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20/13 Sonstiges allgemeines Privatrecht;Norm
AVG §39 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der R in V, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 14. September 1995, Zl. 3-Gem-147/16/1/95, betreffend Kosten rechtsfreundlicher Vertretung im Enteignungsverfahren nach dem Kärntner Straßengesetz (mitbeteiligte Partei: Stadt Villach, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Villach vom 22. Juli 1994 wurde die Beschwerdeführerin in bezug auf die Parzelle Nr. 61/1, KG X, im Ausmaß von 280 m2 und betreffend die Parzelle Nr. 64/1, KG X, im Ausmaß von 232 m2 unter Festsetzung eines Entschädigungsbetrages nach dem Kärntner Straßengesetz enteignet.
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin durch ihren Rechtsvertreter Berufung erhoben. In dieser Berufung wurden nach den Anträgen, den erstinstanzlichen Bescheid in eine Abweisung des Enteignungsantrages abzuändern bzw. den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Rechtssache an die erste Instanz zurückzuverweisen, folgende Kosten verzeichnet:
"An Kosten verzeichne ich:
Berufung S 9.539,--
(Bem. Grundl. S 460.800,--)
50 % ES S 4.769,50
S 14.308,50
20 % USt S 2.861,70
Verwaltungsgebühr S 150,--
S 17.320,20"
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. September 1994 wurde der Berufung gemäß § 66 Abs. 2 AVG Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz verwiesen.
Nachdem dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin am 26. Juli 1995 telefonisch mitgeteilt worden war, daß die Stadt Villach den Enteignungsantrag zurückgezogen habe, stellte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 31. Juli 1995 folgenden Antrag:
"Die Stadt Villach (Straßenverwaltung) hat den Enteignungsantrag zurückgezogen, wovon ich durch telefonische Anfrage meines Anwaltes am 26.7.1995 erfahren habe.
Aufgrund der Beendigung des Verfahrens verweise ich auf die mit der Berufungsschrift verzeichneten Kosten meiner Vertretung im Verfahren zweiter Instanz in Höhe von S 17.320,20 und wiederhole den
A n t r a g
der Enteignungswerberin Stadt Villach auch den Ersatz dieser Kosten aufzuerlegen."
Hierauf teilte der Bürgermeister mit Schriftsatz vom 11. August 1995 den Rechtsvertretern der Beschwerdeführerin mit, daß der Antrag auf Kostenbestimmung bzw. der Antrag auf Auferlegung der Vertretungskosten in zweiter Instanz an die Mitbeteiligte abgelehnt werde. Die Vertretungskosten zweiter Instanz seien bis zum Abschluß des Verfahrens zweiter Instanz beim Amt der Kärntner Landesregierung geltend zu machen gewesen. Bei rechtzeitiger Geltendmachung der Kosten in zweiter Instanz hätte dann das Amt der Kärntner Landesregierung als Behörde zweiter Instanz diese Kosten bescheidmäßig nach Prüfung der Notwendigkeit und Höhe der Kosten festsetzen können. Aus der Tatsache allein, daß jetzt die Mitbeteiligte den Antrag zurückgezogen habe, könne auf keinen Fall abgeleitet werden, daß die Vertretungskosten vor der Behörde zweiter Instanz nunmehr der Mitbeteiligten seitens der Behörde erster Instanz vorgeschrieben werden könnten. Der abschließende Satz lautet:
"Aufgrund dieser Sach- und Rechtslage war keine andere Entscheidung möglich. Um Kenntnisnahme wird gebeten.
Für den Bürgermeister:"
(es folgt die Unterschrift des Bürgermeisters)
Die gegen dieses von der Beschwerdeführerin als Bescheid qualifizierte Schreiben erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestehe ein Anspruch des Enteigneten auf Ersatz der Kosten für die rechtsfreundliche Vertretung im Enteignungsverfahren. Gemäß § 74 Abs. 2 AVG müsse der Kostenersatzanspruch so zeitgerecht gestellt werden, daß der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden könne. In der Berufung vom 8. August 1994 habe die Beschwerdeführerin keinen diesbezüglichen Antrag auf Ersatz von Vertretungskosten gestellt. In der Folge wird der in der Berufung enthaltene Antrag und das darauf folgende Kostenverzeichnis zitiert. Es werde vergleichsweise auf den Antrag der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen das als Bescheid qualifizierte Schreiben des Bürgermeisters vom 11. August 1995 verwiesen, worin zweifelsfrei festgehalten werde, daß "der Enteignungswerberin Stadt Villach" der "Ersatz der Kosten der anwaltlichen Vertretung der Enteignungsgegnerin mit S 17.320,20 aufzuerlegen" sei. Da der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin in der Berufung vom 8. August 1994 einen diesbezüglichen konkreten Antrag auf Ersatz der Anwaltskosten im Enteignungsverfahren erster Instanz nicht gestellt habe, sei die Berufung abzuweisen gewesen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Ersatz der Kosten ihrer anwaltlichen Vertretung im Enteignungsverfahren gemäß § 38 Kärntner Straßengesetz i.V.m. § 44 Eisenbahnenteignungsgesetz verletzt.
Die belangte Behörde hat - wie die mitbeteiligte Partei - Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Die belangte Behörde hat weiters die kostenpflichtige Abweisung, die mitbeteiligte Partei lediglich die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 38 Abs. 2 Kärntner Straßengesetz, LGBl. Nr. 72/1991 (im folgenden: StrG), entscheidet über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang der Enteignung bei Landes-, Bezirks- und Eisenbahnzufahrtsstraßen die Landesregierung, bei Gemeindestraßen, Ortschafts- und Verbindungswegen die Bezirksverwaltungsbehörde unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes, BGBl. Nr. 71/1954 (im folgenden: EisbEG). Gemäß § 44 EisbEG sind die Kosten des Enteignungsverfahrens und der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung, soweit sie nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten einer Partei hervorgerufen wurden, vom Eisenbahnunternehmen zu bestreiten. Gemäß § 74 Abs. 2 AVG ist der Kostenersatzanspruch so zeitgerecht zu stellen, daß der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann.
Nach Auffassung der Beschwerdeführerin könne das in der Berufungsschrift enthaltene Kostenverzeichnis nur als die Geltendmachung eines entsprechenden Kostenersatzanspruches verstanden werden. Irgendein anderer Zweck des Kostenverzeichnisses sei nicht denkbar. Sie habe ihren Kostenersatzanspruch für die schriftliche Berufung - und nur dies sei Gegenstand des angefochtenen Bescheides - schon mit der Berufung geltend gemacht. Sie habe sich nach der Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides, ohne daß über den Kostenersatz entschieden worden wäre, nicht beschwert erachtet, da der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die erste Instanz verwiesen worden sei. Es gebe keine Bestimmung, daß über den Kostenersatz nach Verfahrensabschnitten von der jeweils befaßten Behörde zu entscheiden sei. Es entspreche der herrschenden Praxis, daß bei aufhebenden Berufungsentscheidungen die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorbehalten bleibe. Aus diesem Grund sei daher auch der mit Schriftsatz vom 31. Juli 1995 ausdrücklich gestellte Antrag auf Kostenersatz rechtzeitig gewesen. Die Beschwerdeführerin sei von der außerhalb der Verhandlung erfolgten Antragsrückziehung nicht verständigt worden und müsse andererseits ihren Kostenersatzanspruch gerade dann durchsetzen können, wenn das Ergebnis ihres Einschreitens die Rückziehung des gegnerischen Antrages sei. In diesem Fall müsse eben mit eigenem Bescheid über den Kostenersatz entschieden werden.
Zunächst ist festzustellen, daß die belangte Behörde im Lichte der hg. Judikatur (siehe den Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A) zu Recht davon ausgegangen ist, daß die Erledigung des Bürgermeisters vom 11. August 1995 als Bescheid zu qualifizieren ist.
Mit Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 11. Februar 1993, Zl. 90/06/0211, hat der Verwaltungsgerichtshof § 44 EisbEG dahin ausgelegt, daß darunter auch die Kosten einer anwaltlichen Vertretung des Enteignungsgegners zu verstehen sind. Da das im vorliegenden Fall anzuwendende StrG ohne Einschränkung auf das EisbEG verweist, ergab sich für die Beschwerdeführerin aus § 38 StrG i. V.m. § 44 EisbEG ein Anspruch auf Ersatz der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung im Enteignungsverfahren.
Der Auffassung der belangten Behörde, daß das in der Berufung der Beschwerdeführerin vom 8. August 1994 enthaltene Kostenverzeichnis nicht als ein Antrag auf Ersatz von Kosten für rechtsfreundliche Vertretung im zweitinstanzlichen Enteignungsverfahren für die Beschwerdeführerin angesehen werden kann, kann nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeführerin weist zu Recht darauf hin, daß Gegenstand des Kostenverzeichnisses in der Berufungsschrift nicht - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid annimmt - Anwaltskosten des Enteignungsverfahrens in erster Instanz waren, sondern Anwaltskosten (nämlich für die Einbringung der schriftlichen Berufung, die letztlich zur Zurückziehung des Enteignungsantrages führte) des Berufungsverfahrens. Es wurde somit von der Beschwerdeführerin rechtzeitig im Sinne des § 74 Abs. 2 AVG ein entsprechender Kostenersatzanspruch in bezug auf die von Rechtsvertretern eingebrachte Berufung geltend gemacht. Nach der hg. Judikatur (vgl. die Erkenntnisse vom 25. November 1960, Slg. Nr. 5432/A, und vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/06/0150) kann aus § 59 AVG nicht abgeleitet werden, daß über Verfahrenskosten nicht in einem eigenen Bescheid abgesprochen werden darf. Sofern die Behörde den Kostenanspruch nicht gemeinsam mit der Hauptsache erledigt, ist sie allerdings verpflichtet, einen gesonderten Bescheid über die Kostenfrage zu erlassen (vgl. das zitierte Erkenntnis Slg. Nr. 5432/A, und den hg. Beschluß vom 20. April 1995, Zl. 93/06/0137). Eines eigenen Antrages zur Erlassung einer Kostenentscheidung bedarf es nur, wenn die Partei die Kostenentscheidung vor der Enderledigung in der Hauptsache begehrt. Wenn nun - wie im vorliegenden Fall - die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 2 AVG den in der Hauptsache ergangenen erstinstanzlichen Bescheid aufhebt und die Angelegenheit an die erste Instanz verweist, ist davon auszugehen, daß die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens mit der Zuständigkeit zur Entscheidung in der Hauptsache auf die Behörde erster Instanz übergeht, die die Entscheidung über die Kosten des bisherigen Verfahrens entweder im Rahmen ihrer Entscheidung über die Hauptsache oder im Falle, daß sie über die Hauptsache gesondert entscheidet oder es auf andere Weise zur Beendigung des Verfahrens in der Hauptsache kommt, einen gesonderten Bescheid über die Kosten des bisherigen Verfahrens zu erlassen hat, ohne daß es dazu eines eigenen Antrages bedarf. Da die belangte Behörde dies im vorliegenden Fall verkannte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995050272.X00Im RIS seit
27.03.2001