TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/16 W152 2127140-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.09.2021
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Entscheidungsdatum

16.09.2021

Norm

AsylG 2005 §58 Abs10
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W152 2127140-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Walter KOPP über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Tadschikistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.04.2021, Zl. 1092512509-210037567, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG idgF iVm § 58 Abs. 10 AsylG 2005 idgF stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Tadschikistan. Er stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 26.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2016, Zl. 1092512509-151630277, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 26.10.2015 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt 1) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tadschikistan (Spruchpunkt 2) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Tadschikistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt 3).

3. Gegen diesen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

4. Mit Schreiben vom 02.03.2020 gab der Vertreter des Beschwerdeführers an, die Beschwerde gegen den Bescheid vom 26.04.2016, Zl. 1092512509-151630277, hinsichtlich der Spruchpunkte 1 und 2 zurückzuziehen und beantragte die Abberaumung der für den 05.03.2020 vorgesehenen Fortsetzung der mündlichen Verhandlung.  

5. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.03.2020, GZ: W215 2127140-1/18E, wurde der Beschwerde gegen Spruchpunkt 3 teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Spruch lautete: „Eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Republik Tadschikistan gemäß
§ 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) in der Fassung BGBl. I Nr. 110/2019, in Verbindung mit § 9 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, wird auf Dauer für unzulässig erklärt und XXXX wird gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 und Abs. 2 AsylG 2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, § 58 Abs. 2 AsylG 2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, in Verbindung mit § 55 Abs. 1 AsylG 2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.“

6. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2020, Ra 2020/21/0133-4, wurde das vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wege einer Amtsrevision angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.03.2020 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.12.2020, GZ: W215 2127140-1/31E, wurde die Beschwerde gegen den ersten bis dritten Satz des Spruchpunktes 3 des Bescheides vom 26.04.2016, Zl. 1092512509-151630277, gemäß § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 52 FPG als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I). Der Beschwerde gegen den vierten Satz des Spruchpunktes 3 des Bescheides wurde gemäß § 55 FPG insoweit stattgegeben, als die Frist für die freiwillige Ausreise bis 31.05.2021 erstreckt wurde (Spruchpunkt II). Begründend hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, der unbescholtene Beschwerdeführer halte sich seit seiner Asylantragstellung am 26.10.2015 durchgehend in Österreich auf und habe seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zur umfassenden Integration genützt. Der Beschwerdeführer habe in Österreich mehrere Deutschkurse besucht, bereits am 24.01.2017 die B1-Deutschprüfung abgelegt und habe sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht verständlich in Deutsch unterhalten können. Der Beschwerdeführer habe in Österreich von April 2016 bis Juli 2017 einen Pflichtschulabschlusskurs besucht und diesen erfolgreich mit der auf mehrere Teilprüfungen aufgeteilten Pflichtschulabschlussprüfung absolviert. Der Beschwerdeführer sei ab 21.08.2017 als Kochlehrling in einem Hotel beschäftigt gewesen, wo er zuletzt bzw. im letzten Lehrjahr ein Einkommen von € 1.217,64 (Auszahlungsbetrag € 863,18) bezog. Er habe damals die Landesberufsschule besucht, habe die erste Fachklasse im Schuljahr 2017/18 mit gutem Erfolg abgeschlossen und auch die zweite Fachklasse im Schuljahr 2017/18 mit gutem Erfolg abgeschlossen und auch die zweite Fachklasse im Schuljahr 2018/2019 absolviert bzw. nach dem dritten Lehrjahr seine Lehre erfolgreich abgeschlossen. Sein Arbeitgeber habe den Beschwerdeführer als „selbständig und motiviert“ beschrieben und habe bereits damals angekündigt, er wolle ihn im Anschluss an die Lehre „aufgrund der durchwegs positiven Leistungen und seiner vorbildlichen Teamfähigkeit sehr gerne als „Chef de Partie“ einstellen. Von seinen Arbeitskollegen sei der Beschwerdeführer als „sehr netter und engagierter Mensch“, „stets bemüht“ und „immer freundlich und hilfsbereit“ bezeichnet worden (Seite 6 des Erkenntnisses). Wie bereits vom Verwaltungsgerichtshof „erahnt“ sei der Sachverhalt bezüglich der guten Integration des Beschwerdeführers unverändert und habe das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 18.12.2020 einen Bescheid des AMS vom 24.11.2020 übermittelt, wonach dem Beschwerdeführer eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Jungkoch, für die Zeit vom 03.12.2020 bis 02.06.2021, für eine Ganztagsbeschäftigung im Ausmaß von 40 Stunden pro Woche und mit einem monatlichen Entgelt von € 1600,- brutto erteilt worden sei. Dennoch müsse das Bundesverwaltungsgericht im konkreten Fall, auf Grund der im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes dargelegten Judikatur, die gegenständliche Beschwerde abweisen (vgl. Seite 11ff des Erkenntnisses). Das Erkenntnis wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers am 28.12.2020 zugestellt und ist rechtskräftig.

8. Am 07.01.2021 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen mit 04.01.2021 datierten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen“ gemäß § 56 AsylG 2005.

9. Mit behördlichem Schriftsatz vom 08.03.2021 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl binnen einer Frist von 14 Tagen ab Erhalt dieses Schreibens einen authentischen und gültigen tadschikischen Reisepass vorzulegen. Des Weiteren wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bekanntzugeben, ob und gegebenfalls welche Änderungen in seinem Privat- und Familienleben seit dem 29.12.2020 (Rechtskraftdatum des die Beschwerde als unbegründet abweisenden Erkenntnisses) eingetreten sind und diese Umstände durch die Vorlage schriftlicher Beweismittel glaubhaft zu machen.

10. Mit Schriftsatz vom 17.03.2021 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Heilung des Mangels der Nichtvorlage des tadschikischen Reisepasses. Dabei führte der Beschwerdeführer aus, er habe am 17.03.2021 bei der tadschikischen Botschaft in Wien einen Termin vereinbart und wurde dabei von einem Herrn XXXX begleitet. Dem Beschwerdeführer sei mitgeteilt worden, er könne den Reisepass nur nach Vorlage einer Verlustanzeige der Polizei erhalten. Der Beschwerdeführer habe den Reisepass kurz vor seiner Flucht in Moskau verloren. Er könne deshalb keinen Reisepass vorlegen. Da die Identität des Beschwerdeführers aufgrund der vorliegenden tadschikischen ID-Karte im Original vorliege, stehe die Identität des Beschwerdeführers fest. Die Vorlage des Passes sei somit zur Feststellung der Identität des Beschwerdeführers nicht notwendig. Der Beschwerdeführer sei überzeugt, dass er einen tadschikischen Reisepass erhalte, wenn ihm ein Aufenthaltstitel erteilt werde bzw. wenn er diesen in Tadschikistan selbst beantrage. Eine Verlustanzeige der österreichischen Polizei werde am Unwillen der tadschikischen Botschaft zur Ausstellung eines Reisepasses nichts ändern. Der Antragsteller habe sich bemüht, einen Reisepass zu erlangen. Beigelegt werde die eidesstaatliche Erklärung von Herrn XXXX , der den Beschwerdeführer begleitet habe, und die Nachweise über den Erwerb der ÖBB Tickets. Auch im Sinne des Art. 8 EMRK werde beantragt, den Mangel der Nichtvorlage des Reisepasses zu heilen.

11. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid vom 07.04.2021, Zl. 1092512509-210037567, wurde der gegenständliche Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen (Spruchpunkt I). Der Antrag auf Mängelheilung vom 17.03.2021 werde gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 iVm § 8 AsylG-DV 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II). Begründend führte die belangte Behörde aus, gegen den Beschwerdeführer sei rechtskräftig eine Rückkehrentscheidung erlassen worden. Seit Rechtskraft der Entscheidung hätten sich keine maßgeblichen Änderungen in der persönlichen Sphäre des Beschwerdeführers ergeben. Nach wie vor sei der Eingriff in das Privatleben gerechtfertigt und die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen somit nicht vorgesehen. Der Antrag sei daher gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Der Beschwerdeführer habe weiters keine konkreten Nachweise vorgelegt, welche eine ausreichende Begründung für die Nichtvorlage des Reisepasses darstellen würden. Der Beschwerdeführer habe lediglich Vorsteuerbescheinigungen zur Buchung von ÖBB-Tickets sowie eine eidesstaatliche Erklärung des Herrn XXXX vorgelegt. Das Bundesamt gehe jedoch davon aus, dass das tadschikische Konsulat – in seiner Funktion als Vertretungsbehörde – auch Bestätigungen über die Stellung von Anträgen bzw. über die Nichtausstellung von Dokumenten ausstelle. Hinzuweisen sei auch darauf, dass der Beschwerdeführer auch eine Kopie eines tadschikischen Reisepasses in Vorlage gebracht hätte, welcher – anders als zunächst im anwaltlichen Schriftsatz vom 05.01.2021 behauptet – nicht bei der erkennenden Behörde aufliege. Im Antrag auf Mängelheilung vom 17.03.2021 bringe der Anwalt nunmehr vor, der Beschwerdeführer habe seinen Pass in Moskau verloren. Angesichts dieser widersprüchlichen Angaben sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seinen Pass unterdrücke, um seine Außerlandesbringung zu erschweren. Zusammengefasst habe der Beschwerdeführer nicht schlüssig darlegen können, dass es ihm nicht möglich bzw. unzumutbar gewesen sei, die geforderten Urkunden bis zum heutigen Zeitpunkt zu beschaffen. Der Antrag auf Mängelheilung sei daher abzuweisen gewesen.

12. Mit Schriftsatz vom 04.05.2021 erhob der Beschwerdeführer gegen den im Spruch angeführten Bescheid fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dabei wurde inhaltliche Rechtwidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer führte im Wesentlichen aus, dass es sich um einen Erstantrag des Beschwerdeführers gemäß § 56 AsylG 2005 handle. Eine Zurückweisungsmöglichkeit wegen entschiedener Sache bestehe daher gar nicht. Außerdem habe die belangte Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt. Der Beschwerdeführer sei im Verfahren niemals einvernommen worden und somit werde der Grundsatz des Parteiengehörs verletzt. Der Beschwerdeführer sei in Österreich bestens integriert und erfülle alle Voraussetzungen des § 56 AsylG 2005. Zweck des § 56 AsylG 2005 sei es, bei Vorliegen eines besonderes hohen Integrationsgrades „Altfälle“ mit einer fünf Jahre übersteigenden Aufenthaltsdauer zu „bereinigen“. Den betroffenen Drittstaatsangehörigen soll in diesen Fällen die Möglichkeit zur Legalisierung ihres Aufenthalts durch Erteilung eines Aufenthaltstitels gegeben werden, wobei hievon jene Konstellationen erfasst sein sollen, in denen die Schwelle des Art. 8 EMRK, sodass gemäß § 55 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel zu erteilen wäre, noch nicht erreicht wird (vgl. VwGH 29.04.2010, 2009/21/0255). Hätte die Behörde demnach ihre Ermittlungspflicht in angemessener Weise wahrgenommen und den vorliegenden Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt, hätte sie dem Beschwerdeführer den beantragten Aufenthaltstitel gemäß § 56 AsylG 2005 erteilen müssen. Hinsichtlich dem Heilungsantrag führte der Beschwerdeführer aus, dass die Ausstellung des Reisedokumentes zeitnah nicht möglich gewesen sei und er den Reisepass nur nach Vorlage einer Verlustanzeige der Polizei erhalten könne. Der Beschwerdeführer habe den Reisepass vor seiner Flucht in Moskau verloren, daher habe er keine Verlustanzeige in Österreich erstatten können. Der Beschwerdeführer habe sich bemüht, einen Reisepass zu erlangen. Die Behörde habe es außerdem unterlassen, sich mit einer Heilung iSd Art. 8 EMRK iVm § 4 Abs. 1 Z 2 AsylG-DV 2005 auseinanderzusetzen. Die belangte Behörde habe lediglich auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes verwiesen.

Zusammenfassend lasse sich feststellen, dass sich der Beschwerdeführer nach Erhalt des Verbesserungsauftrages, unverzüglich um ein Reisedokument bemüht habe, allerdings die Beschaffung eines Reisedokumentes trotz umfassender Bemühungen nunmehr zweifelsfrei und nachweislich nicht möglich bzw. nicht zumutbar sei. Aus alldem zuvor geschilderten ergebe sich die Verwirklichung des Sachverhaltes, wie es in § 4 Abs. 1 Z 1 3 AsylG-DV 2005 gefordert werde, und folglich durch die umfassende Begründung des Heilungsantrages dieser zuzulassen sei. Zudem sei der Beweiswürdigung des Bundesamtes substantiiert entgegengetreten worden, weshalb eine gerichtliche Überprüfung im Rahmen einer Beschwerdeverhandlung notwendig sei. Da die entscheidungswesentlichen Feststellungen im Wesentlichen von der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens der beschwerdeführenden Partei abhängig sei, habe sich das Bundesverwaltungsgericht einen persönlichen Eindruck über den Beschwerdeführer zu verschaffen. Des Weiteren sei die Erörterung von Rechtsfragen notwendig. Aus den genannten Gründen beantrage der Beschwerdeführer daher eine mündliche Beschwerdeverhandlung.

13. Die Beschwerdevorlage langte am 10.05.2021 am Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Tadschikistan.

1.2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2016, Zl. 1092512509-151630277, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 26.10.2015 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt 1) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tadschikistan (Spruchpunkt 2) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Tadschikistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt 3).

1.3. Gegen diesen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Mit Schreiben vom 02.03.2020 gab der Vertreter des Beschwerdeführers an, die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkt 1 und 2 zurückzuziehen.

1.4. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.03.2020, GZ: W215 2127140-1/18E, wurde der Beschwerde dahingehend Folge gegeben, dass die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt und dem Beschwerdeführer der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt wurde.

1.5. Der dagegen erhobenen Amtsrevision wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (16.07.2020, Ra 2020/21/0133-4) stattgegeben und das bekämpfte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

1.6. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.12.2020, GZ: W215 2127140-1/31E, wurde die Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung (gemäß §§ 52 FPG, 9 BFA-VG, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005), die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (gemäß § 57 AsylG 2005) und die Zulässigkeit der Abschiebung (gemäß § 52 FPG) als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I). Der Beschwerde gegen die Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise wurde insoweit gemäß § 55 FPG stattgegeben als sie bis zum 31.05.2021 erstreckt wurde (Spruchpunkt II).

1.7. Mit Schriftsatz vom 04.01.2021 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen“.

1.8. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 07.04.2021, Zl. 1092512509-210037567, wurde der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen (Spruchpunkt I). Der Antrag auf Mängelheilung vom 17.03.2021 wurde gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 iVm § 8 AsylG-DV 2005 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt II).

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus den unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalten der Verwaltungsakten des Bundesamtes und der Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes. Die Feststellungen zur Person und dem Verfahrenslauf ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalten der Verwaltungsakten des Bundesamtes und der Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Der begehrte Aufenthaltstitel ist in § 56 AsylG 2005 normiert:

„Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen

§ 56. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls
1.         zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist,
2.         davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines festgestellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und
3.         das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird.

(2) Liegen nur die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 und 2 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.

(3) Die Behörde hat den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 kann auch durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 26) erbracht werden. Treten mehrere Personen als Verpflichtete in einer Erklärung auf, dann haftet jeder von ihnen für den vollen Haftungsbetrag zur ungeteilten Hand.

§ 58 AsylG 2005 enthält nähere Bestimmungen über das Verfahren zur Erteilung der Aufenthaltstitel nach den §§ 55 bis 57 AsylG 2005. § 58 Abs. 10 AsylG 2005 lautet:

„Antragstellung und amtswegiges Verfahren

§ 58. (1) – (9) […]

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) – (14) […]“

3.2. Ein Antrag gemäß § 56 bzw. 57 AsylG 2005 ist gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen, wenn er einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgt; vorbehaltlich eines maßgeblich veränderten Sachverhaltes. § 58 Abs. 10 AsylG 2005 enthält somit „Folgeantragsregelung“ (vgl. Schrefler-König/Szymanski, FPG-AsylR § 58 AsylG Anmerkung 5). Eine Zurückweisung eines Antrages nach § 56 AsylG 2005 ist somit nur zulässig, wenn es sich um einen Folgeantrag handelt oder im einem vorherigen Verfahren eine rechtskräftige Entscheidung (wie z.B. bei einer amtswegigen Prüfung des § 57 AsylG 2005) darüber ergangen ist. Es ist daher zu prüfen, ob in einem Vorverfahren eine Entscheidung nach identem rechtlichen Prüfungsmaßstab ergangen ist.

§ 56 AsylG 2005 regelt die Erteilung von Aufenthaltstiteln in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen. Der von § 56 umschriebene Personenkreis umfasst Drittstaatsangehörige, die nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig sind, einen gewissen Grad der Integration erreicht haben und eine oder mehrere Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis Z 3 erfüllen (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 56 K1.). Zweck des § 56 AsylG 2005 ist es bei Vorliegen eines besonders hohen Integrationsgrades „Altfälle“ mit einer fünf Jahre übersteigenden Aufenthaltsdauer zu „bereinigen“. Den betroffenen Drittstaatsangehörigen soll in diesen Fällen die Möglichkeit zur Legalisierung ihres Aufenthaltes durch Erteilung eines Aufenthaltstitels gegeben werden. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein besonders berücksichtigungswürdiger Fall vorliegt, können die (nunmehr) in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten, bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK zu beachtenden Gesichtspunkte einfließen, und zwar in dem Maße, als sie auf den Integrationsgrad des betreffenden Fremden Auswirkungen haben. Jedoch spielen – mangels Bedeutung für den Integrationsgrad – allfällig vorhandene, aber auch fehlende Bindungen zum Heimatstaat (iSd § 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG) oder die Unsicherheit des Aufenthaltsstatus (iSd § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG) keine Rolle (VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0032).

Den betroffenen Drittstaatsangehörigen soll in diesen Fällen die Möglichkeit zur Legalisierung ihres Aufenthalts durch Erteilung eines Aufenthaltstitels gegeben werden, wobei hievon jene Konstellationen erfasst sein sollen, in denen die Schwelle des Art. 8 EMRK, sodass gemäß § 55 AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel zu erteilen wäre, noch nicht erreicht wird (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0032).

Im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.12.2020, GZ: W215 2127140-1/31E, ging es um die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Folge eines abgewiesenen Antrages auf internationalen Schutz. Bei der Zulässigkeit einer solchen Rückkehrentscheidung sind die Parameter des § 9 BFA-VG und damit insbesondere die Bindung zum Heimatstaat des Fremden (§ 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG) im Rahmen der Interessensabwägung zu berücksichtigen. Bei einem Antrag nach § 56 AsylG 2005 spielen die Bindungen zum Herkunftsstaat aber nach gerade zitierter Judikatur eben keine Rolle. Damit ist der rechtliche Prüfungsmaßstab der beiden Verfahren jedoch ein unterschiedlicher. Im gegenständlichen Verfahren liegt daher kein „Folgeantrag“ iSd § 58 Abs. 10 AsylG 2005 vor. Die Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde war daher rechtswidrig. Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ist nur die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht den Antrag auf Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels zurückgewiesen hat. Eine meritorische Entscheidung über den Antrag nach § 56 AsylG 2005 kommt somit nicht in Betracht.

Der angefochtene Spruchpunkt war daher wegen Rechtswidrigkeit zu beheben.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird in weiterer Folge den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 56 AsylG 2005 inhaltlich zu prüfen haben. Dabei ist zu beachten, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 16.07.2020, Ra 2020/21/0133-4, ausgesprochen hat, dass der Beschwerdeführer die zeitlichen Voraussetzungen bereits Ende Oktober 2020 erfüllen werde und bei unverändertem Sachverhalt auch die übrigen Bedingungen voraussichtlich gegeben sein werden.

3.3 Die belangte Behörde wies den Antrag auf Heilung des Mangels der Nichtvorlage des Reisepasses unter Verweis auf die §§ 4 und 8 AsylG-DV 2005 ab (Spruchpunkt II). Die maßgebenden Bestimmungen hiezu lauten:

„2. Abschnitt

Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen

Form und Inhalt der Aufenthaltstitel

§ 3. (1) Aufenthaltstitel (§ 54 Abs. 1 AsylG 2005) werden als Karte nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatsangehörige, ABl. Nr. L 157 vom 15.06.2002 S. 1 in der Fassung der Änderung durch die Verordnung (EU) 2017/1954, ABl. Nr. L 286 vom 1.11.2017 S. 9, erteilt und sind nach dem Muster der Anlage E auszustellen.

(2) Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kann erteilt werden als:
1.         „Aufenthaltsberechtigungskarte plus“,
2.         „Aufenthaltsberechtigung“ oder
3.         „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“.

(3) Der Bezeichnung des Aufenthaltstitels ist eine entsprechende Information über den Zugang zum Arbeitsmarkt beizufügen.

Verfahren

§ 4. (1) Die Behörde kann auf begründeten Antrag von Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach § 8 und § 58 Abs. 5, 6 und 12 AsylG 2005 zulassen:
1.         im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen zur Wahrung des Kindeswohls,
2.         zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK oder
3.         im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(2) Beabsichtigt die Behörde den Antrag nach Abs. 1 zurück- oder abzuweisen, so hat die Behörde darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Urkunden und Nachweise für Aufenthaltstitel

§ 8. (1) Folgende Urkunden und Nachweise sind – unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den Abs. 2 und 3 – im amtswegigen Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 3) beizubringen oder dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 3) anzuschließen:
1.         gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);
2.         Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument;
3.         Lichtbild des Antragstellers gemäß § 5;
4.         erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde.

(2) Zusätzlich zu den in Abs. 1 genannten Urkunden und Nachweisen sind dem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG 2005 weitere Urkunden und Nachweise anzuschließen:
1.         Nachweis des Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft, insbesondere Miet- oder Untermietverträge, bestandsrechtliche Vorverträge oder Eigentumsnachweise;
2.         Nachweis über einen in Österreich leistungspflichtigen und alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz, insbesondere durch eine entsprechende Versicherungspolizze, sofern kein Fall der gesetzlichen Pflichtversicherung bestehen wird oder besteht;
3.         Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts, insbesondere Lohnzettel, Lohnbestätigungen, Dienstverträge, arbeitsrechtliche Vorverträge, Bestätigungen über Pensions-, Renten- oder sonstige Versicherungsleistungen, Nachweise über das Investitionskapital, Nachweis eigenen Vermögens in ausreichender Höhe oder in den bundesgesetzlich vorgesehenen Fällen eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung.

(3) Ein Nachweis über die Duldung ist zusätzlich zu den in Abs. 1 genannten Urkunden und Nachweisen dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 anzuschließen.

(4) Beruft sich der Antragsteller betreffend Abs. 2 Z 1, 2 oder 3 auf Leistungen oder die Leistungsfähigkeit eines verpflichteten Dritten, so ist darüber jeweils ein Nachweis anzuschließen. (…)“

Für einen Antrag gemäß § 56 AsylG 2005 bestehen in der AsylG-DV 2005 spezielle Verfahrensvorschriften; so normiert § 8 Abs. 1 und 2 AsylG-DV 2005 bestimmte Urkunden und Nachweise, die dem Antrag nach § 56 AsylG 2005 anzuschließen sind.

Zur Heilung nach § 4 Abs. 1 Z 2 AsylG-DV 2005 hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Bedingung, wonach die Erteilung des Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK erforderlich sein muss, in jenen Konstellationen, in denen von Amts wegen ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen ist, voraussetzungsgemäß erfüllt ist (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 15.09.2016, Ra 2016/21/0187). Auch im Fall eines Antrags auf Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels gilt, dass die Voraussetzungen für die verfahrensrechtliche Heilung nach § 4 Abs. 1 Z 2 AsylG-DV 2005 die gleichen sind wie für die materielle Stattgabe des verfahrenseinleitenden Antrags. Die Prüfung, ob einem Heilungsantrag nach § 4 Abs. 1 Z 2 AsylG-DV 2005 stattzugeben ist, unterscheidet sich also inhaltlich nicht von der Beurteilung, ob der Titel nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen ist. Daraus folgt auch, dass bei einem Antrag nach § 55 AsylG 2005 in Bezug auf die Heilung nach § 4 Abs. 1 AsylG-DV 2005 in erster Linie und vorrangig die Voraussetzungen der Z 2 der genannten Bestimmung zum Tragen kommen und dass es unzulässig ist, den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 trotz Vorliegens der hiefür erforderlichen Voraussetzungen wegen Nichtvorlage von Identitätsdokumenten zurückzuweisen (vgl. den Beschluss des VwGH vom 17.11.2016, Ra 2016/21/0314).

Prüfungsmaßstab eines Antrages nach § 56 AsylG 2005 sind Gesichtspunkte des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK, soweit sie Auswirkungen auf den Integrationsgrad des Beschwerdeführers haben. Zweck des § 56 AsylG 2005 ist es, bei Vorliegen eines besonders hohen Integrationsgrades „Altfälle“ mit einer fünf Jahre übersteigenden Aufenthaltsdauer zu „bereinigen“. Liegt also bei einem Beschwerdeführer ein besonders hoher Integrationsgrad vor, ist gleichzeitig auch eine Heilung nach § 4 Abs. 1 Z 2 AsylG-DV 2005 („Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd des Art. 8 EMRK“) geboten.

Die Behörde hat sich im gegenständlichen Verfahren mit dem Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers nicht inhaltlich auseinandergesetzt (die Behörde ging ja rechtswidrig von einem „Folgeantrag“ aus). Erfüllt der Beschwerdeführer aber die inhaltlichen Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel nach § 56 AsylG 2005, ist die Abweisung des Heilungsantrages wegen der Nichtvorlage von Identitätsdokumenten wiederum unzulässig.

Im Hinblick auf die Behebung des verfahrensabschließenden Spruchpunktes I des angefochtenen Bescheides, war auch der damit in Zusammenhang stehende Abspruch über den Heilungsantrag ebenso zu beheben.

3.4. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass – wie im gegenständlichen Fall – der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der Beschwerdestattgabe insbesondere auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verfahrensbestimmung des § 58 Abs. 10 AsylG 2005 und § 4 AsylG-DV 2005 stützen, die unter der Begründung zu Spruchteil A auszugsweise wiedergegeben ist.

Aufgrund der Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers war die Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung iSd § 12 Abs. 1 BFA-VG idgF entbehrlich.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W152.2127140.2.00

Im RIS seit

03.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

03.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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