Entscheidungsdatum
01.09.2021Norm
AVG §38Spruch
W245 2235644-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard SCHILDBERGER, LL.M. als Vorsitzenden sowie Mag. Viktoria HAIDINGER als fachkundige Laienrichterin und Mag. Thomas GSCHAAR als fachkundiger Laienrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 15.07.2020, Zl. 2020-0.288.744 (DSB-D124.618), betreffend Aussetzung gemäß § 38 AVG, zu Recht beschlossen:
A) Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer XXXX (in der Folge auch „BF“) brachte am 11.04.2019 eine Beschwerde bei der Österreichischen Datenschutzbehörde (in der Folge „belangte Behörde“, auch „bB“) ein. Die Beschwerdegegnerin ist die XXXX (in der Folge die „mitbeteiligte Partei“, auch „mP“). Dieses Verfahren wird bei der bB unter der Verfahrenszahl D124.618 geführt.
I.2. Mit E-Mail vom 07.05.2020 beantragte der BF eine Wiederaufnahme zum Verfahren D124.618, obwohl das zugrundeliegende Verfahren noch nicht abgeschlossen war.
I.3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15.07.2020, GZ D124.618 (2020-0.288.744) setzte die belangte Behörde die Beschwerdesache gegen die mP wegen behaupteter Verletzung im Recht auf Geheimhaltung und im Recht auf Auskunft sowie den Antrag auf Wiederaufnahme des gegenständlichen Verfahrens bis zur Entscheidung über das beim Bezirksgericht XXXX zur Zl. XXXX anhängige Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den BF aus.
Dieser Bescheid wurde dem BF am 30.07.2020 zugestellt.
I.4. Am 15.09.2020 erhob der BF Beschwerde an das BVwG. In seiner Beschwerde führte der BF unter anderem wie folgt aus: „Der gegenständliche Bescheid zeigt zwar einen Eingang in mein E-Mail-Konto mit 30.07.2020. ich muss den Bescheid aber aufgrund meiner Belastungssituation und wegen Krankheit erst wesentlich später realisiert haben“.
I.5. Die gegenständliche Beschwerde und der bezugshabende Verwaltungsakt wurden dem BVwG am 01.10.2020 von der bB vorgelegt.
I.6. Mit Bescheid vom 17.11.2020, Zahl 2020-0.690.378 hob die bB den Aussetzungsbescheid vom 15.07.2020 auf und setzte das Verfahren fort. Dieser Bescheid wurde von der bB am 23.11.2020 dem BVwG übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.
II.1.1. Zum Verfahrensgang:
Der unter Punkt I. Verfahrensgang: dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt und der Entscheidung zu Grunde gelegt.
II.1.2. Zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung:
Der Bescheid der belangten Behörde vom 15.07.2020, GZ D124.618 (2020-0.288.744) ist am 30.07.2020 beim BF eingelangt.
Die Beschwerde des BF vom 15.09.2020 gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 15.07.2020, GZ D124.618 (2020-0.288.744) erfolgte zu spät.
II.2. Beweiswürdigung:
II.2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der bB und des Gerichtsaktes des BVwG.
II.2.2. Zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung:
Der verfahrensgegenständliche Bescheid der belangten Behörde wurde am 30.07.2020 per E-Mail zugestellt. Aus dem vorgelegten Verfahrensakt ist zu entnehmen, dass der verfahrensgegenständliche Bescheid von der belangten Behörde elektronisch signiert wurde (vgl. dazu VwGH 17.12.2014, Fr 2014/18/0033).
Das E-Mail der belangten Behörde vom 30.07.2020 stellt jedoch keinen Nachweis dar, ob der Empfänger das Dokument tatsächlich erhalten hat. Jedoch führt der BF in seiner Beschwerde zweifelsfrei aus, dass der gegenständliche Bescheid am 30.07.2020 in seinem E-Mail-Konto eingegangen ist (siehe oben Punkt I.4. Am 15.09.2020 erhob der BF Beschwerde an das BVwG. In seiner Beschwerde führte der BF unter anderem wie folgt aus: „Der gegenständliche Bescheid zeigt zwar einen Eingang in mein E-Mail-Konto mit 30.07.2020. ich muss den Bescheid aber aufgrund meiner Belastungssituation und wegen Krankheit erst wesentlich später realisiert haben“.). Aufgrund der eindeutigen Erklärung des BF war daher festzustellen, dass der Bescheid der belangten Behörde vom 15.07.2020, GZ D124.618 (2020-0.288.744) am 30.07.2020 beim BF eingelangt ist. Von weiteren Erhebungen konnte dahingehend abgesehen werden.
Soweit der BF in seiner Beschwerde ausführte, dass er aufgrund seiner Belastungssituation, wegen Krankenstand, Urlaubszeit, der Covid-Situation, technischen Problemen mit dem Internetzugang und lizenzpflichtigen Programmen den Bescheid erst später realisiert habe, so kommt diesen Ausführungen keine Bedeutung zu bzw. sind nur als Schutzbehauptungen zu werten. In diesem Zusammenhang ist gerichtsbekannt, dass der BF sehr wohl in diesem Zeitraum in der Lage war, fristgerecht Rechtsmittel zu ergreifen (siehe z.B. BVwG vom 25.05.2021, W245 2235131-1 und W245 2235131-2: In diesen Verfahren wurde der Bescheid von der belangten Behörde am 03.08.2020 per E-Mail zugestellt. Noch am 03.08.2020 wurde per E-Mail eine Bescheidbeschwerde und ein Antrag auf Verfahrenshilfe vom BF an die belangte Behörde übermittelt). Daher konnte der BF nicht glaubhaft machen, dass Umstände vorgelegen sind, dass ihm nicht bereits früher eine rechtzeitige Ergreifung eines Rechtsmittels möglich gewesen wäre (vgl. VwGH 14.10.2011, 2009/09/0244). Insgesamt wurde vom BF innerhalb von vier Wochen (siehe § 7 Abs. 4 VwGVG) eine Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid der belangten Behörde nicht erhoben.
Sohin war festzustellen, dass die Beschwerde des BF vom 15.09.2020 gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 15.07.2020, GZ D124.618 (2020-0.288.744) zu spät erfolgte.
II.3. Rechtliche Beurteilung:
II.3.1. Zur Zuständigkeit:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 27 Datenschutzgesetz (DSG) idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide, wegen Verletzung der Unterrichtungspflicht gemäß § 24 Abs. 7 und der Entscheidungspflicht der Datenschutzbehörde durch Senat. Der Senat besteht aus einem Vorsitzenden und je einem fachkundigen Laienrichter aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Wie oben bereits ausgeführt steht der in der Angelegenheit maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.
II.3.2. Zu A) Zur Zurückweisung der Beschwerde:
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das BVwG gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG die Entscheidungen und Anordnungen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Beschluss.
Verspätet eingelangte Rechtsmittel sind als unzulässig zurückzuweisen. Die Beschwerde des BF gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 15.07.2020, GZ D124.618 (2020-0.288.744), zugestellt am 30.07.2020 langte erst am 15.09.2020 bei der belangten Behörde ein. Daher wurde die Beschwerde nicht rechtzeitig eingebracht und war gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 VwGVG als verspätet zurückzuweisen.
Unabhängig von der verspäteten Beschwerdeerhebung ist zu beachten, dass die belangte Behörde den Aussetzungsbescheid vom 15.07.2020, GZ D124.618 (2020-0.288.744) mit Bescheid vom 17.11.2020, Zahl 2020-0.690.378 aufgehoben hat. Durch die Aufhebung des angefochtenen Aussetzungsbescheides ist das Rechtsschutzinteresse des BF weggefallen, womit einer Sachentscheidung die Grundlage entzogen ist. Dieser Umstand führt zu einer Einstellung des Verfahrens (VwGH 23.01.2020, Ro 2019/05/0015). Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den BF belastenden Abspruchs, als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Art. 132 B-VG) (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2018] § 28 VwGVG, Anm. 5, Vgl VwGH, 28.01.2016, Ra 2015/11/0027; 31.01.2018, Ra 2018/10/0022).
Bei Zurückziehung der Beschwerde bzw. bei Klaglosstellung hat ein BF vor dem VwG keinen Anspruch auf die bloße Feststellung der Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Bescheides; das VwG ist ebenfalls nicht berufen, eine Entscheidung lediglich über abstrakt-theoretische Rechtsfragen zu treffen, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann (VwGH 31.01.2018, Ra 2018/10/0022).
Aus dem Gesagten folgt, dass selbst bei einer rechtzeitigen Beschwerdeerhebung das Beschwerdeverfahren gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss einzustellen wäre.
II.3.3. Zum Entfall der Verhandlung:
II.3.3.1. Zur Rechtslage im gegenständlichen Beschwerdeverfahren:
§ 24 Abs. 1 bis 4 VwGVG – Verhandlung – lautet:
(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;
3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
II.3.3.2. Vor diesem Hintergrund ergibt sich für die Beschwerdesache Folgendes:
Der maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. Somit konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen. Zudem war die Beschwerde des BF zurückzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu insbesondere die unter A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen Grundlage für die zu treffende Entscheidung war.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Verspätung ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W245.2235644.1.00Im RIS seit
05.01.2022Zuletzt aktualisiert am
05.01.2022