Entscheidungsdatum
07.10.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W196 2211436-1/13E
W196 2211440-1/8E
W196 2211438-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX 2) XXXX , geb. XXXX 3) XXXX , geb. XXXX , alle Staatsangehörige der Russischen Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2018, Zahlen 1) 790997100-150281053, 2) 1077848907-160144819, 3) 1200955804-180715420, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. der angefochtenen Bescheide werden als unbegründet abgewiesen.
II. Den Beschwerden gegen den Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide wird stattgegeben und festgestellt, dass gemäß § 9 BFA-VG eine die Beschwerdeführer betreffende Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.
1) XXXX , wird gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 und § 54 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
2) XXXX und 3) XXXX wird gemäß § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 und § 54 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
III. In Erledigung der Beschwerden wird der Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1.) Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der Zweit und der Drittbeschwerdeführerin. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation.
Die Erstbeschwerdeführerin reiste erstmals im August 2009 als Minderjährige nach Österreich ein und stellte am 19.08.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie kam damals in Begleitung ihrer Eltern sowie ihrer Schwestern und ihres Bruders. Sie war im Besitz einer Asylkarte der Republik Polen. Zum damaligen Fluchtgrund befragt gab sie an, ihr Vater wäre festgenommen worden und daher wären sie ausgereist. Der Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamts vom 17.11.2009 zurückgewiesen und festgestellt, dass Polen für die Führung des Asylverfahrens zuständig sei. Der dagegen eingebrachten, fristgerechten Beschwerde wurde durch Erkenntnis des AGH vom 07.01.2009 keine Folge gegeben.
2.) Am 18.03.2015 stellte die Erstbeschwerdeführerin einen weiteren, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Sie gab dabei an, dass sie schwanger wäre und keinen Ausweg gesehen habe als in Österreich einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz einzubringen. Sie habe gemeinsam mit ihren Eltern und den Geschwistern in der Schweiz und in Holland einen Asylantrag eingebracht. Sie hätten allerdings dort kein Aufenthaltsrecht erhalten und so sei sie daher gemeinsam mit den Eltern nach Polen zurückgekehrt.
Sie habe sich danach schon seit Juli 2014 in Österreich an einer Adresse in Wels, und mit ihrem Ehemann in Linz aufgehalten. Ihr Ehemann hätte damals nicht angemeldet in Linz gewohnt und schwarz gearbeitet. Der Ehemann und Vater des ungeborenen Kindes sei XXXX .
3.) Am 25 09.2015 wurde das Asylverfahren der Erstbeschwerdeführerin zugelassen. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 03.09.2018 bestand die Familie aus der Erstbeschwerdeführerin und ihren beiden, 2015 und 2018 geborenen Töchtern.
Der Ehemann und Vater der beiden Töchter, ein Staatsbürger der Russischen Föderation lebt seit 2005 als anerkannter Flüchtling in Österreich. Eine standesamtliche Eheschließung liegt nicht vor, da die Ehe 2014 vor einem Imam in Linz geschlossen wurde. Seit Jänner 2018 ist der Ehemann bzw. Vater der Kinder nicht mehr im Bundesgebiet gemeldet. Dies wurde von der Erstbeschwerdeführerin in der Einvernahme bestritten, indem sie ein Dokument vorlegte, das beweisen sollte, dass ihr Ehemann in Linz gemeldet sei. Ihren Angaben im Verfahren zufolge verfüge er über den Status eines anerkannten Flüchtlings und arbeite bei einer Firma in Wels. Er sei aber derzeit im Krankenstand, da er sich am Fuß verletzt habe. Nach ihren Eltern befragt gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass ihre Eltern sich derzeit beide in Tschetschenien aufhalten und dort leben würden, sie aber schon länger keinen Kontakt mehr zu ihnen habe.
Zu ihrer Ausbildung befragt, gab sie an, in Polen sechs Jahre lang die Grundschule besucht zu haben, sonst keine weitere Ausbildung zu haben und sie habe auch noch nie gearbeitet. Sie habe in ihrer Heimat Tschetschenien zahlreiche im Bescheid der Erstbehörde aufgezählte Verwandte die Tschetschenen und Moslem seien. Probleme mit den Behörden in der Heimat habe sie nicht. Sie wäre auch nicht politisch tätig oder Mitglied einer politischen Partei gewesen. Sie wäre nicht Mitglied einer Organisation oder habe sonstige Probleme aufgrund eines Naheverhältnisses zu einer Organisation, einem Club oder einem Verein. Auch aufgrund ihres Religionsbekenntnisses und Volksgruppenzugehörigkeit habe sie keine Probleme. Sie habe auch keine Probleme wie Blutfehde oder Racheakte mit Privatpersonen.
Nach dem Grund für das Verlassen ihrer Heimat befragt gab sie an, dass sie in ihrer Heimat keine Probleme habe, sondern nur ihr Vater Probleme gehabt habe und sie aus diesem Grund ausgereist sei. Sie wäre daher jetzt schon sehr lange nicht mehr im Heimatland gewesen und würde sich dort nicht mehr zurechtfinden. Andere Gründe warum sie den Heimatsstaat verlassen habe gebe es nicht. Wenn sie zum jetzigen Zeitpunkt in den Herkunftsstaat zurückkehren müsste habe sie ein Problem, da ihr Mann anerkannter Flüchtling sei und sie mit ihm leben möchte. Die Kinder würden ein Anrecht auf den Status eines anerkannten Flüchtlings haben. Sie habe deshalb ein Aufenthaltsrecht aus diesem Grund angestrebt. In Österreich habe sie keine weiteren Verwandten, aktuell besuche sie einen Deutschkurs und lerne Deutsch aus dem Internet. Den Lebensunterhalt bestreite sie von dem was ihr Ehemann verdiene. Derzeit arbeite sie nicht.
Für die beiden Töchter der Erstbeschwerdeführerin, die 2015 geborene Zweitbeschwerdeführerin und die 2018 geborene Drittbeschwerdeführerin, wurden keine eigenen Fluchtgründe angegeben und wurde um Behandlung des Antrags im Rahmen des Familienverfahrens ersucht.
4.) Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2018 wurden die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer jeweils gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkte I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Russische Föderation (Spruchpunkte II.) abgewiesen, gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkte III.) Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen (Spruchpunkte IV.).
In seiner Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen fest, dass der von der Erstbeschwerdeführerin als Fluchtgrund angegebene Sachverhalt mit keinem der Konventionsgründe im Zusammenhang stehe. Im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation müsse die Erstbeschwerdeführerin und ihre Töchter nicht um ihr Leben fürchten, da eine gezielte Verfolgung von abgewiesen Asylwerbern nicht vorliege. Der Gesundheitszustand der Familie sei als gut zu bezeichnen und bei Betrachtung der Rückkehrsituation werde festgestellt, dass sich die Familie in der Heimat niederlassen könnte, da auch viele Verwandte nach wie vor in der Russische Föderation leben würden. Bei der Rückkehr könne sowohl in der bisherigen Unterkunft aber auch bei Verwandten eine Unterkunft gefunden werden. Da auch das Bankenwesen in der Heimat der Erstbeschwerdeführerin funktioniere, stehe auch einer Unterstützungsleistung aus dem Ausland nichts entgegen. Auch in der Heimat habe sie Anspruch auf staatliche Unterstützung. Der Ehemann und Vater der beiden Töchter sei russischer Staatsbürger und lebe unangemeldet und ohne festen Wohnsitz in Österreich. Er verfüge derzeit über den Status des anerkannten Flüchtlings, es wäre aber ein Asylaberkennungsverfahren eingeleitet worden. Weitere Verwandte hätten die Beschwerdeführer im Bundesgebiet keine, denn die gesamte Familie lebe in Tschetschenien.
5.) Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer am 30.11.2018 fristgerecht Beschwerde.
Dabei wurde vorgebracht, dass bei richtiger Beurteilung der von den Beschwerdeführern vorgebrachten Asylgründe die Erstbehörde den Asylanträgen der Beschwerdeführer stattgeben hätte müssen und feststellen können, dass die Beschwerdeführer Flüchtlinge im Sinne des Art. 1 Abschnitt A GFK sind. Aufgrund der Tatsache, dass bei der Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein männlicher Dolmetscher anwesend war habe die Erstbeschwerdeführerin Hemmungen gehabt ihre vollständigen Fluchtgründe vorzubringen, da sich diese auch auf ihre voreheliche Beziehung zum ihrem Ehemann gründet. Sie habe dies auch deswegen nicht angesprochen, da sie angenommen habe, es wäre nicht notwendig, weil sie ohnehin über ihren Ehemann Asyl erhalten werde. Die Erstbeschwerdeführerin wolle daher vorbringen, dass sie ihren Ehemann bereits 2009 als Minderjährige, als sie mit ihren Eltern in Österreich war, kennengelernt habe. Damals sei dieser bereits ein anerkannter Flüchtling gewesen. Als sie ihn in Polen wieder getroffen habe, hätte sie mit ihm vorehelichen Geschlechtsverkehr gehabt. Davon habe die Familie der Erstbeschwerdeführerin natürlich nichts gewusst, da dies nach tschetschenischer Sitte verboten und eine Schande sei. Die Eltern hätten auch einen anderen Mann für die Erstbeschwerdeführerin vorgesehen. Da die Erstbeschwerdeführerin große Angst vor einer Verheiratung gegen ihren Willen gehabt habe und außerdem keine Jungfrau mehr gewesen sei, reiste sie ohne Wissen und ohne Zustimmung der Eltern nach Österreich zu ihrem Ehemann. Diese Ausreise ohne Zustimmung der Eltern und die Tatsache, dass sie somit die Heirat mit dem für sie von den Eltern vorgesehenen Mann vereitelte, führt zu einer großen Schande und stellt für die Familie der Beschwerdeführerin eine Ehrverletzung dar. Nachdem die Familie den wahren Grund der Ausreise der Erstbeschwerdeführerin erfahren hatte, habe diese den Kontakt zu ihr abgebrochen. Die Familie des Ex Ehemannes befinde sich in Österreich und akzeptiere im Gegensatz zu den Eltern der Erstbeschwerdeführerin die Ehe zwischen den beiden und verstehe sich die Erstbeschwerdeführerin mit der Familie sehr gut. Bei einer Abschiebung könne die Erstbeschwerdeführerin kein gemeinsames Familienleben mit ihrem Ehemann mehr führen, da die Eltern der Beschwerdeführerin gegen diese Beziehung seien und dies nicht zulassen würden. Man würde der Beschwerdeführerin die Kinder wegnehmen, weil nach tschetschenische Sitte im Falle einer Trennung die Kinder automatisch zur Familie und den Verwandten des Mannes kämen. Die Beschwerdeführerin habe vor allem auch Angst vor ihrem Vater und den männlichen Verwandten. Die Erstbeschwerdeführerin habe sich mit ihrem Verhalten gegen die tschetschenischen Bräuche gestellt und zum Ausdruck gebracht, dass sie als Frau selbst entscheiden wolle wen sie heiratete und sich nicht dem Willen der Männer, wie in der patriarchalen Gesellschaft in Tschetschenien üblich, unterwerfen wolle. Die Beschwerdeführerin könne sich nirgendwo anders in Tschetschenien niederlassen, da ihre Familie sie dort überall finden würde. Auch außerhalb von Tschetschenien d. h. innerhalb der Russischen Föderation wäre es für die Familie der Erstbeschwerdeführerin leicht gewesen diese zu finden.
Die Erstbeschwerdeführerin befürchte Verfolgung durch ihre Familie und ihre Verwandtschaft aufgrund der Zugehörigkeit zu der sozialen Gruppe der Frauen, die vorehelichen Geschlechtsverkehr hatten und gegen den Willen der Eltern geheiratet haben und so gegen die Ehre ihrer Familie verstoßen haben. Abgesehen davon drohe der Erstbeschwerdeführerin die Abnahme der Kinder.
Zur Lage der Frauen in Tschetschenien werde auf die in der Beschwerde angeführten Länderberichte verwiesen.
6.) Das Bundesverwaltungsgericht führte am 25.05.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Russisch durch, an der die Beschwerdeführerin und ihre Rechtsvertreterin teilnahmen. Ein Vertreter der belangten Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil.
Die Verhandlung gestaltet sich auszugsweise wie folgt:
………..
R: Warum können Sie nicht mehr in Tschetschenien leben und warum sind Sie von dort weggegangen?
BF: Wir haben mit den Eltern im Polen gelebt. Das war 2014. Ich bin hierhergekommen, um meinen Mann zu heiraten. Wir hatten Kontakt in Polen. Ich meine damit, dass wir miteinander geschlafen haben. Ich war in Polen noch nicht schwanger. Dann wollten mich meine Eltern mit einem anderen verheiraten und ich bin von dort geflüchtet. Ich bin dann hierher geflogen.
R: Wer war dieser Mann?
BF: Meine Mutter hatte eine Freundin und das war ihr Sohn. Wir haben uns zweimal gesehen.
R: Woher kannten Sie den Vater Ihrer Kinder? Wo haben Sie ihn kennengelernt?
BF: 2009 bin ich mit meinen Eltern nach Österreich gekommen. Wir wohnten da in einem Lager und wurden nach Badkreuzen gebracht. Er ist zum Lager gekommen und wir haben uns dort gesehen. Wir haben Telefonnummern ausgetauscht. Wir standen also in Skype-Kontakt oder schrieben SMS. Wir standen 5 Jahre lang in Kontakt. Dann kam er nach Polen. Wir haben uns ca. 4 Jahre lang nicht gesehen. Dann haben wir miteinander geschlafen. Da mich die Eltern mit einem anderen verheiraten wollten und ich nicht mehr Jungfrau war, bekam ich Angst und bin von dort geflüchtet. Der Vater meiner Kinder war mit einer Heirat einverstanden. Ich bin hierhergekommen, dann habe ich die ältere Tochter zur Welt gebracht. Dann habe ich die zweite Tochter zur Welt gebracht.
R: Von beiden Kindern ist XXXX der Vater?
BF: Ja.
R: Sind Sie noch mit ihm verheiratet?
BF: Nein. Seit zwei Jahren nicht mehr.
R: Ist das irgendwo dokumentiert?
BF: Nein. Meine Kinder sind krank, meine große Tochter muss zum Logopäden und zum Entwicklungstherapeuten. Ich wohne in Gallneukirchen im Frauenhaus.
R: Warum sind Sie nicht mehr verheiratet?
BF: Weil wir gestritten haben.
R: Können Sie das näher erklären?
BF: Er hat im Casino gespielt. Er war immer außerhalb von zuhause. Deswegen kam es immer wieder zum Streit. Für mich war das sehr großer Stress, auch für die Kinder. Dann dachte ich darüber nach und habe die Entscheidung getroffen, dass ich alleine leben werden.
R: Hat Ihr Ex-Mann das akzepteiert?
BF: Anfangs war er nicht einverstanden. Wir haben auch telefonisch gestritten. Dann hat er die Entscheidung zu Kenntnis genommen. Ich möchte weiter lernen und eine Ausbildung machen. Ich möchte Deutsch lernen. Ich habe ihm gesagt, dass es für mich leichter wird, alleine mit den Kindern zu leben.
R: Hat er sich um die Kinder gekümmert? Welchen Kontakt hat der Vater zu den Kindern?
BF: Er hat einen guten Kontakt zu den Kindern. Zu der älteren Tochter hat er einen guten Kontakt. Er bringt sie in ein Geschäft und kauft ihr Spielzeug. Er macht das, was sie sagt. Das ist, seitdem wir geschieden sind. Als wir uns scheiden ließen, war die jüngere Tochter sehr klein.
Die Verhandlung wird um 11:53 Uhr unterbrochen und um 11:56 Uhr fortgesetzt.
R: Wie oft sehen Sie Ihren Ex-Mann seit der Scheidung?
BF: Dann, wenn er die Kinder sehen will. Das ist an jedem Wochenende. Manchmal hat er die ältere Tochter auch fürs Wochenende mitgenommen.
R: Ist das bei einer traditionellen tschetschenischen Trennung nicht so, dass die Kinder beim Vater bleiben?
BF: Ja, das will er auch. Aber er weiß, dass ich es jedenfalls schaffen werde, ihm die Kinder nicht zu geben. In Österreich bleiben die Kinder bei der Mutter, deshalb weiß er, dass er so wie so verlieren wird. Er hat gesagt, dass wenn ich heirate, dann wird er das jedenfalls schaffen, die Kinder bei ihm zu lassen.
R: Warum?
BF: Bei uns bleiben die Kinder beim Papa. Er sagte, dass er nicht will, dass seine Tochter von einem fremden Mann erzogen wird. Ich habe nicht vor zu heiraten. Zuerst die Ausbildung und eine Arbeit.
R: Wenn Sie jetzt denken, Sie wären in Tschetschenien – was würde da passieren?
BF: Ich spreche nicht mit meinen Eltern.
R: Warum wollen Sie nicht nach Tschetschenien zurück?
BF: Dort werde ich kein Leben haben. Sie wollen mich nicht, weil ich eine Schande über sie gebracht habe. Deshalb will ich nicht dorthin. Ich will alleine leben und ein selbstständiges Leben führen. Ich möchte selbst mein Geld verdienen. Dort habe ich keine Chance dazu. Eine geschiedene Frau hat dort keine Rechte. Dort werden mir auch die Kinder weggenommen.
R: Wer würde Ihnen dort die Kinder wegnehmen?
BF: Meine Verwandten bzw. Eltern.
R: Warum das?
BF: Bei uns gibt es eine Tradition, dass wenn eine Frau sich scheiden lässt, sie kein Recht hat, in das Haus des Vaters die Kinder mitzunehmen. Bei uns ist es so, wenn sich eine Frau scheiden lässt, treffen die Ältesten die Entscheidungen.
R: Tschetschenien ist ein Teil von Russland. Moskau hat z.B. viele Einwohner und bezüglich der Frauenrechte sehr gut aufgestellt.
BF: Es ist nicht erlaubt, in Russland alleine zu leben.
R: In Russland ist das nicht verboten.
BF: in Tschetschenien ist es verboten. Wenn so etwas eintritt, hilft sogar die tschetschenische Polizei eine solche Frau in Russland zu finden. In Österreich passiert das nicht. Sie können nicht hierherkommen, da es viel Geld kostet. Dort werden Frauen gefunden. Vor kurzem hat eine Frau ihr eigenes Kind von ihrem Mann entführt. Nach zwei Tagen wurde sie bereits gefunden. Sie war 2000 oder 3000 km entfernt. Unsere Sippe ist die Größte dort. Bei uns lässt man die Frauen nicht einfach so. Die Tschetschenischen und russischen Polizisten arbeiten zusammen.
R: Warum sollte sie dort jemand suchen?
BF: Wenn bei uns eine Frau geschieden ist und wo anders wohnt, dann ist das so, dass die Ältesten der Sippe die höchste Instanz sind.
R: Das weiß doch niemand, wenn Sie zurückgehen?
BF: Wie soll ich dort leben, ich kenne Russland nicht. Österreich kenne ich auch nicht, ich bekomme hier aber Hilfe. Auch meine Kinder bekommen hier Hilfe. Ich war dort lange Zeit nicht. Jede Therapie muss bezahlt werden. Wie soll ich das alles machen?
R: Ihre Kinder wirken heute sehr normal.
BF: Meine jüngere Tochter hat eine Beinfehlstellung. Sie fällt immer um. Sie ist schon umgefallen und wurde an der Hand operiert. Ihr Knie ist ganz schwarz und hat blaue Flecken an den Beinen, weil sie immer Unfälle hat. Sie will laufen und ich muss immer auf sie aufpassen. Ich möchte in Österreich leben. (BF beginnt zu weinen) Ich habe große Angst.
R: Vor wem?
BF: Alleine zu leben. Ich kenne Russland nicht. Ich lebe in Österreich bereits seit 7 Jahren. Ich habe hier schon vieles kennengelernt und möchte hier eine Ausbildung machen.
R an RV: Haben Sie Fragen?
RV: Ich möchte auf folgende Entscheidung verweisen, wo einer Mutter von drei mj. Töchtern der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Das wäre auch hier der Fall, da die BF alleine ist und keine familiäre Unterstützung hat (W210 1423795-2 vom 17.09.2014). Auch in der Verhandlung von Mag. WERNER (W237 2220710-1) letzte Woche, bei der ich anwesend war, wurde Asyl zuerkannt und eine IFA in Bezug auf Russland verneint. Dies unter Berücksichtigung, dass die BF 3 Kinder zu versorgen haben, sich in Russland nicht auskennen und eine der BF psychisch schwer belastet ist, sowie aufgrund des Kindeswohls.
R: Warum ist die BF psychisch belastet?
RV: Lt. Befund eine Depressive Anpassungsstörung und eine PTBS. Dieser sollte dem BVwG vorliegen.
R: Wenn der Vater Ihrer Kinder nach Russland oder Tschetschenien ausgewiesen werden würde. Wie könnten die Kinder Kontakt zu ihrem Vater halten?
BF: Er wird mir die Kinder dann wegnehmen.
R: Das kann er in Österreich nicht. Was wäre, wenn Sie mit den Kindern hierbleiben würden und der Vater der Kinder nach Russland oder Tschetschenien zurückmüssten?
BF: Ich glaube, dass die Kinder einen Vater und eine Mutter brauchen. Das ist wichtig. Wenn ich mit ihm zurückfahre, wird er mir die Kinder wegnehmen.
D erklärt BF die Frage.
BF: Ich möchte hierbleiben. Per Telefon, Skype und WhatApp können sie ihn kontaktieren.
R: Wo ist Ihr Ex-Mann derzeit?
BF: In Deutschland.
R: Wie haben die Kinder derzeit Kontakt zu ihm?
BF: Per Telefon, zwei Minuten oder so.
R: Was macht der Vater in Deutschland?
BF: Er ist dort im Gefängnis, ich weiß aber nicht, warum. Er spricht nur mit der älteren Tochter, mit der jüngeren gar nicht.
R an RV: Haben Sie Fragen?
RV: Nein.
RV legt vor:
? Einstellungszusage ab 01.08.2021 als Teilzeitkraft
? Teilnahmebestätigung über Basisbildungskurs für Mathematik, Deutsch und Englisch (Vorbereitung zum Pflichtschulabschluss)
? Unterstützungsschreiben vom Verein „Das Kollektiv“, Liste an Unterschriften von Personen, die deren Unterstützung für die BF aussprechen – ausgestellt von den Lehrern der Schule und anderen Personen
? Unterstützungsschreiben der Initiative GIG
? Unterstützungsschreiben von Katharina REISINGER, einer Freundin der BF
? Unterstützungsschreiben von Beate BLASCHEK, einer Freundin der BF
? Empfehlungsschreiben von Julia HOLZWEBER, einer befreundeten Mutter, Konvolut an Fotos
? Bestätigung, dass BF3 die Krabbelstube besucht
? Bestätigung über Kindergartenbesuch der BF2
? Logopädiebefund von BF2
Kopien werden der Verhandlungsschrift angeschlossen.
BF (auf Deutsch): Ich habe eine Prüfung gemacht, dass ich die Schule weiter besuchen kann. Ich habe alles gemacht, was mit zwei Kindern möglich war. Meine Tochter hat, bis sie vier Jahre alt war, nichts gesprochen. Sie hat nur „Mama“ gesagt, oder geweint, wenn sie etwas wollte. Sie ist immer nervös. Heute früh ist sie um 4 Uhr aufgestanden und hat herumgeschrien und war böse. Sie hatte auch Nasenbluten. Der Logopäde hat ihr schon sehr geholfen, jetzt spricht sie schon 3-Wort-Sätze. Das ging letztes Jahr noch nicht. Der Logopäde hilft sehr gut. Ich weiß nicht, was das Sprachproblem der Kinder ist. Meine jüngere Tochter ist entwicklungsverzögert. Sie kann keine Treppen alleine gehen und keine Flaschen öffnen. Wir hatten eine Untersuchung beim Kinderarzt und er hat gesagt, dass sie ein bisschen hinterher ist. Er hat auch das Problem mit den Füßen gesagt. Nach 2 Jahren hat sie wieder eine Untersuchung. Wir warten auch auf das Ergebnis der Logopädie, das wird auch nach zwei Jahren wieder kontrolliert. Ich hatte im Dezember schwer Corona, hatte einen schweren Unfall zuhause und meine große Tochter hat mir das Telefon gebracht, dass ich im Krankenhaus anrufen kann. Ich habe Lungenprobleme und habe einen Spray bekommen, ich bekomme jetzt bei dem Wetter oft Kopfschmerzen. Schon vor den Kindern hatte ich Knieprobleme, die sind jetzt nach Corona wieder schlimmer geworden.
R: Was möchten Sie in Österreich arbeiten? Was stellen Sie sich beruflich vor?
BF: Sollte ich eine positive Entscheidung bekommen, kann ich ein privates Quartier beziehen und kann dann arbeiten. Dann möchte ich eine Ausbildung bekommen.
R wiederholt die Frage.
BF: Ich möchte Programmiererin werden.
R: Können Sie gut Englisch?
BF: Ich lerne es auf YouTube und in der Schule.
R an RV: Wollen Sie noch etwas ergänzen?
RV: Nein.
BF (auf Deutsch): Ich bleibe mit dem Kindesvater in Kontakt, weil er der Vater der Kinder ist. Aber ich will alleine wohnen bleiben. Wenn ich mit ihm abgeschoben werde, wird er mir die Kinder dort wegnehmen., ich werde dort kein Leben haben und keine Ausbildung machen. Eine unverheiratete Frau muss dort immer zuhause sitzen oder wieder heiraten. Es ist zwar die Russische Föderation, aber dort gilt die Tradition. Der Präsident, Kadyrov, hält sich auch an die Tradition. Dort ist das Leben einer Frau sehr schwer.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.Feststellungen zu den Beschwerdeführern und dem Fluchtvorbringen:
Der Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der Zweit- und Drittbeschwerdeführerin. Die Beschwerdeführer sind alle Staatsangehörige der Russischen Föderation und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Sie führen die im Spruch genannten Namen. Sie gehören der Volkgruppe der Tschetschenen an und bekennen sich zum moslemischen Glauben. Die Identität aller Beschwerdeführer konnte zweifelsfrei festgestellt werden. Vor ihrer Ausreise und Einreise nach Österreich lebte die Erstbeschwerdeführerin in Polen. Die Zweit und die Drittbeschwerdeführerin sind in Österreich geboren. Ihre Identität steht infolge der vorgelegten Dokumente fest.
Die Erstbeschwerdeführerin reiste erstmals im August 2009 aus Polen mit ihren Eltern und Geschwistern nach Österreich ein und stellte erstmals am 19.08.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz, der am 17.11.2009 wegen der Zuständigkeit Polens zurückgewiesen wurde, worauf die Familie auch noch 2010 in der Schweiz und 2012 in Holland einen weiteren Versuch machte internationalen Schutz zu bekommen. Zum damaligen Fluchtgrund befragt gab sie an, ihr Vater wäre festgenommen worden und daher wären sie ausgereist. Danach kehrte die Familie nach Polen bzw. in weiterer Folge nach Tschetschenien zurück. Eine Schwester ist dort bereits verheiratet und der Bruder besucht die Universität. Vom 16.07.2014 an lebte die Erstbeschwerdeführerin unangemeldet in Wels, wo ihr Ehemann schwarz gearbeitet hat. Dabei gab sie an, aus Tschetschenien gekommen zu sein.
Am 18.03.2015 stellte sie dann gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 13.07.2015 stellte die am XXXX in Österreich geborene Zweitbeschwerdeführerin, am 06.07.2018 die am XXXX in Österreich geborene Drittbeschwerdeführerin Anträge auf internationalen Schutz. Für alle drei Beschwerdeführer liegt ein Familienverfahren gem. § 34 AsylG vor.
Das Vorbringen der Beschwerdeführer ist untrennbar miteinander verknüpft bzw. beziehen sich die Beschwerdeführer auf dieselben Verfolgungsgründe, weshalb die Entscheidung unter Berücksichtigung des Vorbringens aller Beschwerdeführer abzuhandeln war.
Die Erstbeschwerdeführerin spricht Tschetschenisch (=Muttersprache), Russisch, etwas Polnisch und hat in Österreich am 20.08.2019 die ÖSD A1 Prüfung und am 30.07.2020 die ÖSD Integrationsprüfung A2 bestanden. Sie ist in XXXX , in der Nähe von Grozny Tschetschenien, Russische Föderation geboren und hat dort zwischen 2000 und 2006 die Grundschule besucht. In Polen hat sie dann von 2006 bis 2009 die Grundschule weiter besucht.
Die Erstbeschwerdeführerin war noch nie berufstätig.
Die Erstbeschwerdeführerin ist arbeitsfähig und in Österreich strafrechtlich unbescholten.
Im Herkunftsland leben die Eltern und Geschwister der Erstbeschwerdeführerin. Es besteht derzeit kein Kontakt.
Der Ex-Ehemann der Erstbeschwerdeführerin und Vater der Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin hat, kaum Kontakt zur Familie. Er befindet sich derzeit in Deutschland im Gefängnis. Feststeht, dass zwischen dem Vater und den Kindern derzeit kein Familienverhältnis besteht, auch wenn gelegentliche Telefonate mit der älteren Tochter stattfinden.
Feststeht, dass dem Ex-Ehemann der Erstbeschwerdeführerin mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.10.2018, Zl.742168702-160090093 auf Grund mehrfacher Straffälligkeit der Status des Asylberechtigten aberkannt wurde. Auch der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde ihm nicht zuerkannt und auch kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Es wurde gegen den Ex-Ehemann eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist. Die dagegen am 29.11.2018 eingebrachte Beschwerde ist derzeit noch offen.
Die Beschwerdeführer halten sich seit ihrer Einreise nach bzw. Geburt in Österreich bis zu sechs Jahren durchgehend im österreichischen Bundesgebiet auf.
Die Erstbeschwerdeführerin leidet laut Befund einer Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie an einer depressiven Anpassungsstörung und einer posttraumatischen Belastungsstörung. Dabei hat sie angegeben, sie sei ganz alleine, geschieden und der Exmann kümmere sich nicht um sie und zahle auch nicht für die Familie. Vom Kepler Universitätsklinikum wird zum Gesundheitszustand der Erstbeschwerdeführerin festgestellt, dass die von ihr angegebenen Schlafstörung (Schlafwandeln) durch Schlafhygiene wie zum Beispiel regelmäßige Schlafzeiten und Vermeidung von Schlafentzug behandelt werden sollte. Eine Epilepsie konnte dabei ausgeschlossen werden und auch Medikamente wurden nicht verschrieben.
Die Zweitbeschwerdeführerin besucht seit Oktober 2020 ganztägig den Kindergarten und hat sich dort problemlos eingelebt. Sie erhält logopädische Unterstützung auch zur Förderung des deutschen Sprachverständnisses und der Erweiterung der Spielentwicklung, wobei im Entwicklungs- diagnostischen Befund vom 22.10.2020 keine Auffälligkeiten in der kognitiven und der neuromotorischen Entwicklung festgestellt wurden. Sie habe die im Entwicklungsrahmen für Deutsch als Zweitsprache liegenden erwartungsentsprechenden Fertigkeiten. Sie besucht seit 2 Jahren problemlos den Kindergarten.
Die Drittbeschwerdeführerin besucht seit Oktober 2020 die Krabbelstube der OÖ Kinderfreunde. Die orthopädische Begutachtung der Drittbeschwerdeführerin durch das Kepler Universitätsklinikum vom 03.03.2021 ergab, dass die von der Mutter angegebenen orthopädischen Probleme („Einwärtsgang“) nicht als pathologisch zu werten sind und sich bis zum Schuleintrittsalter normalisieren werden. Die Untersuchung wegen einer Sprachentwicklungsverzögerung ergab einen logopädischen Förderbedarf und der Mutter wurde die Kontaktaufnahme mit der Familienberatungsstelle empfohlen.
Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführer an dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leiden, welche eine Rückkehr in Russische Föderation iSd. Art. 3 EMRK unzulässig machen würden.
Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben der Erstbeschwerdeführerin zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation. Insbesondere wird nicht festgestellt, dass eine asylrelevante Gefährdung der Erstbeschwerdeführerin, wegen ihrer Heirat gegen den Willen der Eltern besteht.
Für die minderjährige Zweit- und Drittbeschwerdeführerin wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.
Die Beschwerdeführer haben mit ihrem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.
Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation in ihrem Recht auf Leben gefährdet wären, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würden oder von der Todesstrafe bedroht wären.
Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Festgestellt wird, dass die Erstbeschwerdeführerin bei einer Rückkehr in die Russische Föderation in der Lage ist durch Berufstätigkeit den Lebensunterhalt der Familie zu sichern. Davon abgesehen ist es möglich vom Vater der Kinder und seiner Familie Unterstützungsleistungen zu bekommen. In der Russischen Föderation bestehen Einrichtungen für die Betreuung von Kindern ab 3 Jahren für arbeitende Mütter. (Kindergärten)
Die unbescholtenen Beschwerdeführer halten sich seit ihrer Antragstellung durchgehend in Österreich auf und leben im gemeinsamen Haushalt;
Die Beschwerdeführer beziehen Leistungen aus der Grundversorgung.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.
Die Erstbeschwerdeführerin ist hinreichend gesund um die Familie durch eigene Arbeit zu erhalten.
Festgestellt wird, dass sich die Beschwerdeführer um Integration in Österreich bemühen. Es liegen zahlreiche positive Referenzschreiben für die Familie vor. Die Erstbeschwerdeführerin spricht Deutsch auf dem Niveau B1 und konnte auch eine Einstellungszusage vorlegen.
Die Zweit und die Drittbeschwerdeführerin sind in Österreich geboren und haben kaum Bezug zu ihrer Heimat.
Feststellungen zur maßgeblichen Situation in der Russischen Föderation:
Länderspezifische Anmerkungen
Letzte Änderung: 18.05.2021
Hinweis:
Die Länderinformationen gehen nur eingeschränkt auf die Auswirkungen der COVID-19- Pandemie sowie auf eventuelle Maßnahmen gegen diese ein - wie etwa Einstellungen des Reiseverkehrs in oder aus einem Land oder Bewegungseinschränkungen im Land. Dies betrifft insbesondere auch Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung, die Möglichkeiten zur Selbst-Quarantäne, die Versorgungslage, wirtschaftliche, politische und andere Folgen, die derzeit immer noch schwer einschätzbar sind. Diesbezüglich darf jedoch auf das COVID-Kapitel der Staatendokumentation zur aktuellen COVID-19-Lage hingewiesen werden.
Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: https://ww w.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports
oder der Johns-Hopkins-Universität:
https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40
299423467b48e9ecf6
mit täglich aktualisierten Zahlen zu kontaktieren.
Da es sich bei den Nordkaukasus-Republiken (z.B. Tschetschenien, Dagestan) um Subjekte der Russischen Föderation handelt, werden diese nicht mehr in eigenständigen Länderinformationen abgehandelt, sondern in diese Länderinformation zur Russischen Föderation (RUSS COI-CMS) integriert. Wo es Unterschiede gibt, wurden Unterkapitel zu den einzelnen Subjekten bzw. in zusammenfassender Form zum Nordkaukasus geschaffen.
Zu Inguschetien werden - auch nach Absprache mit dem BVwG - keine Informationen mehr ins RUSS COI-CMS übernommen, da die Anzahl an Asylwerbern zu gering ist. Sollten Sie Informationen zu Inguschetien benötigen, ist eine konkrete Anfrage an die Staatendokumentation zu stellen.
In Bezug auf das Kaukasus-Emirat ist zu sagen, dass es momentan nicht ganz klar ist, ob es in der Praxis überhaupt noch existiert und falls ja, ob es einen neuen Anführer hat oder nicht. Dies scheint aber auch nicht das Wichtigste zu sein, da Kadyrows Kräfte und die russischen Sicherheitsbehörden jegliche dschihadistische Anhänger ins Visier nehmen und sie keinen Unterschied machen, unter welcher Flagge ein Islamist kämpft.
Vergleichende Länderkundliche Analyse (VLA) i.S. §3 Abs. 4a AsylG
Letzte Änderung: 18.05.2021
Erläuterung
Bei der Erstellung der vorliegenden Länderinformation wurde die im § 3 Abs 4aAsylG festgeschriebene Aufgabe der Staatendokumentation zur Analyse „wesentlicher, dauerhafter Veränderungen der spezifischen, insbesondere politischen Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind", berücksichtigt. Hierbei wurden die in der vorliegenden Länderinformation verwendeten Informationen mit jenen in der vorhergehenden Länderinformation abgeglichen und auf relevante, im o.g. Gesetz definierte Verbesserungen hin untersucht.
Als den oben definierten Spezifikationen genügend eingeschätzte Verbesserungen wurden einer durch die Qualitätssicherung abgesicherten Methode zur Feststellung eines tatsächlichen Vorliegens einer maßgeblichen Verbesserung zugeführt (siehe Methodologie der Staatendokumentation, Abschnitt II). Wurde hernach ein tatsächliches Vorliegen einer Verbesserung i.S. des Gesetzes festgestellt, erfolgte zusätzlich die Erstellung einer entsprechenden Analyse der Staatendokumentation (siehe Methodologie der Staatendokumentation, Abschnitt IV) zur betroffenen Thematik.
Verbesserung i.S. § 3 Abs. 4a AsylG
Titel
Kapitel
Ein Vergleich der Informationen zu asylrelevanten Themengebieten in der vorliegenden Länderinformation mit jenen der vormals aktuellen Länderinformation hat ergeben, dass es zu keinen wie im § 3 Abs. 4a AsylG beschriebenen Verbesserungen in der Russischen Föderation gekommen ist.
Covid-19-Situation
Letzte Änderung: 18.05.2021
Russland ist von Covid-19 landesweit stark betroffen. Regionale Schwerpunkte sind Moskau und St. Petersburg (AA 15.2.2021). Aktuelle und detaillierte Zahlen bietet unter anderem die Weltgesundheitsorganisation WHO ( https://covid19.who.int/region/euro/country/ru ). Die Regionalbehörden in der Russischen Föderation sind für Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 zuständig, beispielsweise betreffend Mobilitätseinschränkungen, medizinische Versorgung und soziale Maßnahmen (RAD 15.2.2021; vgl. CHRR 12.3.2021). Die Maßnahmen der Regionen sind unterschiedlich, richten sich nach der epidemiologischen Situation in der jeweiligen Region und ändern sich laufend (WKO 9.3.2021; vgl. AA 15.2.2021). Es herrscht eine soziale Distanzierungspflicht für öffentliche Plätze und öffentliche Verkehrsmittel. Der verpflichtende Mindestabstand zwischen Personen beträgt 1,5 Meter (WKO 9.3.2021).
Die regierungseigene Covid-19-Homepage gibt Auskunft über die vom russischen Gesundheitsministerium empfohlenen Covid-19-Medikamente, nämlich Favipiravir, Hydroxychloroquin, Mefloquin, Azithromycin, Lopinavir/Ritonavir, rekombinantes Interferon-beta-1b und Interferonalpha, Umifenovir, Tocilizumab, Sarilumab, Olokizumab, Canakinumab, Baricitinib und Tofaciti- nib. Der in Moskau entwickelte Covid-19-Krankenhausbehandlungsstandard umfasst folgende
vier Komponenten: Antivirale Therapie, Antithrombose-Medikation, Sauerstoffmangelbehebung und Prävention/Behandlung von Komplikationen. Auf Anordnung des Arztes wird Patienten ein Pulsoxymeter ausgehändigt (Gerät zur Messung des Blutsauerstoffsättigungsgrades). Die medizinische Covid-Versorgung erfolgt für die Bevölkerung kostenlos (CHRR o.D.a).
Folgende Impfstoffe wurden in der Russischen Föderation entwickelt: Gam-COVID-Vac (’Sputnik V’), EpiVacCorona, CoviVac und Ad5-nCoV (CHRR o.D.b). Mittlerweile sind in der Russischen Föderation drei heimische Impfstoffe zugelassen (Sputnik V, EpiVacCorona und CoviVac). Groß angelegte klinische Studien gibt es bisher nicht (DS 20.2.2021; vgl. RFE/RL 21.2.2021). Impfungen erfolgen kostenlos (Mos.ru o.D.). In Moskau wurden bisher mehr als 700.000 Personen geimpft (Mos.ru 8.3.2021). Obwohl Russland als weltweit erstes Land seinen Covid-Impfstoff Sputnik V registrierte, haben die Impfungen effizient gerade erst begonnen (DS 12.2.2021). Bisher wurden in der Russischen Föderation in etwa 2,2 Millionen Personen (ca. 1,5% der Bevölkerung) geimpft bzw. erhielten zumindest eine der zwei Teilimpfungen (RFE/RL 21.2.2021).
Für die Einreise nach Russland wird grundsätzlich ein COVID-19-Testergebnis (PCR) benötigt. Russische Staatsbürger müssen bei der Grenzkontrolle keinen COVID-Test vorlegen, dieser muss jedoch spätestens drei Tage nach der Einreise nachgeholt werden. Russische Staatsbürger, die nach der Einreise ein positives Testergebnis erhalten, müssen sich in Quarantäne begeben. Die Ausreise aus Russland ist bis auf unbestimmte Zeit eingeschränkt und nur in bestimmten Ausnahmefällen möglich. Die internationalen Flugverbindungen wurden teilweise wieder aufgenommen. Direktflüge zwischen Österreich und Russland werden derzeit ein- bis zweimal wöchentlich von Austrian Airlines und Aeroflot angeboten. Russische Inlandsflüge wurden während der ganzen Pandemiezeit aufrecht erhalten (WKO 9.3.2021). Der internationale Zugverkehr - mit Ausnahme der Strecke zwischen Russland und Belarus - und der Fährverkehr sind eingestellt (AA 15.2.2021).
Staatliche Unterstützungsmaßnahmen für die russische Wirtschaft sind unterschiedlich und an viele Bedingungen gebunden. Zu den ersten staatlichen Hilfsmaßnahmen zählten Kredit-, Miet- und Steuerstundungen (ausgenommen Mehrwertsteuer), Sozialabgabenreduktion sowie Kreditgarantien und zinslose Kredite. Später kamen Steuererleichterungen sowie direkte Zuschüsse dazu. Viele der Maßnahmen sind nur für kleine und mittlere Unternehmen oder bestimmte Branchen zugänglich und haben einen zweckgebundenen Charakter (beispielsweise gebunden an Gehaltszahlungen oder Arbeitsplatzerhalt) (WKO 9.3.2021). Die Regierung bietet Exporteuren Hilfe an, die Möglichkeit eines Konkursmoratoriums, zinslose Kredite für Gehaltsauszahlungen usw. (CHRR o.D.c). Jänner bis Oktober 2020 ist die Industrieproduktion pandemiebedingt um 3,1% zurückgegangen. Besonders die Rohstoffproduktion ist um 6,6% gefallen, während die verarbeitende Industrie mit 0,3% praktisch stagnierte. Die im Jahr 2020 sehr stark fallenden Ölpreise waren unter anderem eine Auswirkung der Covid-19-Pandemie und mit einem globalen Nachfragerückgang verbunden und führten zu einer Rubelabwertung von 25%. Nach leichter Erholung verlor der Rubel unter anderem wegen der anhaltenden geringen Rohstoffnachfrage Mitte 2020 erneut an Wert und lag Anfang Dezember bei ca. 90 Rubel je Euro (WKO 12.2020). Das Realwachstum des Bruttoinlandsprodukts betrug im Jahr 2020 -3,1%. Im Vergleich dazu betrug der entsprechende Wert im Jahr 2019 2%. Die öffentliche Verschuldung betrug im Jahr 2020 17,8% des Bruttoinlandsprodukts (2019: 12,4%) (WIIW o.D.).
Moskau:
In Moskau herrscht an öffentlichen Orten eine Masken- und Handschuhpflicht. Das Tragen von Masken auf Straßen wird empfohlen. Kultur- und Bildungsveranstaltungen dürfen stattfinden, wenn maximal 50% der Zuschauerplätze belegt sind. Bürgern über 65 Jahren und chronisch Kranken wird Selbstisolierung empfohlen (CHRR 12.3.2021; vgl. WKO 9.3.2021, AA 15.2.2021). Empfohlen wird Fernarbeit für mindestens 30% der Mitarbeiter. Am Arbeitsplatz sind vorgeschriebene Hygienevorschriften (unter anderem Temperaturmessungen, Mund- und Handschutz, Desinfektionsmittel, Mindestabstand etc.) einzuhalten (WKO 9.3.2021). Gemäß dem Moskauer Bürgermeister verbessert sich die Pandemielage in Moskau. Ein Großteil der Einschränkungen wurde aufgehoben. Gastronomiebetriebe sind wieder geöffnet. Für Schüler höherer Klassen und Studierende findet nun wieder Präsenzunterricht statt (Mos.ru 7.3.2021; vgl. Mos.ru 8.3.2021, LM 8.2.2021, Russland Analysen 19.2.2021). In der Oblast [Gebiet] Moskau wurde die Mehrzahl der wegen Covid geltenden Einschränkungen zurückgenommen. Einzig Massenveranstaltungen bleiben fast ausnahmslos verboten (Russland Analysen 19.2.2021).
St. Petersburg:
Auch in St. Petersburg herrscht an öffentlichen Orten eine Masken- und Handschuhpflicht. Die für gastronomische Betriebe geltenden Beschränkungen der Öffnungszeiten wurden aufgehoben. Kulturveranstaltungen dürfen stattfinden, wenn maximal 75% der Zuschauerplätze belegt sind. Empfohlen wird Fernarbeit für mindestens 30% der Mitarbeiter. Für über 65-Jährige und chronisch Kranke sind Selbstisolierung und Fernarbeit verpflichtend (CHRR 12.3.2021; vgl. Gov.spb
5.3.2021, WKO 9.3.2021, Russland Analysen 8.2.2021).
Tschetschenien:
An öffentlichen Orten wird das Tragen von Masken empfohlen. Für über 65-Jährige und chronisch Kranke ist Selbstisolierung vorgesehen (CHRR 12.3.2021; vgl. Chechnya.gov 10.2.2021, Ria.ru 10.2.2021, KMS 10.2.2021). Bisher wurden mehr als 19.000 Personen geimpft (Chech- nya.gov 26.2.2021). Mitarbeitern staatlich finanzierter Organisationen in Tschetschenien wurde mit Entlassung gedroht, sollten sie die Covid-Impfung verweigern. Bewohner in Tschetschenien berichten, ihnen seien Sanktionen angedroht worden, sollten sie sich nicht impfen lassen (CK
23.1.2021) . Reisebeschränkungen wurden aufgehoben (Ria.ru 10.2.2021; vgl. Chechnya.gov
10.2.2021, KMS 10.2.2021).
Dagestan:
An öffentlichen Orten herrscht Maskenpflicht. Einstweilen dürfen keine Massenveranstaltungen stattfinden. Für über 65-Jährige und chronisch Kranke wird Selbstisolierung empfohlen (CHRR 12.3.2021). Es finden Massenimpfungen statt, und verwendet wird der Impfstoff Sputnik V (E-dag.ru 23.2.2021). Bisher wurden mehr als 18.000 Personen (2,4%) geimpft (E-dag.ru
12.3.2021) .
Quellen:
• AA-Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.2.2021): Russische Föderation: Reise- und Sicherheitshinweise (COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik /laender/russischefoederation-node/russischefoederationsicherheit/201536 , Zugriff 16.3.2021
• Chechnya.gov - rnaBa MeneHCKon Pecny6nMKM [Oberhaupt der Tschetschenischen Republik] [Russische Föderation] (10.2.2021): P KagbipoB: «Mbi cHMMaeM b MeHeHcKon Pecny6nMKe o6a3aTenbHoe HoweHne MacoK b o6^ecTBeHHbix MecTax» [R Kadyrow: „Wir heben die Maskenpflicht an öffentlichen Orten in der Tschetschenischen Republik auf"], http://chechnya.gov.ru/novo sti/r-kadyrov-my-snimaem-v-chechenskoj-respublike-obyazatelnoe-noshenie-masok-v-obshhest vennyh-mestah/, Zugriff 12.3.2021
• Chechnya.gov - rnaBa MeneHCKon Pecny6nMKM [Oberhaupt der Tschetschenischen Republik] [Russische Föderation] (26.2.2021): OTMeHa o6a3aTenbHoro MacoHHoro pewnMa b MeneHCKon Pecny6niMKe He cnpoBoginpoBana pocTa Hincna 3a6oneBwinx [Aufhebung der Maskenpflicht in der Tschetschenischen Republik provozierte nicht steigende Krankheitszahlen], http://chechnya.gov.r u/novosti/otmena-obyazatelnogo-masochnogo-rezhima-v-chechenskoj-respublike-ne-sprovotsirov ala-rosta-chisla-zabolevshih/, Zugriff 12.3.2021
• CHRR - Covid-19-Webseite der russischen Regierung [Russische Föderation] (12.3.2021): KapTa gencTByw^nx orpaHMHeHMn b cba3m c COVID-19 [Landkarte bzgl. geltender Einschränkungen in Verbindung mit Covid-19], https://cTonKopoHaBMpyc.p$/information/, Zugriff 12.3.2021
• CHRR - Covid-19-Webseite der russischen Regierung [Russische Föderation] (o.D.a): MacTo 3agaBaeMbe Bonpocbi [FAQ], https://cTonKopoHaBMpyc.p$/faq/, Zugriff 12.3.2021
• CHRR - Covid-19-Webseite der russischen Regierung [Russische Föderation] (o.D.b): Bce o BaKpnHapnn npoTMB COVID-19 [Alles über die Covid-19-Impfung], https://BaKpnHa. cTonKopoHaBMpyc.p^/, Zugriff 12.3.2021
• CHRR - Covid-19-Webseite der russischen Regierung [Russische Föderation] (o.D.c): Mepbi noggepwKin 6n3Heca [Unternehmensunterstützungsmaßnahmen], https://cTonKopoHaBinpyc.p$/wh at-to-do/business/, Zugriff 24.3.2021
• CK - Caucasian Knot (23.1.2021): Budget-funded Chechen employees complain about enforce- mentto vaccination, http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/53468 , Zugriff 12.3.2021
• DS - Der Standard (12.2.2021): Russland könnte sich der Herdenimmunität nähern, https://ww w.derstandard.at/story/2000124129778/russland-waehnt-sich-nahe-an-der-herdenimmunitaet, Zugriff 12.3.2021
• DS - Der Standard (20.2.2021): Russland bringt dritten Covid-Impfstoff auf den Markt, https: //www.derstandard.at/jetzt/livebericht/2000124341360/redcontent/1000220229?responsive=false , Zugriff 12.3.2021
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• E-dag.ru - Moj Dagestan [Mein Dagestan] / Offizielle Website Dagestans [Russische Föderation] (12.3.2021): MH^opiviagMfl o npoBegeHinin BaKgiMHagiMM HaceneHina Pecny6nwKM flarecTaH npoTMB COVID-19 [Information über COVID-19-Impfung der Bevölkerung der Republik Dagestan], https: //mydagestan.e-dag.ru/vaccination-against-covid-19/, Zugriff 12.3.2021
• Gov.spb- AflMMHincTpai4Mfl CaHKT-neTep6ypra [St. Petersburger Verwaltung] [Russische Föderation] (5.3.2021): OTgenbHbie orpaHMHeHua npogneBaroTca go 28 MapTa [Einzelne Einschränkungen bis 28.3. verlängert], https://www.gov.spb.ru/press/governor/208547/, Zugriff 12.3.2021
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• LM - Le Monde (8.2.2021): En Russie, le Covid-19 a alimente une hausse brutale de la mortalite en 2020 [In Russland hat Covid-19 für einen brutalen Anstieg der Sterberaten im Jahr 2020 gesorgt], https://www.lemonde.fr/international/article/2021/02/08/en-russie-le-covid-19-a-alimente-une-hau sse-brutale-de-la-mortalite-en-2020_6069228_3210.html , Zugriff 12.3.2021
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• RAD - Russian Analytical Digest / Anna Tarasenko (Nr. 263) (15.2.2021): Mitigating the Social Consequences of the COVID-19 Pandemic: Russia's Social Policy Response, https://css.ethz.ch/co ntent/dam/ethz/special-interest/gess/cis/center-for-securities-studies/pdfs/RAD263.pdf#page=12 , Zugriff 16.3.2021
• RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (21.2.2021): Russia Approves CoviVac, Its Third Coronavirus Vaccine, https://www.rferl.org/a/russia-coronavirus-vaccine-covivac/31113697.html , Zugriff 12.3.2021
• Ria.ru - PMA Hoboctu [RIA Nowosti] (10.2.2021): KagbipoB oTMeHun o6fl3aTenbHoe HoweHue MacoK b MenHe [Kadyrow hob die Maskenpflicht in Tschetschenien auf], https://ria.ru/20210210/ maski-1596846521.html, Zugriff 12.3.2021
• WIIW - Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (o.D.): Russia - Overview, https: //wiiw.ac.at/russia-overview-ce-10.html, Zugriff 24.3.2021
• WKO - Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (12.2020): Wirtschaftsbericht Russische Föderation, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/russische-foederation-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 24.3.2021
• WKO-Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (9.3.2021): Coronavirus: Situation in Russland, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-info-russland.html, Zugriff 16.3.2021
Politische Lage
Letzte Änderung: 26.05.2021
Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (GIZ 1.2021c; vgl. CIA 5.2.2021). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau (GIZ 1.2021a; vgl. EASO 3.2017). Der Präsident verfügt über weitreichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 1.2021a; vgl. EASO 3.2017, AA 21.10.2020c). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister, und entlässt sie (GIZ 1.2021a). Wladimir Putin ist im März 2018 bei der Präsidentschaftswahl mit 76,7% im Amt bestätigt worden (Standard.at 19.3.2018; vgl. FH 4.3.2020). Die Wahlbeteiligung lag der russischen Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl stärkster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motiviert eingestuften Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018; vgl. FH 3.3.2021). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018). Wahlbetrug ist weit verbreitet, was insbesondere im Nordkaukasus deutlich wird (BTI 2020). Präsident Putin kann dem Ergebnis zufolge nach vielen Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen (Tagesschau.de 19.3.2018; vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018).
Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzesentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Zweikammerparlament, bestehend aus Staatsduma und Föderationsrat, ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Am 15. Januar 2020 hat Putin in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation eine Neuordnung des politischen Systems vorgeschlagen und eine Reihe von Verfassungsänderungen angekündigt. Dmitri Medwedjew hat den Rücktritt seiner Regierung erklärt. Sein Nachfolger ist der Leiter der russischen Steuerbehörde Michail Mischus- tin. In dem neuen Kabinett sind 15 von 31 Regierungsmitgliedern ausgewechselt worden (GIZ 1.2021a). Die Verfassungsänderungen ermöglichen Wladimir Putin, für zwei weitere Amtszeiten als Präsident zu kandidieren (GIZ 1.2021a; vgl. FH 3.3.2021), dies gilt aber nicht für weitere Präsidenten (FH 3.3.2021). Die Volksabstimmung über eine umfassend geänderte Verfassung fand am 1. Juli 2020 statt, nachdem sie aufgrund der Corona-Pandemie verschoben worden war. Bei einer Wahlbeteiligung von ca. 65% der Stimmberechtigten stimmten laut russischer Wahlkommission knapp 78% für und mehr als 21% gegen die Verfassungsänderungen. Neben der sogenannten Nullsetzung der bisherigen Amtszeiten des Präsidenten, durch die der amtierende Präsident 2024 und theoretisch auch 2030 zwei weitere Male kandidieren darf, wird das staatliche Selbstverständnis der Russischen Föderation in vielen Bereichen neu definiert. Der neue Verfassungstext beinhaltet deutlich sozialere und konservativere Inhalte als die Ursprungsverfassung aus dem Jahre 1993 (GIZ 1.2021a). Nach dem Referendum kam es zu Protesten von einigen hundert Personen in Moskau. Bei dieser nicht