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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch über die Beschwerde des N in L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 24. August 1995, Zl. BauR - 020140/4 - 1995 Gr/Vi, betreffend Anordnung der Ersatzvornahme und Kostenvorauszahlung gemäß § 4 VVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Linz vom 21. November 1989 wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer des Wohn- und Geschäftshauses auf den Grundstücken Nr. .n1 (Baufläche) und Nr. nn2, KG Linz, R-Gasse Nr. nn, folgender baupolizeilicher Auftrag erteilt:
"1)
Die akut vom Absturz bedrohten Fassadenputzflächen an der nord- und ostseitigen Fassade im Anschluß an die Lichthöfe der Häuser Linz, A-Gasse 8 und 10, sind abzuschlagen.
2)
Der Fassadenverputz ist an den im Punkt 1) beschriebenen Seiten fachgerecht instandzusetzen, wobei alle nicht ausreichend am Mauerwerksgrund haftenden Flächen ebenfalls abzuschlagen und zu erneuern sind.
Im Zuge dieser Maßnahmen sind auch alle Verblechungen bei den Fenstern und Gesimsen instandzusetzen oder zu erneuern. Nach erfolgter Putzinstandsetzung sind die betroffenen Fassaden einheitlich zu färbeln.
Über die Farbgestaltung ist das Einvernehmen mit dem Planungsamt, Abteilung Altstadterhaltung, herzustellen.
3)
Für die Durchführung der vorgeschriebenen Sicherungs- und Instandsetzungsmaßnahmen dürfen nur hiezu befugte Baugewerbetreibende herangezogen werden.
4)
Die Arbeiten sind innerhalb folgender Fristen durchzuführen:
Punkt 1): bis 28. 2.1990
Punkt 2): bis 31.12.1990"
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Linz vom 27. März 1990 als verspätet zurückgewiesen.
Der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. Juli 1990 keine Folge gegeben. Die dagegen eingebrachte Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof wurde mit Erkenntnis vom 22. Jänner 1991, Zl. 90/05/0161, als unbegründet abgewiesen.
Mit Schreiben des Magistrates der Stadt Linz vom 13. Oktober 1994 wurde in bezug auf die im Bescheid des Magistrates vom 21. November 1989 in den Punkten 1 bis 3 vorgeschriebenen baupolizeilichen Aufträge (unter Fristsetzung von drei Wochen zur Erbringung der Leistungen) die Ersatzvornahme angedroht.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Linz vom 29. Juni 1995 wurde die Ersatzvornahme angeordnet und eine Kostenvorauszahlung in der Höhe von S 142.536,-- vorgeschrieben.
Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Anordnung der Ersatzvornahme als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und bezüglich des Kostenvorauszahlungsauftrages als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt II.). Zu Spruchpunkt I. führte die belangte Behörde aus, gegen die Anordnung einer Ersatzvornahme sei eine Berufung nur aus den Gründen des § 10 Abs. 2 VVG zulässig. Das Berufungsvorbringen, die aufgetragenen Renovierungsarbeiten hätten mangels Einvernehmens über die Farbgestaltung mit dem Planungsamt noch nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden können, sei nicht geeignet, die Vollstreckung des in Rechskraft erwachsenen baupolizeilichen Auftrages unzulässig zu machen. Dies zum einen deshalb, weil die im Titelbescheid vom 21. November 1989 hinsichtlich der Farbgestaltung vorgeschriebene Herstellung des Einvernehmens nicht mehr auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden könne und die Frage der "einvernehmlichen Farbgestaltung" außerdem einer Durchführung der aufgetragenen Sanierungsarbeiten (bzw. einem Beginn mit diesen Arbeiten) nicht im Wege stehe. Sofern der Beschwerdeführer ein Abwarten der beim Nachbarobjekt durchzuführenden Bauverhandlungen fordere, sei darauf verwiesen, daß die das Nachbarobjekt betreffenden Bauverhandlungen nicht Verfahrensgegenstand seien und daher im Rahmen des nunmehrigen Vollstreckungsverfahrens keine Berücksichtigung finden könnten. Da nach der Aktenlage auch offenkundig eine sonstige Unzulässigkeit der Vollstreckung bzw. eine Nichtübereinstimmung der nunmehr angefochtenen Vollstreckungsverfügung vom 29. Juni 1995 mit dem angeführten baupolizeilichen Auftrag oder eine "Unstatthaftigkeit" des angeordneten Zwangsmittels der Ersatzvornahme nicht vorliege, komme der gegenständlichen Berufung diesbezüglich keine Berechtigung zu.
Hinsichtlich des Spruchpunktes II. führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß die dem Bescheid zugrundeliegende Kostenschätzung an sich nicht angefochten worden sei. Der Beschwerdeführer mache lediglich geltend, daß ihm der Magistrat der Stadt Linz mit Schreiben vom 30. März 1993 eine Förderung von S 138.000,-- zugesagt und der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang um Gewährung der aufschiebenden Wirkung bzw. um Abschluß eines Kompensationsgeschäftes ersucht habe. Dazu sei zunächst festzustellen, daß die Aufrechnung ein dem öffentlichen Recht fremdes Rechtsinstitut des Zivilrechtes sei. Abgesehen davon könne eine Aufrechnung nur dann gewährt werden, wenn eine liquide Gegenforderung bestehe. Von einer solchen könne jedoch nach der Aktenlage keine Rede sein, da die ins Spiel gebrachte Förderung mit zahlreichen Bedingungen und Auflagen (Herstellung des Einvernehmens mit dem Bundesdenkmalamt sowie mit der Abteilung Altstadterhaltung des Planungsamtes) verbunden sei. Es würden daher subjektive Rechte des Beschwerdeführers durch die Erteilung des Kostenvorauszahlungsauftrages nicht verletzt werden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 VVG kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden. Die Vollstreckungsbehörde kann gemäß § 4 Abs. 2 VVG in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Gemäß § 10 Abs. 2 VVG kann Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung nur ergriffen werden, wenn
1.
die Vollstreckung unzulässig ist oder
2.
die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder
3.
die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen.
Der Beschwerdeführer wendet sich inhaltlich nur gegen die Anordnung der Ersatzvornahme. Den Kostenvorauszahlungsauftrag, der keine Vollstreckungsverfügung im Sinne des § 10 Abs. 2 VVG ist (siehe dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 6. Juni 1989, Slg. Nr. 12.942/A), erachtet der Beschwerdeführer nur insoweit als unzulässig, als sich seiner Auffassung nach die Ersatzvornahme aus näher angeführten Gründen als rechtswidrig erweise. Bei der Anordnung der Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG handelt es sich um eine Vollstreckungsverfügung, für die § 10 Abs. 2 VVG gilt (vgl. Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1996, 1159 Anm. 3 zu § 4 VVG).
Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, daß der Titelbescheid genau umschreiben müsse, zu welchen Maßnahmen der Beschwerdeführer verpflichtet sei und wie diese Maßnahmen herzustellen seien. Hinsichtlich der Farbgestaltung des Hauses sei nur festgelegt worden, daß diese "im Einvernehmen" mit anderen Behörden zu erfolgen habe. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits ausgesprochen, daß eine derartige Formulierung im Titelbescheid nicht geeignet sei, für eine Verwaltungsvollstreckung herangezogen zu werden. Art und Ausmaß der aufgetragenen Arbeiten würden sich dadurch letztlich nach den Wünschen der Behörde richten. Dies müsse umso mehr dann gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - zwar das Einvernehmen hergestellt werden soll, diese Behörde jedoch selbst keine Erklärungen abgebe, wie der Beschwerdeführer vorzugehen habe. Es liege somit kein wirksamer Vollstreckungstitel vor. Die gesamte Vollstreckung sei daher unzulässig.
Aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen des § 10 VVG mit den übrigen Vorschriften des Vollstreckungsverfahrens ergibt sich, daß der Berufungsgrund der Unzulässigkeit der Vollstreckung jedenfalls dann gegeben ist, wenn der Titelbescheid oder die Vollstreckungsverfügung zu unbestimmt oder sonst nicht vollstreckbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1993, Zl. 89/09/0005, u.a., und die dort zitierte hg. Vorjudukatur). Der Titelbescheid vom 21. November 1989 ordnete das Abschlagen und die Erneuerung des Fassadenputzes an der nord- und ostseitigen Fassade des genannten Hauses, die Instandsetzung oder Erneuerung aller Verblechungen bei den Fenstern und Gesimsen und die einheitliche Färbelung der betroffenen Fassaden an. Über die Farbgestaltung sei das Einvernehmen mit dem Planungsamt, Abteilung Altstadterhaltung, herzustellen.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist der verfahrensgegenständliche Auftrag der Abschlagung und Instandsetzung von näher bezeichneten Fassadenteilen und von Verblechungen dort befindlicher Fenster und Gesimse und einer in der Folge vorzunehmenden einheitlichen Färbelung, wobei betreffend hinsichtlich der Farbgestaltung das Einvernehmen mit dem Planungsamt herzustellen ist, als hinreichend bestimmt anzusehen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1994, Zl. 93/10/0120, betreffend die Bedeutung einer Einvernehmensanordnung). Der vorliegende "Einvernehmensauftrag" unterscheidet sich maßgeblich von jenem, der Gegenstand des Erkenntnisses Zl. 89/09/0005 war, bei dem der gesamte Instandsetzungauftrag betreffend das Dach und die teilweise Fassadeninstandsetzung eines Gebäudes vom Einvernehmen mit der Bezirksverwaltungsbehörde abhängig war und somit Art und Ausmaß der vorgeschriebenen Arbeiten als unbestimmt beurteilt wurden. Im vorliegenden Fall ist das Ausmaß und die Art der vorgschriebenen Arbeiten eindeutig bestimmt, das geforderte Einvernehmen betrifft lediglich die Farbgestaltung. Ein solcher zulässiger "Einvernehmensauftrag" verlangt vom Betroffenen ein entsprechendes Bemühen um die Erreichung der Herstellung eines solchen Einvernehmens. Von einem solchen Bemühen des Beschwerdeführers um das Einvernehmen betreffend die Farbgestaltung mit allen ihm zumutbar zur Verfügung stehenden Mitteln kann im vorliegenden Fall, in dem der Beschwerdeführer einmal ein Ersuchen an die angeführte Dienststelle gerichtet hat, nicht die Rede sein.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kommt es im vorliegenden Fall auch zu keiner Pflichtenkollision in bezug auf eine ihm seiner Auffassung nach im Falle der Erfüllung des Auftrages ohne Einvernehmen mögliche Bestrafung gemäß dem Denkmalschutzgesetz. Es ist nicht ersichtlich, daß sich der Beschwerdeführer nach dem Denkmalschutzgesetz strafbar machen würde, wenn er die einheitliche Färbelung des Gebäudes nach entsprechendem Bemühen um das Einvernehmen ohne Vorliegen eines solchen vorgenommen hätte.
Auch die Frage der Unzumutbarkeit des bloßen Beginnes von Sanierungsarbeiten stellt sich nicht, da der Beschwerdeführer, ohne Sanktionen befürchten zu müssen, eine einheitliche Färbelung nach seinen Vorstellungen hätte vornehmen können, wenn eine Einvernehmserklärung des Planungsamtes nach entsprechendem Bemühen des Beschwerdeführers nicht zu erreichen gewesen wäre.
Die Behörde hat sich zwar nicht damit auseinandergesetzt, daß infolge der Absperrung der Rathausgasse infolge von Baumaßnahmen am Rathaus durch den Magistrat die Sanierung nicht habe durchgeführt werden können. Da die Unmöglichkeit der Erbringung einer vertretbaren Leistung - wie im vorliegenden Fall - kein Berufungsgrund gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG ist (siehe das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1956, Slg. Nr. 4095/A), stellt dieser allfällige Verfahrensmangel jedenfalls keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, bei dessen Vermeidung es zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Spruch und BegründungInhalt des Spruches DiversesBaupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Baugebrechen Instandhaltungspflicht Instandsetzungspflicht BauRallg9/3Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995050274.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009