TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/20 W240 2239988-1

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Veröffentlicht am 20.09.2021
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Entscheidungsdatum

20.09.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §55
BFA-VG §18 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch


W240 2239988-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Feichter, über die Beschwerde von XXXX , StA.: Serbien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.01.2021, Zl. 429409603/201149684, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Vorverfahren:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien, reiste erstmals, laut Aktenlage und eigenen Angaben, im Jahre 2002 in das österreichische Bundesgebiet ein.

2. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 19.10.2007, Zl. III-1.242.346/FrB/07, wurde Schubhaft gegen den Beschwerdeführer, der damals den Namen XXXX führte, verhängt.

Am 23.10.2007 wurde er niederschriftlich von der Bundespolizeidirektion Wien zur beabsichtigten Erlassung einer Ausweisung und Abschiebung einvernommen. Hierbei gab er an, zuletzt vor ca. fünf bis sechs Monaten von Italien kommend mit dem Bus nach Österreich eingereist zu sein und sich seit dem Jahr 2002 in Österreich dauerhaft niedergelassen zu haben. Er sei im Besitz eines Schifferausweises und eines Dienstvisums gewesen, welches auf fünf Jahre befristet gewesen sei. Dieses Visum sei abgelaufen und befinde sich an einem ihm unbekannten Ort in Italien. Er besitze kein Geld und habe seinen Unterhalt durch Gelegenheitsarbeiten auf Baustellen bestritten. Er sei ledig und habe lediglich eine Tante, die in Serbien lebe.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 23.10.2007, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer ausgewiesen und mit Straferkenntnis vom selben Tag wurde gegen ihn eine Geldstrafe von € 200,- bzw. eine viertägige Ersatzfreiheitsstrafe in Falle der Uneinbringlichkeit wegen unrechtmäßigem Aufenthaltes im österreichischen Bundesgebiet gem. § 31 Abs. 1 Z 1,2,3 und 4 iVm § 120 Abs. 1 Z 2 FPG verhängt.

Am 30.10.2007 wurde der Beschwerdeführer erneut niederschriftlich von einem Organ der Bundespolizeidirektion Wien einvernommen. Hierbei gab er an, dass er seine Tante in Serbien angerufen und ersucht habe, ihm seine Geburtsurkunde, den Taufschein sowie sonstige Identitätsdokumente zu schicken, um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates und in weiterer Folge die Rückkehr in sein Heimatland zu beschleunigen.

Am 13.11.2007 reiste der Beschwerdeführer unter Gewährung von Rückkehrhilfe freiwillig nach Serbien aus.

3. Nach einer neuerlichen legalen Einreise im Februar 2010 wurde der Beschwerdeführer nach Überschreitung der sichtvermerkfreien Zeit erneut in Schubhaft genommen. In seiner niederschriftlichen Einvernahme am 30.07.2010 gab der Beschwerdeführer erneut an, in Österreich keine Angehörigen zu haben, seine Familie lebe in Serbien. Am selben Tag wurde abermals von der Bundespolizeidirektion ein Straferkenntnis erlassen und gegen ihn eine Geldstrafe von € 1.000,- bzw. eine zweitägige Ersatzfreiheitsstrafe im Falle der Uneinbringlichkeit wegen unrechtmäßigem Aufenthaltes im österreichischen Bundesgebiet gem. § 31 Abs. 1 Z 1,2,3 und 4 iVm § 120 Abs. 1 Z 2 FPG verhängt. Ebenso am 30.07.2010 wurde der Beschwerdeführer mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien,
Zl. III-1242346/FrB/10, ausgewiesen und die Abschiebung angeordnet. Der Beschwerdeführer wurde am 12.08.2010 nach Serbien abgeschoben.

4. Am 23.12.2011 wurde der Beschwerdeführer wegen rechtswidrigen Aufenthalts gem. § 120 Abs. 1a FPG von der Polizei angezeigt und erneut in Schubhaft genommen. Die niederschriftliche Einvernahme fand am 23.12.2011 vor einem Organ der Bundespolizeidirektion Wien statt und gab der Beschwerdeführer hierbei unter anderem an, zuletzt kurz nach seiner Abschiebung im August 2010 mit dem Bus über Ungarn trotz bestehender Ausweisung wieder in das Bundesgebiet eingereist zu sein. Zweck sei die Arbeitsaufnahme gewesen.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 23.12.2011, III-1242346/FrB/11, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers angeordnet; mit Straferkenntnis vom selben Tag (23.12.2011) wurde gegen den Beschwerdeführer wegen unerlaubter Rückkehr in das Bundesgebiet gem. § 72 Abs. 1 iVm § 120 Abs. 1a FPG eine Geldstrafe in der Höhe von € 1.000,- und bei Uneinbringlichkeit eine viertägige Freiheitsstrafe verhängt, ferner wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen € 100,- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen und die Kosten des Strafvollzuges in der Höhe von € 973,26 zu zahlen.

Am 30.12.2011 wurde der Beschwerdeführer von einem Organ der Bundespolizeidirektion Wien bezüglich einer Erlassung einer Rückkehrentscheidung/Einreiseverbot niederschriftlich einvernommen und gab hierbei an, im August 2010 von Ungarn kommend mittels Bus nach Österreich gereist zu sein. Der Zweck sei Arbeitsaufnahme gewesen. Er sei auch zuletzt der „Schwarzarbeit“ nachgegangen. Er besitze kein Geld und habe seinen Lebensunterhalt durch „Schwarzarbeit“ auf Baustellen verdient. Er habe acht Jahr die Grundschule und vier Jahre die Berufsschule besucht, sei ledig und seine Familie befinde sich in Serbien.

Mit Bescheid vom 30.12.2011, III-1.242.346/FrB/11, wurde gegen den Beschwerdeführer von der Bundespolizeidirektion Wien eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 1 FPG und gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z6 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von achtzehn Monaten befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengenraum erlassen. Am 13.01.2012 nahm der Beschwerdeführer von der Rückkehrhilfe Anspruch und reiste freiwillig nach Serbien aus.

5. Im Jahre 2016 wurde gegen den Beschwerdeführer nach Verhängung einer weiteren Schubhaft erneut eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem auf drei Jahre befristeten Einreiseverbot wegen Schwarzarbeit erlassen und wurde er am 13.10.2016 per Flug nach Serbien abgeschoben.

6. Mit Mandatsbescheid vom 05.04.2018, Zl. 429409603/180426720, wurde über den Beschwerdeführer, der unter dem Namen XXXX - trotz aufrechtem Einreiseverbot - einreiste, erneut Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. In seiner Einvernahme am selben Tag, gab der Beschwerdeführer unter anderem an, dass er im Dezember 2017 mit dem Bus über Ungarn kommend in das Bundesgebiet eingereist sei um hier zu arbeiten und den Integrationskurs zu machen. Er wolle später als Fachkraft arbeiten. Seine Eltern seien verstorben, Angehörige habe er keine, er sei ledig und habe auch keine Kinder. In Serbien habe er weder strafrechtliche noch politische Probleme. Am 11.05.2018 wurde er erneut in seine Heimat abgeschoben.

7. Am 21.05.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Aufhebung des Einreiseverbotes und wurde diesem mit Bescheid vom 12.06.2018, Zl. 429409603/180544200, stattgegeben, da die Gründe für die Erlassung des Einreiseverbotes – die illegale Beschäftigung- weggefallen seien.

8. Am 14.04.2019 wurde der Beschwerdeführer ein weiteres Mal unter seinem jetzigen Namen (zweite Namensänderung) im österreichischen Bundesgebiet ohne Aufenthaltstitel betreten und sein Reisepass zur Sicherung des Verfahrens sichergestellt.

Der Beschwerdeführer wurde am 17.04.2019 für den 26.04.2019 vorgeladen, und wurde ihm die Absicht der Behörde mitgeteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung zu erlassen. Ihm wurde die Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen. Am 21.05.2019 reiste er mit Hilfe des VMÖ freiwillig nach Serbien aus.


Gegenständliches Verfahren:

Am 14.11.2020 wurde der Beschwerdeführer im Zuge einer polizeilichen Kontrolle in Wien angehalten und festgestellt, dass er sich seit 01.12.2019 im Bundesgebiet aufhalte und er daher die Frist von 90 Tagen für den sichtvermerkfreien Aufenthalt innerhalb von 6 Monaten überschritten habe.

Am 30.11.2020 wurde der Beschwerdeführer von der Absicht der Behörde verständigt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes zu erlassen und wurde ihm die Gelegenheit gegeben, binnen 14 Tagen dazu Stellung zu nehmen. Die Verständigung wurde dem Beschwerdeführer am 04.12.2020 ordnungsgemäß zugestellt.

Am 14.12.2020 gab der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ab. Darin führte er aus, er sei zum ersten Mal im November 2001 nach Österreich gereist um hier zu leben, da er in Serbien nach dem Tode seiner Eltern obdachlos geworden sei. In Österreich habe er einige Freunde, zwei Brüder würden in Deutschland, eine Schwester in Italien und eine weitere Schwester in den Niederlanden leben. Er sei ledig und habe keinen Kontakt zu seinen Angehörigen in Serbien, da sich sein Onkel und seine Tante nach dem Tode seiner Eltern auf seine Kosten bereichert hätten. Er betrachte Österreich als sein Heimatland und wolle unheimlich gerne einen Aufenthaltstitel mit Arbeitsgenehmigung um einer geregelten Beschäftigung nachgehen zu können. Er habe in Serbien eine „Elektroausbildung“ gemacht und würde gerne seine Kenntnisse in diesem Mangelberuf in Österreich einbringen. Ebenfalls habe er in Montenegro eine Ausbildung zum Schiffselektriker absolviert. In Österreich habe er keine Ausbildung absolviert. In seiner Freizeit treffe er Freunde und Arbeitskollegen, gehe Joggen und Fahrrad fahren. Mitglied in einem Verein oder einer Organisation sei er nicht, auch bestehe zu niemandem im Bundesgebiet ein Abhängigkeitsverhältnis. Er spreche zwischenzeitlich ganz gut Deutsch, habe einen A2 Kurs besucht und habe auch einige Österreicher als Freunde.

Mit gegenständlichen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 18.01.2021, Zl. 429409603/201149684, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt II.) und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gemäß
§ 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde dem Beschwerdeführer eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung gewährt (Spruchpunkt IV.).

In seiner Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen fest, dass die Identität des Beschwerdeführers feststehe und er im Laufe des Verfahrens bereits zwei andere Namen angenommen habe. Der Beschwerdeführer habe sich erstmals im Jahr 2002 im Bundesgebiet aufgehalten, seit 2007 sei er insgesamt fünf Mal in Schubhaft genommen und dreimal abgeschoben worden. Dreimal sei er freiwillig nach Serbien zurückgereist. Zweimal sei er aus Österreich ausgewiesen und zweimal sei gegen ihn ein Einreiseverbot erlassen worden. Das zweite sei auf Antrag wieder aufgehoben worden. Einmal sei er trotz aufrechtem Einreiseverbot nach Österreich gereist. Der Beschwerdeführer sei weder kranken- noch sozialversichert, gehe laut eigenen Angaben einer Beschäftigung nach, obwohl er nicht im Besitz einer entsprechenden Bewilligung sei. Er sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Seine Familienangehörigen würden in Serbien leben, zu Österreich würden keinerlei familiäre Bindungen und Beziehungen bestehen, lediglich einige Bekannte und Freunde habe der Beschwerdeführer in Österreich.

Am 01.02.2021 füllte der Beschwerdeführer ein Antragsformular für Unterstützungsleistungen im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr aus und gab an, am 01.03.2021 ausreisen zu wollen.

Gegen die Spruchpunkte I. bis III. des oben angeführten Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Einhaltung der Bestimmungen der Verfahrensgesetze insbesondere in seinem Recht auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie aus Gründen des Art. 8 EMRK sowie in seinem Recht, dass keine Rückkehrentscheidung erlassen werde sowie in seinem Recht auf Feststellung, dass eine Abschiebung nach Serbien unzulässig sei, verletzt werde. Die Namensänderungen des Beschwerdeführers seien legal durchgeführt worden. Die Feststellungen zum Aufenthalt des Beschwerdeführers bzw. betreffend sein Privat- und Familienleben seien mangelhaft, da die belangte Behörde tatsächlich kein Ermittlungsverfahren durchgeführt habe. Die Behörde habe lediglich auf die Aktenlage und die Staatendokumentation verwiesen und in der rechtlichen Beurteilung des Bescheides im Wesentlichen den Gesetzestext unreflektiert wiedergegeben. Der Beschwerdeführer sei strafrechtlich unbescholten und verfüge über zahlreiche Integrationsmerkmale, welche der belangten Behörde mangels Durchführung eines Ermittlungsverfahrens nicht zur Kenntnis gelangt seien. Aufgrund der wiederholten Aufenthalte im Bundesgebiet, auch wenn diese zweitweise durch freiwillige oder zwangsweise Rückkehr ins Herkunftsland unterbrochen worden seien, sei eine Aufenthaltsverfestigung im Bundesgebiet bereits eingetreten, was bei einer Interessensabwägung nach Art. 8 EMRK von besonderer Bedeutung sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist serbischer Staatsangehöriger, spricht Serbisch, ist gesund und arbeitsfähig. Er hat in Serbien eine Elektroausbildung und eine Ausbildung zum Schiffselektriker absolviert. Der Beschwerdeführer ist ledig, seine Eltern sind bereits verstorben, in Serbien hat er zumindest noch einen Onkel und eine Tante, zu denen er nach eigenen Angaben keinen Kontakt hat. Festgestellt wird, dass er diesen jederzeit wiederherstellen kann. Zwei Brüder des Beschwerdeführers leben in Deutschland, eine Schwester in Italien und eine weitere Schwester in den Niederlanden. Er ist strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer reiste erstmals im Jahre 2002 in das österreichische Bundesgebiet ein. Er wurde im Jahr 2007, 2010, 2011, 2016, 2018, 2019 und zuletzt 2020 aufgegriffen und insgesamt fünf Mal in Schubhaft genommen. Er reiste 2007, 2012 und 2019 freiwillig, unter Gewährung von Rückkehrhilfe, aus und wurde 2010, 2016 sowie 2018 nach Serbien abgeschoben.

Der Beschwerdeführer reiste trotz Einreiseverbot und aufrechter Rückkehrentscheidung, die im Jahr 2011 und 2016 erlassen wurden, in das österreichische Bundesgebiet ein und ging keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Das zweite Einreiseverbot wurde auf Antrag wieder aufgehoben. Dem Beschwerdeführer stehen keine legalen Möglichkeiten zur Finanzierung seines Aufenthalts im Bundesgebiet zur Verfügung.

Am 14.11.2020 wurde der Beschwerdeführer im Zuge einer polizeilichen Kontrolle in Wien angehalten und festgestellt, dass er sich seit 01.12.2019 im Bundesgebiet aufhält und er daher die Frist von 90 Tagen für den sichtvermerkfreien Aufenthalt innerhalb von 6 Monaten überschritten hat.

Am 30.11.2020 wurde der Beschwerdeführer von der Absicht der Behörde verständigt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes zu erlassen und wurde ihm die Gelegenheit gegeben, binnen 14 Tagen dazu Stellung zu nehmen. Die Verständigung wurde dem Beschwerdeführer am 04.12.2020 ordnungsgemäß zugestellt.

Am 14.12.2020 gab der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ab.

Mit gegenständlichen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 18.01.2021, Zl. 429409603/201149684, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt II.) und wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG wurde dem Beschwerdeführer eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung gewährt (Spruchpunkt IV.).

Der Beschwerdeführer hat seit zumindest 2007 kein Aufenthaltsrecht in Österreich. Dem Beschwerdeführer wurde nie ein Aufenthaltstitel oder eine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung erteilt.

Der Beschwerdeführer hat keine hinsichtlich Art. 8 EMRK relevanten Familienangehörigen oder Verwandten in Österreich. Allfällige freundschaftliche Beziehungen in Österreich sind erst zu einem Zeitpunkt entstanden, an dem sich der Beschwerdeführer seiner unsicheren aufenthaltsrechtlichen Stellung bewusst sein musste.

Der Beschwerdeführer ist mittelos, besucht in Österreich keine Kurse oder Schulen und hat hinreichende Deutschkenntnisse nicht belegt. Er ist nicht Mitglied einer Organisation oder eines Vereins.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Eine Integration des Beschwerdeführers in Österreich in besonderem Ausmaß liegt nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden (Zentrales Melderegister, Betreuungsinformationssystem und Strafregister).

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers (Name und Geburtsdatum), seiner Staatsangehörigkeit basieren auf seinem Reisepass (wobei dem BVwG nur eine Kopie des Datenblatts vorliegt, vgl. AS 591).

Die Feststellungen zu Staatsangehörigkeit und Herkunft sowie zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers, stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Laufe der Verfahren. So gab der Beschwerdeführer erstmals bei seiner Einvernahme am 23.10.2007 (vgl. AS 45) vor der Bundespolizeidirektion Wien an, ledig zu sein und eine Tante in Serbien zu haben (vgl. AS 47). Dass entgegen seinen Angaben in der Stellungnahme vom 14.12.2020 (vgl. AS 667) festgestellt werden konnte, dass er den Kontakt mit seiner Tante wiederaufnehmen kann, ergibt sich aus der Gegenüberstellung seiner Stellungnahme mit seiner Einvernahme am 23.10.2007 sowie am 30.10.2007. Zwar brachte er in der Stellungnahme vor, keinen Kontakt mit seinen Angehörigen in Serbien zu haben, da sie ihm damals das Haus seiner Eltern weggenommen hätten und seine Tante sowie sein Onkel sich auf seine Kosten bereichert hätten, dem steht allerdings seine Aussage vom 23.10.2007 entgegen. Bei dieser Einvernahme gab er an, lediglich eine Tante in Serbien zu haben. Daraus lässt sich schließen, dass seine Eltern bereits verstorben waren. Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 30.10.2007 (vgl. AS 77) führte er aus, am Vortag seine Tante angerufen und sie ersucht zu haben, ihm seine Geburtsurkunde, den Taufschein sowie sonstige Identitätsdokumente zu schicken, um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates und in weiterer Folge seine Rückkehr zu beschleunigen. Es ist daher von einem zumindest normalen Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Tante auszugehen.

Die Angaben zu seinen Geschwistern und deren Aufenthalt ergeben sich aus seinen gleichbleibenden Angaben in den Verfahren diesbezüglich und aus der Stellungnahme vom 14.12.2020.

Die Feststellungen zu den bisherigen Verfahren ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Die Feststellung, dass er seit zumindest 2007 kein Aufenthaltsrecht in Österreich hat, ergibt sich aus seinen zahlreichen Einvernahmen im Laufe der Verfahren, aus dem Bescheid vom 23.10.2007 (vgl. AS 51) sowie daraus, dass er bei der Einvernahme am 23.10.2007 angab, dass er im Besitz eines Schifferausweises und eines Dienstvisums gewesen wäre, diese allerdings abgelaufen wären und sich an einem ihm unbekannten Ort in Italien befinden würden (vgl. AS 47). Wie aus dem gesamten Verfahren erkennbar hatte der Beschwerdeführer, abgesehen von diesem Visum, keinen Aufenthaltstitel in Österreich inne.

Die Feststellungen dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten hat, kein Deutsch spricht, keinen legalen Erwerb nachgeht, mittellos ist, nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation ist, beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in seinen Einvernahmen und insbesondere auf seinen Angaben in der Stellungnahme vom 14.12.2020. Zur Mittellosigkeit und der Schwarzarbeit des Beschwerdeführers wird auf die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vom 30.12.2011 verwiesen, in welcher er angab, der Zweck seiner Reise nach Österreich sei Arbeitsaufnahme gewesen. Er sei auch zuletzt der „Schwarzarbeit“ nachgegangen, besitze kein Geld und habe seinen Lebensunterhalt durch „Schwarzarbeit“ auf Baustellen verdient (vgl. AS 361). Auch wurde das Einreiseverbot aus dem Jahr 2016 wegen Schwarzarbeit erlassen. Auch wenn der Beschwerdeführer nicht unmittelbar bei der Ausübung einer unerlaubten Beschäftigung betreten wurde, so hat er dennoch die Ausübung solcher Beschäftigungen eingestanden. Er hat weiters ausdrücklich angeführt, dass er seinen Unterhalt im Bundesgebiet mit legalen Mitteln nicht sichern kann (vgl. AS 667).

Der Beschwerdeführer hat zwar angegeben, „ganz gut Deutsch (A2 Kurs besucht)“ zu sprechen, ein Zertifikat legte er allerdings nicht vor.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit ergibt sich aus einem aktuellen Strafregisterauszug.

Die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand und seiner Arbeitsfähigkeit stützen sich ebenso auf seine Angaben insbesondere auch hier in der Stellungnahme vom 14.12.2020, wo er ausführte, in Österreich arbeiten zu wollen (vgl. AS 671). Zudem wurde Gegenteiliges im gesamten Verfahren und in den Vorverfahren nicht vorgebracht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Als Staatsangehöriger von Serbien ist der Beschwerdeführer Drittstaatsangehöriger iSd
§ 2 Abs 4 Z 10 FPG. Als Inhaber eines biometrischen Reisepasses ist er nach Art 4 Abs 1 iVm Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 (Visumpflichtverordnung) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.

Der Beschwerdeführer durfte demnach unter den Einreisevoraussetzungen des Art 6 Abs 1 der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex [SGK]; siehe § 2 Abs 4 Z 22a FPG) in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen und sich dort gemäß Art 20 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ; siehe § 2 Abs 4 Z 6 FPG) unter den Voraussetzungen des Art 5 Abs 1 SDÜ frei bewegen. Zu diesen Voraussetzungen gehört unter anderem, dass er Dokumente vorzeigen kann, die seinen Aufenthaltszweck und die Umstände seines Aufenthalts belegen, und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel auf legale Weise zu erwerben (Art 6 Abs 1 lit c SGK; Art 5 Abs 1 lit c SDÜ). Außerdem darf er keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellen und darf insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein (Art 6 Abs 1 lit e SGK; Art 5 Abs 1 lit e SDÜ).

Im Zusammenhang mit der Prüfung ausreichender Unterhaltsmittel muss der Unterhalt für die beabsichtigte Dauer des Aufenthalts gesichert sein, wobei diese Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen dürfen (VwGH 29.04.2010, 2007/21/0262). Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309).

Der Beschwerdeführer hat keine Bescheinigungsmittel für ausreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts in Österreich vorgelegt, aus denen sich auch ergibt, dass diese nicht aus illegalen Quellen stammen. Der Beschwerdeführer ist als mittellos anzusehen.

Als Beschäftigung iSd § 2 Abs 2 AuslBG gilt (soweit hier relevant) die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis. Gemäß § 2 Abs 4 AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine solche Beschäftigung vorliegt, ausschließlich der wahre wirtschaftliche Gehalt der Tätigkeit maßgeblich. Liegt eine Verwendung in einem (persönlichen und wirtschaftlichen) Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Als ein (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis iSd § 2 Abs. 2 AuslBG ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen (siehe VwGH 20.03.2019, Ro 2018/09/0007).

Der Beschwerdeführer hat bereits in früheren Verfahren wiederholt unrechtmäßige Erwerbstätigkeit ausgeübt und gab in seiner Stellungnahme vom 14.12.2020 an, seinen Unterhalt durch Gelegenheitsarbeiten zu finanzieren. Da der Beschwerdeführer im Bundesgebiet eine Beschäftigung ausübte, die er nach dem AuslBG nicht hätte ausüben dürfen, hielt er die Bedingungen des visumfreien Aufenthalts, der nicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit berechtigt, nicht ein. Außerdem hatte er zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheids die Befristung für einen legalen sichtvermerkbefreiten Aufenthalt überschritten, weil er den Schengenraum nach seiner Einreise am 01.09.2019 (vgl. AS 651) bis dato nicht verließ. Eine Ausreise nach Serbien vor dem Ende der zulässigen 90-tägigen Aufenthaltsdauer am 30.11.2020 wäre für ihn als Staatsangehörigen dieses Landes trotz der Reisebeschränkungen aufgrund der Covid-19-Pandemie möglich gewesen.

Mangels Erfüllung der Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet iSd § 31 Abs 1 Z 1 FPG hielt sich der Beschwerdeführer somit ab 01.12.2020 nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf, zumal auch kein anderer Fall des rechtmäßigen Aufenthalts nach § 31 Abs 1 FPG (Aufenthaltsberechtigung nach dem NAG, Aufenthaltstitel eines anderen Vertragsstaates, asylrechtliches Aufenthaltsrecht, arbeitsrechtliche Bewilligung) vorliegt.

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 58 Abs 1 Z 5 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstückes des FPG („Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung“; §§ 41 ff FPG) fällt.

Im gegenständlichen Fall liegen keine Umstände vor, die dazu führen, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG zu erteilen gewesen wäre, weil sein Aufenthalt nie geduldet iSd § 46a FPG war und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er Zeuge oder Opfer strafbarer Handlungen oder Opfer von Gewalt wurde. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist daher rechtskonform.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:

Die Entscheidung über die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG ist nach § 10 Abs 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Gemäß § 52 Abs 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).

Eine Rückkehrentscheidung, die in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingreift, ist gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele (nationale Sicherheit, öffentliche Ruhe und Ordnung, wirtschaftliches Wohl des Landes, Verteidigung der Ordnung, Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der Gesundheit und der Moral sowie der Rechte und Freiheiten anderer) dringend geboten ist. Dabei ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198).

Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen in Österreich. Die Ausweisung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familienlebens. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Unter dem Privatleben sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl EGMR 16.6.2005, Sisojeva ua, 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl Thym, Menschenrecht auf Legalisierung des Aufenthalts? Rechtsprechung des EGMR zum Schutz des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK und deren Verhältnis zum nationalen Ausländerrecht, EuGRZ 2006, 541). Ausgehend davon, dass der Verwaltungsgerichtshof bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer ausgeht und im Erkenntnis vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 argumentiert, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [... ] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte", ist im Fall des Beschwerdeführers, der sich immer nur kurzzeitig in Österreich aufgehalten hat, nicht vom Bestehen eines Privatlebens auszugehen, wobei eine nachhaltige Integration oder enge soziale Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers nicht hervorgekommen und belegt wurden. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. etwa VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0187; vgl. auch VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwN).

Ein schützenswertes Privatleben hat der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren nicht substantiiert vorgebracht bzw. belegt. Eine soziale Integration des Beschwerdeführers ist nicht erkennbar, er ist nicht (legal) erwerbstätig, behauptete zwar Deutsch auf dem Niveau A2 zu sprechen, legte diesbezüglich allerdings kein Zertifikat vor, und sind auch sonst keine Umstände hervorgekommen, die eine Integration auch nur ansatzweise begründen können. Schon im Hinblick darauf, dass er bereits im Jahr 2007, 2010, 2011, 2016, 2018, 2019 und zuletzt 2020 aufgegriffen und insgesamt fünf Mal in Schubhaft genommen wurde, gegen ihn Rückkehrentscheidungen und Einreiseverbote erlassen wurden und er in den Jahren 2007, 2012 und 2019 freiwillig zurückreiste und er in den Jahren 2010, 2016 sowie 2018 nach Serbien abgeschoben wurde, kann er sich nicht auf mögliche Integrationsbemühungen stützen.

Der Beschwerdeführer verfügte zumindest seit 2007 bis zum jetzigen Zeitpunkt über keine Berechtigung zum weiteren Aufenthalt in Österreich bzw. im Schengen-Raum. Ihm musste bereits nach Erlassung des Bescheides vom 23.10.2007, bewusst gewesen sein, dass er bei seinem Aufenthalt 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreiten darf, und ließ er sich davon allerdings nicht abhalten. Vielmehr ist dem Beschwerdeführer vorzuwerfen, dass ihm dieser Umstand sehr wohl bewusst war und er trotzdem in den darauffolgenden Jahren immer wieder nach Österreich reiste und sich länger als erlaubt hier aufhielt. Dieses Verhalten führte der Beschwerdeführer seit zumindest 2007 bis zum jetzigen Zeitpunkt fort.

Unbeachtlich der Vielzahl an unrechtmäßigen Verbleiben in Österreich ist vor allem auch der Umstand von maßgeblicher Bedeutung, dass der Beschwerdeführer zwar stets die Absicht hatte, in Österreich zu bleiben, jedoch in dieser ganzen Zeit keinerlei Schritte unternahm, seinen bislang illegalen Aufenthalt allenfalls zu legalisieren.

Ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch die Rückkehrentscheidung ist daher für das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennbar und wurde – wie bereits erwähnt – auch nicht substantiiert vorgebracht und belegt.

Die nach § 9 BFA-VG iVm Art 8 Abs. 2 EMRK gebotene Interessenabwägung ergibt somit nicht, dass familiäre oder nachhaltige private Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich das öffentliche Interesse an der Beendigung seines unrechtmäßigen Aufenthalts überwiegen, zumal der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl VwGH 18.10.2012, 2010/22/0130). Art 8 EMRK wird daher durch die Rückkehrentscheidung nicht verletzt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine Rückkehrentscheidung (auf Dauer oder vorübergehend) unzulässig erscheinen ließen.

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

Für die gemäß § 52 Abs 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).

Da keine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, ist die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zulässig. Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 19 Abs 5 Z 2 BFA-VG iVm § 1 Z 6 HStV, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und -willigkeit der dortigen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (in diesem Sinn VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). In Anbetracht der vorrangigen Funktion der Feststellung nach § 52 Abs 9 FPG, (lediglich) den Zielstaat der Abschiebung festzulegen, ist es nicht Aufgabe des BFA oder des BVwG, im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme letztlich ein Verfahren durchzuführen, das der Sache nach einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt (VwGH 07.03.2019, Ra 2019/21/0044).

Konkrete Gründe für die Unzulässigkeit der Abschiebung werden in der Beschwerde nicht behauptet. Unter Berücksichtigung der stabilen Situation in Serbien sowie der Lebensumstände des gesunden, arbeitsfähigen Beschwerdeführers, der dort laut eigenen Angaben eine „Elektroausbildung“ und eine Ausbildung zum Schiffselektriker absolviert hat, erwerbstätig war und auch familiäre Anknüpfungen hat, liegen keine Gründe vor, die eine Abschiebung unzulässig machen würden. Auch Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ist daher zu bestätigen.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit eines Einreiseverbots sowie zur Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK ab, noch fehlt es dazu an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch ist diese Rechtsprechung als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen somit keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Interessenabwägung öffentliche Interessen Pandemie Resozialisierung Rückkehrentscheidung Spruchpunktbehebung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W240.2239988.1.00

Im RIS seit

03.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

03.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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