürgerkrieg, Sanktionen zerrüttet wurde. Wiederaufbauprogramme laufen bereits, vorsichtig-positive Wirtschaftsprognosen traf die Weltbank im Oktober 2018 für das Jahr 2019. Ob der Wiederaufbau zu einem nachhaltigen positiven Aufschwung beiträgt, hängt aus Sicht der Weltbank davon ab, ob das Land die Korruption in den Griff bekommt (GIZ 11.2018).

Das Erdöl stellt immer noch die Haupteinnahmequelle des irakischen Staates dar (GIZ 11.2018). Rund 90 Prozent der Staatseinnahmen stammen aus dem Ölsektor (AA 12.2.2018).

Noch im Jahr 2016 wuchs die irakische Wirtschaft laut Economist Intelligence Unit (EIU) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) um 11 Prozent. Im Folgejahr schrumpfte sie allerdings um 0,8 Prozent. Auch 2018 wird das Wachstum um die 1 Prozent betragen, während für 2019 wieder ein Aufschwung von 5 Prozent zu erwarten ist (WKO 2.10.2018). Laut Weltbank wird erwartet, dass das gesamte BIP-Wachstum bis 2018 wieder auf positive 2,5 Prozent ansteigt. Die Wachstumsaussichten des Irak dürften sich dank der günstigeren Sicherheitslage und der allmählichen Belebung der Investitionen für den Wiederaufbau verbessern (WB 16.4.2018). Die positive Entwicklung des Ölpreises ist dafür auch ausschlaggebend. Somit scheint sich das Land nach langen Jahren bewaffneter Auseinandersetzungen wieder in Richtung einer gewissen Normalität zu bewegen. Dieser positiven Entwicklung stehen gleichwohl weiterhin Herausforderungen gegenüber (WKO 2.10.2018).

So haben der Krieg gegen den IS und der langwierige Rückgang der Ölpreise seit 2014 zu einem Rückgang der Nicht-Öl-Wirtschaft um 21,6 Prozent geführt, sowie zu einer starken Verschlechterung der Finanz- und Leistungsbilanz des Landes. Der Krieg und die weit verbreitete Unsicherheit haben auch die Zerstörung von Infrastruktur und Anlageobjekten in den vom IS kontrollierten Gebieten verursacht, Ressourcen von produktiven Investitionen abgezweigt, den privaten Konsum und das Investitionsvertrauen stark beeinträchtigt und Armut, Vulnerabilität und Arbeitslosigkeit erhöht. Dabei stieg die Armutsquote [schon vor dem IS, Anm.] von 18,9 Prozent im Jahr 2012 auf geschätzte 22,5 Prozent im Jahr 2014 (WB 18.4.2018).

Jüngste Arbeitsmarktstatistiken deuten auf eine weitere Verschlechterung der Armutssituation hin. Die Erwerbsquote von Jugendlichen (15-24 Jahre) ist seit Beginn der Krise im Jahr 2014 deutlich gesunken, von 32,5 Prozent auf 27,4 Prozent. Die Arbeitslosigkeit nahm vor allem bei Personen aus den ärmsten Haushalten und Jugendlichen und Personen im erwerbsfähigen Alter (25-49 Jahre) zu. Die Arbeitslosenquote ist in den von IS-bezogener Gewalt und Vertreibung am stärksten betroffenen Provinzen etwa doppelt so hoch wie im übrigen Land (21,1 Prozent gegenüber 11,2 Prozent), insbesondere bei Jugendlichen und Ungebildeten (WB 16.4.2018).

Der Irak besitzt kaum eigene Industrie. Hauptarbeitgeber ist der Staat (AA 12.2.2018). Grundsätzlich ist der öffentliche Sektor sehr gefragt. Die IS-Krise und die Kürzung des Budgets haben Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt im privaten und öffentlichen Sektor. Jobangebote sind mit dem Schließen mehrerer Unternehmen zurückgegangen. Im öffentlichen Sektor sind ebenfalls viele Stellen gestrichen worden. Gute Berufschancen bietet jedoch derzeit das Militär. Das durchschnittliche monatliche Einkommen im Irak beträgt derzeit 350-1.500 USD, je nach Position und Ausbildung (IOM 13.6.2018).

Das Ministerium für Arbeit und Soziales bietet Unterstützung bei der Arbeitssuche und stellt Arbeitsagenturen in den meisten Städten. Die Regierung hat auch ein Programm gestartet, um irakische Arbeitslose und Arbeiter, die weniger als 1 USD pro Tag verdienen, zu unterstützen. Aufgrund der derzeitigen Situation im Land wurde die Hilfe jedoch eingestellt. Weiterbildungsmöglichkeiten werden durch Berufsschulen, Trainingszentren und Agenturen angeboten (IOM 13.6.2018).

Stromversorgung

Die Stromversorgung des Irak ist im Vergleich zu der Zeit vor 2003 schlecht (AA 12.2.2018). Sie deckt nur etwa 60 Prozent der Nachfrage ab, wobei etwa 20 Prozent der Bevölkerung überhaupt keinen Zugang zu Elektrizität haben. Der verfügbare Stromvorrat variiert jedoch je nach Gebiet und Jahreszeit (Fanack 22.12.2017). Selbst in Bagdad ist die öffentliche Stromversorgung vor allem in den Sommermonaten, wenn bei Temperaturen von über 50 Grad flächendeckend Klimaanlagen eingesetzt werden, häufig unterbrochen. Dann versorgt sich die Bevölkerung aus privaten Generatoren, sofern diese vorhanden sind. Die Versorgung mit Mineralöl bleibt unzureichend und belastet die Haushalte wegen der hohen Kraftstoffpreise unverhältnismäßig. In der Autonomen Region Kurdistan erfolgt die Stromversorgung durch Betrieb eigener Kraftwerke, unterliegt jedoch wie in den anderen Regionen Iraks erheblichen Schwankungen und erreicht deutlich weniger als 20 Stunden pro Tag. Kraftwerke leiden unter Mangel an Brennstoff und es gibt erhebliche Leitungsverluste (AA 12.2.2018).

Wasserversorgung

Die Wasserversorgung wird von der schlechten Stromversorgung in Mitleidenschaft gezogen (AA 12.2.2018). Der Irak befindet sich inmitten einer schweren Wasserkrise, die durch akute Knappheit, schwindende Ressourcen und eine stark sinkende Wasserqualität gekennzeichnet ist (Clingendael 10.7.2018). Die Wasserknappheit dürfte sich kurz- bis mittelfristig noch verschärfen. Besonders betroffen sind die südlichen Provinzen, insbesondere Basra. Der Klimawandel ist dabei ein Faktor, aber auch große Staudammprojekte in der Türkei und im Iran, die sich auf den Wasserstand von Euphrat und Tigris auswirken und zur Verknappung des Wassers beitragen. Niedrige Wasserstände führen zu einem Anstieg des Salzgehalts, wodurch das bereits begrenzte Wasser für die landwirtschaftliche Nutzung ungeeignet wird (UNOCHA 31.8.2018).

Parallel zur Wasserknappheit tragen veraltete Leitungen und eine veraltete Infrastruktur zur Kontaminierung der Wasserversorgung bei (UNOCHA 31.8.2018). Es fehlt weiterhin an Chemikalien zur Wasseraufbereitung. Die völlig maroden und teilweise im Krieg zerstörten Leitungen führen zu hohen Transportverlusten und Seuchengefahr. Im gesamten Land verfügt heute nur etwa die Hälfte der Bevölkerung über Zugang zu sauberem Wasser (AA 12.2.2018). Im August meldete Iraks südliche Provinz Basra 17.000 Fälle von Infektionen aufgrund der Kontaminierung von Wasser. Der Direktor der Gesundheitsbehörde Basra warnte vor einem Choleraausbruch (Iraqi News 28.8.2018).

Nahrungsversorgung

Laut Welternährungsorganisation sind im Irak zwei Millionen Menschen von Nahrungsmittelunsicherheit betroffen (FAO 8.2.2018). 22,6 Prozent der Kinder sind unterernährt (AA 12.2.2018). Schätzungen des Welternährungsprogramms zufolge benötigen mindestens 700.000 Iraker Nahrungsmittelhilfe (USAID 23.2.2018).

Die Landwirtschaft ist für die irakische Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. Schätzungen zufolge hat der Irak in den letzten vier Jahren jedoch 40 Prozent seiner landwirtschaftlichen Produktion verloren. Im Zuge des Krieges gegen den IS waren viele Bauern gezwungen, ihre Betriebe zu verlassen. Ernten wurden zerstört oder beschädigt. Landwirtschaftliche Maschinen, Saatgut, Pflanzen, eingelagerte Ernten und Vieh wurden geplündert. Aufgrund des Konflikts und der Verminung konnten Bauern für die nächste Landwirtschaftssaison nicht pflanzen. Die Nahrungsmittelproduktion und -versorgung wurde unterbrochen, die Nahrungsmittelpreise auf den Märkten stiegen (FAO 8.2.2018). Das Land ist stark von Nahrungsmittelimporten abhängig (AW 11.2.2018; vgl. USAID 1.8.2017).

Das Sozialsystem wird vom sogenannten „Public Distribution System“ (PDS) dominiert, einem Programm, bei dem die Regierung importierte Lebensmittel kauft, um sie an die Öffentlichkeit zu verteilen. Das PDS ist das wichtigste Sozialhilfeprogramm im Irak, in Bezug auf Flächendeckung und Armutsbekämpfung. Es ist das wichtigste Sicherheitsnetz für Arme, obwohl es von schweren Ineffizienzen gekennzeichnet ist (K4D 18.5.2018). Es sind zwar alle Bürger berechtigt, Lebensmittel im Rahmen des PDS zu erhalten. Das Programm wird von den Behörden jedoch sporadisch und unregelmäßig umgesetzt, mit begrenztem Zugang in den wiedereroberten Gebieten. Außerdem hat der niedrige Ölpreis die Mittel für das PDS weiter eingeschränkt (USDOS 20.4.2018).

Aus der herangezogenen aktuellen Berichtslage lässt sich weder in Bezug auf die individuelle Situation des Beschwerdeführers noch hinsichtlich der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungsbedingungen im Irak eine maßgebliche Änderung (Verschlechterung) verglichen mit den im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.042018 zugrunde gelegten Länderfeststellungen erkennen.

2. Beweiswürdigung:

Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Person und dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

Den Feststellungen wurden insbesondere die niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers sowohl im Rahmen des Verfahrens über den ersten Asylantrag als auch im nunmehrigen vor dem Bundesamt geführten Verwaltungsverfahren, die von ihm vorgelegten Beweismittel und das Beschwerdevorbringen zugrunde gelegt.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid sowie im mit Erkenntnis des BVwG vom 26.04.2018 rechtskräftig abgeschlossenen vorangegangenen Verfahren getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Die genaue Identität des Beschwerdeführers konnte, wie bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.04.2018 ausgeführt (vgl. S.11), aufgrund der fehlenden Vorlage eines unbedenklichen Original-Identitätsdokumentes sowie divergierender Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Personalien nicht festgestellt werden. Auch im nunmehrigen Verfahren legte der Beschwerdeführer keine Original-Identitätsdokumente vor und trat während seines Asylverfahrens in Frankreich wiederum unter einem abweichenden Nachnamen auf. Die Feststellung zum Familienstand des Beschwerdeführers beruht auf dem Umstand, dass dieser keine Nachweise für die vorgebrachte Eheschließung bzw. Scheidung im Irak vorgelegt hat.

Das Bundesverwaltungsgericht nahm Einsicht in das Fremdenregister, das Strafregister, das zentrale Melderegister und holte einen Grundversorgungsauzug ein.

Insbesondere der zwischenzeitliche Aufenthalt des Beschwerdeführers in Frankreich sowie die dort ebenfalls erfolgte Antragstellung auf internationalen Schutz ergeben sich neben dem Akteninhalt eindeutig aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers, einer aktenkundigen EURODAC-Treffermeldung zu Frankreich und den im Verwaltungsakt einliegenden Schriftstücken zum mit Frankreich geführten Überstellungsverfahren, blieben daher unstrittig und können dem gegenständlichen Erkenntnis somit zugrunde gelegt werden.

Die Feststellung dazu, dass der Beschwerdeführer keinen nach rechtskräftigem Abschluss seines ersten Verfahrens neu entstandenen Fluchtgrund vorgebracht hat, ergibt sich aus seinem Vorbringen im Verfahren. Der Beschwerdeführer brachte in der im gegenständlichen Verfahren durchgeführten Erstbefragung und der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausdrücklich vor, dass er sich neuerlich auf den bereits im ersten Verfahren geschilderten Fluchtgrund – nämliche eine Tätigkeit als Polizist und eine durch die irakische Regierung im Zeitraum 2014/2015 verlangte Betätigung als Spitzel in vom IS bedrohten Gebieten – berufen würde und keine darüberhinausgehenden Gründe aufweisen würde (AS 12, 137).

Soweit der Beschwerdeführer anmerkte, es seien insofern neue Gründe dazugekommen, als er während seines Aufenthaltes in Frankreich über Facebook einen Drohanruf eines schiitischen Beamten für Terrorbekämpfung erhalten hätte, ist den Ausführungen im angefochtenen Bescheid beizupflichten, dass dieses Vorbringen keinen glaubhaften Kern aufweist. So baut die vorgebrachte telefonische Drohung auf einem bereits in einem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren als unglaubwürdig qualifizierten Grundvorbringen auf, sodass auch einer aus dem gleichen Grund nunmehr erfolgten neuerlichen Drohung keine Glaubwürdigkeit beigemessen werden kann. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Erkenntnis vom 26.04.2018 umfassend ausgeführt, dass bereits eine Tätigkeit des Beschwerdeführers als Polizist im Irak aufgrund näher angeführter Widersprüche innerhalb seiner Angaben sowie fehlenden Wissens insbesondere zu den angeblich im Dienst geführten Waffen, nicht als glaubhaft erachtet werden konnte, sodass sich auch die darauf aufbauende Bedrohung durch die irakische Regierung als unglaubwürdig darstellte. Auch das weitere Vorbringen zur angeblichen gewaltsamen Aufforderung der irakischen Regierung zu einer Spitzeltätigkeit in vom IS bedrohten Gebieten sowie einer drohenden Gefängnisstrafe wegen Desertion erwies sich laut den Ausführungen im Erkenntnis vom 26.04.2018 als unplausibel und teils widersprüchlich und fand in den vorliegenden herkunftsstaatspezifischen Informationen keine Deckung, sodass das Bundesverwaltungsgericht zum Ergebnis gelangte, dass der Beschwerdeführer den Irak tatsächlich – wie von ihm anlässlich der Erstbefragung vom 04.11.2015 angegeben – aufgrund der allgemein instabilen Sicherheitslage verlassen habe, nicht jedoch aufgrund einer ihm drohenden persönlichen Verfolgung (vgl. dazu die näheren Ausführungen im Erkenntnis des BVwG vom 26.04.2018, S. 17 ff).

Wenn der Beschwerdeführer nun darauf verweist, vor dem gleichen Hintergrund zwischenzeitlich neuerlich bedroht worden zu sein, so beruft er sich lediglich auf ein Fortbestehen des bereits rechtskräftig als unglaubwürdig qualifizierten Grundsachverhaltes. Im Übrigen war es ihm auch im nunmehrigen Verfahren nicht möglich, die angebliche neuerliche Bedrohung durch die Vorlage von Beweismitteln zu untermauern. Er berief sich lediglich unspezifisch darauf, während seines Aufenthaltes in Frankreich über Facebook telefonisch durch einen schiitischen Beamten bedroht worden zu sein, nannte jedoch keine konkreten Daten jenes Mannes, und erklärte auf die Nachfrage, ob er diesen Anruf in irgendeiner Form beweisen könne, lediglich, dass der Anrufer ihn vor Kurzem „blockiert“ hätte. Auch den Zweck des Anrufes konnte der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt nicht nachvollziehbar darstellen, sondern er gab lediglich an, dass dieser Mann zu ihm gesagt hätte, dass der Beschwerdeführer wie ein Terrorist behandelt werden würde, sollte er in den Irak zurückkehren. Sollte jedoch der Beschwerdeführer im Irak tatsächlich durch die dortige Regierung verfolgt werden und diese ein Interesse daran aufweisen, seiner Person habhaft zu werden, so wäre es jedenfalls als unverständlich zu erachten, weshalb diese ihn im Ausland kontaktieren und in dieser Weise vor einer Rückkehr warnen sollte. Der Beschwerdeführer konnte auf die Frage nach dem Zweck eines solchen Anrufs vor dem Bundesamt lediglich allgemein angeben, dass es um die Feindschaft zwischen Schiiten und Sunniten gehen würde, wodurch jedoch nicht erklärt wird, weshalb man ihn infolge eines mehrjährigen Auslandsaufenthaltes in der dargestellten Form kontaktieren sollte.

Im Ergebnis ist dem Bundesamt beizupflichten, dass der bloße Hinweis auf einen Drohanruf, welcher vom Beschwerdeführer weder belegt noch nachvollziehbar erklärt wurde und zudem vollständig auf einem bereits im vorangegangenen, rechtskräftig abgeschlossenen, Verfahren als unglaubwürdig qualifizierten Grundsachverhalt aufbaut, keinen glaubhaften neu entstandenen Sachverhalt darstellt.

Auch in der Beschwerde vom 28.03.2019 wurde dieser Beurteilung inhaltlich nicht entgegengetreten und es wurde das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers auch sonst in keiner Weise präzisiert. Darüberhinausgehende Rückkehrbefürchtungen wurden im gegenständlichen Verfahren nicht genannt.

Eine generelle und systematische Verfolgung von männlichen Arabern mit sunnitischer Glaubensrichtung ergibt sich aus den Länderberichten in Übereinstimmung mit der Einschätzung von EASO (vgl. Country Guidance, Jänner 2021, S. 68) auch zu aktuellen Zeitpunkt nicht. Die Problematik zwischen Schiiten und Sunniten besteht in der Form, wie sie noch 2014/2015 bestanden hat, nicht mehr. Somit ergibt sich, dass es auch insofern zu keiner maßgeblichen Änderung der Sachlage verglichen mit dem Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.04.2018 gekommen ist.

Mangels Erstattung eines dahingehenden Vorbringens respektive der Vorlage ärztlicher Unterlagen konnte nicht festgestellt werden, dass die gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers, welcher auch im gegenständlichen Verfahren angegeben hat, an keinen Erkrankungen zu leiden, verglichen mit dem Zeitpunkt des rechtskräftigen Abschlusses seines vorangegangenen Verfahrens eine relevante Änderung (Verschlechterung) erfahren hätte.

Zur Situation des Beschwerdeführers in Österreich:

Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers und den von ihm gesetzten Integrationsbemühungen ergeben sich aus der Aktenlage, insbesondere den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Laufe des Verfahrens. Der Beschwerdeführer hat im gesamten Verfahren kein Vorbringen zu konkreten persönlichen Bindungen im Bundesgebiet oder hier gesetzten Integrationsbemühungen erstattet. Diesbezüglich brachte er einzig vor, während seines ersten Verfahrens einen Deutschkurs auf dem Sprachniveau A1 begonnen, jedoch nicht abgeschlossen zu haben und seither selbständig Deutsch zu lernen. Insgesamt ergab sich, dass sich sein Familien- und Privatleben in Österreich seit dem Abschluss des vorangegangenen Verfahrens unverändert darstellt.

Die zwischenzeitlich erfolgte Ausreise aus dem Bundesgebiet und der zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr vorliegende Inlandsaufenthalt ergeben sich aus den aktenkundigen Auszügen aus dem Zentralen Melderegister und dem Zentralen Fremdenregister.

Die Feststellungen zur Mittellosigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Umstand, dass dieser laut eingeholtem GVS-Auszug vom 10.06.2021 während der gesamten Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet Leistungen der Grundversorgung bezogen hat und nicht nachgewiesen hat, im Besitz ausreichender Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts im Bundesgebiet zu sein. Dieser besaß aufgrund seiner aufenthaltsrechtlichen Stellung keine Möglichkeit zur Erwirtschaftung eines Einkommens im Bundesgebiet und hat auch keine Rechtsansprüche auf Unterhaltsleistungen oder sonstige Einnahmequellen behauptet.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der einem Auszug aus dem Strafregister der Republik Österreich vom 10.06.2021.

Zur allgemeinen Lage im Irak:

Die länderkundlichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak stützen sich auf die im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Berichtslage, welcher der Beschwerdeführer im Verfahren inhaltlich nicht entgegengetreten ist. Der Beschwerdeführer verwies zwar auf die allgemein prekäre Sicherheitslage im Irak, zeigte jedoch nicht auf, in wie fern diese bezogen auf seine individuelle Situation seit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens über seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz eine Änderung erfahren hätte.

Diesen war auch kein über die vom Beschwerdeführer selbst dargebotenen Verfolgungsgründe hinausgehender Sachverhalt zu entnehmen, der allenfalls Anhaltspunkte für eine aus sonstigen Gründen dem Beschwerdeführer drohende individuelle Gefährdung beinhaltet hätte. Auch die ergänzende Einsichtnahme in Berichtsmaterial aktuelleren Datums (insb. EASO, Country Guidance Iraq 2021; EASO, Security Situation Iraq 2020; sowie OCHA Iraq Humanitarian Bulletin June 2021) hat keinen Hinweis auf eine seither eingetretene Unzulässigkeit der Abschiebung ergeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Zurückweisung des Folgeantrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung bzw. Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 und 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Verschiedene Sachen im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegen vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgebend erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren (abgesehen von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind) abweicht (VwGH 10.06.1998, Zl. 96/20/0266). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vor und ist in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten, so steht die Rechtskraft des ergangenen Bescheides dem neuerlichen Antrag entgegen und berechtigt die Behörde zu seiner Zurückweisung. Ist also eine Sachverhaltsänderung, die eine andere rechtliche Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21.09.2000, Zl. 98/20/0564).

Auch Bescheide, die - auf einer unvollständigen Sachverhaltsbasis ergangen - in Rechtskraft erwachsen sind, sind verbindlich und nur im Rahmen des § 69 Abs. 1 AVG einer Korrektur zugänglich. Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des über den ersten Antrag absprechenden Bescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266 mit Hinweis auf VwGH 24.03.1993, 92/12/0149).

Könnten die behaupteten neuen Tatsachen, gemessen an der dem rechtskräftigen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsanschauung, zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedarf es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit (Hinweis E 26. Juli 2005, 2005/20/0343; gegen den bloßen Verweis auf den inhaltlichen Zusammenhang mit dem im Erstverfahren als unglaubwürdig erachteten Vorbringen zuletzt E 27. September 2005, 2005/01/0363). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das neue Vorbringen in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den im Erstverfahren nicht geglaubten Behauptungen stand. Ein solcher Zusammenhang kann für die Beweiswürdigung der behaupteten neuen Tatsachen argumentativ von Bedeutung sein, macht eine Beweiswürdigung des neuen Vorbringens aber nicht von vornherein entbehrlich oder gar - in dem Sinn, mit der seinerzeitigen Beweiswürdigung unvereinbare neue Tatsachen dürften im Folgeverfahren nicht angenommen werden - unzulässig (VwGH 29.09.2005, 2005/20/0365).

§ 68 Abs. 1 AVG soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderungen der Sach- oder Rechtslage) verhindern. Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die "entschiedene Sache", also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt. Identität der Sache liegt dann vor, wenn einerseits weder in der Rechtslage noch in den für die Beurteilung des Parteibegehrens maßgeblichen tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist und sich andererseits das neue Parteibegehren im Wesentlichen (von Nebenumständen, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, abgesehen) mit dem früheren deckt. Dabei kommt es allein auf den normativen Inhalt des bescheidmäßigen Abspruches des rechtskräftig gewordenen Vorbescheides an. In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Danach kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtliche Relevanz zukäme. Die Behörde hat sich mit der behaupteten Sachverhaltsänderung bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit der (neuerlichen) Antragstellung insoweit auseinander zu setzen, als von ihr - gegebenenfalls auf der Grundlage eines durchzuführenden Ermittlungsverfahrens - festzustellen ist, ob die neu vorgebrachten Tatsachen zumindest einen (glaubhaften) Kern aufweisen, dem für die Entscheidung Relevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Antrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mit Hinweisen auf VwGH 29.01.2008, 2005/11/0102 mwN; und VwGH 16.02.2006, 2006/19/0380, mwN; VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0025; 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Gegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst. Zu prüfen ist demnach, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0198, mwN).

Diese Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags auf Grund geänderten Sachverhalts hat - von allgemein bekannten Tatsachen abgesehen - im Beschwerdeverfahren nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen (vgl. VwGH 24.06.2014, Ra 2014/19/0018). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht somit nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0025; 24.05.2018, Ra 2018/19/0234).

Bei der Prüfung des Vorliegens der entschiedenen Sache ist auch vom VwG von der rechtskräftigen Vorentscheidung auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen. Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Erst nach Erlassung der rechtskräftigen Erstentscheidung hervorkommende Umstände, die eine Unrichtigkeit dieser Entscheidung dartun, stellen keine Änderung des Sachverhalts dar, sondern können lediglich einen Grund zur Wiederaufnahme eines Verfahrens darstellen. Dieser tragende Grundsatz soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern; die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die entschiedene Sache, also durch die Identität der Rechtssache, über die bereits mit einer formell rechtskräftigen Entscheidung abgesprochen wurde, mit der nunmehr vorliegenden (etwa der in einem neuen Antrag intendierten) bestimmt (vgl. VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Auch das VwG hat dann, wenn der bei ihm in Beschwerde gezogene verwaltungsbehördliche Bescheid nach den vorstehenden Grundsätzen zu Unrecht eine Sachentscheidung beinhaltete, im Rahmen seiner Prüf- und Entscheidungsbefugnis (vgl. dazu etwa VwGH 09.09.2015, Ro 2015/03/0032) einen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. idS etwa VwGH 23.05.1995, 94/20/0785; vgl. VfGH vom 18.06.2014, G 5/2014 (VfSlg 19.882/2014)) (vgl. VwGH 22.02.2021, Ra 2020/18/0537 mwN.)

Im somit rechtskräftigen, das erste Asylverfahren abschließenden, Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.04.2018 wurde hinsichtlich §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine aktuellen oder zeitnahen Verfolgungshandlungen konkret gegen seine Person glaubhaft habe machen können und aus den Angaben des Beschwerdeführers auch nicht eine zukünftige und wahrscheinliche Verfolgung absehbar sei. Hinsichtlich der aktuellen Situation im Irak in Bezug auf den IS bzw. andere terroristische Gruppierungen sei im Verfahren nichts dargetan worden, das eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund dieser Umstände indizieren würde und habe dies auch von Amts wegen nicht erkannt werden können. Die im Irak allgemein herrschenden politischen wie sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse würden es ebenfalls nicht vermögen, die Asylgewährung zu tragen, da diesen allgemeinen Gegebenheiten grundsätzlich alle Einwohner der betreffenden Region gleichermaßen ausgesetzt seien. Mangels Glaubhaftmachung einer aktuellen Gefährdung der Person des Beschwerdeführers sei auch nicht anzunehmen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein würde. Auch aus der allgemeinen Situation im Irak bzw. der zu erwartenden Rückkehrsituation alleine lasse sich eine solche nicht ableiten. Zusammengefasst habe nicht festgestellt werden können, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer R

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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