TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/22 W266 2189685-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.09.2021
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Entscheidungsdatum

22.09.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z5
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z4
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W266 2189685-1/43E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan WAGNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX geborener XXXX , geb. XXXX ,
StA. Afghanistan, vertreten durch RA Mag. Georg BÜRSTMAYR, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 22.02.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung

A)

I. beschlossen:

Das Verfahren wird hinsichtlich der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides eingestellt.

II. zu Recht erkannt:

Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte III., IV., V., und VI. wird Folge gegeben und werden diese Spruchpunkte behoben.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.  



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Angehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, welcher der Volksgruppe der Tadschiken und der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam angehört, stellte am 21.01.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Am 22.01.2016 fand die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Zu den Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, er sei von den Taliban bedroht worden. Wegen seiner Tätigkeit mit den Amerikanern hätten ihn die Taliban beschuldigt, als Spion der Amerikaner zu arbeiten. Befragt zu den Befürchtungen bei einer Rückkehr in die Heimat gab der Beschwerdeführer an, er fürchte getötet zu werden. Am 28.09.2017 fand die niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland (im Folgenden: belangte Behörde oder BFA), statt in welcher der Beschwerdeführer im Wesentlichen angab, afghanischer Staatsangehöriger, Tadschike und sunnitischer Moslem zu sein. Er sei in Afghanistan in der Provinz Kabul geboren und habe bis zu seiner Ausreise nach Europa in unterschiedlichen afghanischen Städten (Kabul, Mazar-e Sharif und Kandahar) gelebt. Zuletzt habe er sich in Kabul, im Stadtteil XXXX aufgehalten. Dort habe er ca. dreieinhalb Jahre (2011-2015) zusammen mit seiner Familie (Mutter und Geschwistern) gelebt. Seit 2014 bis zu seiner Flucht nach Europa habe er bei verschiedenen Vertrauenspersonen und Bekannten gewohnt, da er bedroht worden sei. Er habe neun Jahre die Grundschule in Kabul besucht. Im Anschluss daran habe er drei Jahre die AHS in Kabul absolviert und danach zwei Jahre an der Universität in Kabul studiert. Als Grund für seine Flucht aus Afghanistan gab der Beschwerdeführer an, dass er mit Ausländern gearbeitet habe. Die Taliban und die extremistischen Gruppen seien gegen die Ausländer, die sich in Afghanistan befinden. Die Afghanen, die mit Ausländern gearbeitet hätten, seien bedroht worden. Die Taliban würden davon ausgehen, dass er für die Ausländer spionieren würde. Weiters sei er von den Taliban bedroht worden. Er wisse nicht, von wo oder woher die Taliban die Information hatten, dass er für die Ausländer tätig sei. Sie hätten ihn mit dem Tode bedroht. Sie hätten ihn aufgefordert, ihnen Informationen über die Ausländer weiterzugeben oder er müsse sich dazu bereit erklären für sie zu arbeiten, ansonsten würden sie ihn töten. Mit dem im Spruch genannten Bescheid wurden der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 idF BGB I Nr. 100/2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) – sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 13 AsylG hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz und gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt IV. und V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

Die Beschwerde samt dem dazugehörigen Verwaltungsakt langte am 19.03.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Am 5.5.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht, in Anwesenheit des Beschwerdeführers, seines Anwaltes und eines Dolmetschers eine mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer nochmals eingehend unter anderem zu seinen Fluchtgründen befragt wurde.

II.     Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen und das dort genannte Geburtsdatum. Er ist afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und sunnitischer Moslem. Seine Muttersprache ist Dari, weiters spricht er Urdu sowie Paschtu und beherrscht Deutsch auf dem Niveau B1.

Mit rechtskräftigem Urteil des BG XXXX vom 27.04.2018, XXXX , wurde der BF zu einer Geldstrafe von 90 Tagsätzen zu je 4,00 EUR (360,00 EUR) im Falle der Nichteinbringlichkeit zu 45 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt.

Seit dem 14.2.2019 ist der BF mit Frau XXXX , Staatsangehörigkeit Österreich, verheiratet und lebt mit dieser in gemeinsamen Haushalt.

Von April 2013 bis Mai 2015 lebte Frau XXXX in Deutschland, wo sie vom 15.3.2013 bis zum 9.3.2015 einem Studium an der Universität XXXX nachging. Vom 23.9.2013 bis zum 4.10.2013 absolvierte sie ein Orientierungspraktikum an einer Realschule in XXXX und vom 22.10. bis 5.11.2013 an einer Grundschule in XXXX .

Vom 29.7.2013 bis 30.11.2013 war sie als Call-Center-Agentin in XXXX als Werkstudentin beschäftigt und vom 1.4.2015 bis 30.4.2015 war sie bei der Firma XXXX GmbH in XXXX beschäftigt.

Am 22.6.2021 wurde dem BF eine Aufenthaltskarte als EU-Familienangehöriger ausgestellt.

Mit Schreiben vom 14.7.2021 zog der BF seine Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. zurück.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zu den Geburtsdaten des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache und den anderen gesprochenen Sprachen gründen sich auf seine diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben sowie die vorgelegten Nachweise. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen bzw. nachvollziehbar aktualisierten Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Die Feststellung zur strafrechtlichen Verurteilung beruht auf dem im Akt einliegenden Strafregisterauszug.

Die Feststellungen zur Heirat des BF und zu seiner Frau und deren Aufenthalt in Deutschland ergeben sich aus den im Akt einliegenden Unterlagen, insbesondere der Heiratsurkunde des BF, und einer Bestätigung der Universität XXXX .

Dass der BF seine Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. zurückgezogen hat ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Schreiben des BF vom 14.7.2021.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat. Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6).

Dasselbe folgt sinngemäß aus § 17 VwGVG iVm § 13 Abs. 7 AVG.

Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Berufung zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (vgl. z.B. VwGH 22.11.2005, 2005/05/0320, zur insofern auf die Rechtslage nach dem VwGVG übertragbaren Judikatur zum AVG).

In welchen Fällen "das Verfahren einzustellen" ist (§ 28 Abs. 1 VwGVG), regelt das VwGVG nicht ausdrücklich. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall der Zurückziehung der Beschwerde zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG, Anm. 5).

Daraus folgt:

Gegenständlich liegt eine eindeutige Erklärung der Zurückziehung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. (Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten) und II. (Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten) des angefochtenen Bescheides vor, da der Beschwerdeführer die Zurückziehung - wie im Rahmen der Beweiswürdigung bereits dargelegt wurde - schriftlich eindeutig zum Ausdruck gebracht hat.

Der angefochtene Bescheid ist daher aufgrund der von dem Beschwerdeführer erklärten Zurückziehung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und II. hinsichtlich dieser Spruchpunkte rechtskräftig geworden. Damit ist diesbezüglich einer Sachentscheidung insoweit die Grundlage entzogen, weshalb mit Beschluss die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. auszusprechen war.

Zu den Spruchpunkten III. bis VI. des angefochtenen Bescheides:

Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 lauten:

„§ 54. (1) Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen werden Drittstaatsangehörigen erteilt als:

1. „Aufenthaltsberechtigung plus“, die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt,

2. „Aufenthaltsberechtigung“, die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt,

3. „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“, die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt.

[…]

(5) Die Bestimmungen des 7. Hauptstückes gelten nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.“

Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:

„§ 2. (1) Einreisetitel sind Visa gemäß dem Visakodex, nationale Visa (Visa D) gemäß § 20 Abs. 1 und die Besondere Bewilligung gemäß § 27a.

[…]

(4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

[…]

11. begünstigter Drittstaatsangehöriger: der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht;

[…]“

„8. Hauptstück

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Fremde

1. Abschnitt

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Drittstaatsangehörige

Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

[…]

4. Abschnitt

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige

Ausweisung

§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

[…]“

Daraus folgt:

Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG ist ein begünstigter Drittstaatsangehöriger (u.a.) der Ehegatte eines Österreichers, der sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat.

Die Frau des BF ist, wie festgestellt, österreichische Staatsangehörige und hat, wie ebenfalls festgestellt, von April 2013 bis Mai 2015 in Deutschland gelebt, dort von 15.3.2013 bis zum 9.3.2015 studiert sowie auch teilweise gearbeitet. Sohin hat die Frau des BF ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht ausgeübt, weshalb diesem auch eine entsprechende Aufenthaltskarte ausgestellt wurde und ist demnach der BF begünstigter Drittstaatsangehöriger.

In seinem Erkenntnis vom 16.07.2020, Ra 2019/21/0304, hat der VwGH ausgesprochen, dass begünstigte Drittstaatsangehörige einerseits gemäß § 54 Abs. 5 AsylG 2005 nicht in den Anwendungsbereich des 7. Hauptstücks des genannten Bundesgesetzes fallen, weshalb ein Antrag auf einen der dort geregelten Aufenthaltstitel (hier: auf einen solchen nach § 55 AsylG 2005) nicht inhaltlich zu prüfen, sondern zurückzuweisen wäre. Andererseits kann gegen einen begünstigen Drittstaatsangehörigen keine Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG erlassen werden, sondern es sind die Bestimmungen des 4. Abschnitts des 8. Hauptstücks des FPG, die in § 66 und in § 67 aufenthaltsbeendende Maßnahmen (u.a.) gegen begünstigte Drittstaatsangehörige (Ausweisung und Aufenthaltsverbot) regeln, einschlägig (vgl. VwGH 26.6.2019, Ra 2019/21/0115, Rn. 8).

Im Hinblick auf Spruchpunkt III., mit dem ein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG nicht erteilt wurde, bedeutet dies, dass dieser Spruchpunkt zu beheben war, da der BF, als begünstigter Drittstaatsangehöriger nicht unter das 7. Hauptstück des AsylG fällt.

Da anderseits, wie oben ausgeführt, gegenüber dem BF, als begünstigtem Drittstaatsangehörigem, auch keine Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG erlassen werden kann, waren die Spruchpunkte IV., V. und VI ebenfalls zu beheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

individuelle Verhältnisse Spruchpunkt - Zurückziehung Spruchpunktbehebung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W266.2189685.1.00

Im RIS seit

03.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

03.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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