TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/15 96/05/0227

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Veröffentlicht am 15.10.1996
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L80003 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Niederösterreich;
L81703 Baulärm Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
BauO NÖ 1976 §100 Abs2;
BauO NÖ 1976 §113 Abs2 Z3 lita;
BauO NÖ 1976 §113 Abs2a;
BauRallg;
ROG NÖ 1976 §19;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des G und der EM in W, beide vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau vom 20. Juli 1996, Zl. MD-M-3/1996Li, betreffend Erlassung eines Bauauftrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem dieser angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Anläßlich eines Ortsaugenscheines des Baurechtsamtes der Stadt Krems an der Donau vom 24. Oktober 1995 wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführer auf dem im Flächenwidmungsplan der Stadt Krems an der Donau als Grünland-Landwirtschaft ausgewiesenen Grundstück Nr. 713/2, KG X, ein Gartenhaus in Holzriegelbauweise im Gesamtausmaß von 5 m x 6 m errichtet haben. Am 29. Juni 1995 war "ein Schnurgerüst hinsichtlich des Grundrisses" und der "Humusabhub für das Betonieren der Stahlbeton-Fundamentplatte" vorhanden. Die Stahlbetonplatte wurde Mitte Juli 1995 hergestellt und war erst am 30. Juli 1995 fertiggestellt. Auf einem Foto vom 6. August 1995 ist eine Gartenhütte mit Außenverschalung und Dachdeckung erkennbar. Das Gebäude soll vorwiegend Aufenthaltszwecken dienen.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Krems vom 13. März 1996 wurde den Beschwerdeführern aufgetragen, das konsenslos errichtete Gebäude (Kleingartenhaus) auf dem Grundstück Nr. 713/2, KG X, abzutragen.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau vom 20. Juli 1996 wurde der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 66 Abs. 4 AVG und § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a der NÖ Bauordnung 1976 in Verbindung mit § 19 Abs. 4 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 in der jeweils geltenden Fassung keine Folge gegeben. Unstrittig sei, daß nach alter wie neuer Rechtslage Bauten im Grünland grundsätzlich nicht bewilligungsfähig seien. Die zum 29. Juni 1995 für die Errichtung des abzutragenden Gebäudes geleisteten Vorarbeiten entsprächen nicht den im § 113 Abs. 2a der Niederösterreichischen Bauordnung in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-13 normierten Tatbestandsvoraussetzungen der Erkennbarkeit des Grundrisses und des beabsichtigten Verwendungszweckes. Dies gehe bereits aus der Interpretation der Worte in ihrem Zusammenhang hervor, weil im Gesetz von "Fertigstellung" des Gebäudes die Rede ist. Wenn aber lediglich die allerersten Vorbereitungsarbeiten gemacht worden seien, könne schon begrifflich nicht von einer - wenn auch nur teilweisen - Fertigstellung gesprochen werden. Den Ausführungen der Beschwerdeführer selbst sei zu entnehmen, daß wohl der Grundriß erkennbar gewesen sei, keineswegs aber der beabsichtigte Verwendungszweck. Die vorzitierte "Amnestieregelung" solle nur dort greifen, wo eine Baulichkeit im Grünland nicht ohnehin aufgrund ihres Verwendungszweckes einer Bewilligung zugänglich sei (etwa einem landwirtschaftlichen Gebäude auf einem Grundstück mit der Flächenwidmung/Nutzungsart Grünland-Landwirtschaft). Aufgrund der Ausführungen der Beschwerdeführer selbst habe es keiner weiteren Feststellungen über den Bauzustand zum Zeitpunkt 29. Juni 1995 bedurft.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Nichterlassung eines Abbruchsbescheides verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und eine solche infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Baubehörde zweiter Instanz vom 20. Juli 1996 ist für die Erlassung eines Bauauftrages nach § 113 Abs. 2 Z. 3 der NÖ Bauordnung 1976 die am 22. September 1995 in Kraft getretene Bauordnungsnovelle 1995, LGBl. 8200-13 (BO), anzuwenden.

Gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerkes anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine baubehördliche Bewilligung vorliegt und

a) die fehlende Bewilligung nicht erteilt werden darf, weil das Bauvorhaben nicht zulässig ist oder

b) der Eigentümer den für die fehlende Bewilligung erforderlichen Antrag nicht innerhalb der von der Behörde bestimmten Frist ab der Zustellung der Aufforderung hiezu eingebracht hat.

Gemäß § 19 Abs. 1 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 (ROG) in der hier anzuwendenen Fassung der am 1. Jänner 1976 in Kraft getretenen Novelle LGBl. 8000-10 gehören alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen zum Grünland.

Gemäß Abs. 3 der zitierten Gesetzesstelle dürfen im Grünland Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden sowie die Herstellung und Abänderung von baulichen Anlagen nur dann bewilligt werden, wenn sie für eine Nutzung gemäß Abs. 2 erforderlich sind.

Gemäß § 100 Abs. 2 BO ist eine Baubewilligung u.a. zu versagen, wenn durch die Ausführung des Vorhabens Bestimmungen des NÖ ROG über die Zulässigkeit von Bauführungen auf Flächen mit bestimmten Widmungs- und Nutzungsarten sowie über Vorbehaltsflächen und Bausperren verletzt werden.

Für die Erteilung eines Beseitigungsauftrages ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch die Baubehörde maßgeblich, mag auch zu einem früheren Zeitpunkt die Erwirkung einer Baubewilligung möglich gewesen sein (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. August 1996, Zl. 96/05/0180). Die im Flächenwidmungsplan für das gegenständliche Grundstück der Beschwerdeführer ausgewiesene Widmung Grünland-Landwirtschaft schließt die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung für das darauf befindliche, von den Beschwerdeführern als "Gartenhütte" bezeichnete und nicht für einen landwirtschaftlichen Zweck genutzte Bauwerk aus (vgl. hiezu das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 27. August 1996). Gegenteiliges wird von den Beschwerdeführern auch in ihrer Beschwerde nicht vorgebracht. Vielmehr tragen sie vor, daß, ausgehend von den behördlichen Feststellungen, zum Stichtag habe bereits ein Schnurgerüst bestanden und sei bereits der Humusabhub für das Betonieren der Stahlbeton-Fundamentplatte für das Gartenhaus erfolgt, die Anwendbarkeit der Amnestiebestimmung des § 113 Abs. 2a BO gerechtfertigt sei. Die Ausnahmebestimmung des § 113 leg. cit. verfolge nämlich den Zweck, daß fertige oder zumindest in Angriff genommene Bauvorhaben, welche mit der Flächenwidmung nicht unbedingt im Einklang stehen, nachträglich saniert würden. Der Gesetzgeber habe als Voraussetzung der Amnestie festgelegt, daß Flächenausmaß und Verwendungszweck erkennbar sein müßten. Die bereits geleisteten Vorarbeiten müßten zum Stichtag mit dem endgültigen Bauvorhaben nur in einem sinnvollen Konnex stehen, nicht aber bereits tatsächlich einen bestimmten Zustand erreicht haben. Abgestellt werde auf die "Erkennbarkeit"; daraus leite sich ein großzügiger Maßstab ab. Bei ordnungsgemäßer Erhebung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes hätte die belangte Behörde zum Ergebnis gelangen müssen, daß angesichts der örtlichen Verhältnisse und der Benützungs- und Bewirtschaftungsart des Grundstückes die Errichtung etwa nur eines - wie von der Behörde angenommen - Flugdaches oder gar eines Wasserbehälters viel unwahrscheinlicher sei als die Errichtung einer Gartenhütte, welche in der näheren Nachbarschaft im übrigen in reicher Zahl bestünden.

Gemäß § 113 Abs. 2a BO hat die Anordnung des Abbruches eines wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan nicht genehmigungsfähigen Gebäudes zu entfallen, wenn u.a. das Gebäude vor dem 29. Juni 1995 so weit fertiggestellt wurde, daß der Grundriß und der beabsichtigte Verwendungszweck erkennbar war.

Ausgehend von den unstrittigen Feststellungen der belangten Behörde, wonach zum gesetzlich festgesetzten Stichtag 29. Juni 1995 die Beschwerdeführer ein Schnurgerüst, welches die Umrisse des zu errichtenden Gebäudes wiedergibt, errichtet hatten und ein Humusaushub zum Zwecke des Betonierens der Stahlbeton-Fundamentplatte bereits durchgeführt gewesen sei, fehlt es schon am Tatbestandsmerkmal der Erkennbarkeit des Grundrisses. Unter Grundriß versteht man die senkrechte Projektion eines Gegenstandes auf eine waagrechte Ebene, sie ergibt das Bild von oben. Im Bauwesen wird unter Grundriß die Projektion eines durch ein Gebäude (bauliche Anlage) oder einen Gebäudeteil gelegten waagrechten Schnittes verstanden; dargestellt werden alle Teile, die unter der gedachten Schnittebene sichtbar sind (vgl. die Definition bei "Der große Brockhaus", 16. Auflage, S. 116). Ein die Umrisse einer erst zu errichtenden baulichen Anlage andeutendes Schnurgerüst kann daher jedenfalls nicht als Grundriß im Sinne des § 113 Abs. 2a BO angesehen werden. Abgesehen davon ist der belangten Behörde kein Rechtsirrtum unterlaufen, wenn sie davon ausging, daß bei einem Erdaushub für das Betonieren einer Stahlbeton-Fundamentplatte der beabsichtigte Verwendungszweck eines zu errichtenden Gebäudes keineswegs erkennbar ist. Das Tatbestandsmerkmal "erkennbar" bedeutet nämlich im gegebenen Zusammenhang, daß das noch nicht fertiggestellte Gebäude dem bestimmungsgemäßen Verwendungszweck eindeutig zuordenbar ist.

Bei dieser Rechtslage bedurfte es daher keiner weiteren Erhebungen durch die Baubehörden. Der diesbezüglich behauptete Verfahrensmangel liegt somit nicht vor. Zu welchem anderen Ergebnis die Baubehörden hätten kommen sollen, wenn die von den Beschwerdeführern - in der Beschwerde nicht näher konkretisierten - Beweisaufnahmeanträge durchgeführt worden wären, wird in der Beschwerde nicht näher ausgeführt.

Abschließend ist festzuhalten, daß die Beschwerdeführer offensichtlich keinen Antrag gemäß § 113 Abs. 2b BO gestellt haben.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die in der Beschwerde behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996050227.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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