TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/20 W112 2184073-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.08.2021
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Entscheidungsdatum

20.08.2021

Norm

BFA-VG §9
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W112 2184073-1/41E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Elke DANNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Russische Föderation, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , ZI. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.03.2021 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und III. des angefochtenen Bescheides wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 57 AsylG 2005 abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG stattgegeben und festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen XXXX vorübergehend bis XXXX unzulässig ist.

III. Die Spruchpunkte V. und VI. werden ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, reiste von DEUTSCHLAND, wo er am 13.12.2013 einen Asylantrag gestellt hatte, in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Bei der Erstbefragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX gab der Beschwerdeführer an, er habe sein Heimatland bereits im Jahr 2013 verlassen und sei schlepperunterstützt in einem Pkw nach DEUTSCHLAND gefahren. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, dass er in Tschetschenien Meetings mit dem Moto XXXX organisiert habe und drei Monate in Haft genommen worden sei. Er sei durch Bestechung von Beamten freigekommen und nach KASACHSTAN geflüchtet. Im Jahr 2011 habe er einen Pass beantragt und sei dabei geschlagen worden, am selben Tag von unbekannten Männern mitgenommen und geschlagen worden und daraufhin sei er nach DEUTSCHLAND geflüchtet. Er habe einen Sohn in Österreich und sei aus diesem Grund hierher gekommen. Bei der Erstbefragung wurden der russische Führerschein und das Militärdienstbuch des Beschwerdeführers sichergestellt.

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) führte gemäß der Dublin-Verordnung Konsultationen mit Deutschland durch, was es dem Beschwerdeführer durch Verfahrensanordnung zur Kenntnis brachte. Im Zulassungsverfahren vernahm das Bundesamt den Beschwerdeführer am 15.03.2016 niederschriftlich ein. Dabei gab er zusammengefasst an, dass er im XXXX seine jetzige Lebensgefährtin in XXXX in einem Flüchtlingslager kennengelernt habe. Im XXXX habe sie ihn zum ersten Mal in Deutschland besucht und als sie zwei oder drei Wochen schwanger gewesen sei, habe sie das Kind verloren. Er sei mit Frau XXXX in telefonischen Kontakt gestanden, auch WhatsApp und sie habe ihn monatlich für drei oder vier Tage besucht. Im XXXX sei sein Sohn XXXX geboren; er sei in der Geburtsurkunde nicht als Vater eingetragen, weil er zum Zeitpunkt der Geburt noch in DEUTSCHLAND gelebt habe. Seine Rechtsberaterin führte aus, dass zur Wahrung und Aufrechterhaltung des Familienlebens des Beschwerdeführers das Verfahren dringlich in Österreich zu führen sei.

Am XXXX legte der Beschwerdeführer die Beurkundung der Vaterschaft zu seinem Sohn XXXX vor und gab an, dass er mit seiner Lebenspartnerin, deren Kindern und seinem Sohn in Österreich im gemeinsamen Haushalt lebe.

1.4. Auf Grund des Kindeswohl machte Österreich von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch. Mit Ausfolgung der Aufenthaltsberechtigungskarte am XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zugelassen.

Am 13.12.2017 vernahm das Bundesamt den Beschwerdeführer niederschriftlich ein. Dabei gab er zusammengefasst im Wesentlichen an, dass er seine Gattin im XXXX traditionell geheiratet habe. Er habe einen Sohn und seine Frau sei im neunten Monat schwanger. In seinem Herkunftsland sei er vor der Ausreise KFZ Mechaniker in leitender Position gewesen. Seine acht Geschwister und seine Mutter seien mit ihren Familien in Tschetschenien und Russland aufhältig und haben ein gutes Leben. Er habe Tschetschenien im Jahr XXXX verlassen und habe dann bis 2013 in Kasachstan gelebt, bevor er ausgereist sei. Zu seinen Fluchtgründen führte er aus, dass er während des 1. und 2. Tschetschenienkrieges Meetings organisiert habe und Mitglied eines Organisationskomitees gewesen sei. Er habe seit Jänner XXXX als Flüchtling in INGUSCHETIEN gelebt und sei dann von den Leuten von KADYROW verfolgt worden. Viele seien spurlos verschwunden. Deshalb sei er im XXXX nach KASACHSTAN geflohen, aber 2010 haben die Vertreter von der tschetschenischen Diaspora Informationen über in KASACHSTAN lebende Tschetschenen an KADYROW weitergeleitet. Im XXXX sei er von mehreren bewaffneten Personen aufgesucht und zu Zahlungen erpresst sowie später verprügelt worden. Er habe bis XXXX unter Drohungen weiter bezahlt und sei schließlich, um den erniedrigenden Umstände zu entgehen, ausgereist. Er wolle nicht nach Russland zurückkehren, weil seine Frau und sein Kind hier seien und er demnächst eine Tochter erwarte.

1.5. Das Bundesamt wies den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz mit Bescheid vom XXXX (zugestellt am 21.12.2017) sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab. Unter einem erteilte es ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ eine Rückkehrentscheidung gegen ihn (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt V.). Es räumte ihm eine Frist zur freiwilligen Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ein (Spruchpunkt VI.).

Das Bundesamt führte begründend aus, dass nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen habe. Er habe in seinem Herkunftsstaat keine asylrelevanten Probleme mit Ämtern und Behörden gehabt. Das Bundesamt erachte auch durch den persönlichen Eindruck, den der Beschwerdeführer bei der Einvernahme hinterlassen habe, als nicht glaubwürdig, die präsentierte „Fluchtgeschichte“ als zu „blass“, zu wenig detailreich und zu oberflächlich; daher sei auch unter Berücksichtigung der aktuellen Länderfeststellungen das Fluchtvorbringen als keinesfalls glaubhaft zu qualifizieren. Der Beschwerdeführer habe auch widersprüchliche Angaben zu einer angeblichen Inhaftierung und einer Verfolgung in KASACHSTAN nach der Passbeantragung gemacht. Es sei nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer Probleme bekommen habe, weil er Meetings organisiert habe. Das Bundesamt habe zusammengefasst angenommen, dass der Beschwerdeführer lediglich als Arbeitsemigrant anzusehen sei, der keinesfalls Verfolgungsschutz bedürfe. Bezüglich des Familienlebens mit aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich führte das Bundesamt aus, dass der Beschwerdeführer mit seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn nicht in einem gemeinsamen Haushalt lebe und auch nicht gelebt habe und die Gründung des Familienlebens in Österreich durch illegale Einreise und rechtsmissbräuchlicher Stellung eines Asylantrages ermöglicht worden sei. Dem Beschwerdeführer habe der vorübergehende Charakter seines Aufenthalts klar gewesen sein müssen.

1.6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom XXXX (eingebracht am XXXX ) durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde. Diese begründete er zusammengefasst damit, dass bei richtiger rechtlicher Würdigung seinem Asylantrag stattgegeben oder ihm zumindest Refoulementschutz gewährt werden hätte müssen. Im Hinblick auf sein Familienleben in Österreich und die erfolgte Integration sei dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen. Soweit ihm ein Widerspruch vorgehalten werden, sei dem entgegenzuhalten, dass er bei der Einvernahme näher berichten habe wollen, aber ihm mitgeteilt worden sei, dass dies bereits bekannt sei und er es nicht nochmals erwähnen müsse. Dass ihm dieser Widerspruch nun zur Begründung seiner Unglaubwürdigkeit vorgehalten werde, sei für ihn nicht nachvollziehbar. Es sei auch an der belangten Behörde gelegen gewesen, entsprechende Nachfragen zu Details zu den Fluchtgründen zu stellen; daher werde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt. Außerdem sei das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers entgegen der Feststellung der belangten Behörde auch mit den Länderberichten in Einklang zu bringen. Zu seinem Familienleben führte er außerdem aus, dass er von XXXX bis XXXX auch mit seiner Lebensgefährtin zusammengelebt und mit ihr zwei Kinder habe und lediglich um einen Deutschkurs besuchen zu können, in ein Heim der Grundversorgung gezogen sei. Nichts desto trotz kümmere sich der Beschwerdeführer um die Kinder und er werde seine Lebensgefährtin auch standesamtlich heiraten.

1.7. Das Bundesamt legte dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 22.01.2018 die Beschwerde und den Verwaltungsakt vor.

1.8. Mit Eingabe vom 26.12.2021 stimmte der Beschwerdeführer der Einholung seines Asylaktes aus DEUTSCHLAND im Rahmen des Dublin-Verfahrens zu. DEUTSCHLAND übermittelte den Akt im Wege des Bundesamtes am 25.01.2021.

Am 18.01.2021 langte hg. die Vollmacht des Beschwerdeführers an seine Rechtsberaterin ein.

Mit Eingabe vom 19.01.2021 übermittelte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zum Parteiengehör vom 21.12.2020. Zusammengefasst führte er aus, dass er gesund sei, seine Heimat im Jahr XXXX verlassen und seither nicht mehr betreten und keinen Kontakt zu seinem Herkunftsstaat habe. Zu seinen aktuellen Lebensverhältnissen gab er an, dass er seine Frau, die in Österreich anerkannter Flüchtling sei, im Jahr 2013 kennengelernt und nach muslimischen Ritus geheiratet habe. Im Jahr XXXX und XXXX seien die gemeinsamen Kinder zur Welt gekommen. Zum Beweis dafür legte Kopien der Auszüge aus dem Geburtseintrag der Kindes des Beschwerdeführers, der Geburtsurkunde der Tochter des Beschwerdeführers und das Vaterschaftsanerkenntnis zum Sohn des Beschwerdeführers vor. Er wohne mit seiner Frau und seinen Kindern in einem gemeinsamen Haushalt und sie führen ein Familienleben. Den in der Beschwerde angesprochenen DNA-Test seinen Sohn betreffend habe er nie gemacht, weil der Referent beim Bundesamt gemeint habe, dass das Vaterschaftsanerkenntnis genüge. Außerdem legte er zwei Deutschkurs-Teilnahmebestätigungen vor.

Da der Beschwerdeführer dem Bundesamt gegenüber angegeben hatte, dass auch AL JAZERA und Vertreter des XXXX aus XXXX und der XXXX bei den Meetings, die er organisiert habe, anwesend gewesen seien, hatte ihn das Gericht aufgefordert, nähere Angaben zu seinen Kontaktpersonen beim Roten KREUZ zu machen, um seine Angaben überprüfen zu können. Dazu gab der Beschwerdeführer in der Stellungnahme an, dass er die Mitglieder des XXXX nicht nennen könne, weil immer wieder andere ROT-KREUZ-MITARBEITER aus verschiedenen Ländern anwesend gewesen seien, welche sie mit Lebensmitteln und Medikamenten unterstützt haben, die sie dann verteilt haben.

1.9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 03.03.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Russisch durch, an der der Beschwerdeführer und seine Rechtsberaterin als gewillkürter Vertreterin teilnahmen und die Ehefrau des Beschwerdeführers nach muslimischen Ritus als Zeugin einvernommen wurde. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil. Der Beschwerdeführer legte zahlreiche medizinische Unterlagen betreffend die Zeugin und ein Unterstützungsschreiben vor.

Die Verhandlung gestaltete sich wie folgt:

„[…]

Eröffnung des Beweisverfahrens und Befragung von BF:

R: Sie wurden am XXXX von der Polizei erstbefragt und am 15.03.2016 sowie 13.12.2017 vom Bundesamt niederschriftlich einvernommen. Wie würden Sie die dortige Einvernahmesituation beschreiben?

BF: Es hat nur ein Problem gegeben, der Dolmetscher war damals online zugeschalten. Andere Probleme hat es nicht gegeben.

R: Bei welcher Einvernahme?

BF: XXXX nicht. Ich weiß es jetzt nicht mehr genau. In letzter Zeit habe ich ein Durcheinander im Kopf.

R: Haben Sie den Dolmetscher damals trotzdem gut verstanden?

BF: Ich habe ihn schon verstanden, aber ich bin mir nicht sicher, ob er mich verstanden hat.

R: Die Protokolle wurden Ihnen rückübersetzt. Wurde das protokolliert, was Sie angegeben haben?

BF: Wahrscheinlich, da ich es unterschrieben habe.

R: Haben Sie bei Ihren bisherigen Aussagen vor dem Bundesamt und vor der Polizei immer die Wahrheit gesagt oder möchten Sie etwas richtigstellen oder ergänzen?

BF: Ich habe nichts zu korrigieren.

R: Mit Bescheid vom XXXX wies das Bundesamt Ihren Antrag auf internationalen Schutz sowohl im Hinblick auf den Status des Asylberechtigten, als auch den Status des subsidiär Schutzberechtigten im Hinblick auf Ihren Herkunftsstaat Russische Föderation als unbegründet ab, erteilte Ihnen keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ eine Rückkehrentscheidung gegen Sie. Es stellte fest, dass Ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist und räumte Ihnen eine Frist von zwei Wochen für die freiwillige Ausreise ein. Gegen diese Bescheide erhoben Sie mit Schriftsatz vom XXXX Beschwerde. Halten Sie diese Schriftsätze und die darin gestellten Anträge aufrecht?

BF: Ja.

R: Sind seit Beschwerdeerhebung neue Umstände eingetreten, die betreffend den Asylschutz zu berücksichtigen sind?

BF: Außer der derzeitigen Lage in Tschetschenien und Russland gibt es nichts Neues.

R: Was meinen Sie damit?

BF: Vorheriges Jahr im Dezember wurde z.B. jemand aus Österreich dorthin deportiert. Das waren zwei Personen und sie haben ihr zuhause nicht erreicht.

R: Hatten Sie etwas mit diesen beiden Personen zu tun?

BF: Die Leute haben nur darüber gesprochen. Man spricht darüber, wer gekommen ist usw.

R: Sind seit der Beschwerdeerhebung neue Umstände eingetreten, die betreffend den subsidiären Schutz zu berücksichtigen sind?

BF: Was ist das?

RV: Wir haben das vorbesprochen. Es gibt keine relevanten Neuigkeiten.

R: Sind seit der Beschwerdeerhebung neue Umstände eingetreten, die betreffend die Rückkehrentscheidung und den Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen zu berücksichtigen sind?

RV: Die Erkrankung der Ehefrau. Sonst nichts.

BF: Meine Frau ist leider schwerkrank und ich habe zwei kleine Kinder. Wir haben ein gutes Familienleben und jetzt auf einmal liegt das alles in Scherben.

R: Sie sind russischer Staatsangehöriger, Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe und muslimischen Glaubens. Sie haben außerhalb des Asylrechts kein anderes Aufenthaltsrecht für Österreich oder einen anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union. Ist das korrekt?

BF: Das ist korrekt. Ein anderes Aufenthaltsrecht habe ich nicht.

R: Sind Sie am XXXX in XXXX oder in XXXX geboren? Sie machen widersprüchliche Angaben dazu!

BF: In XXXX .

R: Warum machen Sie zu Ihren Geburtsort unterschiedliche Angaben?

BF: Ich konnte nicht gesagt haben, dass ich in XXXX geboren bin, weil ich in XXXX geboren wurde.

R: Haben Sie Belege für Ihre Identität?

BF: Ich habe einen Führerschein vorgelegt. Dort ist ein Foto und meine Frau kann auch bezeugen, wer ich bin.

R: Welche Dokumente kennt Ihre Frau von Ihnen, die ich nicht kenne?

BF: Meine Frau hatte telefonischen Kontakt zu meinen Geschwistern. Ich habe auch keinesfalls vor meine Identität zu verschleiern bzw. zu verheimlichen.

R: Ich habe zwei Führerscheine von Ihnen im Akt. Was können Sie dazu angeben?

BF: Mein alter Früherschein ist abgelaufen und dann wurde der neue Führerschein ausgestellt. Ich musste und KASACHSTAN eine neue Fahrprüfung machen, so wie es in Österreich auch ist. Ich musste auch eine Fahrpraxisprüfung machen.

R: Haben Sie den Führerschein nur in Kopie gehabt oder haben Sie das Original heute […] mit?

BF: Ich habe den Führerschein gehabt, allerdings musste ich sehr schnell wegfahren und habe es nicht geschafft alle Dokumente mitzubringen. [Diese] wurden mir übermittelt.

R: Wie wurden Ihnen diese übermittelt?

BF: In XXXX . Da sind Touristen aus KASACHSTAN gekommen.

R: Wie kommen diese KASACHISCHEN Touristen an Ihre Dokumente?

BF: Ich habe dort gelebt. Dort gibt es viele KASACHISCHE DEUTSCHE[…]. Ich habe sie gekannt. Ich habe das über sie gemacht.

R: Aber wie kommen diese an Ihre Dokumente?

BF: Dort habe ich Freunde. Diese Freunde haben über ein Reisebüro Zugang zu diesen Leuten gefunden und diese Leute haben mir dann die Dokumente übergeben.

R: Wie kommen Ihre Freunde an Ihre Dokumente?

BF: Ich habe bei ihnen gelebt. Es ist bei ihnen geblieben bzw. wussten sie, wo diese sind. Ich bin nach DEUTSCHLAND gekommen, habe mir eine SIM-Karte gekauft und habe angerufen. Dort war auch noch mein Auto und andere Sachen, die verkauft werden mussten.

R: Die Telefonnummer von Ihren Freunden haben Sie sich gemerkt. Ihre eigene Telefonnummer konnten Sie bei der EB nicht angeben. Warum?

BF: Ich habe ein Telefonbuch gehabt, wo alle diese Nummern aufgeschrieben waren.

R: Sie haben also Ihr Handy mitgenommen, aber Ihre Dokumente nicht?

BF: Stellen Sie sich vor, ich habe heute meine „weiße Karte“ vergessen. Ich habe alle Dokumente mitgenommen, außer der „weißen Karte“. Ich stand unter Stress und habe sie vergessen. Ich habe sogar meine Fischereikarte mitgenommen. Ich habe die Karte vergessen, wie damals.

R: Warum schicken Ihre Freunde Ihnen den tschetschenischen Führerschein und Ihren Wehrdienstausweis?

BF: Den Führerschein und den Wehrdienstausweis habe ich mitgehabt.

R: Welche Dokumente haben Ihre KASACHISCHEN Freunde nachgeschickt?

BF: Nur den KASACHISCHEN Führerschein.

R: Warum haben Sie den aktuellen Führerschein weder dem BFA noch den Behörden in DEUTSCHLAND vorgelegt?

BF: Weil mich niemand danach gefragt hat. Man hat mich nicht gefragt, also habe ich es nicht von mir aus vorgebracht.

R: Haben Sie jemals einen österr. Führerschein ausgestellt bekommen?

BF: Nein. Bis jetzt war es mir finanziell nicht möglich, diesen Führerschein in Österreich umschreiben zu lassen.

R: Was ist mit Ihrem Auslands- bzw. Inlandsreisepass?

BF: Diese Dokumente haben ihre Gültigkeit verloren, als ich 45 Jahre alt geworden bin ( XXXX ).

R: Wo sind diese Dokumente jetzt?

BF: Sie sind irgendwo hier. Eigentlich haben mich diese Dokumente nicht mehr interessiert, weil sie abgelaufen sind.

R: Was meinen Sie mit „irgendwo hier“?

BF: Dort, wo ich lebe.

R: Ich erteile Ihnen eine Frist von zwei Wochen [um] diese vorzulegen.

BF: Ja, wenn ich sie finde. Mein Kind hat die Seiten meines Wehrdienstausweises [r]ausgerissen.

R: Wenn die Dokumente abgelaufen sind, mit welchen Dokumenten haben Sie dann in KASACHSTAN gelebt, gearbeitet, usw.?

BF: Diese Frage wurde mir heute das erste Mal gestellt – mit einer KASACHISCHEN Aufenthaltsgenehmigung.

D übersetzt: Republik KASACHSTAN, Aufenthaltsgenehmigung für einen Ausländer. Familienname XXXX , Vatersname XXXX , Vorname XXXX , Geburtsdatum XXXX , INN-Nummer XXXX (Steueridentifikationsnummer). Auf der Rückseite befindet sich die Zahl XXXX , unterhalb der Geburtsort Russland, Tschetschenische, unten Staatsbürgerschaft Russland, ausstellende Behörde Innenministerium der Republik KASACHSTAN. Ausstellungsdatum XXXX , gültig bis XXXX .

R: Über welche Dokumente verfügten Sie vor der Ausreise?

BF: Ich hatte einen Auslandspass aus Russland und auch einen Inlandspass, wie es normalerweise in Russland ist. Anders geht es dort gar nicht. Ich hoffe, dass ich sie finden werde.

R an D: Was können Sie mir zu den Führerschein AS 147 sagen?

D: Bei Geburtsdatum und Geburtsort befindet sich lediglich das Geburtsjahr und die Abkürzung für tschetschenische Republik eingetragen, ebenso beim Wohnort wurde nur die Abkürzung für die tschetschenische Republik eingetragen. Bei der ausstellenden Behörde findet sich neben der Abkürzung für die ausstellende Verkehrsinspektion die Abkürzung für die tschetschenische Republik XXXX . Dieser Führerschein wurde am XXXX ausgestellt. Der Stempel ist nicht lesbar. Am Foto fehlt die linke untere Ecke.

R: Der Stempel geht auch nicht über das Foto. Ein Führerschein von der tschetschenischen Republik XXXX (staatlich nicht anerkannt) ist mir noch nicht untergekommen. Ihnen? (an D)

D: Mir ist das nicht erinnerlich.

R: Wie kamen Sie an diesen Führerschein?

BF: Ich habe diesen Führerschein nach dem ersten tschetschenischen Krieg und vor Beginn des zweiten tschetschenischen bekommen. Diese Republik hat es vier Jahre lang gegeben. Sie hieß damals tschetschenische Republik XXXX . Damals hat das neue tschetschenische Parlament beschlossen, dass die Führerscheine mit dem Vermerk „Tschetschenische Republik XXXX “ ausgestellt werden sollen. Die Patrioten sind sofort hingerannt und haben sich einen Führerschein mit einem solchen Vermerk ausstellen lassen. An sich entspricht der Führerschein den russischen gesetzlichen Normen, aber durch den Vermerk „Tschetschenische Republik XXXX “ ist er nicht gültig.

R: Haben Sie Österreich seit der Asylantragsstellung am XXXX jemals verlassen?

BF: Nein. Ich habe nicht einmal XXXX verlassen, ich war die ganze Zeit mit den Kindern zusammen. Bevor meine Kinder geboren wurden, habe ich mich um die Kinder meiner Frau gekümmert. Ich habe sie zur Schule gebracht und [bin] auch zu sportlichen Betätigungen [gegangen].

R: Wann waren Sie das letzte Mal in der Russischen Föderation?

BF: Im XXXX , aber den genauen Tag weiß ich nicht mehr.

R: Sie stellten am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz in DEUTSCHLAND. DEUTSCHLAND stellte das Asylverfahren mit Bescheid vom XXXX ein. Sie sind während des Verfahrens am XXXX in oder aus DEUTSCHLAND untergetaucht. Warum?

BF: Ich kann mich jetzt nicht mehr genau erinnern, aber ich habe 2013 eine Frau kennengelernt und habe geplant, hierher zu kommen.

R: Meinen Sie die Frau, mit der Sie verheiratet sind oder eine andere?

BF: Nein, meine jetzige Frau.

R: DEUTSCHLAND führte ein Konsultationsverfahren mit POLEN, weil Sie angegeben haben, mit dem PKW über POLEN eingereist zu sein. Warum haben Sie Ihr Asylverfahren nicht in POLEN geführt?

BF: Ich habe von Anfang an mit den Leuten, die mich bei der Ausreise unterstütz haben, vereinbart, dass ich nach DEUTSCHLAND gebracht werde und zwar deswegen, weil ich ein Mechaniker bin, Mercedes, Audi, VW, alle deutschen Autos. Ich habe schon vorher so gelebt, dass ich deutsche Autos repariert und ich bin ein guter Meister, zumindest glaube ich selbst, dass ich ein guter Meister bin. Ich konnte davon gut leben.

R: Sind Sie ausgebildeter Mechaniker?

BF: Ich bin XXXX von der Armee zurückgekommen und ich habe als XXXX gearbeitet, mit einen LKW der Marke KAMAZ.

R wiederholt die Frage.

BF: Offiziell nicht. Ich habe mir das selbst beigebracht.

R: Wo waren Sie zwischen XXXX und XXXX , also zwischen Ihrem Untertauchen in DEUTSCHLAND und der Asylantragstellung in Österreich?

BF: Wo ich war? Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ich kann mich nicht einmal mehr an diese Zeit erinnern, ich weiß nicht, wo ich damals war.

R: Sie geben an, dass Ihr Sohn im XXXX zur Welt kam. Ich glaube Ihnen nicht, dass Sie nicht wissen, wo Sie damals waren, sei es bei Ihrer Familie oder nicht. Sowas merkt man sich ja.

BF: Ich war nicht hier.

R: Wo waren Sie?

BF: Wahrscheinlich in DEUTSCHLAND.

R: Warum sollten Sie von XXXX bis XXXX in DEUTSCHLAND untergetaucht bei Freunden leben, wie sie dem Bundesamt gegenüber angegeben haben, wenn Ihre Lebensgefährtin im XXXX in Österreich ein gemeinsames Kind mit Ihnen bekommt! Das ist nicht lebensnahe.

BF: Ich bin gekommen. Ich weiß nicht mehr genau, wie das war. Ich bin hierhergekommen und dann bin ich nach XXXX gefahren. Ich kann mich nicht genau erinnern. Ich möchte nichts angeben, was falsch ist. Es war so, dass meine Frau zu mir gekommen ist.

R: Das kann Kind kam jedenfalls in Österreich zur Welt und nicht in Deutschland!

BF: Ja, er ist hier geboren.

R: Sie haben einerseits angegeben, dass die Frau, mit der Sie jetzt verheiratet sind, 2013 kennengelernt haben und daher „hierher“ kommen wollten. Andererseits, dass Sie nach DEUTSCHLAND einreisen wollten, weil Sie deutsche Autos reparieren. Wohin wollten Sie jetzt reisen?

BF: Ich habe meine Frau erst dann kennengelernt, als ich schon in DEUTSCHLAND war. Ich wollte ursprünglich nach DEUTSCHLAND, weil ich mir dachte, dass ich dort mit meinen Kenntnissen mit nützlich machen kann und bald eine Arbeit finde.

R: Haben Sie in Österreich oder DEUTSCHLAND je eine Ausbildung zum Mechaniker gemacht, z.B. durch eine Lehre?

BF: Leider nicht, das ist mir nicht gelungen. Ich hatte kein Geld. Ich konnte nicht einmal meinen Führerschein umschreiben lassen. Wir haben ja fünf Kinder. Meine Frau hat drei eigene Kinder.

[…]

R: Ist Ihnen mittlerweile eingefallen, wo Sie waren als Ihr Kind zu Welt kam?

BF: Ich weiß es nicht.

R: Sie zogen am Tag nach Ihrer Asylantragstellung aus dem Grundversorgungsquartier in die XXXX . Warum?

BF: Sie meinen von XXXX ?

R wiederholt die Frage.

BF: Mit meiner Familie meinen Sie?

R: Verstehe ich Sie richtig, Sie sind zu Ihrer Familie gezogen?

BF: Ja.

R: Wieviel vor der Asylantragstellung sind Sie nach Österreich gezogen? Einen Tag, einen Monat, ein Jahr,…?

BF: Zwei oder drei Tage vorher. Ich bin gleich nach XXXX gefahren, damit das Verfahren schnell beginnt. Mein Sohn war ja schon auf der Welt.

R: Wann und wie lernten Sie XXXX kennen?

BF: Es gab eine Frau in XXXX . Sie kommt aus meinem Dorf in Tschetschenien. Dort hat sie das Essen geliefert und ich habe sie kennengelernt. Sie haben vom Lager Essen aus einer Küche gebracht. Ich habe mit ihr gesprochen. Ich habe ihr gesagt, dass ich gerne heiraten würde. Sie sagte, da habe ich so eine gute Frau. Bei uns ist diese Vorgangsweise üblich.

R wiederholt die Frage.

BF: Ich habe sie angerufen und habe ihr gesagt, von wem ich die Telefonnummer bekommen habe, eben von dieser Frau. Wir haben miteinander geredet und dann begann der Kennenlernprozess. Ich habe sie gefragt, ob sie nicht zu mir kommen möchte und sie ist wirklich gekommen. So haben wir uns kennengelernt.

R: Wie ging es weiter und wann war das?

BF: Sie ist dann zu mir gekommen, mehrmals, fünf oder sechs Mal. Immer, wenn sie ein bisschen Geld auf der Seite hatte, ist sie zu mir gekommen. Dann begannen wir nach einiger Zeit ein Zusammenleben. Ich meine, wir haben das Fundament für die Geburt des Kindes geschaffen.

R: Wann haben Sie sie kennengelernt?

BF: Persönlich Ende XXXX

R: Wann und wie haben Sie geheiratet?

BF: Ich glaube, dass das XXXX war, im XXXX oder so. Für mich war es so, dass wir geheiratet haben, als wir begonnen haben miteinander zu schlafen, weil ich sie ab diesem Zeitpunkt für meine Frau gehalten habe.

R: Sie haben vorher gesagt, Sie haben Ihre Frau über Heiratsvermittlung kennengelernt, weil das bei ihnen üblichen ist. Dann schildern Sie, zweieinhalb Jahre vorehelichen Sex zu haben. Ist das nicht vor dem Hintergrund der von Ihnen geschilderten Traditionen unüblich?

BF: Das ist eine gute Frage. Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich diese Frage auch stellen. Ich bin ein Mensch, der in der modernen Welt lebt. Manche Bedingungen sind etwas veraltet. Ich meine, beim Kennenlernen ist das schon ok. Sonst wäre es schwierig gewesen, wenn ich sie auf der Straße gesehen hätte. Dann hätte ich nicht auf sie zukommen können und sie gefragt, ob sie mich heiraten will. Das heißt, wenn ich 20 wäre, hätte ich das schon gemacht. Ich habe aber schon ein gewisses Alter erreicht und sie hat Kinder.

R: Können Sie die Heiratsurkunde vorlegen?

BF: Nein. Im XXXX gibt es keine Heiratsurkunde, zumindest ist es nicht notwendig.

R: Können Sie den Ehevertrag vorlegen?

BF: Im Islam gibt es auch eine mündliche Vereinbarung. Jetzt weiß ich aber schon, dass in den europäischen Moscheen die Praxis eingeführt wurde, dass man ein Schriftstück bekommt, wenn man heiratet.

R: Das bezieht sich auf die Heiratsurkunde. Wo ist der Ehevertrag?

BF: Bei den Tschetschenen wird das nur gemacht, wenn es sich um die erste Eheschließung von ihm und ihr handelt und dass machen auch die Verwandten untereinander aus.

R: Wer ist der Wallah Ihrer Frau gewesen?

BF: Sie meinen, dass ist der, der zuständig ist, der die Verantwortung übernimmt, wenn sie heiratet?

R: Sie haben gesagt, dass Sie nach islamischen Recht geheiratet haben. Dann werden Sie die Personen kennen, die dabei involviert sind. R wiederholt die Frage.

BF: Als wir geheiratet haben, war es so, dass meine Frau zuhause angerufen hat. Wir haben jemanden als Zeugen gerufen, der war dabei. Die Frau hat die Nummer gewählt und hat dieser Person das Telefon übergeben. Ich habe diesem Mann auch die Angaben über meine Person übergeben und der Mann hat mir ihrem Vater gesprochen und sagte ihm, dass sie heiraten will. Daraufhin hat der Vater sie gefragt, bist du einverstanden, weißt du, was du machst? Bei uns ist das so üblich, dass man so fragt. Sie sagte, ja, ich kenne diesen Mann. Ich stand mit ihm in Kontakt und will ihn heiraten. Dann hat ihr Vater die Erlaubnis für den Mullah erteilt, die Ehe zu schließen.

R: Wo haben Sie geheiratet?

BF: In Deutschland.

R: Wo?

BF: In der Moschee.

R: Wo genau?

BF: Die genaue Adresse weiß ich nicht. Ich war so glücklich, dass ich mir das nicht gemerkt habe. Heute würde ich mir eine deutsche Adresse merken, damals habe ich das nicht getan.

R: Wie hieß die Moschee?

BF: Ich habe damals nicht gedacht, dass das notwendig sein wird. Mir war das auch nicht wichtig. Mir war wichtig, dass es passiert.

R: Wie hieß der Mullah?

BF: Ich habe ihn nicht gefragt, aber er hat mich gefragt, wie er mich nennen soll und wessen Sohn ich bin.

R: Haben Sie sonstige Beweismittel für die Eheschließung?

BF: Unsere Kinder und unsere Eltern. Es wissen alle, dass wir verheiratet sind.

R: Üblicherweise gibt es für eine Heirat alle möglichen Beweismittel, z.B. Fotos einer Feier,…

BF: Es gibt ein Foto vor dem XXXX Bahnhof. Da haben wir uns abfotografiert. Wir stehen dort Hand in Hand und das ist unser offizielles Fotos. Wir sind Mann und Frau. Das haben wir für uns gemacht, das war nicht für offizielle Zwecke. Uns waren Fotos und so nicht wichtig. Hätte ich gewusst, dass das einmal wichtig sein wird, hätte ich Fotos machen lassen.

R: Vor dem Bundesamt gaben Sie an, im XXXX nach muslimischem Ritus geheiratet zu haben, in der schriftlichen Stellungnahme vom 18.01.2021 gaben Sie an, dass Sie sie im XXXX geheiratet haben. Warum machen Sie zu dem Thema so unterschiedliche Angaben?

BF: Wir haben zuerst Angst gehabt darüber zu sprechen, dass sie mich in DEUTSCHLAND besucht hat und dass wir uns dort getroffen habe, da ich befürchtet habe, dass man die Theorie aufstellen wird, dass ich ihretwegen gekommen bin. Ich wollte nicht, dass das der Grund ist.

R: Das erklärt mir nicht, warum Sie jetzt XXXX als Hochzeitsdatum angeben und vor dem BFA den XXXX .

BF: Die mangelnde Übereinstimmung ist deswegen entstanden, weil man die Frage jeweils anders gestellt hat.

R: Wann haben Sie geheiratet?

BF: Wir haben im XXXX … Als ich hier den Antrag auf Asyl gestellt habe, haben wir begonnen miteinander zu leben. Dann haben wir begonnen offiziell miteinander zusammenzuleben. Ich meine, die tschetschenischen Leute wussten, dass wir zusammenleben und verheiratet sind.

R wiederholt die Frage.

BF: Sie haben mich durcheinandergebracht.

R: Man sollte wenigstens das Jahr angeben können, insbesondere wenn die Geburt eines Kindes dazwischen liegt.

BF: Wenn ich damals gesagt habe, dass das XXXX war, dann wird es so gewesen sein.

R: Haben Sie auch standesamtlich geheiratet?

BF: Nein, allerdings haben wir in XXXX beim Standesamt vorgesprochen. Man hat uns gesagt, dass wir nicht heiraten können, solange ich keine gültigen Dokumente besitze.

R: Sie haben aber gesagt, dass Sie gültige, wenn auch abgelaufen Dokumente zuhause haben?

BF: Ich kann mich nicht mehr erinnern, wie das war, aber der Auslandpass ist XXXX abgelaufen und der Inlandspass ist schon längst abgelaufen gewesen, eben als ich 45 Jahre wurde.

R: Warum sollen Sie im XXXX in XXXX geheiratet haben, wenn Sie zu diesem Zeitpunkt in Österreich lebten? Sie wären als in Österreich befindlicher Asylwerber auch nicht berichtigt gewesen, nach DEUTSCHLAND einzureisen.

BF: Ich kann mich jetzt nicht mehr erinnern, ich weiß nicht, warum das so war.

Die Verhandlung wird zwecks Besprechung von BF und RV mit Hilfe der D unterbrochen. […]

R: Möchten Sie etwas zu Ihren bisherigen Angaben angeben?

BF: Ich möchte mich zuerst bei Ihnen entschuldigen. Es hat keinen Mullah gegeben und es hat keine Heiratszeremonie gegeben. Es war für mich beschämend, das zuzugeben, obwohl ich weiß, dass es in Österreich nicht wichtig ist. Das ist ehrlich so. Ich bin dann durcheinandergekommen, weil mir das ganze so peinlich war. Alles andere stimmt. Die Kinder sind auch 100%ig meine Kinder. Ich habe eigentlich gar nicht vorgehabt, zu lügen, aber Sie haben mir konkrete Fragen gestellt und dann ist mir das peinlich gewesen. Dann haben Sie danach gefragt, wer der Mullah war und so. Es war mir dann peinlich zuzugeben, dass es keinen Mullah gab.

R: Ist Ihnen eingefallen, wo Sie bis XXXX waren?

BF: Ich habe in DEUTSCHLAND gelebt, bin aber illegal auch nach Österreich gefahren. Ich wollte das verheimlichen, da ich Angst gehabt habe, dass sich das negativ auf das Verfahren auswirken wird.

R: Wann sind Sie also das erste Mal nach Österreich eingereist?

BF: Als mein Sohn geboren wurde, aber ehrlich gesagt, konnte ich nicht einmal meinen Anwalt diese Frage beantworten.

R: Wann waren Sie zuletzt in DEUTSCHLAND?

BF: Ich habe ein Dokument aus DEUTSCHLAND gehabt. Ich bin dorthin gefahren, um zu schauen, ob irgendwelche Schreiben gekommen sind. Dann bin ich zurückgekommen und habe Asyl angesucht. Ich hatte Angst zuzugeben, dass ich illegal hier bin, da ich Probleme befürchtete.

R wiederholt die Frage.

BF: XXXX im XXXX oder XXXX . Ich glaube eher, dass es im XXXX war.

R: Laut Akt stellt sich die Lage wie folgt dar: Sie sind am XXXX aus XXXX ausgereist und haben in DEUTSCHLAND Asyl in XXXX beantragt, in XXXX nördlich von XXXX gelebt, in XXXX Ihre Lebensgefährtin aus XXXX kennengelernt und die hat bereits im XXXX ein gemeinsames Kind verloren. Das setzt eine etwas fortgeschrittene Schwangerschaft voraus. Wie können Sie sich das erklären?

BF: Im XXXX haben wir miteinander geschlafen.

R: Sie reisten überhaupt erst am XXXX nach DEUTSCHLAND ein. Da kannten Sie Ihre Frau noch nicht. Einen Monat später verliert sie ihr Kind. Erklären Sie mir das.

BF: Ich habe am XXXX . den Asylantrag gestellt, aber nach DEUTSCHLAND bin ich bereits vorher gekommen.

R: Ab wann haben Sie in DEUTSCHLAND gelebt? Wann waren Sie in DEUTSCHLAND?

BF: XXXX .

R: Wann haben Sie Ihre Frau kennengelernt?

BF: Über Telefon?

R: So wird sie nicht schwanger geworden sein.

BF: Wir haben zuerst über Telefon geredet und dann ist sie gekommen. Ich verstehe natürlich, dass sie über das Telefon nicht schwanger werden kann.

R belehrt über Wahrheitspflicht.

BF: Vielleicht kann ich mich an gewissen Sachen nicht erinnern.

RV: Wann hatten Sie das erste Mal mit Ihrer Frau Geschlechtsverkehr?

BF: Bevor ich den Asylantrag gestellt habe, ca. im XXXX . Wir sind schnell zusammengekommen. Ich bin selber verwundert, bis jetzt noch, dass das so schnell gegangen ist.

R: Warum haben Sie den Asylantrag erst zwei Monate nach der Einreise gestellt?

BF: In XXXX hatte ich damals Geld, ich konnte meinen Aufenthalt damals finanzieren. Ich habe dort bei jemanden gelebt, habe mich ausgeruht und sogar ein Kasino besucht.

R: Das heißt, Sie haben den Asylantrag erst gestellt als Sie GVS brauchten?

BF: Nein, damals war mein Geld noch nicht aus, aber ich wurde dann damit konfrontiert, dass meine Frau schwanger war und wir das irgendwie legalisieren wollten.

R: Wann sind Sie tatsächlich aus XXXX ausgereist?

BF: XXXX oder XXXX .

R: Warum gaben Sie bei der Einvernahme in XXXX am XXXX weder ihre Lebensgefährtin, noch deren Schwangerschaft oder vor Ihrem Untertauchen die Geburt Ihres Kindes an?

BF: Weil man sehr grob dort mit mir gesprochen hat. Ich dachte, dass man zu mir sagen wird, wenn deine Frau in Österreich ist, dann fahr nach Österreich. Das ist eine reine Wahrheit. Man hat mir dort eigentlich nicht wirklich Fragen gestellt bzw. hat es keinen Dolmetscher gegeben. In der Nacht wurde ich in eine Zelle gebracht und in der Früh wurde ich mit dem Zug nach XXXX gebracht. Ich musste selbst die Fahrkarte kaufen.

R: Bei der EB in XXXX war ein Dolmetscher anwesend. Verstehe ich Sie jetzt richtig, dass Sie beim Versuch der Einreise nach Österreich festgenommen wurden? So klingt das jedenfalls.

BF: Der Dolmetscher ist erst später gekommen. Man hat mich dort aus dem Auto aussteigen lassen. Ich bin zur Polizei gegangen und habe das Wort „Asyl“ gesucht.

R: Wer hat Sie aus dem Auto aussteigen lassen?

BF: Der, der mich dorthin gebracht hat.

R: wiederholt die Frage.

BF: Der, der mich dorthin gebracht hat. Ein MOLDAUER, der mich aus XXXX nach XXXX gebracht hat.

R: Sie haben jetzt gesagt, dass Sie mindestens zwei Monate vor der Asylan[t]ragsstellung bereits in DEUTSCHLAND waren, illegal. Warum bringt Sie dann der MOLDAUER, der Sie aus XXXX brachte, zur Polizei zur Asylantragsstellung?

BF: Man hat mich in XXXX aussteigen lassen. Das war nicht direkt in XXXX . Ich bin dann noch mit einem Regionalzug gefahren. Ich bin nach XXXX gekommen. Man hat mir gesagt, dass ich Schwierigkeiten bekomme, wenn ich in XXXX um Asyl ansuche, weil man mich fragen wird, wie ich nach XXXX gekommen bin. Deswegen bin ich wieder nach XXXX gefahren. Die Leute haben mir gesagt, dass ich bei einer eventuellen Anhaltung in XXXX gefragt werde, wie ich hierhergekommen bin und warum ich mich illegal hier befinde und nicht um Asyl angesucht habe. Das ist die reine Wahrheit.

R wiederholt die Frage: Warum haben Sie den deutschen Behörden nicht angegeben, dass Sie eine Lebensgefährtin in Österreich habe, die Schwangerschaft und Geburt des Kindes?

BF: XXXX hatte ich noch kein Kind und ich wusste nicht, ob sie schwanger ist oder nicht. Wir haben erst 02. Oder 03 Wochen nach der Asylantragstellung erfahren, dass sie schwanger ist.

R: Warum gaben Sie das nicht an?

BF: Man hat mich nicht danach gefragt. Ich war bereits in Deutschland und befürchtete Probleme, wenn ich einmal dort und einmal da einen Asylantrag stelle. Jetzt würde ich diesen Fehler nicht mehr begehen, da ich mehr Informationen als damals habe. Ich bin XXXX alt und das wichtigste für mich sind meine Kinder. Ich habe riesige Angst, dass sie mich von den Kindern trennen. Ich versuche auf jede mögliche Weise meine Lage zu verbessern. Ich versuche die Fragen irgendwie zu beantworten, damit keine Fragen unbeantwortet bleiben. Jetzt bin ich durcheinandergekommen.

R erinnert an die Wahrheitsbelehrung eingangs der Verhandlung.

BF: Ich habe deswegen gelogen, weil ich versucht habe, mich abzusichern. Die Kinder sind jedenfalls meine Kinder.

R: Das gemeinsame Kind ist XXXX , geb. XXXX , ist das korrekt?

BF: Ja. Er ist in XXXX im Krankenhaus geboren worden, in der Geburtsklinik, im Krankenhaus, wie das so normal ist.

R: Sie kündigten in der Einvernahme am 15.03.2016 einen DNA-Test an, können Sie den mittlerweile vorlegen?

BF: Wir haben damals gesagt, dass wir das machen werden, wenn es notwendig sein wird, allerdings hat man das von uns nicht gefordert. Es gibt keinen. Man sagte, dass es nicht notwendig ist. Bei der Tochter habe ich auch gleich die Vaterschaft anerkannt und wurde in die Geburtsurkunde eingetragen.

R: Sie geben an, RUSSISCHER Staatsangehöriger zu sein, Ihre Lebensgefährtin gibt an, RUSSISCHE Staatsangehörige zu sein, warum sollte die Staatsangehörigkeit ihres gemeinsamen Kindes ungeklärt sein?

BF: Was meinen Sie?

R: Warum sollte die Staatsangehörigkeit Ihres Sohnes ungeklärt sein?

BF: Er wurde hier geboren.

R: Es gibt in Österreich kein ius soli. Er bekommt keine Staatsangehörigkeit durch die Geburt im Staat.

BF: Ich weiß, dass es in Amerika anders ist. Dort ist es egal, welche Staatsbürgerschaft die Eltern haben, wenn das Kind dort geboren wurde. Wenn ein Kind dort geboren wurde, kann es sich an die amerikanischen Behörden wenden und die Verleihung der amerikanischen Staatsbürgerschaft beantragen und bekommt es auch.

R: Auf Grund welchen Aufenthaltstitels hält sich XXXX in Österreich auf?

BF: Asylpass.

R: Warum wurde ihr Asyl gewährt?

BF: Sie war damals mit jemand anderen verheiratet und ist mit ihrem Mann hergekommen. Genaueres weiß ich nicht. Wir sprechen nicht darüber, vor allem nicht in Anwesenheit der Kinder. Die Kinder erinnern sich noch an den Vater, aber ich versuche den Eindruck zu vermitteln, dass sie meine Kinder sind.

R: Wie heißt der Vater der Kinder?

BF: Der Vater heißt, glaube ich, XXXX . Die drei Kinder haben den Familiennamen XXXX . XXXX , der zweite XXXX , XXXX und XXXX , sie wird bald XXXX , jedenfalls ist sie älter als XXXX . Mit dem ältesten Sohn ist es so, dass er schon groß ist und wir uns wie zwei erwachsene Männer unterhalten. Wir haben schon ein Enkelkind von XXXX . Sie hat geheiratet, hat ein Kind zur Welt gebracht und ist dann wieder zu uns zurückgekehrt, nachdem sie sich hat scheiden lassen.

R: Warum gaben Sie XXXX an, dass Sie nicht bei Ihrer Lebensgefährtin wohnen können?

BF: Ich kann mich nicht erinnern, dass ich so etwas gesagt habe. Ich meine, die Kinder sind groß und es gelingt uns nicht, miteinander zu schlafen. Ich dachte vielleicht, dass es gut wäre, wenn ich eine eigene Wohnung hätte, damit wir uns von den Kindern verstecken können und miteinander schlafen können.

R: Warum gaben Sie gegenüber der Grundversorgung am XXXX an, dass Sie sich getrennt haben und daher jetzt einen Platz in einem Grundversorgungsquartier brauchen?

BF: Ich habe nichts gesagt, dass wir uns getrennt haben. Da war ein Prozess im Gange. Ich wollte etwa Schriftliches in der Hand haben, um alles zu legalisieren.

R: Warum sollte das im GVS-Auszug eingetragen sein, wenn Sie es nicht gesagt haben?

BF: Ich weiß nicht, warum das dort so steht. Jedenfalls habe ich damals mit der Besitzerin der Pension vereinbart, dass ich zu meiner Frau fahren und bei ihr schlafen kann. Sie hat mich von Freitag bis Montag entlassen und ich war bis Montag bei meiner Frau. Wenn ich länger bei meiner Frau und dem Kind bleiben wollte, habe ich angerufen und sie hat es erlaubt.

R: Wo war Fr. XXXX im XXXX auf Urlaub?

BF: In der XXXX .

R: Wo war Ihre Frau im, XXXX im Urlaub?

BF: In die XXXX fährt sie.

R: Wo war sie im XXXX im Urlaub?

BF: Sie war zuhause. Sie war nicht auf XXXX .

R: Ihr Pass war auf Reisen. Wo war sie?

BF: Ob sie XXXX in der XXXX war, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass sie in die XXXX fährt.

R wiederholt die Frage.

BF: Zuhause war sie.

R: Ihr Visum wurde in der XXXX abgestempelt (R belehrt über die Wahrheitsverpflichtung).

BF: Wo sie genau war, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass sie in die XXXX fährt.

R: Es gibt nur ein einziges Visum für die XXXX und das erstreckt sich nicht über den gesamten Zeitraum der Reisen. Das heißt, sie ist über einen XXXX Flughafen gereist, aber nicht in der XXXX gewesen. Wo war sie?

BF: Ich möchte diese Frage nicht beantworten und bitte Sie, diese Frage meiner Frau zu stellen.

Die Verhandlung wird zwecks Besprechung zwischen RV und BF mit Hilfe der D unterbrochen. […]

R: Wollen Sie zu Ihren bisherigen Angaben etwas sagen?

BF: Ich bin durcheinandergekommen. Ich möchte auch nicht für meine Frau antworten. Für das andere habe ich mich entschuldigt.

R: Wo war Ihre Frau im XXXX ?

BF: Ich kann mich nicht mehr erinnern.

R: Wo war sie im XXXX ?

BF: Ich kann mich nicht mehr erinnern.

R: Wo war sie im XXXX ?

BF: In der XXXX .

R: Wo war sie im XXXX ?

BF: Ich will nicht für sie antworten.

R: Hat sie auch noch einen russischen Pass?

BF: Nein.

R: Ihre Frau ist mit diesem Pass im XXXX nach Österreich eingereist, ohne mit diesem Pass zuvor ausgereist zu sein. Wie erklären Sie sich das?

BF: Ich weiß es nicht, ich kann kein Deutsch.

R: Am 14.11.2017 gaben Sie gegenüber der Grundversorgung an, dass Sie sich jetzt endgültig von Fr. XXXX trennen wollen, am 16.11.2017, dass Sie sich endgültig getrennt haben, am 13.12.2017, dass Sie auf die Geburt Ihrer gemeinsamen Tochter warten und mit Ihrer Frau und Ihren Kindern zusammenleben wollen. Was jetzt?

BF: Ich habe niemals gesagt, dass ich mich von ihr trennen möchte. Das wurde nicht richtig aufgeschrieben. Ich habe das nie gesagt und habe das auch nicht vor.

R: Die gemeinsame Tochter ist XXXX , geb. XXXX , ist das korrekt?

BF: Ja.

R: Welchen Aufenthaltstitel haben XXXX ?

BF: So einen Pass, wie meine Frau (Asyl).

R: Was wäre, wenn die mit Ihnen in die Russische Föderation ziehen würden?

BF: Ich will nicht in die Russische Föderation fahren und will das nicht meinen Kindern antun.

R wiederholt die Frage.

BF: Ich werde wahrscheinlich oder ganz sicher spurlos verschwinden.

R: Was würde den Kindern passieren?

BF: Mit den Kindern wird man wahrscheinlich nichts tun. Die Leute, die zurückkommen, werden dort als Feinde betrachtet und können nicht in ihre Häuser zurück. Das Verhältnis zwischen der Russischen Föderation und Europa hat sich verschärft.

R: Sie sagen, Sie waren seit XXXX nicht mehr in Tschetschenien. Woher wissen Sie das?

BF: Wir sind ja in Kontakt. Es gibt das Telefon, WhatsApp, Facebook und Instagram.

R: Mit wem sind Sie in Kontakt?

BF: Ich stehe mit jedem in WhatsApp in Verbindung, aber jetzt habe ich die Daten nicht. Meine Frau hat die Daten am Handy, ich habe nämlich ein neues Handy mit Anmeldung.

R: Seit wann?

BF: Seit einem Monat ca. Auf diesem Telefon spielen die Kinder und es für mich leichter, ihr Telefon zu benutzen.

R: Bei der Einreise haben Sie alle Nummern auf Ihrem Telefon gespeichert. Warum haben Sie das nicht mehr?

BF: Meine Tochter wollte etwas aufmachen und hat mit dem Samsung draufgehauen und es ist gelb geworden, also der Bildschirm. Ich hatte dort eine Speicherkarte. Ich habe die Karte herausgenommen, darauf waren alle Foto, aber die Daten habe ich offenbar nicht mitgenommen. Das ist für mich aber kein Problem, weil sich alle diese Daten auch auf dem Handy meiner Frau befinden, deswegen kann ich jederzeit mit den Leuten ein Gespräch führen.

R: Was würde passieren, wenn die Kinder Sie in der Russischen Föderation besuchen würden?

BF: ich war seit XXXX [J]ahren nicht in Tschetschenien und habe nicht vor, dorthin zu fahren. Wenn sie mich dort[h]in schicken, werde ich sofort dort ausreisen. Ich habe Angst vor Leuten mit Gewehren. Ich habe zwei Kriege überlebt. Ich habe den Schrecken des Krieges selbst gesehen. Ich bin bereist alles Mögliche zu machen, um nicht zurückkehren zu müssen. Ich möchte, dass meine Kinder ein normales Leben in einem normalen Staat führen. Ich möchte, dass sie Rechte haben. Meine dreijährige Tochter spricht Deutsch und mein Sohn spricht auch Deutsch.

R: Was würde passieren, wenn Ihre Frau Sie in Russland besuchen würde oder mit Ihnen nach Russland ziehen würde?

BF: Ich werde nicht nach Russland fahren. Ich werde das eindeutig nicht.

R: Beschreiben Sie mir Ihr Familienleben in Österreich?

BF: In den letzten Monaten gab es Stress wegen der Krebserkrankung meiner Frau, aber ansonsten führen wir ein sehr gutes Leben. Ich verstehe mich sehr gut mit den Kindern und auch mit meiner Frau. Als die Kinder in der Schule waren, bin ich sogar zu den Elternsprechtagen gegangen.

R: Wer macht zuhause was? Wer kocht, wer putzt, wer kümmerst sich um die Kinder, usw.?

BF: In der letzten Zeit tue ich Staubsaugen und wasche auch das Geschirr ab. Die Buben helfen mir dabei. Ich habe es heute dem Anwalt gezeigt, wenn sie die Hand hebt, spürt man die Elektrizität von ihrer Hand ausgeht.

R: Wer macht den Rest des Haushalts?

BF: Wir machen das, die Söhne, die Tochter, XXXX und ich. Ich bin kein Freund v[o]n der Waschmaschine, deswegen sage ich immer jemanden anderen, wenn sie einzuschalten ist. Die Kinder sind schon groß, deswegen gibt es zuhause nicht viel Müll.

R: Wie groß ist die Wohnung?

BF: Sie hat drei Zimmer.

R: Wer lebt dort aller?

BF: Im Wohnzimmer auf dem Sofa, ich. In dem anderen Zimmer lebt XXXX mit den zwei jüngeren Kindern. In einem Nebenzimmer gibt es ein Kinderbett, dort ist alles für die jüngeren Kinder. XXXX schläft auch dort. Im nächsten Zimmer schlafen XXXX . Sie haben dort auch einen Schrank und einen Fernseher. XXXX und ihr Kind leben auch bei uns. Das Kind ist sehr an uns gewöhnt.

R: Wer hat die Obsorge über XXXX ?

BF: Die Mutter.

R: Hat sie die alleinige Obsorge oder gemeinsam mit dem Vater?

BF: Ich glaube, dass der Vater nicht Obsorge berechtigt ist. Ich glaube, dass man ihm das Recht entzogen hat, aber ich weiß es nicht. XXXX wurde mal auf der Straße gefragt, wer sein Vater ist und er sagte XXXX .

R: Wie schaut es aus mit dem Besuchsrecht des leiblichen Vaters?

BF: Er besucht sie nicht.

R: Bekommt Ihre Frau Alimente?

BF: Ich weiß es nicht, diese Frage hat mich nicht interessiert.

R: Sie haben laut Grundversorgung angegeben, dass Fr. XXXX und die Kinder Alimente erhalten. Von wem?

BF: Sie bekommt Alimente, aber ich weiß nicht, ob vom Vater oder vom Staat.

R: Wovon lebt die Familie?

BF: XXXX hat gearbeitet. Vor der Erkrankung hat sie im XXXX gearbeitet. Am XXXX sollte sie irgendwo eine Beschäftigung beginnen, aber sie musste ins Krankenhaus und dort wurde festgestellt, dass sie Krebs hat. Zuerst sagte man, dass der Krebs in XXXX ist und dann hat ein anderer Arzt sie untersucht und hat festgestellt, dass der Krebs XXXX ist und es XXXX gibt.

R: Wovon lebt die Familie aktuell?

BF: Sie bekommt irgendwelches Geld. Die Caritas gibt ihr das Geld, XXXX €. Ich hole das Geld ab und bringe ihr das gleiche. Ich rauche nicht und trinke nicht. Früher habe ich geraucht, aber jetzt rauche ich nicht mehr.

R: Was ist die Familiensprache?

BF: Sie sprechen auf Tschetschenisch und Deutsch. Sie versuchen Deutsch miteinander zu sprechen, damit ich besser Deutsch lerne, deswegen verstehe ich ein bisschen Deutsch. Ich habe ein auditives Gedächtnis, das merke ich mir schnell.

R: Wovon bestreiten Sie selbst Ihren Lebensunterhalt, seit Sie in Österreich sind?

BF: Ich brauche nicht viel, ich bin mit dieser Jacke gekommen. Auch die Jeanhosen habe ich mitgebracht. Ich habe noch andere Jeanhosen und Jacken.

R: Machen Sie Remunerationstätigkeiten im Rahmen der Grundversorgung?

BF: Nein.

R: Haben Sie versucht, in Österreich Ihre Selbsterhaltungsfähigkeit, zB im Rahmen von Dienstleistungscheques, herzustellen oder durch Erntearbeit?

BF: Ehrlich gesagt, habe ich einmal oder zweimal gebeten mir für drei oder vier Stunden eine Arbeit zu geben, aber man hat mir bei beiden Stellen eine ablehnende Antwort gegeben.

R: Welche Fortbildungsmaßnahmen haben Sie in Österreich gesetzt?

BF: Ich habe einen Deutschkurs gemacht. Ich habe auf diesen Kurs lange warten müssen. Ich habe immer wieder gebeten, mir einen Platz in diesem Kurs zu geben. Ich habe mich in der Organisation angemeldet, damit dieser Prozess startet und ich einen Kursplatz bekomme, aber man hat mir das nicht gewährt.

R: Welche Deutschprüfungen haben Sie bisher absolviert? Prüfungszeugnisse liegen nicht vor!

BF: Keine. Niemand hat mir auch gesagt, dass ich Prüfungen machen soll.

R: Wie schätzen Sie Ihre Deutschkenntnisse ein?

BF: Das, was ich brauche, wenn ich ins Geschäft gehe oder die Kinder abhole von Kindergarten oder Schule, das kann ich sagen.

R fordert den BF auf, die folgenden Fragen auf Deutsch zu beantworten:

R: Was kochen Sie am liebsten?

BF: „Kochen“ verstehen. „Liebsten“ nicht verstehen.

R: Welches Buch haben Sie gerne?

BF: Buch?

R: Welche Zeitung lese[n] Sie?

BF: „Zeitung“ ich verstehen. SPIEGEL, deutsch. XXXX , HEUTE. (BF zeigt ein Quadrat).

R: Was machen Sie mit Ihren Kindern in der Freizeit?

BF: Freizeit? Spielen, spazieren.

R: In welche Schule gehen die Kinder?

BF: XXXX Schule. XXXX in Spezialschule.

R stellt fest, dass der BF nur grundlegende Deutschkenntnisse aufweist und die Verdolmetschung der Verhandlung notwendig ist.

R: Sind Sie Mitglied in einem Verein?

BF: Nein.

R: Sind Sie ehrenamtlich tätig?

BF: Das habe ich versucht. Ich wollte als Volontär in einem XXXX arbeiten, aber man hat mir gesagt, dass es dort keine freien Stellen gibt.

R: Wie verbringen Sie Ihren Alltag in Österreich?

BF: Ich bringe die Kinder zur Schule

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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