TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/30 L518 2215056-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.08.2021
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Entscheidungsdatum

30.08.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §9
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch


L518 2215059-1/12E
L518 2215052-1/13E
L518 2215056-1/13E
L518 2215054-1/10E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 20.07.2021 MÜNDLICH VERKÜNDETEN ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. STEININGER als Einzelrichter über Beschwerden von XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX , alle StA. GEORGIEN, die minderjährige Beschwerdeführerin XXXX , geb. XXXX , vertreten durch XXXX , XXXX , (im Zeitpunkt der Verkündung alle vertreten durch RAe Mag. Josef Phillip BISCHOF, Mag. Andreas LEPSCHI), gegen die Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, vom 18.01.2019, Zl. XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.07.2021, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als „bP1“ bis „bP4“ bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Georgien und brachten nach Einreise im Mai bzw. Dezember 2015 in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich bei der belangten Behörde (in weiterer Folge „bB“) Anträge auf internationalen Schutz ein (bP 1 und bP 2 am 04.05.2015 / bP 3 und 4 am 16.12.2015).

Die männliche bP1 und die weibliche bP2 sind Ehegatten und Eltern der bP 3 und 4. Die bP 4 ist minderjährig.

I.2. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachten die bP im Wesentlichen vor, dass sie legal am XXXX .2015 per Flugzeug mit Reisepässen und holländischen Visa eingereist wären. Die Reisepässe hätten sie verloren. Die bP erklärten, dass sie wegen der Nierenerkrankung der bP 2 die Heimat verlassen hätten. Die bP 2 sei in Georgien nicht entsprechend behandelt worden und seien viele der Mitpatienten verstorben. Seit 4 Jahren benötige die bP 2 3x wöchentlich eine Dialyse. Es sei ihnen geraten worden, nach Österreich zu kommen. Sonst hätten sie keine Probleme. Die bP 2 gab zudem an, dass sie, wenn es ihr wieder besser ginge und sie nicht mehr in Lebensgefahr sei, wieder in die Heimat zur Familie zurückkehren wolle.

Die bP 2 wurde gleich nach gemeinsamer Einreise mit ihrem Ehegatten medizinisch im Krankenhaus versorgt.

Im Rahmen des Dublin-Verfahrens erteilten die niederländischen Behörden mit Schreiben vom 04.08.2015 die Auskunft, dass sie in Vertretung der belgischen Behörden Visa aus medizinischen Gründen (gültig von April bis Juni 2015) ausgestellt hätten.

I.3. Die bP 3 und 4 reisten im Dezember 2015 in Österreich mit tschechischen Visa ein und führte die bP 3 lediglich erstbefragt an, zu ihren Eltern gelangen zu wollen. Die Reisekosten iHv EUR 2000 wären von den Großeltern getragen worden.

I.4. Vor der belangten Behörde brachten die bP 1 und 2 wiederum vor, lediglich aufgrund der Erkrankung der bP 2 eingereist zu sein. Nunmehr sei bei der bP 2 erstmalig auch Hepatitis C festgestellt worden. Die bP 2 fühle sich bei den Ärzten in Österreich besser aufgehoben und hätten sie sich die Behandlung der bP 2 in Georgien nicht mehr leisten können. Die bP 3 stützte sich auf den gemeinsamen Familienverband und wurden auch sonst keine weiteren Fluchtgründe für eine der bP angegeben.

I.5. Mit Bescheiden des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 01.08.2016, wurden die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I) abgewiesen.

Der bP2 wurde subsidiärer Schutz gemäß § 8 AsylG gewährt und davon abgeleitet wurden den bP 1, 3 und 4 gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 34 Absatz 3 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) zuerkannt. Es wurden ihnen gemäß § 8 Absatz 4 AsylG befristete Aufenthaltsberechtigungen bis zum 25.11.2016 erteilt.

Neben allgemeinen Länderfeststellungen wurde dem Bescheid der bP 2 eine Anfragebeantwortung betreffend Behandlungsmöglichkeiten von Dialysepatienten zugrunde gelegt (vom 09.03.2012), wonach in Georgien keine Nieren verfügbar wären. Nierentransplantationen würden im Herkunftsstaat nur durchgeführt, wenn sich im Kreis der Angehörigen ein Organspender findet, was im gegenständlichen Fall nicht möglich gewesen sei. Es habe im Hinblick auf die Länderinformationen in Zusammenschau mit den medizinischen Befunden festgestellt werden können, dass die bP 2 im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Gefährdung ausgesetzt wäre. Dies da die bP 2 glaubhaft vorgebracht habe, dass ihre Erkrankung (eine Niereninsuffizienz unbekannter Genese) ein akut lebensbedrohliches Stadium erreicht hatte und eine entsprechende Behandlungsmöglichkeit im Heimatland nicht gegeben wäre.

I.6 Mit Bescheiden des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 02.11.2016 und 03.11.2016, wurden ihre befristeten Aufenthaltsberechtigungen bis zum 25.11.2018 auf Antrag gemäß § 8 Absatz 4 AsylG verlängert.

I.7. Am 25.10.2018 brachten die bP fristgerecht weiter Anträge auf Verlängerung ihrer befristeten Aufenthaltsberechtigungen gemäß § 8 Absatz 4 AsylG ein.

I.8.1. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 10.12.2018 hinsichtlich der Verlängerung des Subsidiären Schutzes gab die bP 1 im Beisein eines von der Behörde bestellten und beeideten Dolmetschers für die Sprache Georgisch vor der bB Folgendes an:

LA:      Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht und wurden Ihnen diese jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert?

VP:      Ja, alles war richtig.

LA:      Sind Sie gesund, nehmen Sie Medikamente?

VP:      Ich bin gesund, nehme keine Medikamente.

LA:      Bitte nennen Sie Ihren vollständigen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort und Ihre Staatsangehörigkeit.

VP:       XXXX .

LA:      Können sie Personaldokumente (Reisepass, Personalausweis) vorlegen?

VP:      Ja, meinen Personalausweis. Traiskirchen hat mir die Personalausweise von der ganzen Familie zurückgegeben. Ich habe aber nur meinen hier. Meine Frau hat das wahrscheinlich vergessen. Mein Führerschein ist bei der Polizei, ich möchte nämlich einen österreichischen Führerschein.

LA:      Möchten Sie weitere Dokumente vorlegen?

VP:      Ja. Ich bin keinen Tag nutzlos herumgesessen. Nach jedem Deutschkurs ging ich zum AMS. A2 habe ich abgeschlossen.

Anmerkung: Dokumente betreffend Kurse sowie ein Versicherungsdatenauszug werden vorgelegt und in Kopie in den Akt aufgenommen.

LA: Ihnen wurde mit Bescheid vom 25.11.2015 der Status des subsidiären Schutzberechtigten zuerkannt.

Der ausschlaggebende und von Ihnen vorgebrachte Grund, warum Sie den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt bekommen haben, war die Erkrankung Ihrer Frau an einer Niereninsuffizienz unbekannter Genese. In Zusammenhang mit den damaligen Länderfeststellungen kam das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu dem Schluss, dass diese Erkrankung ein akut lebensbedrohliches Stadium erreicht hat, und eine entsprechende Behandlungsmöglichkeit im Heimatland nicht gegeben war. Sie bekamen den subsidiären Schutz im Familienverfahren zuerkannt. Dier Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung und die Aberkennung des subsidiärer Schutz gemäß § 9 AsylG für Ihre Frau wird geprüft. Im Fall einer Aberkennung liegen auch die Gründe, weshalb Sie subsidiären Schutz bekommen haben nicht mehr vor.

Möchten Sie dazu Stellung nehmen?

VP:      Wie Sie entscheiden so wird es sein.

LA:      Was ist Ihre Muttersprache?

VP:      Georgisch

LA:      Welche Sprachen sprechen Sie noch?

VP:      Russisch und ein bisschen Deutsch.

LA:      Welche Sprache sprechen Sie mit Ihrer Familie?

VP:      Georgisch. Der Tochter könnte Georgisch bald schwerer fallen als Deutsch.

LA:      Bitte geben Sie so genau wie möglich die Adresse im Heimatland an, an der Sie zuletzt gelebt haben! Geben Sie Provinz, Distrikt, Stadt oder Dorf an!

VP:      In XXXX Straße.

LA:      Haben Sie dort bis zur Ausreise gewohnt?

VP:      Wir haben sie verkauft, dann waren wir in XXXX bei meinem Bruder zu Hause. Es war schlimm, sehr mühsam.

LA:      Welche Familienangehörigen leben im Heimatland?

VP:      Meine Mutter, mein Vater ist mit 58 Jahren vor zwei Jahren verstorben, meine Großmutter sowie mein Bruder mit seiner Familie. Dieser wohnt bei meiner Mutter. Ich als älterer Sohn habe woanders gewohnt.

LA:      Haben Sie noch Kontakt ins Heimatland? (telefonisch, E-Mail, postalisch, etc.)

VP:      Wenig. Es gibt im Dorf kein Internet.

LA:      Wovon haben Sie Ihren Lebensunterhalt in Georgien bestritten?

VP:      Ich habe immer gearbeitet. Ich habe in XXXX in einer Firma namens „ XXXX “. Ungefähr 15 Häuser habe ich gebaut.

LA:      Wie würden Sie Ihre wirtschaftliche / finanzielle Situation zuletzt (vor der Flucht) im Heimatland gemessen am landesüblichen Durchschnitt bezeichnen?

VP:      Es war gut, solange bis meine Frau krank wurde, und dann mussten wir alles verkaufen, auch die Wohnung. Wenn es dort eine normale Behandlung gegeben hätte, wären wir nicht hier und es hätte uns nicht so stark betroffen. Hier hat man uns gesagt, dass die Niere wegen der Schilddrüse geschädigt wurde. Jetzt behandeln sie noch die Schilddrüse, damit nicht noch die neue Niere beschädigt wird. Meine Frau wird wahrscheinlich eine Operation brauchen an der Schilddrüse.

LA:      Wie finanzieren Sie sich den Aufenthalt in Österreich?

VP:      Ich arbeite offiziell, ich bekomme keine Unterstützung. Sieben Monate habe ich auch hier in XXXX gearbeitet.

LA:      Haben Sie Verwandte in Österreich?

VP:       Abgesehen von der Kernfamilie nicht.

LA:      Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Wie sieht Ihr Privatleben aus? Mit wem haben Sie Kontakt? (Haben Sie österreichische Freunde oder soziale Kontakte zu Österreichern?)

VP:      Ich habe keine Freizeit, welche Freizeit? Von hier fahre ich direkt in die Arbeit.

LA:      Sind Sie Mitglied in einem Verein, einer religiösen Gruppe oder einer Organisation?

VP:      Nein

LA:      Was würde gegen eine Rückkehr in Ihr Heimatland sprechen? Was würden Sie dort erwarten?

VP:      Ich selber habe kein Problem mit der Rückkehr, ich bin kein Krimineller oder politisch Verfolgt. Als einziges will ich, dass meine Frau bis zum Ende Ihrer Behandlung, zumindest bis die Medikamente eingestellt sind und sie weiß was und wie viel sie bekommen soll, bleiben kann. Wenn sie mit Ihrem Zustand und ihren Medikamenten stabil ist.

LA:      Wissen Sie wie lange das dauern könnte?

VP:      Ungefähr ein Jahr nach der Operation sind kritisch. Und sie untersuchen die Schilddrüse, das ist wichtig. Sie nimmt etwas ein, wofür wir, die Familie 24h nicht in ihrer Nähe sein dürfen.

LA:      Wie oft nimmt Ihre Frau dies ein?

VP:      Am 13.12.2018 wird das sein.

LA:      Wollen Sie Länderfeststellungen zur aktuellen Lage in Georgien?

VP:      Nein.

LA:      Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?

VP:      Wir warten auf die Entscheidung, werden auch keinen Anwalt nehmen. Es kommt wie es kommt. Ich brauche noch die Zeitbestätigung.
[...]

I.8.2. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 10.12.2018 gab die bP 2 vor der bB Folgendes an:

LA:      Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können. Fühlen Sie sich psychisch und physisch in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten? Steht Ihrerseits etwas gegen eine Einvernahme am heutigen Tag?

VP:      Ich kann keine Hinderungsgründe angeben, an mich gerichtete Fragen nicht vollständig zu beantworten. Ich bin aber ein bisschen nervös.

LA:      Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass Sie jederzeit um eine Pause ersuchen und sich beim bereitgestellten Wasser bedienen können.

LA:      Ihnen wurden die Anwesenden vorgestellt und der Zweck und Ablauf der Einvernahme erläutert. Sie wurden davon in Kenntnis gesetzt, dass gegen Sie nunmehr ein Verfahren zur Aberkennung geführt wird.

Sie werden zur verpflichtenden Mitwirkung im Verfahren (auch im Falle der Beiziehung von Sachverständigen, allenfalls auch der Vertretungsbehörden) und Mitwirkung an der Klärung des Sachverhaltes und Ihrer Identität in jedem Verfahrensstadium vor dem BFA belehrt und ebenso zur Strafbarkeit der Vorlage falscher Beweismittel einschließlich der Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Aussage bei sonstigen straf- und verfahrensrechtlichen Folgen.

Ebenso wird Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass Sie jegliche Ladungstermine im gesamten Verfahren vor dem BFA befolgen müssen, da Sie sonst riskieren, dass ein Festnahmeauftrag gegen Sie erlassen werden kann.

LA:      Haben Sie diese Informationen verstanden und sind Ihnen die damit verbundenen Rechte und Pflichten bewusst?

VP:      Ja.

LA:      Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen die anwesenden Personen vor?

VP:      Nein.

LA:      Haben Sie die bisherigen Fragen und Auskünfte auf Deutsch verstanden?

VP:      Ja, ich habe die Fragen verstanden. Ich habe keine Sprachkurse gemacht, deshalb kann ich nicht gut reden, aber verstehen kann ich es. (Anmerkung: VP spricht auf Georgisch, die Frage wurde jedoch nicht übersetzt)

LA:      Werden Sie in gegenständlichem Verfahren vertreten? Liegt diesbezüglich eine Vollmacht vor? In welchem Umfang?

VP:      Ich bin nicht vertreten.

LA:      Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht und wurden Ihnen diese jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert?

VP:      Ja, alles war richtig.

LA:      Bitte nennen Sie Ihren vollständigen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort und Ihre Staatsangehörigkeit.

VP:      Ich heiße XXXX in Georgien geboren.

LA:      Können sie Personaldokumente (Reisepass, Personalausweis) vorlegen?

VP:      Wir haben unsere Personalausweise in Traiskirchen abgegeben, aber ich kann mich nicht erinnern, dass sie uns zurückgegeben wurden. Von den Kindern habe ich die Geburtsurkunden, und meine Heiratsurkunde.

Anmerung: Die genannten Dokumente werden vorgelegt und in Kopie in den Akt aufgenommen.

LA:      Besitzen Sie Reisedokumente?

VP:      Ich besitze keinen Reisepass, die haben wir damals verloren. Wir hatten nur die abgegebenen Personalausweise.

LA:      Ihnen wurde bereits eine Niere transplantiert?

VP:      Ja, danke Österreich, am 30.08.2018.

LA:      Möchten Sie weitere Dokumente vorlegen?

VP:      Ja

Anmerkung: Ein Konvolut an medizinischen Unterlagen, sowie ein Mietvertrag, die ZMR-Meldungen der Familie und ein Bericht der Volksschule XXXX werden in Kopie in den Akt aufgenommen.

LA:      Ist Ihre Tochter XXXX gesund?

VP:      Ja

LA:      Wie ist Ihr derzeitiger Gesundheitszustand?

VP:      Das kann man gar nicht vergleichen zu vorher. Ich werde noch beobachtet, aber die Niere arbeitet, das ist das wichtigste. Ich habe ein bisschen Schilddrüsenprobleme, da gibt es auch einen Termin in den Unterlagen. Die Schilddrüse wird gerade untersucht.

LA:      Stehen Sie in ärztlicher Behandlung wegen der Niere?

VP:      Ja, das ist noch im Prozess der Anpassung der Medikamente. Die Immununterdrückenden Mittel, die man sein Leben lang nehmen muss, werden momentan eingestellt. Auf Nachfrage gehe ich alle vier Wochen ins XXXX , aber ich weiß nicht wie lange es noch dauern wird.

LA:      Hinsichtlich der Schilddrüse, was für Probleme haben Sie?

VP:      Das weiß ich nicht genau, es ist etwas angeschwollen am Übergang vom Hals zum Nacken. Es könnten vielleicht Adenome sein. Am 27.12.2018 habe ich einen Untersuchungstermin.

LA:      Gibt es noch Symptome außer der Schwellung?

VP:      Ich habe einen zu hohen Kalziumwert. Das könnte der neuen Niere schaden, deshalb muss man das unter Kontrolle bringen. Deshalb brauche ich vielleicht eine Operation, ich weiß aber noch nicht, was gemacht werden muss.

LA:      Nehmen Sie Medikamente?

VP:      Alle Medikamente die ich nehme sind in dem Ärztlichen Bericht XXXX .2018 aufgelistet. Es sind immununterdrückende Medikamente.

LA:      Welche Behandlungen werden in Ö durchgeführt?

VP:      Außer der Einstellung der Medikamente und der Untersuchung am 27.12.2017 momentan nichts.

LA: Ihnen wurde mit Bescheid vom 25.11.2015 der Status des subsidiären Schutzberechtigten zuerkannt.

Der ausschlaggebende und von Ihnen vorgebrachte Grund, warum Sie den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt bekommen haben, war Ihre Erkrankung an einer Niereninsuffizienz unbekannter Genese. In Zusammenhang mit den damaligen Länderfeststellungen kam das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu dem Schluss, dass Ihre Erkrankung ein akut lebensbedrohliches Stadium erreicht hat, und eine entsprechende Behandlungsmöglichkeit im Heimatland nicht gegeben war. Aufgrund Ihrer Nierentransplantation und in Zusammenhang mit den aktuellen Länderfeststellungen, welche die Medikation und die Behandlungsmöglichkeiten in Georgien darstellt wird geprüft, den Status als subsidiär Schutzberechtigter abzuerkennen.

LA       Wollen Sie dazu Stellung nehmen?

VP:      Natürlich, als Mensch kann ich mich nur bedanken. Ich will nur die Wahrheit sagen und nicht lügen. Es ist Ihnen wahrscheinlich selber bekannt, welche Situation in Georgien herrscht. Ich könnte die neue Niere nicht so unterstützen wie hier. Ich hatte auch eine Dialyse in Georgien, aber in schlechter Qualität, das ist die Wahrheit. Wir versuchen keine Last zu sein, nach österreichischen Gesetzen hier zu leben. Mein Mann arbeitet auch hier. Die Kinder versuchen auch, hier sehr gut zu lernen.

LA: Sind Sie damit einverstanden, dass ho. Behörde Einsicht in bereits vorliegende und

künftig erhobene ärztliche Befunde nehmen kann, sowie dass die Sie behandelnden Ärzte,

als auch behördlich bestellte ärztliche Gutachter, wechselseitig Informationen zu den Ihre

Peron betreffenden erhobenen ärztlichen Befunde austauschen können? Sind Sie weiters

mit der Weitergabe Ihrer medizinischen Daten an die Sicherheitsbehörde und die für die

Grundversorgung zuständigen Stellen einverstanden? Sie können Ihre Zustimmung danach

jederzeit widerrufen.

VP: Selbstverständlich können sie das.

LA:      Was ist Ihre Muttersprache?

VP:      Georgisch

LA:      Welche Sprachen sprechen Sie noch?

VP:      Nur Georgisch

LA:      Bitte geben Sie so genau wie möglich die Adresse im Heimatland an, an der Sie zuletzt gelebt haben! Geben Sie Provinz, Distrikt, Stadt oder Dorf an!

VP:      Zuletzt haben wir bei der Schwiegermutter im Dorf XXXX gelebt, da wir unsere Wohnung wegen meiner Krankheit verkauft haben. Von dort sind wir ausgereist.

LA:      Wer lebt jetzt in dem Haus?

VP:      Nur die Schwiegermutter sowie die Mutter und Oma meines Mannes und sein Bruder mit der Familie.

LA:      Haben diese Personen auch schon dort gewohnt wie Sie ausgereist sind?

VP:      Ja

LA:      Welche Familienangehörigen leben im Heimatland?

VP:      Mein Vater und noch eine Schwester und ein Bruder mit ihren Familien.

LA:      Haben Sie noch Kontakt ins Heimatland? (telefonisch, E-Mail, postalisch, etc.)

VP:      Ja natürlich.

LA:      Wovon lebt Ihre Familie im Heimatland?

VP:      Mein Vater ist Pensionist, mein Bruder macht Gelegenheitsjobs. Er ist Taxifahrer. Die Schwester wohnt im Dorf und macht dort anfallende Arbeiten. Sie baut in der Landwirtschaft für den Eigenbedarf an. So hat die Familie auch den Lebensunterhalt vor der Ausreise bestritten. Vor meiner Krankheit hatten wir auch keine finanziellen Probleme. Mein Mann hat immer gearbeitet. Aber durch meine Krankheit konnten wir uns nicht einmal mehr Medikamente leisten.

LA:      Wie finanzieren Sie sich den Aufenthalt in Österreich?

VP:      Zurzeit bekommen wir keine Unterstützung, mein Mann arbeitet. Früher haben wir natürlich Sozialhilfe bekommen. Wenn mein Mann arbeitet bekommen wir keine Sozialhilfe. Mein Sohn besucht die AMS-Kurse. Er hat B1 abgeschlossen und hat jetzt einen Ausbildungskurs für 3 Monate begonnen. Es geht darin um das Tischler- und Elektrohandwerk, sowie um Computer.

LA:      Haben Sie Verwandte in Österreich?

VP:      Abgesehen von der Kernfamilie nicht. Bekannte und Freunde aber schon.

LA:      Wie und wo leben Sie und Ihre Familie in Österreich? Handelt es sich um ein Haus, eine Wohnung, in Miete oder Eigentum?

VP:      Im XXXX . Es ist eine Mietwohnung.

LA:      Haben Sie in Österreich gearbeitet? Wenn ja, wo und in welchem Zeitraum haben Sie gearbeitet?

VP:      Nein, aber ich würde natürlich gerne. Mit der Dialyse war es nicht möglich, aber jetzt möchte ich Kurse besuchen und wenn möglich arbeiten.

LA:      Besuchen Sie Kurse (z.B. Deutschkurs) oder machen Sie Ausbildungen?

VP:      Die Ärzte haben mir empfohlen, dass ich ab Frühling damit beginnen kann. Diesen Winter soll ich mich noch schonen.

LA:      Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Wie sieht Ihr Privatleben aus? Mit wem haben Sie Kontakt? (Haben Sie österreichische Freunde oder soziale Kontakte zu Österreichern?)

VP:      Ich kümmere mich um die Familie und den Haushalt, um das Essen. Natürlich hat jeder seine eigene Arbeit und nicht so viel Zeit, aber wir haben ein paar georgische Familien, mit denen wir befreundet sind. Mit den Nachbarn habe ich guten Kontakt.

LA:      Wie stellt sich das Privatleben Ihrer Tochter dar?

VP:      Sie geht zur Schule, sie hat Nachhilfe.

LA:      Sind Sie Mitglied in einem Verein, einer religiösen Gruppe oder einer Organisation?

VP:      Nein

LA:      Was würde gegen eine Rückkehr in Ihr Heimatland sprechen? Was würden Sie und Ihre Tochter dort erwarten?

VP:      Meine Tochter hat keine Bedrohung, aber für mich könnten wieder gesundheitliche Probleme kommen. Dazu kommen die sozialen Lebensumstände. Meine Tochter ist zwar 10, aber sie würde nicht in die fünfte Klasse gehen können, denn sie hat dort die letzten fünf Jahre nicht das Programm gelernt, das sie dort machen. Sie kann aber georgisch lesen und schreiben.

LA:      Wollen Sie Länderfeststellungen zur aktuellen Lage in Georgien?

VP:      Nein. Ich habe selber Informationen aus Georgien, das was Sie bekommen ist sicher nicht richtig. Es sind sehr verzweifelte Menschen dort. Im Nebendorf hat der Vater sich umgebracht, damit der Sohn sich eine Operation leisten kann. Es gibt schwere Einzelschicksale.

LA:      Die Medizinische Versorgung ist für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care) kostenlos gewährleistet. Anhand privater Krankenversicherungen kann die Leistungsübernahme medizinischer Behandlungen beitragsabhängig erweitert werden. Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus Deutschland (AA 11.12.2017).

Möchten Sie sich dazu äußern?

VP:      Kurz gesagt, ich kann nur sagen, dass wenn es so gut versorgt ist Georgien, warum fahren dann alle Regierungsmitglieder wie zuletzt der Bürgermeister von Tiflis ins Ausland zur Behandlung? Der Bürgermeister war in Deutschland zur Behandlung.

LA:      Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?

VP:      Geben Sie uns bitte die Chance noch weiter dazubleiben, um die Gesundheit noch weiter zu erhalten.

LA:      Es wird Ihnen nunmehr die Niederschrift rückübersetzt und Sie haben danach die Möglichkeit noch etwas richtig zu stellen oder hinzuzufügen.

Anm.: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt:

LA:      Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen vorzubringen?

VP:      Nein
[...]

I.8.3. Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 10.12.2018 gab die bP 3 im Beisein eines von der Behörde bestellten und beeideten Dolmetschers für die Sprache Georgisch vor der bB Folgendes an:

LA:      Haben Sie die bisherigen Fragen und Auskünfte auf Deutsch verstanden?

VP:      Ja, ich habe alles auf Deutsch verstanden. Anmerkungen: Die ersten Fragen wurden alle auf Deutsch gestellt und beantwortet. Die VP spricht Deutsch.

LA:      Werden Sie in gegenständlichem Verfahren vertreten? Liegt diesbezüglich eine Vollmacht vor? In welchem Umfang?

VP:      Ich bin nicht vertreten.

LA:      Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht und wurden Ihnen diese jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert?

VP:      Ja, alles war richtig.

LA:      Sind Sie gesund, nehmen Sie Medikamente?

VP:      Ich bin gesund, nehme keine Medikamente.

LA:      Bitte nennen Sie Ihren vollständigen Namen, Ihr Geburtsdatum, Ihren Geburtsort und Ihre Staatsangehörigkeit.

VP:       XXXX .2000.

LA:      Können sie Personaldokumente (Reisepass, Personalausweis) vorlegen?

VP:      Ich glaube wir haben die Personalausweise damals abgegeben.

LA:      Besitzen Sie einen Reisepass?

VP:      Nein

LA:      Möchten Sie weitere Dokumente vorlegen?

VP:      Ja

Anmerkung: Dokumente betreffend Kurse sowie ein Versicherungsdatenauszug werden vorgelegt und in Kopie in den Akt aufgenommen.

LA: Ihnen wurde mit Bescheid vom 01.08.2016 der Status des subsidiären Schutzberechtigten zuerkannt.

Der ausschlaggebende und von Ihnen vorgebrachte Grund, warum Sie den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt bekommen haben, war die Erkrankung Ihrer Mutter an einer Niereninsuffizienz unbekannter Genese. In Zusammenhang mit den damaligen Länderfeststellungen kam das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu dem Schluss, dass diese Erkrankung ein akut lebensbedrohliches Stadium erreicht hat, und eine entsprechende Behandlungsmöglichkeit im Heimatland nicht gegeben war. Sie bekamen den subsidiären Schutz im Familienverfahren zuerkannt. Dier Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung und die Aberkennung des subsidiärer Schutz gemäß § 9 AsylG für Ihrer Mutter wird geprüft. Im Fall einer Aberkennung liegen auch die Gründe, weshalb Sie subsidiären Schutz bekommen haben nicht mehr vor.

Möchten Sie dazu Stellung nehmen?

VP:      Nein

LA:      Was ist Ihre Muttersprache?

VP:      Georgisch

LA:      Welche Sprachen sprechen Sie noch?

VP:      Nur Deutsch noch.

LA:      Welche Sprache sprechen Sie mit Ihrer Familie?

VP:      Georgisch

LA:      Bitte geben Sie so genau wie möglich die Adresse im Heimatland an, an der Sie zuletzt gelebt haben! Geben Sie Provinz, Distrikt, Stadt oder Dorf an!

VP:      Im Dorf XXXX .

LA:      Welche Familienangehörigen leben im Heimatland?

VP:      Verwandte, und zwar Großmutter, Onkel, Tanten mit deren Familien sowie meine Urgroßmutter.

LA:      Haben Sie noch Kontakt ins Heimatland? (telefonisch, E-Mail, postalisch, etc.)

VP:      Ja, mittels Skype. Auf Nachfrage hat mein Cousin Skype am Telefon.

LA:      Wovon lebt Ihre Familie im Heimatland?

VP:      Von der eigenen Landwirtschaft.

LA:      Wovon haben Sie Ihren Lebensunterhalt in Georgien bestritten?

VP:      Ich war Schüler, die Eltern haben für mich gesorgt.

LA:      Wie lange sind Sie in die Schule gegangen in Georgien?

VP:      Bis zur neunten Klasse.

LA:      Wie finanzieren Sie sich den Aufenthalt in Österreich?

VP:      Ich bekomme vom AMS Geld, und mein Vater arbeitet. Ich lerne für die Werkstatt und dafür bekomme ich Geld vom AMS.

LA:      Haben Sie Verwandte in Österreich?

VP:       Abgesehen von der Kernfamilie nicht.

LA:      Haben Sie in Österreich gearbeitet? Wenn ja, wo und in welchem Zeitraum haben Sie gearbeitet?

VP:      Nein

LA:      Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Wie sieht Ihr Privatleben aus? Mit wem haben Sie Kontakt? (Haben Sie österreichische Freunde oder soziale Kontakte zu Österreichern?)

VP:      Im Sommer sind wir viel draußen und spielen. Ich komme um fünf Uhr von der Schule nach Hause, da ist es schon finster, es bleibt nicht viel Zeit, da ich auch Hausaufgaben machen muss.

LA:      Sind Sie Mitglied in einem Verein, einer religiösen Gruppe oder einer Organisation?

VP:      Nein

LA:      Was würde gegen eine Rückkehr in Ihr Heimatland sprechen? Was würden Sie dort erwarten?

VP:      Ich bin in Georgien nicht bedroht, aber meine Mutter hat eine Niere transplantiert bekommen. Dort könnte es wieder Probleme für sie geben, weil die Lebensumstände dort nicht so gut sind.

LA:      Wollen Sie Länderfeststellungen zur aktuellen Lage in Georgien?

VP:      Ja. Vielleicht verstehe ich nicht alles, aber es ist eine gute Übung.

Anmerkung: Länderfeststellungen zu Georgien werden ausgehändigt.

LA:      Ich gebe Ihnen eine Woche Zeit zu einer Stellungnahme.

VP:      Verstanden.

I.9. Vorgelegt vor dem BFA wurde von den bP:

?        Kopien der georgischen Personalausweise bP 1 und 2 (Urkundenüberprüfung ergab, dass es sich nach derzeitigem Kenntnisstand um authentische Dokumente handelt)

?        Heiratsurkunde in Kopie

?        Dienstvertrag bP 1

?        Medizinische Unterlagen zur bP 2

?        Sprachkursbestätigungen

?        Versicherungsdatenauszug bP 1

?        Lebenslauf bP 1

?        Identitätsausweis und Geburtsurkunde bP 3

?        Zeugnis zur Integrationsprüfung B1 der bP 3 vom 22.08.2018

?        Geburtsurkunde bP 3 und 4

?        Schreiben der Schule der bP 4

?        Lohnzettel bP 1

I.10. Mit im Spruch genannten Bescheiden hat die bB den mit Bescheid vom 25.11.2015 zuerkannten Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG von Amts wegen aberkannt. Die Anträge vom 25.10.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigungen wurden gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen sie Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z. 4 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Georgien zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt.

Die bB stellte dabei im Wesentlichen fest, dass die bP im Ermittlungsverfahren keine Gründe darlegten, die gegen eine Aberkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten bzw. für eine Aufrechterhaltung desselben sprechen würden. Die bP 2 habe nunmehr nach der Nierentransplantation in Österreich entsprechende Behandlungs- und Existenzmöglichkeiten in Georgien. Auch den bP 1, 3 und 4 könne daher im Rahmen des Familienverfahrens kein von der bP 2 abgeleiteter Schutz gewährt werden bzw. wäre dieser zu entziehen. Eine Rückkehrentscheidung und Abschiebung der bP sei im Hinblick auf die durchgeführte Interessensabwägung zulässig.

Im Rahmen der Beweiswürdigung wurde von der bB im Bescheid der bP 2 ua. festgehalten:

-        Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Originallichtbildausweises konnte Ihre Identität nicht festgestellt werden. Soweit Sie namentlich genannt werden, dient dies lediglich der Identifizierung als Verfahrenspartei.

Die Feststellungen zu Ihrem Gesundheitszustand ergeben sich aus den von Ihnen vorgelegten medizinischen Unterlagen, sowie Ihre Angaben im Verfahren. Daraus geht hervor, dass Sie nicht mehr dialysepflichtig sind, da eine Nierentransplantation in Österreich am XXXX .2018 gut verlaufen ist, und sich eine exzellente Transplantatfunktion zeigt. Es besteht der Verdacht auf tertiären Hyperparathyreoidismus bei bekanntem Nebenschilddrüsenadenom.

Die weiteren Feststellungen zu Ihrer Person ergeben sich – vorbehaltlich den Feststellungen zur Identität – aus Ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie Ihren Sprach- und Ortskenntnissen.

-        Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Die Feststellungen zu den Gründen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr ergeben sich aus den aktuellen Länderfeststellungen zu Georgien, Ihren niederschrifltichen Angaben im Zuge Ihrer bisherigen Verfahren vor ho. Behörde und dem übrigen Akteninhalt. Ihnen droht - wie in der Folge dargelegt - keine Verfolgung in Georgien und Sie haben diesbezüglich nichts zu befürchten.

Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 25.11.2015, Zahl: 1067001702/150455671, wurde Ihr Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I) abgewiesen, wurde Ihnen gemäß § 8 Absatz 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) zuerkannt und wurde Ihnen gemäß § 8 Absatz 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl begründete die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten damit, dass Sie an einer dialysepflichtigen Niereninsuffizienz unbekannter Genese und somit an einer akut lebensbedrohlichen Erkrankung litten.

In der Einvernahme vom 10.12.2018 gaben Sie an, nicht mehr an einer dialysepflichtigen Niereninsuffizienz zu leiden, eine Nierentransplantation erhalten zu haben und es Ihnen deutlich besser gehe. Es bestehe jedoch der Verdacht auf tertiären Hyperparathyreoidismus bei bekanntem Nebenschilddrüsenadenom. Es wurde Ihnen Folgendes zur aktuellen medizinischen Situation in Georgien aus dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Georgien (in kursiv geschrieben) zur Kenntnis gebracht:

[..] Die Medizinische Versorgung ist für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care) kostenlos gewährleistet. Anhand privater Krankenversicherungen kann die Leistungsübernahme medizinischer Behandlungen beitragsabhängig erweitert werden. Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus Deutschland (AA 11.12.2017).

[..]

(Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Georgien, Gesamtaktualisierung vom 07.06.2018)

Sie nahmen dazu Stellung und gaben an, dass alle Regierungsmitglieder wie zuletzt der Bürgermeister von Tiflis ins Ausland zur Behandlung fahren.

Den aktuellen Länderfeststellungen zu Ihrem Heimatstaat Georgien ist zu entnehmen, dass, wenn Nierentransplantationen durchgeführt werden, die anschließend notwendigen medizinischen Versorgungen (Immunsuppressiva) der Patienten gewährleistet werden. Die Kosten einer Nierentransplantation werden dabei nach den tatsächlich entstandenen Kosten, bis zu einer Höhe von maximal GEL 20.000 (dzt. ca. € 6.500) ersetzt. Die erforderlichen Medikamente werden für die betroffenen Patienten zur Gänze vom staatlichen Programm abgedeckt und eine Zuzahlung durch den Patienten ist nicht erforderlich.

Hinsichtlich des Verdachts auf Hyperparathyreoidismus ist zu sagen, dass es sich nicht um eine lebensbedrohliche Krankheit handelt, und diese auch in Ihrem Heimatland behandelbar ist.

Aus Ihren Angaben im Verfahren sowie den vorgelegten ärztlichen Unterlagen war somit zu entnehmen, dass eine medizinische Versorgung in Ihrer Heimat zweifellos gegeben ist und medizinische Einrichtungen und Behandlungsmethoden Ihren Krankheitsbildern entsprechend vorhanden sind.

Dass Sie nach wie vor über familiäre und soziale Anknüpfungspunkte in Georgien verfügen, gaben Sie selbst an. Auch erklärten Sie, dass die Mutter und Großmutter Ihres Mannes sowie sein Bruder mit seiner Familie, mit denen Sie bereits vor der Ausreise in einem Haus wohnten, immernoch in diesem Haus wohnhaft sind. Weiters leben Ihr Vater, eine Schwester und ein Bruder in Georgien. Den aktuellen Länderfeststellungen ist zudem das soziale Sicherungssystem Georgiens zu entnehmen. Es war daher festzustellen, dass Sie im Fall einer Rückkehr keine existenzielle Notlage zu befürchten haben.

Da Ihnen keine Verfolgung in Georgien droht, Sie über soziale Anknüpfungspunkte in Ihrem Heimatland verfügen und dort zudem ortskundig sind, ist davon auszugehen, dass Sie als arbeitsfähige junge Frau mit Berufserfahrung für Ihren Lebensunterhalt und für den Lebensunterhalt Ihrer Tochter sorgen können. Sie würden in Ihrem Heimatland nicht in eine existenzielle Notlage geraten.

Aus den aktuellen Länderfeststellungen ergibt sich, dass Sie als rückkehrende Person, auch wenn Sie in einem anderen Staat einen Asylantrag gestellt haben, nach Ihrer Einreise in Ihr Heimatland Georgien, mit keinerlei Problemen seitens der dortigen Behörden konfrontiert werden.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich Georgien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet, weshalb von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Georgiens auszugehen ist.

I.11. Gegen die im Spruch genannten Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass sich die bB nicht mit der Erkrankung der bP 2 und den aktuell erforderlichen Therapien auseinandergesetzt habe. Die bB hätte zuerst den Gesundheitszustand der bP im Jahr 2015 konkret festzustellen gehabt, welcher zur Schutzgewährung führte. Bereits im Jahr 2015 wären generell Dialysen sowie Nierentransplantationen in Georgien durchgeführt worden. Die bB hätte sich nicht mit den aktuellen Befunden und der Notwendigkeit der lebenslangen Tabletteneinnahme durch die bP 2 auseinandergesetzt. Im März 2019 sei eine Operation an der Schilddrüse vorgesehen.

Es wurde die Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen zum Beweis dafür beantragt, dass die bP 2 mit ihrer aktuell notwendigen Therapie und Diagnostik im Falle einer Rückkehr in einen lebensbedrohenden Zustand gerät. Zudem leide die bP an Schilddrüsenproblemen. Die bB hätte nicht dargelegt, in welchen Punkten die Länderinformationen zwischen 2015 und 2019 differieren. Keinesfalls habe die gesundheitliche Lage der bP 2 eine derartige stabile Verbesserung erfahren, wie sie für die Aberkennung von subsidiären Schutz nötig gewesen wäre, wobei diese Frage von einem Sachverständigen zu beurteilen wäre. Es wurde die Einholung der gesamten Krankengeschichte vom XXXX beantragt.

Schließlich sei auch die Interessensabwägung iSd Art. 8 EMRK nicht ordnungsgemäß erfolgt.

Vorgelegt mit der Beschwerde wurde von den bP:

?        Medizinische Unterlagen zur bP 2

?        Unterlagen der bP zur Integration

I.12. Die Beschwerdevorlage langte am 25.02.2019 beim BVwG ein.

Die Rechtssachen wurden mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 23.03.2021 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung neu zugewiesen.

I.13. Mit Schreiben vom 04.05.2021 wurden weitere Unterlagen zur Integration der bP sowie zur Erkrankung der bP 2 vorgelegt.

I.14. Für den 20.07.2021 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Gemeinsam mit der Ladung wurden Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat zugestellt und wurden die bP aufgefordert, Bescheinigungsmittel vorzulegen. Eine schriftliche Stellungnahme hierzu erfolgte nicht.

Die wesentlichen Passagen der Verhandlung stellen sich wie folgt dar:

„…

Ferner werden die Beschwerdeführer befragt, ob bei ihnen (chronische) Krankheiten und / oder Leiden vorliegen.

RI: Stehen Sie in sonstiger medizinischer oder therapeutischer Behandlung?

P1: Ich bin gesund.

P2: Ich habe viele Krankheiten. Zurzeit habe ich Kontrollen betreffend meiner Niere nach erfolgter Transplantation, ich habe auch Thrombosen, deshalb bin ich auch in Behandlung. Ich hatte auch eine Schilddrüsenoperation, deshalb habe ich auch regelmäßige Kontrollen. Nachgefragt gebe ich an, dass ich ein gutartiges Geschwür an der Nebenschilddrüse hatte. Nachgefragt gebe ich an, dass die Nebenschilddrüse samt Geschwür entfernt wurde. Deshalb muss ich ständig Kalzium- und Parathonmonwerte kontrollieren.

Nach den Medikamenten befragt verweist die P2 auf die in Vorlage gebrachte Medikamentenliste.

P3: Ich bin gesund.

RI: Welche dieser Behandlungen wäre in Georgien nicht durchführbar?

P2: Ich hatte eine Nierentransplantation, in Georgien sind Medikamente teuer und gibt nicht die gleichen Medikamente wie hier.

RI wiederholt und erörtert die Frage.

P2: Das ich hier eine Nierentransplantation hatte war Folge dessen, dass ich falsch behandelt wurde.

RI wiederholt die Frage erneut.

P2: Ich habe die neue Niere in Österreich bekommen. Ich weiß nicht welche Behandlungen dort möglich sind derzeit. Ich habe aber Kontakt mit aber einigen in Georgien, die ähnliche Probleme hatten und im Ausland operiert wurden und nach der Rückkehr haben sie wieder Probleme bekommen. Entweder hat die Niere versagt oder etwas Ähnliches, weil die Behandlung nicht gleich gut ist.

RI: Wer vertritt das mj. Kind in diesem Verfahren? Ist dieses gesund?

P2: Ich wahrscheinlich, ich die Mutter.

Die beschwerdeführenden Parteien legen folgende weitere Beweismittel vor, die in Kopie zum Akt genommen werden.

Ärztliche Bestätigung der Hausärztin

RI beginnt mit der Befragung der P1.

RI: Wann sind Sie wie aus dem Heimatland ausgereist und in Österreich eingereist? (legal/illegal)

P: Am XXXX 2015. Mit dem Flugzeug aus Georgien über die Türkei nach Österreich. Nachgefragt gebe ich an, dass ich ein Visum für Holland hatte. Ich kann nicht genau sagen was für eine Art von Visum ich hatte.

RI: Besitzen oder besaßen Sie jemals einen Reisepass? Wann wurde dieser von welcher Behörde ausgestellt?

P: In Georgien wurde der Reisepass ausgestellt, in XXXX , aber ich weiß nicht mehr wann.

RI: Wo befindet sich dieser?

P: Ich habe diesen damaligen Reisepass verloren, aber ich war beim georgischen Konsulat und habe einen neuen Reisepass ausstellen lassen und habe diesen heute mit.

P legt vor:

3 Reisepässe der BF1, BF2, BF4

(werden in Kopie zu den Akten genommen)

RI: Wo haben Sie gelebt? Wo sind Sie geboren und aufgewachsen?

P: Ich bin in XXXX geboren, im Dorf XXXX . Dort bin ich auch aufgewachsen. Es war ein Haus, das Haus hat dann mein Bruder geerbt. Ich als älterer musste ausziehen.

RI: Haben Sie oder Ihre Familie Eigentum im Heimatland?

P: Nein. Nachgefragt gebe ich an, dass mein Bruder das Haus noch hat, er lebt noch dort.

RI: Haben Sie noch Familie im Heimatland? Wo?

P: Eine Großmutter, meine Mutter, meinen Bruder mit seiner Familie, seiner Frau und Kinder, er hat zwei Söhne. Ich habe Tanten, die Onkel sind schon verstorben, es sind 9 insgesamt.

RI: Haben Sie zu diesen Familienangehörigen im Heimatland Kontakt?

P: Mi

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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