Entscheidungsdatum
06.10.2021Norm
AsylG 2005 §58 Abs10Spruch
W192 2156165-4/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.08.2021, Zahl: 831299404-210713724, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Vorangegangene asyl- und fremdenrechtliche Verfahren:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 08.09.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gab dem Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 11.11.2015, Zahl: 13-831299404, gemäß § 3 AsylG 2005 statt und erkannte ihm den Status des Asylberechtigten zu. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
1.3. Mit Urteil eines österreichischen Landesgerichts vom 09.11.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, § 12 erster und dritter Fall StGB und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.
1.4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.04.2017 wurde der dem Beschwerdeführer zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme. Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG unzulässig sei. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt.
Begründend führte das BFA im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer eine rechtskräftige Verurteilung wegen Drogenhandels aufweise, den er wiederholt über einen längeren Zeitraum begangen habe. Aufgrund der aktenkundigen gewerbsmäßigen Tatbegehung zur Aufbesserung seines Lebensunterhalts sei zu befürchten, dass der Beschwerdeführer weitere Straftaten begehen werde, zumal er sich nicht in einer wie auch immer gearteten Notlage befunden hätte. Der Beschwerdeführer habe sich zum Tatvorwurf nicht schuldig bekannt, woraus abzuleiten sei, dass er seine Straftaten nicht bereue und das Unrecht nicht einsehe. Im Ergebnis habe der Beschwerdeführer ein besonders schweres Verbrechen begangen und wiege das öffentliche Interesse an der Ahndung derartiger Straftaten schwerer, als die privaten Interessen des Beschwerdeführers, der keine bzw. eine bloß mangelnde Integration vorweisen könne, weshalb ihm der Status des Asylberechtigten abzuerkennen gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden und stelle eine Gefahr für die Allgemeinheit und die Sicherheit der Republik Österreich dar, weshalb auch der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 03.05.2017 Beschwerde.
Mit Schreiben vom 11.09.2017 teilte das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) dem Beschwerdeführer mit, dass der Bescheid bereits am 04.04.2017 zugestellt worden und die vierwöchige Rechtsmittelfrist daher bereits am 02.05.2017 abgelaufen sei und gewährte dem Beschwerdeführer eine vierzehntätige Frist zur Stellungnahme.
In der Folge brachte der Beschwerdeführer am 26.09.2017 einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beim BVwG ein.
1.5. Mit Beschluss des BVwG vom 28.12.2017 wurde der Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen und die Beschwerde gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG als verspätet zurückgewiesen.
1.6. Mit Schreiben vom 03.03.2020 teilte das BFA dem Beschwerdeführer mit, dass beabsichtigt sei, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung zu erlassen und sich für ihn gegenwärtig kein Abschiebungshindernis in den Herkunftsstaat ergebe, forderte ihn dazu auf, binnen zwei Wochen Gründe, die gegen eine Rückkehrentscheidung sprechen würden, bekanntzugeben und gewährte die Möglichkeit, zu den Länderinformationen Stellung zu nehmen.
Mit Schriftsatz vom 16.03.2020 übermittelte der Beschwerdeführer Arbeits- und Sprachnachweise und führte aus, dass er einen Aufenthaltstitel in Österreich besitze und ihm ein Konventionsreisepass ausgestellt worden sei. Die Ehegattin des Beschwerdeführers lebe in Afghanistan und sei diesbezüglich die Familienzusammenführung beantragt worden. Hinsichtlich seines Bruders, der ebenfalls in Afghanistan lebe, sei bereits ein Termin für die Familienzusammenführung bei der Botschaft bekanntgegeben worden. Zu beiden bestehe regelmäßig telefonischer Kontakt. Der Beschwerdeführer arbeite derzeit als Anlagenbediener und habe schon zuvor sieben Monate auf einer Tankstelle gearbeitet. Aufgrund der langen Abwesenheit könne er sich in Afghanistan keine Existenzgrundlage schaffen und würden die Taliban dort nach wie vor Angst und Schrecken verbreiten.
1.7. Mit Bescheid vom 12.05.2020 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.), einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 und 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).
Zur Rückkehrentscheidung führte das BFA aus, dass der Beschwerdeführer seit 2017 durchgehend erwerbstätig sei, die deutsche Sprache auf einfachem Niveau beherrsche und einige Freundschaften geknüpft habe. Er sei jedoch illegal ins Bundesgebiet eingereist, werde seit rechtskräftiger Aberkennung des Status des Asylberechtigten geduldet, halte sich seither unrechtmäßig in Österreich auf, habe keine familiären Anknüpfungspunkte und sei wegen eines Verbrechens nach dem Suchtmittelgesetz zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Eine nachhaltige Integration des Beschwerdeführers liege daher nicht vor und überwiege das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich. Die Lage für Rückkehrer nach Afghanistan habe sich seit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten maßgeblich und nachhaltig verändert, weshalb die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Bei der Bemessung des Einreiseverbots stützte sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ebenfalls auf die Verurteilung des Beschwerdeführers.
1.8. Gegen den Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seines gewillkürten Vertreters vom 10.06.2020 fristgerecht Beschwerde an das BVwG.
Mit Beschluss vom 29.06.2020 erkannte das BVwG der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zu.
1.9. Mit Erkenntnis vom 04.05.2021, Zahl: W165 2156165-3/10E, hat das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des dargestellten Bescheides gemäß § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 FPG und § 9 BFA-VG als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wurde stattgegeben und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan unzulässig sei. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides wurde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser zu lauten habe: „Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.“ Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wurde stattgegeben und das Einreiseverbot aufgehoben.
Jenes Erkenntnis wurde den Verfahrensparteien jeweils am 04.05.2021 zugestellt. Das Verfahren über eine gegen dieses Erkenntnis eingebrachte außerordentliche Revision des Beschwerdeführers ist derzeit vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig.
2. Gegenständliches Verfahren:
2.1. Am 20.05.2021 stellte der Beschwerdeführer unter Verwendung des hierfür vorgesehenen Antragsformulars den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK.
Vorgelegt wurden (jeweils in Kopie) der Mietvertrag des Beschwerdeführers, Einkommensnachweise für den Zeitraum Oktober 2020 bis März 2021 sowie sein abgelaufener Konventionsreisepass.
In einer Stellungnahme vom 01.06.2021 verwies der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2021, in welchem von einer Unzulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers ausgegangen worden sei und das Einreiseverbot ersatzlos aufgehoben worden sei, da der Beschwerdeführer sich seit Haftentlassung wohlverhalten hätte, einer Erwerbstätigkeit nachginge und selbsterhaltungsfähig sei. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK lägen demnach vor, dies sei nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht gewesen.
Anlässlich einer am 24.06.2021 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu, der bevollmächtigten Vertreterin des Beschwerdeführers und einer Vertrauensperson durchgeführten Einvernahme gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, gesund zu sein und bei einer Firma als Maschinenbediener im Schichtbetrieb zu arbeiten. In seiner Freizeit telefoniere er mit seiner Frau, ginge ins Fitnessstudio oder spazieren. Seine Frau, mit der er seit 2018 verheiratet wäre, sei vor rund zwei Wochen wegen der schlechten Sicherheitslage in Herat in den Iran geflüchtet. Der Beschwerdeführer wohne alleine in einer Mietwohnung mit einer Fläche von 45 bis 65 m2 und verdiene monatlich etwa EUR 1.900,- bis 2.000,- netto. Für die Zukunft wünsche er sich, dass seine Frau nach Österreich komme und er weiterhin arbeiten könne. Er habe einen A1-Deutschkurs und einen Integrationskurs besucht, bislang habe er keinen Kurs auf dem Niveau A2 besucht. In der EU habe er keine Familienangehörigen. Der Beschwerdeführer tätigte sodann Angaben zu seinen aktuellen Befürchtungen für den Fall einer Rückkehr nach Afghanistan sowie zur Lage seiner Familie vor deren Flucht in den Iran.
Abschließend gab der Beschwerdeführer an, seine in der Vergangenheit begangenen Fehler zu bereuen und diese nicht wiederholen zu werden. Er habe Freunde und Bekannte in Österreich und werde sein Bestes geben, die Sprache zu erlernen.
Im Zuge der Einvernahme brachte auch die anwesende Vertrauensperson, ein Freund des Beschwerdeführers, ihre Einschätzung zur strafrechtlichen Verurteilung und zur Persönlichkeit des Beschwerdeführers vor.
Der Beschwerdeführer legte diverse Fotos vor, welche ihn bei Freizeitaktivitäten sowie an seinen Arbeitsstellen im Bundesgebiet zeigen. Desweiteren legte er eine Kopie seines österreichischen Personalausweises, diverse Unterstützungserklärungen durch Bekannte aus Juni 2020, eine Bestätigung vom 05.11.2015 eines Schülerhorts über seine dortige Tätigkeit als Koch, eine Bestätigung vom 26.06.2017 über die Beschäftigung als Mitarbeiter einer Tankstelle, seinen Dienstzettel vom 01.03.2019, seine Geburtsurkunde samt englischer Übersetzung, sowie eine Bestätigung der afghanischen Botschaft vom 17.06.2021 hinsichtlich einer beantragten Reisepassausstellung vor.
2.2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 09.08.2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurück. Begründend wurde ausgeführt, dass sich im Hinblick auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers gegenüber dem im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2021 zugrunde gelegten Sachverhalt keine maßgebliche Änderung ergeben hätte. Der Beschwerdeführer sei seit Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht mehr zum Aufenthalt berechtigt, sein Aufenthalt sei lediglich gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 FPG geduldet. Sein Familien- und Privatleben stelle sich im Wesentlichen unverändert dar, zumal seit Erlassung der Rückkehrentscheidung auch nur ein sehr kurzer Zeitraum verstrichen sei. Der Beschwerdeführer führe nach wie vor kein Familienleben in Österreich und habe das Modul 1 der Integrationsvereinbarung noch nicht absolviert. Seine Erwerbstätigkeit sei positiv zu bewerten, begründe jedoch keinen neuen Sachverhalt.
2.3. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid mit am 08.09.2021 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingelangtem Schriftsatz seines bevollmächtigten Vertreters die gegenständliche Beschwerde, in welcher begründend zusammengefasst ausgeführt wurde, dass Gegenstand des mit Erkenntnis vom 04.05.2021 abgeschlossenen Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 gewesen wäre; in diesem Verfahren sei es um die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 gegangen. Es könne daher schon aus diesem Grund keine entschiedene Sache vorliegen, da die Entscheidung nach § 55 AsylG 2005 vom Bundesverwaltungsgericht gar nicht getroffen worden sei. Die herangezogene Bestimmung des § 58 Abs. 10 AsylG sei daher auch verfassungswidrig. Zudem sei angesichts der erfolgten Einbringung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof noch nicht von einer endgültigen Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auszugehen. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Rückkehrentscheidung so widersprüchlich begründet und ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung erlassen, dass keinerlei Bindungswirkung bestehe. Bei Berücksichtigung der geänderten Verhältnisse wäre jedenfalls eine inhaltliche Entscheidung zu treffen gewesen. Der Beschwerdeführer lebe seit acht Jahren in Österreich, spreche Deutsch auf mindestens B1-Niveau und habe sich während seines Aufenthaltes in Österreich umfassend integriert. Seit seiner Haftentlassung im Jahr 2017 gehe dieser durchgehend einer Beschäftigung nach. Sein privates Umfeld habe sich komplett geändert. Der Beschwerdeführer habe sich von seinem alten Freundeskreis getrennt, sei verschiedenen Beschäftigungen nachgegangen, verdiene aktuell EUR 2.200,- netto und wohne in einer ausreichend großen Mietwohnung. Die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung sei völlig weggefallen. Der Beschwerdeführer sei selbsterhaltungsfähig, zahle Steuern und habe sich einen Freundes- und Bekanntenkreis aufgebaut, wozu auf die vorgelegten Unterstützungserklärungen verwiesen werde. Eine Rückkehrentscheidung würde damit einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers darstellen. Das Bundesverwaltungsgericht wäre verpflichtet gewesen, den Beschwerdeführer persönlich in mündlicher Verhandlung zu vernehmen und hätte dann festgestellt, dass er seit seiner Haftentlassung seit inzwischen über vier Jahren ein tadelloses Leben führe und eine positive Zukunftsprognose vorliege. Die Beschwerde enthält sodann im Wesentlichen – offensichtlich aus dem Revisionsschriftsatz übernommene – weitere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2021, zum Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung und der aus Sicht der Rechtsvertretung unzutreffenden Ansicht, dass es sich bei der vom Beschwerdeführer begangenen Straftat um ein „besonders schweres“ Verbrechen gehandelt hätte. Abschließend wurden im Beschwerdeschriftsatz abermals die im Bundesgebiet bestehenden privaten Bindungen des Beschwerdeführers dargestellt und es wurde ausgeführt, dass sich eine Rückkehrentscheidung auch aufgrund der erfolgten Machtübernahme durch die Taliban obsolet erweisen würde, zumal in der Güterabwägung auch zu berücksichtigen sei, ob überhaupt die realistische Möglichkeit bestünde, im Herkunftsland ein menschenwürdiges Leben zu führen. Die Behörde hätte auch berücksichtigen müssen, dass der Beschwerdeführer mit einer reinen Duldungskarte nicht arbeitsmarktzugangsberechtigt sei und damit „ein Sozialfall würde.“ Es werde daher beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, der Beschwerde Folge zu geben und den beantragten Aufenthaltstitel zu erteilen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 08.09.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gab dem Antrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 11.11.2015, Zahl: 13-831299404, gemäß § 3 AsylG 2005 statt und erkannte ihm den Status des Asylberechtigten zu. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
Mit Urteil eines österreichischen Landesgerichts vom 09.11.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, § 12 erster und dritter Fall StGB und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.
Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 03.04.2017 wurde der dem Beschwerdeführer zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt und festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG unzulässig sei (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und Nichtzuerkennung subsidiären Schutzes wurden auf die dargestellte rechtskräftige Verurteilung gestützt.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.12.2017 wurde ein Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen und die Beschwerde gegen den dargestellten Bescheid gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG als verspätet zurückgewiesen.
Mit Bescheid vom 12.05.2020 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.), einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 und 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise festgesetzt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).
Mit Erkenntnis vom 04.05.2021, Zahl: W165 2156165-3/10E, hat das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des dargestellten Bescheides gemäß § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 1 Z 1 FPG und § 9 BFA-VG als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des Bescheides wurde stattgegeben und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan unzulässig sei. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des Bescheides wurde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser zu lauten habe: „Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.“ Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wurde stattgegeben und das Einreiseverbot aufgehoben.
Jener Entscheidung wurden die folgenden Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers (in der Folge als „BF“ bezeichnet) zugrunde gelegt:
„Der volljährige BF ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist sunnitischer Moslem. Er spricht Dari, Paschtu und Deutsch.
Der BF wurde im Dorf […] im Distrikt Shindand in der Provinz Herat geboren, wo er bis zu seiner Ausreise zuletzt mit seinem Vater, seiner Schwester und seinem jüngeren Bruder in einem Haus lebte.
Der BF hat keine Schulbildung und arbeitete in Afghanistan mehrere Jahre als Hilfsarbeiter, zuletzt in einem Geschäft am Flughafen in Shindand.
In Afghanistan leben die Ehefrau und der Bruder des BF, zu denen er regelmäßig telefonischen Kontakt hat.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig.
Der BF reiste unrechtmäßig in Österreich ein und stellte am 08.09.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid vom 11.11.2015, Zl. 13-831299404, erkannte das BFA dem BF den Status des Asylberechtigten zu und stellte fest, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.
Beweiswürdigend stützte das BFA seine Entscheidung auf die allgemeine Lage in Afghanistan sowie das Vorbringen des BF, wonach er die letzten Jahre vor seiner Ausreise gemeinsam mit seinem Bruder am Flughafen Shindand in einem Geschäft gearbeitet habe, weshalb ihnen die Taliban unterstellt hätten, für die Amerikaner zu spionieren und in der Folge seinen Bruder ermordet hätten.
Mit Urteil des Landesgerichts […] vom 09.11.2016, GZ […], wurde der BF wegen 14 Verbrechen des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, § 12 erster und dritter Fall StGB und der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.
Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF von 31.03.2016 bis 03.05.2016 insgesamt zumindest vier Kilogramm Cannabiskraut mit einem Reinsubstanzgehalt von zumindest 7,2 % Delta-9-THC (sohin 288 Gramm reines Delta-9-THC und das 14,4-fache der Grenzmenge) im Zuge mehrerer Teilhandlungen an zwei seiner Mitangeklagten entweder direkt übergeben oder zur Übergabe an diese beigetragen habe, indem er seine Wohnung dafür zur Verfügung gestellt habe. Zudem habe der BF zwischen Anfang 2014 und seiner Festnahme am 09.05.2016 wiederholt geringe Mengen Cannabiskraut zum ausschließlich persönlichen Gebrauch erworben und besessen.
Im Rahmen der Strafzumessung wertete das Landesgericht die Unbescholtenheit des BF als mildernd, als erschwerend das Zusammentreffen von mehreren Verbrechen mit einem Vergehen.
Aufgrund der Verurteilung erkannte das BFA dem BF den Status des Asylberechtigen mit Bescheid vom 03.04.2017, Zl. 13-831299404, ab, stellte fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zu, erklärte seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan für unzulässig und erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Seither ist der BF in Österreich gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 FPG iVm § 8 Abs. 3a AsylG geduldet.
Die dagegen eingebrachte Beschwerde wies das BVwG mit Beschluss vom 28.12.2017, W169 2156165-1, als verspätet zurück.
Der BF lebte in Österreich zunächst in Tirol, besuchte von 29.10.2013 bis 10.12.2013 einen Deutschkurs auf dem Niveau „Vorkurs A1“ und arbeitete bis zumindest 05.11.2015 etwa ein Jahr ehrenamtlich in einem Schülerhort als Unterstützung in der Küche.
Von 09.05.2016 bis 09.05.2017 befand sich der BF in einer Justizanstalt in Haft und wurde anschließend nach Verbüßung von zwei Dritteln der auferlegten Freiheitsstrafe unter Gewährung einer Probezeit von drei Jahren bedingt entlassen. Die Probezeit ist zwischenzeitlich abgelaufen.
Nach Entlassung aus der Haft übersiedelte der BF nach Vorarlberg, war von 28.05.2017 bis 12.11.2017 als Shopmitarbeiter und Kassier auf einer Tankstelle beschäftigt, arbeitete anschließend für ein Personaldienstleistungsunternehmen und ist seit 01.09.2018 als Anlagenbediener tätig. Am 18.10.2018 nahm er an einem Werte- und Orientierungskurs teil. Der BF bezieht ein monatliches Einkommen von durchschnittlich ungefähr netto EUR 2.600,00. Er lebt alleine in einer Mietwohnung und ist selbsterhaltungsfähig.
Der BF hat in Österreich einen Freundes- und Bekanntenkreis und ist um seine Integration bemüht.
Unter Berücksichtigung der individuellen Situation des BF und der Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan, insbesondere in der Herkunftsprovinz des BF, Herat, sowie in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif, haben sich seit der rechtskräftigen Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung mit Bescheid des BFA vom 03.04.2017, Zl. 13-831299404, weder die Verhältnisse im Herkunftsstaat noch die persönlichen Umstände des BF nachhaltig und wesentlich verändert.“
1.2. Jenes Erkenntnis wurde den Verfahrensparteien jeweils am 04.05.2021 zugestellt. Das Verfahren über eine gegen dieses Erkenntnis eingebrachte außerordentliche Revision des Beschwerdeführers ist derzeit vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängig. Der außerordentlichen Revision wurde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
Der Beschwerdeführer hält sich seit 04.04.2017 unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, sein Aufenthalt ist jedoch gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 und 2 FPG geduldet.
Der Beschwerdeführer stellte den gegenständlichen Antrag am 20.05.2021, sohin rund zwei Wochen nach der am 04.05.2021 erfolgten Erlassung einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung, und begründete den Antrag ausschließlich mit Umständen, welche bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vorgelegen haben und in der durchgeführten Interessensabwägung berücksichtigt wurden.
1.3. Aus dem begründeten Antragsvorbringen des Beschwerdeführers gemäß § 55 AsylG 2005 geht im Vergleich zur bestehenden rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 04.05.2021 ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervor.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen in Bezug auf das Verfahren über den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf internationalen Schutz, das Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten und das anschließende fremdenrechtliche Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie jene, dass sich der Beschwerdeführer seit zumindest 08.09.2013, davon seit 04.04.2017 rechtwidrig, durchgehend im Bundesgebiet aufhält, können aufgrund der unbestrittenen Aktenlage getroffen werden. Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer nach der rechtskräftig negativen Entscheidung über die Aberkennung des Status des Asylberechtigten bzw. der seit 04.05.2021 rechtskräftigen Rückkehrentscheidung das Bundesgebiet der Republik Österreich verlassen hätte oder sonst über eine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich verfügen würde, sind weder aus der Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels noch aus dem Beschwerdevorbringen hervorgekommen.
Die Feststellungen zum anhängigen Revisionsverfahren ergeben sich aus der Einsicht in die elektronische Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichts.
Hinsichtlich der Vorlage von Unterstützungserklärungen sowie Bestätigungen hinsichtlich seiner Erwerbstätigkeiten, seines Mietverhältnisses und seines (unbelegten) Verweises auf vorhandene Deutschkenntnisse ist auszuführen, dass diese Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers bereits in der in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2021 berücksichtigt worden sind. In dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass der Beschwerdeführer unbestritten Integrationsbemühungen gezeigt habe, das Gewicht seines Privatlebens jedoch angesichts seines unrechtmäßigen Aufenthalts sowie der Begehung einer schweren Straftat im Bereich des Suchtgifthandels gemindert sei; der Beschwerdeführer habe keine Familienangehörigen im Bundesgebiet und es sei davon auszugehen, dass dieser nach wie vor ausreichende Bindungen zu seinem Herkunftsstaat, in welchem er aufgewachsen wäre, aufweisen würde, sodass gesamtbetrachtend die öffentlichen Interessen an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens überwiegen würden (vgl. Erkenntnis BVwG vom 04.05.2021, S 47 ff).
Der Beschwerdeführer hat zur Begründung des bereits rund zwei Wochen nach Erlassung des dargestellten Erkennntnisses des Bundesverwaltungsgerichts eingebrachten Antrages keine konkreten Sachverhalte genannt, welche erst nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2021 neu entstanden wären, vielmehr berief er sich auf im Wesentlichen ebenjenen Sachverhalt, welcher bereits im damaligen Verfahren festgestellt und der Interessensabwägung zugrunde gelegt worden ist. Demnach hat das Bundesamt zutreffend dargelegt, dass auch die Erwerbstätigkeit und sohin eine Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers bereits seit 2017 bestanden haben, und sohin ebenfalls keinen seit 04.05.2021 geänderten Sachverhalt begründen.
Eine allfällige seitherige Intensivierung seiner Bindungen im Bundesgebiet – welche angesichts des erst vergleichsweise kurzen Zeitraumes seit Ausspruch der vorangegangenen Rückkehrentscheidung ohnedies kaum angenommen werden könnte –, erfolgte zu einem Zeitpunkt, als sich der Beschwerdeführer der Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes im hohen Maß bewusst sein musste.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018 (in Folge: VwGVG), hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018 (in Folge: B-VG), in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 55 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 (in Folge: AsylG), ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK ("Aufenthaltsberechtigung plus" oder "Aufenthaltsberechtigung") zu erteilen, wenn dies zumindest gemäß § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 (in Folge: BFA-VG), zur Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.
Gemäß § 58 Abs. 10 AsylG sind Anträge gemäß § 55 leg. cit. als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht.
Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war; das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens; die Schutzwürdigkeit des Privatlebens; der Grad der Integration; die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden; die strafgerichtliche Unbescholtenheit; Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts; die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002, 0003; VwGH 23.06.2015, Ra 2015/22/0040; VwGH 16.09.2015, Ra 2015/22/0082 bis 0084). Eine erstmalige inhaltliche Entscheidung über die zugrundeliegenden Anträge würde demgegenüber den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens überschreiten (VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115).
Gegenstand des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens ist daher auf Grund der zurückweisenden Entscheidung in dem im Spruch bezeichneten Bescheid nur, ob diese Zurückweisung zu Recht erfolgte.
Bereits insofern geht der Beschwerde gestellte Antrag auf Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels durch das Bundesverwaltungsgericht ins Leere.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 22.07.2011, 2011/22/0127; VwGH 05.05.2015, Ra 2014/22/0115) liegt ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht erst dann vor, wenn der vorgebrachte Sachverhalt auch konkret dazu führt, dass nunmehr der begehrte Aufenthaltstitel erteilt werden müsste. Vielmehr läge ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nur dann nicht vor, wenn die geltend gemachten Umstände von vornherein keine solche Bedeutung aufgewiesen hätten, die eine Neubeurteilung aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK geboten hätte. Nur in einem solchen Fall ist eine - der Sache nach der Zurückweisung wegen entschiedener Sache nachgebildete - Zurückweisung (nunmehr) gemäß § 58 Abs. 10 AsylG zulässig (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).
Die Zurückweisung nach § 58 Abs. 10 AsylG 2005 ist jener wegen entschiedener Sache nachgebildet, sodass die diesbezüglichen (zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten) Grundsätze herangezogen werden können. Demnach ist eine Sachverhaltsänderung dann wesentlich, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann bzw. eine andere Entscheidung zumindest möglich ist. Die Behörde hat daher eine Prognose anzustellen, in deren Rahmen die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach jener Wertung zu beurteilen ist, die das geänderte Sachverhaltselement seinerzeit erfahren hat. Dabei sind die nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände einzubeziehen, indem zu beurteilen ist, ob es als ausgeschlossen gelten kann, dass im Hinblick auf früher maßgebliche Erwägungen nun eine andere Beurteilung geboten sein könnte (vgl. VwGH 26.06.2020, Ra 2017/22/0183 mwN; 29.03.2021, Ra 2017/22/0196. mwN).
3.2. Im gegenständlichen Fall hat sich die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides auf § 58 Abs. 10 AsylG als Grundlage für die Zurückweisung bezogen. Das Bundesverwaltungsgericht war im gegenständlichen Fall dazu berufen, die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung zu prüfen.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der vom BFA unter dem Gesichtspunkt „entschiedene Sache“ vorgenommenen Antragszurückweisung nach § 58 Abs. 10 AsylG 2005 ist jener der Erlassung des behördlichen Bescheides (vgl. etwa VwGH 26.06.2020, Ra 2017/22/0183, Punkt 6.2. der Entscheidungsgründe, mwN, wonach für diese Prüfung jene Umstände maßgeblich sind, die bis zum erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheid eingetreten sind). Andererseits ergibt sich schon aus dem Gesetzeswortlaut des § 58 Abs. 10 AsylG 2005, dass für das BFA maßgebliche Beurteilungsgrundlage nur das „Antragsvorbringen“ ist und dass das BVwG bloß die Richtigkeit der vom BFA - auf dieser Basis - ausgesprochenen Zurückweisung zu prüfen hat (vgl. erneut VwGH 26.06.2020, Ra 2017/22/0183, nunmehr Punkt 6.4. der Entscheidungsgründe; siehe auch VwGH 29.05.2013, 2011/22/0102, zur Vorgängerregelung des § 44b Abs. 1 Z 1 NAG, wonach „Sache“ des Berufungsverfahrens nur die Frage ist, ob die Zurückweisung des Antrages durch die erstinstanzliche Behörde zu Recht erfolgte) (vgl. VwGH 22.01.2021, Ra 2020/21/0520).
Im vorliegenden Fall wurde gegen den Beschwerdeführer mit dem seine Beschwerde als unbegründet abweisenden Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2021, Zahl: W165 2156165-3/10E, rechtskräftig seit 04.05.2021, eine Rückkehrentscheidung erlassen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte daher zu prüfen, ob sich seit 04.05.2021 eine maßgebliche Veränderung im Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK ergab. Der jener Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt dient als Vergleichsmaßstab, ob gegenständlich von einem maßgeblich (oder nicht maßgeblich) geänderten Sachverhalt auszugehen ist und daher die Antragszurückweisung zu Unrecht (oder zu Recht) erfolgt ist.
Unzutreffend ist hingegen die im Beschwerdeschriftsatz vertretene Rechtsansicht, wonach die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2021 keine taugliche Vergleichsentscheidung darstellen würde, da das Verfahren lediglich die Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, nicht jedoch die Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 AsylG 2005 zum Gegenstand gehabt hätte und daher auch die angewandte Bestimmung des § 58 Abs. 10 AsylG 2005 als verfassungswidrig zu erachten wäre.
Vielmehr lassen die anzuwendende Rechtslage und ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs deutlich erkennen, dass der – mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2021 erfolgten – Prüfung einer Rückkehrentscheidung der gleiche Beurteilungsgegenstand zugrunde liegt, welcher auch für die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 maßgeblich ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 12.11.2015, Ra 2015/21/0101, ausführlich auf den inhaltlichen Gleichklang der Beurteilung eines Eingriffs in das Privat- und Familienleben eines Fremden bei Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung einerseits und der Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 andererseits Bezug genommen. Demnach sind sowohl die Zulässigkeit der gegen den Fremden erlassenen Rückkehrentscheidung als auch die inhaltliche Berechtigung seines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 - ebenso wie auch die amtswegige Prüfung - jeweils vom Ergebnis der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG 2014 abhängig (s. auch VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0103).
Ist eine Rückkehrentscheidung im Grunde des § 9 BFA-VG auf Dauer unzulässig, dann ist auch - zwingend - von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 zu erteilen, woran auch die in § 60 Abs. 1 und 3 Z 1 AsylG 2005 normierten "allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen" nichts ändern können. Eine amtswegige Prüfung, ob dem Fremden ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen wäre, über deren "Ergebnis" gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen ist, ist nur für den Fall vorgesehen, dass eine Rückkehrentscheidung im Grunde des § 9 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Jedenfalls nach der Neufassung des § 58 Abs. 2 AsylG 2005 durch das FrÄG 2015 bietet dessen Abs. 3 keine Rechtsgrundlage (mehr), in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung erlassen oder nur für vorübergehend unzulässig erklärt wird, darüber hinaus auch noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG 2005 abzusprechen, mag der Fremde dadurch auch nicht in Rechten verletzt sein, wenn der im dargestellten Sinn erfolgte Abspruch über die Rückkehrentscheidung zu Recht ergangen war.
Umgekehrt bestimmt - als Nachfolgeregelung des § 44b Abs. 1 Z 1 NAG - nunmehr § 58 Abs. 10 AsylG 2005, dass Anträge gemäß § 55 AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen sind, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht.
Die Ausführungen der Beschwerde gehen daher vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage und der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur ins Leere.
Ebenso unzutreffend ist die im Beschwerdeschriftsatz vertretene Auffassung, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2021 aufgrund der erfolgten Einbringung einer außerordentlichen Revision durch den Beschwerdeführer, über welche bis dato noch nicht entschieden worden ist, noch nicht in Rechtskraft erwachsen wäre und daher keine taugliche Vergleichsentscheidung darstellen würde. Unbestritten wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2021 durch Zustellung an die Verfahrensparteien ordnungsgemäß erlassen. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH hindert die Erhebung einer Revision die Rechtskraft des angefochtenen Erkenntnisses nicht (vgl. aus vielen etwa VwGH 28.07.2021, Ra 2021/05/0080, mwN). Im Übrigen hat auch der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 24.11.2015, 1Ob 127/15f, mit ausführlicher Begründung ausgesprochen, dass sich der Gesetzgeber bei Einführung der Revision gegen Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 zwar am Modell der ZPO orientierte, daraus aber nicht abgeleitet werden könne, dass durch die Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts dessen Rechtskraft hinausgeschoben werden sollte.
Es liegt sohin trotz des anhängigen Verfahrens über die außerordentliche Revision eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und für die Beurteilung nach § 58 Abs. 10 AsylG 2005 taugliche Vergleichsentscheidung vor.
Schließlich ist auch die Argumentation in der Beschwerde, dass eine Bindungswirkung der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung nicht vorliegen würde, da diese nach Ansicht der Rechtsvertretung zu Unrecht bzw. in einem mangelhaften Verfahren ausgesprochen worden wäre, verfehlt. Hierzu wird auf die dargestellte Judikatur zum Verfahrensgegenstand des Beschwerdeverfahrens verwiesen. Die inhaltliche Überprüfung der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hat im gegenständlichen Verfahren nicht zu erfolgen und ist Gegenstand des anhängigen Revisionsverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof. Sollte der Verwaltungsgerichtshof im dortigen Verfahren zum Ergebnis gelangen, dass Umstände vorliegen, welche zur Aufhebung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2021 führen, so hätte das Bundesverwaltungsgericht die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung und damit auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 im fortgesetzten Verfahren ohnedies nochmals inhaltlich zu prüfen.
Die umfangreichen Ausführungen in der gegenständlichen Beschwerde, welche offenbar dem Revisionsschriftsatz entnommen wurden und sich gegen die Richtigkeit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2021 richten, haben daher im gegenständlichen Verfahren außer Acht zu bleiben. Angemerkt sei jedoch, dass das Bundesverwaltungsgericht in der angeführten Entscheidung unter Zugrundelegung aller vom Beschwerdeführer vorgebrachten Aspekte eine Interessensabwägung vorgenommen hat und darstellte, weshalb – trotz der vom BVwG ohnedies festgestellten Integration des Beschwerdeführers in beruflicher, sprachlicher und sozialer Hinsicht – von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung auszugehen sei. Zu den umfangreichen Ausführungen im Hinblick auf den von der Rechtsvertretung argumentierten Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung ist ebenso festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung vom 04.05.2021 einen solchen ohnedies angenommen hat und aus diesem Grund das gegen den Beschwerdeführer verhängte Einreiseverbot aufgehoben hat.
3.3. Seit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2021, in dem von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet ausgegangen wurde (vgl. BVwG 04.05.2021, S. 47 ff), ist keine Veränderung in Bezug auf die Integration des Beschwerdeführers eingetreten, die einer Zurückweisung des gegenständlichen Antrags gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 entgegenstünde. Dieser hat im gegenständlichen Verfahren ausschließlich auf die bereits im vorangegangenen Verfahren vorgebrachten und der Beurteilung zugrunde gelegten Umstände seiner beruflichen und sozialen Integration verwiesen, jedoch keine neu entstandenen Sachverhalte vorgebracht. Die vorgebrachten beruflichen Tätigkeiten, die aktuelle Selbsterhaltungsfähigkeit, das Bestehen eines Freundeskreises und die Bemühung um eine Erlernung der deutschen Sprache uns die zum diesbezüglichen Beleg vorgelegten Unterlagen haben allesamt bereits vor Rechtskraft der vorangegangenen Rückkehrentscheidung vorgelegen, weshalb diese für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung außer Betracht zu bleiben haben.
Auch der Zeitablauf von rund drei Monaten zwischen Rechtskraft der vorangegangenen Rückkehrentscheidung und Erlassung des angefochtenen Bescheides führt für sich genommen zu keiner maßgeblichen Änderung der Sachlage. So ging der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 27.01.2015, Ra 2014/22/0094, davon aus, dass weder ein Zeitablauf von ca. zwei Jahren zwischen der rechtskräftigen Ausweisung und dem Zurückweisungsbeschluss der Behörde, noch verbesserte Deutschkenntnisse und Arbeitsplatzzusagen eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 44b NAG 2005 idF vor 2012/I/097 darstellen.
Es ist zudem als maßgeblich festzuhalten, dass eine allfällige seither erfolgte Intensivierung des Privatlebens des Beschwerdeführers im Bundesgebiet erst zu einem Zeitpunkt entstanden wäre, als gegen den Beschwerdeführer bereits eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorgelegen hat, weshalb unter Berücksichtigung des erst kurzen Zeitraums seit Rechtskraft der Entscheidung des BVwG vom 04.05.2021 auszuschließen ist, dass nun eine andere Beurteilung im Hinblick auf die (Un)Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung geboten sein könnte.
Hervorzuheben ist in diesem Kontext nochmals, dass sich der Beschwerdeführer seines unsicheren (und illegalen) Aufenthalts seit Aberkennung des Status des Asylberechtigten bewusst war und sohin einem allfällig entstandenen Privat- und Familienleben ohnehin ein entsprechend geringes Gewicht zuzumessen wäre. Dies gilt umso mehr für Integrationsaspekte, die erst nach einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung entstanden sein mögen. Der Beschwerdeführer stellte den verfahrensgegenständlichen Antrag infolge unrechtmäßigen Verbleibs im Bundessgebiet in Missachtung seiner mit Erkenntnis vom 04.05.2021 ausgesprochenen Ausreiseverpflichtung.
Änderungen hinsichtlich der familiären Situation und der beruflichen Integration des Beschwerdeführers, seiner (formell nachgewiesenen) Deutschkenntnisse oder hinsichtlich seiner Bindung zum Herkunftsstaat wurden nicht vorgebracht. Als einziger nach Erlassung der Rückkehrentscheidung neu eingetretener Umstand wurde vom Beschwerdeführer der zwischenzeitliche Wegzug seiner Ehefrau aus Afghanistan in den Iran genannt. Dieser Aspekt vermag jedoch im vorliegenden Verfahren keinen maßgeblich geänderten Sachverhalt, der potentiell zu einem anderslautenden Verfahrensergebnis führen könnte, zu begründen, zumal der Umfang der Bindungen des Beschwerdeführers in Afghanistan laut den Erwägungen im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.05.2021 keinen für die Rückkehrentscheidung bzw. Interessensabwägung maßgeblichen Aspekt gebildet hat. Auch in Bezug auf die allgemeine Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers hat sich keine wesentliche Änderung ergeben, wobei dies im gegenständlichen Verfahren zu keinem Zeitpunkt behauptet wurde. Dass die Abschiebung in den Herkunftsstaat (weiterhin) unzulässig ist, wurde ohnehin bereits im vorangegangenen Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts festgestellt, sodass auch die in der Beschwerde angesprochene Verschlechterung der Rückkehrsituation infolge der Machtübernahme durch die Taliban keinen für das gegenständliche Verfahren maßgeblichen Sachverhalt begründet.
Wenn in der Beschwerde moniert wird, dass der Beschwerdeführer eine maßgebliche Integration im Bundesgebiet aufweist und daher die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 beantragt, wird verkannt, dass Gegenstand des nunmehrigen Beschwerdeverfahrens lediglich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des verfahrensgegenständlichen Antrags ist und eine (neuerliche) inhaltliche Entscheidung schon aus diesem Grund unzulässig wäre. Nach dem Vorgesagten hatte eine Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK zu unterbleiben; das Verwaltungsgericht hatte bloß die Richtigkeit der in erster Instanz ausgesprochenen Zurückweisung zu prüfen (vgl. 26.06.2020, Ra 2017/22/0183).
Zur – für den Beschwerdegegenstand nicht maßgeblichen, jedoch in der Beschwerde angesprochenen – Frage des Zugangs des Beschwerdeführers zum österreichischen Arbeitsmarkt wird auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.02.2021, Ra 2020/08/0183, verwiesen.
3.4. Da aufgrund der obigen Erwägungen nicht von einem geänderten Sachverhalt auszugehen ist, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, war die durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ausgesprochene Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK nicht zu beanstanden.
Insgesamt liegen damit keine Sachverhaltsänderungen vor, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen bei der hier anzustellenden Prognose den Schluss zugelassen hätten, es wäre - auch im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung - eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK zumindest möglich gewesen.
Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückzuweisen war und die Beschwerde war demnach spruchgemäß vom Bundesverwaltungsgericht abzuweisen.
4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Vorliegend war das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung durch § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG gedeckt, zumal der das Verwaltungsverfahren einleitende Antrag zurückzuweisen war (vgl. VwGH 29.03.2021, Ra 2017/22/0196). Es ist nicht ersichtlich, dass eine mündliche Verhandlung in Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens dennoch geboten gewesen wäre. Im Übrigen legten die belangte Behörde als auch das Verwaltungsgericht die behaupteten Umstände für eine vertiefte soziale Integration ohnehin zu Grunde, sodass insoweit kein ungeklärter Sachverhalt vorlag (vgl. VwGH 26.06.2020, Ra 2017/22/0183 mwN).
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Aufenthaltstitel individuelle Verhältnisse Interessenabwägung mangelnder Anknüpfungspunkt öffentliche Ordnung VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W192.2156165.4.00Im RIS seit
05.01.2022Zuletzt aktualisiert am
05.01.2022