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L00203 Auskunftspflicht InformationsweiterverwendungNorm
AuskunftsG NÖ 1988 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der F in V, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 3. April 1995, Zl. R/1-V-95008, betreffend Auskunft gemäß dem Nö Auskunftsgesetz (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde V, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 3. Oktober 1994 wurde von der Beschwerdeführerin ein Auskunftsersuchen gemäß
Nö Auskunftsgesetz an den Bürgermeister und Gemeindevorstand der mitbeteiligten Partei mit folgendem Inhalt gerichtet:
"In der öffentlichen Gemeinderatssitzung der Marktgemeinde V vom 11.10.1991 wurde unter Tagesordnungspunkt 7 das Bebauungskonzept um den "X-Teich" der Beschlußfassung unterzogen. In dieser Angelegenheit war der Bauausschuß und der Gemeindevorstand mehrfach befaßt.
Laut dem Antrag zu diesem Tagesordnungspunkt wurden in der letzten Gemeindevorstandsitzung vor der gegenständlichen Gemeinderatsabstimmung auch Bedingungen an die Freigabe der Bebauung der gegenständlichen Grundstücke gestellt.
Die drei Bedingungen waren
1.
Ersatzgrundstücke für die Kleingartenbenützer
2.
Baderecht für das Ufergrundstück der Gemeinde
3.
Aufschließung des Grundstückes durch die Fa. W
Dem Antrag ist ebenfalls zu entnehmen, daß am 9. Oktober 1991 in einer Besprechung mit Vertretern der Fa. W in den genannten drei Punkten Zusicherungen abgegeben wurden. Der Bürgermeister legte in der folgenden Diskussion dazu dar, daß aufgrund des Gespräches mit der Fa. W die Zusicherungen schriftlich am 11.10.1991 einlangten. Der Bürgermeister erklärte weiter, daß die Angelegenheit im Gemeindevorstand behandelt wurde. Das letzte Ergebnis läge nunmehr seitens W schriftlich vor.
Sohin ergeht das Ersuchen an den Bürgermeister und den Gemeindevorstand der Marktgemeinde V, um Erteilung folgender Auskunft:
1. Liegt dem Gemeindevorstand bzw. dem Bürgermeister eine schriftliche Zusicherung der Fa. W insbesondere über die Beistellung von Ersatzgrundstücken für die Kleingartenbenützer vor?
2. Was ist der genaue Inhalt dieser Vereinbarung? Welche Rechtsfolgen sollen für den Fall der Nichteinhaltung der Bedingungen eintreten?
3. Falls keine schriftliche Zusicherung vorliegt, gibt es mündliche Zusagen hinsichtlich der Beistellung von Ersatzgrundstücken und von wem und wann wurden diese Zusicherungen der Gemeinde gegenüber abgegeben? Wurde hierüber ein Aktenvermerk angelegt?
4. Warum wurden den Kleingartenbenützern keine Ersatzgrundstücke zur Verfügung gestellt?
Für den Fall, daß die Auskunft nicht fristgerecht, nämlich spätestens innerhalb von 8 Wochen nach Einlangen erteilt wird, stelle ich bereits jetzt den
A n t r a g
auf Bescheiderlassung.
F"
Mit Schreiben vom 13. Oktober 1994 nahm der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei zu den angeführten schriftlichen Anfragen in der Weise Stellung, daß eine telefonische Auskunft bei einem Mitarbeiter der Fa. W ergeben habe, daß in der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit bereits ein gerichtliches Verfahren stattgefunden habe bzw. ein weiteres Gerichtsverfahren anhängig sei. Es werde um Verständnis ersucht, daß die Gemeinde als Verwaltungsbehörde nicht befugt sei, zu Angelegenheiten, die Gegenstand eines schwebenden Verfahrens seien, Stellung zu nehmen. Sollte von Seiten des Gerichtes eine Stellungnahme der mitbeteiligten Marktgemeinde für erforderlich erachtet werden, bestehe die Möglichkeit, einen informierten Vertreter der Gemeinde als Zeugen zu vernehmen.
In der Folge stellte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 8. November 1994 neuerlich einen Antrag auf Bescheiderlassung. Sie habe am 3. Oktober 1994 eine Anfrage an den Bürgermeister und den Gemeindevorstand der Marktgemeinde V gestellt. Diese Anfrage sei nicht beantwortet worden, sondern habe sie ein Schreiben der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 13. Oktober 1994 erhalten, in dem zu keiner einzigen, von ihr gestellten Frage Stellung genommen worden sei. Sie stelle daher gemäß § 5 Nö Auskunftsgesetz den Antrag auf Bescheiderlassung innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. Dezember 1994 wurde dem Antrag auf Bescheiderlassung stattgegeben und die Auskunft gemäß §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Nö Auskunftsgesetz verweigert (im Spruch dieses Bescheides fehlt allerdings das Wort "verweigert", was jedoch aus der Begründung abzuleiten ist). Es sei mit der anwaltlichen Vertretung der Fa. W Kontakt aufgenommen worden. Eine Beantwortung der Fragen der Beschwerdeführerin habe nicht erreicht werden können. Entsprechende Unterlagen zur Klärung der gestellten Fragen lägen bei der Gemeinde nicht vor. Es habe lediglich in Erfahrung gebracht werden können, daß ein Gerichtsverfahren zwischen der Beschwerdeführerin und dem genannten Unternehmen anhängig sei, bei dem die zur Beantwortung der Anfrage erforderlichen Schriftstücke als Beweismittel vorgelegt würden. Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 Nö Auskunftsgesetz dürfe die Auskunft verweigert werden, wenn die für die Erteilung der Auskunft erforderlichen Informationen erst beschafft werden müßten und/oder wenn umfangreiche Ausarbeitungen erforderlich seien. Für die vorliegende Auskunftserteilung müßten von der mitbeteiligten Gemeinde Informationen erst beschafft werden, was praktisch nicht möglich sei, da sich das angeführte Unternehmen mit der Beschwerdeführerin in einem Rechtsstreit befinde und daher Informationen, die das Verfahren betreffen könnten, verständlicherweise nicht preisgebe. Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. darf die Auskunft verweigert werden, wenn die Information dem Auskunftssuchenden anders zugänglich sei. Im Hinblick auf den angeführten Rechtsstreit zwischen der Beschwerdeführerin und dem angeführten Unternehmen seien die Informationen für die Beschwerdeführerin auf anderem, nämlich gerichtlichem Wege zugänglich.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wird von der belangten Behörde nach Anführung des § 4 Z. 5 und 6 Nö Auskunftsgesetz damit begründet, daß dem Bürgermeister im erstinstanzlichen Bescheid ein Schreibfehler unterlaufen sei, es hätte statt § 4 Abs. 1 Z. 4 richtig § 4 Abs. 1 Z. 5 Nö Auskunftsgesetz zu lauten. Da er diese Bestimmung aber richtig zitiert habe, habe dieser Schreibfehler keinen Einfluß auf dieses Verfahren. Aus den vorgelegten Aktenunterlagen sei zu entnehmen, daß die Vereinbarung zwischen der Marktgemeinde und der "Firma W" in dem der Beschwerdeführerin offensichtlich bekannten Gemeinderatssitzungsprotokoll vom 11. Oktober 1991 enthalten sei (sie zitierte eine Passage daraus). In weiterer Folge habe die Firma W mit Schreiben vom 29. September 1993 der mitbeteiligten Marktgemeinde mitgeteilt, daß eine einvernehmliche Lösung im Zusammenhang mit der Absiedlung der Kleingärten erzielt habe werden können, weswegen sie ihr Ersuchen vom 4. November 1991 um Bewilligung einer Kleingartenanlage auf dem Grundstück Nr. 1206/1, KG V, zurückziehe. Der Inhalt der erfolgten zivilrechtlichen Vereinbarung zwischen der Firma W und den Kleingartenbesitzern sei der Marktgemeinde V offensichtlich nicht bekannt und müsse ihr auch nicht bekannt sein, da keine gesetzliche Verpflichtung zu deren Bekanntgabe an die Marktgemeinde V existiere. In ihrer Vorstellung führe die Beschwerdeführerin aus, daß keine Ersatzgrundstücke zur Verfügung gestellt worden seien, weswegen sie die Ansicht vertrete, daß die Vorgangsweise der mitbeteiligten Marktgemeinde äußerst aufklärungsbedürftig sei. Vertragspartner zwischen den Kleingartenbesitzern und der "Firma W" sei nicht die mitbeteiligte Marktgemeinde, daher sei dieser Vorwurf an sie für die Aufsichtsbehörde nicht nachvollziehbar. Der Bürgermeister habe völlig zu Recht ausgeführt, daß die Beschwerdeführerin die Möglichkeit habe, im zivilgerichtlichen Verfahren entsprechende Beweisanträge zu stellen, um die gewünschten Informationen zu erhalten. Daß die Firma W aufgrund des Zivilprozesses die von der Beschwerdeführerin gewünschten Unterlagen nicht zur Verfügung stelle, entspreche den Erfahrungstatsachen des Lebens und sei durchaus verständlich. Der Bürgermeister habe daher nach Ansicht der belangten Behörde völlig zu Recht aufgrund der Bestimmungen des § 4 Abs. 1 Z. 5 und 6 Nö Auskunftsgesetz die Auskunft verweigert. Die eingangs zitierten Fragen könnten nämlich aufgrund ihres inhaltlichen Zusammenhanges nicht jede für sich, sondern nur gemeinsam beantwortet werden.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Recht auf Auskunft gemäß § 1 Nö Auskunftsgesetz verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf Grund des Art. 20 Abs. 4 B-VG haben alle mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betrauten Organe sowie die Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen, soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht. Die näheren Regelungen sind hinsichtlich der Organe der Länder und Gemeinden und der durch die Landesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung in der Grundsatzgesetzgebung Bundesache, in der Ausführungsgesetzgebung und in der Vollziehung Landessache.
Gemäß § 1 Nö Auskunftsgesetz, LGBl. 0020-0, hat jeder das Recht, Auskunft von Organen des Landes, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der durch die Landesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung zu erhalten. Gemäß § 3 Abs. 1 Nö Auskunftsgesetz muß die Auskunft möglichst rasch, spätestens aber innerhalb von acht Wochen nach Einlangen des Auskunftsersuchens erteilt werden. Kann die Auskunft innerhalb dieser Frist nicht erteilt werden, so muß der Auskunftssuchende darüber informiert werden. Gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. darf die Auskunft u.a. verweigert werden:
"4. Wenn die Auskunft offenbar mutwillig verlangt wird;
5.
Wenn die für die Erteilung der Auskunft erforderlichen Informationen erst beschafft werden müssen und/oder wenn umfangreiche Ausarbeitungen erforderlich sind;
6.
Wenn die Information dem Auskunftssuchenden anders zugänglich ist."
Gemäß § 5 Abs. 1 Nö Auskunftsgesetz kann der Auskunftssuchende, wenn die Auskunft nicht erteilt wird, verlangen, daß die Auskunft mit Bescheid verweigert wird. Gemäß § 5 Abs. 5 Nö Auskunftsgesetz ist gegen einen gemäß Abs. 1 erlassenen Bescheid ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Im übrigen gilt als Verfahrensordnung, nach der der Bescheid zu erlassen ist, das AVG, sofern nicht für die Sache, in der Auskunft erteilt wird, ein anderes Verfahrensgesetz anzuwenden ist. Die in diesem Gesetz geregelten Aufgaben der Gemeinden sind gemäß § 6 leg. cit. solche des eigenen Wirkungsbereiches.
Vorweg ist festzustellen, daß sich die Auskunftspflicht gemäß Art. 20 Abs. 4 B-VG in Verbindung mit dem Auskunftspflicht-Grundsatzgesetz, BGBl. Nr. 286/1987, und § 1 Nö. Auskunftsgesetz auf die Hoheits- und Privatwirtschaftsverwaltung bezieht (siehe die hg. Erkenntnisse vom 1. Februar 1989, Zl. 88/01/0199, und vom 12. Juli 1989, Zl. 88/01/0218).
Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, daß die Heranziehung des § 4 Abs. 1 Z. 6 Nö Auskunftsgesetz zu Unrecht erfolgt sei. Der Verweis auf eine anderweitige Beschaffung der Information sei nur dann zulässig, wenn diese dem Auskunftswerber mit vertretbarem Aufwand zugänglich sei, wenn also beispielsweise Broschüren, Merkblätter oder dergleichen aufgelegt seien. Im konkreten Fall wäre die Gemeindebehörde dann berechtigt gewesen, eine Auskunft zu verweigern, wenn diese durch Einsicht in die öffentlich zugänglichen Gemeinderatsprotokolle hinreichend beantwortet werde. Genau dies sei jedoch nicht der Fall gewesen, weil die Beschwerdeführerin, ausgehend von den Darlegungen im Gemeinderatsprotokoll, weitergehende, für sie wesentliche Auskünfte von der mitbeteiligten Marktgemeinde begehrt habe. Auch im Kommentar von Liehr zum Nö Auskunftsgesetz seien als Anwendungsfälle des § 4 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. angeführt, wenn dem Auskunftssuchenden selbst als Partei des Verfahrens das Recht der Akteneinsicht zustehe oder wenn über ein bestimmtes Vorhaben eine Publikation vorhanden sei. Der Verweis der belangten Behörde auf die Möglichkeit, im zivilrechtlichen Verfahren entsprechende Beweisanträge zu stellen, sei nicht stichhältig. Abgesehen davon, daß derartige Beweisanträge im Zivilprozeß als Erkundungsbeweise abgewiesen werden könnten, sei der Sinn und Zweck der gesetzlich normierten Auskunftspflicht unter anderem darin zu sehen, daß dem Bürger durch die Erteilung der begehrten Auskunft die Durchsetzung seiner Ansprüche bzw. die Abwehr ungerechtfertigt erhobener Ansprüche ermöglicht werde. Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. genüge es nicht, wenn die Information dem Auskunftssuchenden bloß mittelbar zugänglich sei. Es müsse vielmehr eine unmittelbare Zugänglichkeit vorliegen. Die Verweisung auf eine mittelbare Informationsbeschaffung stehe weder im Einklang mit dem Auskunftspflicht-Grundsatzgesetz des Bundes noch mit Art. 20 Abs. 4 B-VG.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Ergebnis im Recht. Die verfahrensgegenständlichen Fragen richteten sich darauf, ob dem Gemeindevorstand bzw. dem Bürgermeister eine schriftliche Zusicherung der Firma W insbesondere über die Beistellung von Ersatzgrundstücken für die Kleingartenbenützer vorliege, bejahendenfalls welchen Inhalt diese Vereinbarung habe, welche Rechtsfolgen für den Fall der Nichteinhaltung der Bedingungen eintreten sollten, und, sofern keine Zusicherung vorliege, ob es mündliche Zusagen hinsichtlich der Beistellung von Ersatzgrundstücken gebe, ob darüber ein Aktenvermerk vorliege und warum den Kleingartenbesitzern keine Ersatzgrundstücke zur Verfügung gestellt worden seien. Aus den von der belangten Behörde angeführten Gründen ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen eines Zivilrechtsstreites zwischen der Beschwerdeführerin und dem angeführten Unternehmen Informationen über eine allfällige Vereinbarung der mitbeteiligten Gemeinde mit diesem Unternehmen zugänglich sein sollten. Im angefochtenen Bescheid wird zu Unrecht darauf verwiesen, daß die Vereinbarung zwischen der mitbeteiligten Marktgemeinde und der Firma W in dem der Beschwerdeführerin offensichtlich bekannten Gemeinderatssitzungsprotokoll vom 11. Oktober 1991 enthalten sei. In diesem Protokoll findet sich kein Verweis auf eine derartige Beilage. Wie sich aus dem Auskunftsersuchen ergibt, richtete sich dieses auf Informationen, die aus dem der Beschwerdeführerin bekannten Gemeinderatssitzungsprotokoll gerade nicht ersichtlich waren. Das Auskunftsersuchen richtete sich auch nicht - worauf der angefochtene Bescheid Bezug nimmt - auf eine Vereinbarung der "Firma W" mit den Kleingartenbesitzern, weshalb nicht verständlich ist, warum die belangte Behörde darauf verweist, daß eine solche Vereinbarung der mitbeteiligten Gemeinde offensichtlich nicht bekannt sei und ihr auch nicht bekannt sein müsse. Die Beschwerdeführerin ist auch im Recht, daß die Möglichkeit, einem Gegner in einem Zivilrechtsstreit gegenüber Beweisanträge zu stellen, um bestimmte Informationen zu erlangen, keine Zugänglichkeit von Informationen im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. darstellt (vgl. dazu das hg. Erkenntnisse vom 22. September 1992, Zl. 92/05/0131, betreffend das Wiener Auskunftspflichtgesetz).
Die vorliegende Verweigerung der Auskunft kann aber auch nicht auf § 4 Abs. 1 Z. 5 Nö Auskunftsgesetz gestützt werden. In diesem Zusammenhang macht die Beschwerdeführerin vor allem geltend, daß sie niemals eine Auskunft darüber begehrt habe, welchen Inhalt ihre Nutzungsvereinbarung mit dem angeführten Unternehmen hat. Ihr Auskunftsbegehren richtete sich vielmehr darauf, welche, vom Bürgermeister in der angeführten Gemeinderatssitzung konkret angesprochene Vereinbarung zwischen der Marktgemeinde V und dem angeführten Unternehmen getroffen worden sei. Sofern tatsächlich keine bezughabende Urkunde bei der beschwerdeführenden Marktgemeinde aufliegen sollte, erhebe sich die Frage, warum der Bürgermeister in der Gemeinderatssitzung vom 11. Oktober 1991 dargelegt habe, "daß aufgrund des Gespräches Firma W die Vereinbarungen schriftlich an die Gemeinde richten sollte, was erst gegen Mittag am 11.10.1991 erfolgt". Es könne sohin für die mitbeteiligte Marktgemeinde nicht weiters schwierig sein, festzustellen, ob die erwähnte schriftliche Zusicherung von W bzw. die vom Bürgermeister erwähnte Vereinbarung über die Beistellung der Ersatzgrundstücke für die Kleingartenbenützer bei der Gemeinde eingelangt sei oder nicht. Sollte dies nicht der Fall sein, so müsse die Gemeinde weiters in der Lage sein, aus eigenem Auskunft darüber zu geben, in welcher Weise sie für die Absicherung der Kleingartenbenützer Sorge getragen habe, zumal sie selbst diese Grundstücke unter der Bedingung zur Bebauung freigegeben habe, daß den bisherigen Kleingartenbenützern Ersatzgrundstücke zur Verfügung gestellt würden.
Auch mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht. Aus dem angeführten Gemeinderatsprotokoll ergibt sich, daß als Bedingungen für die Freigabe der Bebauung der Grundstücke um den "X-Teich" u.a. Ersatzgrundstücke für die Kleingartenbenützer angeführt worden seien. In der Besprechung vom 9. Oktober 1991 mit Vertretern der "Firma W" seien in diesen drei Punkten Zusicherungen abgegeben worden. Die neuen Gärten würden günstig, aber nicht kostenlos zur Verfügung gestellt. Weiters ist im Gemeinderatsprotokoll folgendes festgehalten:
"Herr gf. GR. O kommt auf seine Anfrage zurück, wieso keine Information über die Vereinbarungen mit Fa. W vorliegen (Er habe am Sitzungstag gegen 11 Uhr im Sekretariat nachgefragt).
Der Bürgermeister legt dar, daß auf Grund des Gespräches Firma W die Vereinbarungen schriftlich an die Gemeinde richten sollte, was erst gegen Mittag am 11.10.1991 erfolgt.
Herr gf. GR O sieht jedenfalls in dieser Praxis eine Ausgrenzung der Fraktionen. Er bringt zum Ausdruck, daß eine Beschlußfassung mangels entsprechender Vorinformationen verschoben werden sollte. Herr gf. GR O sieht keine Möglichkeit für eine Zustimmung in dieser Sitzung; man wird sich daran gewöhnen müssen, daß die Fraktionen informiert werden müssen, ehe man eine Zustimmung zum Beschluß erwarten kann.
Auch Herr GR N wendet ein, daß er nicht informiert wurde.
Der Bürgermeister erklärt, daß die Angelegenheit im Vorstand behandelt wurde. Das letzte Ergebnis liegt nunmehr seitens W schriftlich vor. Er ersucht, dem Bürgermeister bzw. auch Vizebürgermeister ein gewisses Verhandlungspouvoir einzuräumen. Das Konzept war aus der Vorstandssitzung bekannt, es ging darum, die Interessen der Bewohner und der Gemeinde zu vertreten.
Herr gf. GR O erklärt, daß die Gemeinde nicht für eine Aufschließung nach den Vorstellungen der Fa. W aufzukommen hat.
Herr GR H meint, daß der Bebauungsplan den Gemeinderäten zur Einsichtnahme zur Verfügung stehen sollte. Der Bürgermeister hält dem entgegen, daß eine Beratung darüber im Bauausschuß und im Gemeindevorstand stattgefunden hat, es ist überdies allen Gemeinderäten vor der Sitzung zugänglich gewesen.
Anschließend läßt der Bürgermeister über den Antrag offen abstimmen. Der Antrag wird mit 19 Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen (VL und FPÖ) angenommen."
Wenn in einer Besprechung der mitbeteiligten Gemeinde mit Vertretern des angeführten Unternehmens am 9. Oktober 1991 u.a. in der Frage der Ersatzgrundstücke für die Kleingartenbenützer Zusicherungen abgegeben wurden und das angeführte Unternehmen aufgrund der Gespräche die Vereinbarungen schriftlich an die Gemeinde richten sollte, was erst gegen Mittag am 11. Oktober 1991 erfolgte, ist unerfindlich, warum keine - wie dies die erstinstanzliche Behörde feststellte - entsprechenden Unterlagen zur Klärung der von der Beschwerdeführerin gestellten Fragen bei der mitbeteiligten Gemeinde vorliegen sollten.
Die Vorstellungsbehörde vertrat daher zu Unrecht die Auffassung, daß die erstinstanzlich erfolgte Verweigerung der Auskunft, gestützt auf § 4 Abs. 1 Z. 5 und 6
Nö Auskunftsgesetz, rechtmäßig erfolgt ist.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Angemerkt wird allerdings, daß die Frage, ob allenfalls der beantragten Auskunftserteilung gesetzliche Verschwiegenheitspflichten entgegenstehen (§ 4 Abs. 1 Z. 2 Nö Auskunftsgesetz), aufgrund der vorliegenden Aktenunterlagen nicht beantwortet werden konnte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995050250.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
03.07.2018