TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/13 W185 2247207-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.10.2021
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Entscheidungsdatum

13.10.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4

Spruch


W185 2247207-1/4Z
Teilerkenntnis:

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Serbien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 07.09.2021, Zl. 1188423503 – 200179941, zu Recht:

A)       

In teilweiser Erledigung der Beschwerde wird dieser die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 BFA-VG nicht von Amts wegen zuerkannt.

B)       

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der nunmehrige Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Serbien, wurde am 13.02.2020 im Zuge einer Streife von der Polizei wegen des Verdachts der Schlepperei festgenommen und in eine Justizanstalt eingeliefert. In weiterer Folge wurden dem Beschwerdeführer laut einem Bericht einer LPD vom 14.02.2020 insgesamt 3 Schleppungen mit insgesamt 18 geschleppten Personen nachgewiesen (10.02., 12.02. und 13.02.2020). Nach Vorhalt der Mautdaten und Grenzregistrierungen habe sich der Beschwerdeführer hiezu geständig gezeigt.

Über den Beschwerdeführer wurde mit Beschluss eines LG am 14.02.2020 aufgrund Fluchtgefahr die U-Haft verhängt.

Am 25.02.2020 kam es zur niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge Bundesamt). Gegenstand war die Prüfung der Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes. Hiebei gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, mit XXXX verheiratet zu sein, 3 minderjährige Kinder zu haben und in XXXX zu wohnen. Er lebe mit seinen Eltern, seiner Schwester und seiner eigenen Familie im gemeinsamen Haushalt. Er habe 8 Jahre die Grundschule besucht und anschließend eine HTL-Matura erworben. Er sei Elektrotechniker. In Bulgarien betreibe er eine Import-Export-Firma; von diesen Einnahmen würden er und seine Familie leben. Bei einer Bank habe er € 10.000,-- und bei Privaten € 30.000,-- Schulden. Der Beschwerdeführer gab an, gesund zu sein, keine Medikamente zu benötigen und nicht in ärztlicher Behandlung zu stehen. Über Vorhalt des Verdachts des Verbrechens der Schleppung erklärte der Beschwerdeführer Fremde im Auto mitgenommen zu haben, nicht jedoch gewusst zu haben, dass dies illegal sei. Er habe Migranten nach Österreich bringen wollen, deshalb sei er an diesem Tag in Österreich eingereist. Der Beschwerdeführer habe nicht ständig in Österreich gelebt; er sei hier aber öfter bei einer Freundin gewesen und bei dieser auch gemeldet gewesen. Er habe hier aber weder Familienangehörige noch Verwandte; er habe hier werde gearbeitet noch habe er hier finanzielle Verpflichtungen oder Sorgepflichten. Vor 10 Jahren sei er in Serbien wegen Einbruchs und Diebstahls zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Ein Verfahren aufgrund eines Verkehrsunfalls sei in Serbien anhängig. In Bulgarien sei der Beschwerdeführer bei Bedarf immer wieder einige Tage aufhältig; seine Frau habe bulgarische Wurzeln; diese habe für sich und den Beschwerdeführer deshalb auch einen bulgarischen Aufenthaltstitel beantragt. Über Vorhalt, dass im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung beabsichtigt sei, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung sowie ein Einreiseverbot zu erlassen und ihn nach Haftentlassung nach Serbien abzuschieben, erklärte der Beschwerdeführer, dies zur Kenntnis zu nehmen; er habe hiezu „nichts“ zu sagen. Es spreche nichts gegen eine Rückkehr nach Serbien, er „wolle nach Hause zurück“.

Mit Urteil eines Landesgerichts als Schöffengericht vom 02.12.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Schlepperei gemäß § 114 FPG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 Jahren und 2 Monaten verurteilt.

Der dagegen erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht Wien am 01.07.2021 keine Folge.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 07.09.2021 wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.), einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 10 (zehn) Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).

Es wurde ausgeführt, dass die Identität des Beschwerdeführers feststehe. Dieser sei ein Staatsangehöriger Serbiens und gesund. Er verfüge über keine nennenswerten familiären Beziehungen in Österreich und sei hier auch weder beruflich noch sozial verankert. Er verfüge in Österreich über keine besonderen, engen Bindungen und aktuell keinen Wohnsitz; er sei vom 12.03.2018 bis 26.05.2019 in Wien gemeldet gewesen. Die Anbindungen im Herkunftsstaat würden allfälligen Anknüpfungspunkten in Österreich überwiegen. Eine besondere Bindung zu Österreich – aus welchen Gründen auch immer – habe nicht festgestellt werden können; das Interesse an einer Rückkehr überwiegen gegenüber allfällig entwickelten Bindungen. Durch die erzwungene Rückkehr werde nicht unzulässig in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung sei somit nicht abzusehen gewesen. Der Beschwerdeführer sei zuletzt am Tag seiner Festnahme in das Bundesgebiet eingereist; diese Einreise sei offensichtlich mit dem Vorsatz und lediglich zum Zweck der Begehung des Verbrechens der Schlepperei erfolgt. Es liege eine geplante und keine Zufallstat vor. Der Beschwerdeführer verfüge über keine Barmittel, gehe keiner legalen Beschäftigung nach, sei nicht kranken- und sozialversichert und sei auch nicht zur Arbeitssuche eingereist. Ein Aufenthaltsrecht bestehe nicht. Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln habe der Beschwerdeführer in Österreich nicht gestellt und würde die Kriterien hiefür auch nicht erfüllen. Durch die Straffälligkeit sei der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich nicht mehr rechtmäßig. Der Beschwerdeführer sei wegen Schlepperei rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 Jahren und 2 Monaten verurteilt worden. Das vom Beschwerdeführer gesetzte Verhalten berühre das Interesse der Gesellschaft an Ordnung und Sicherheit massiv. Vom Genannten gehe eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit aus. Dessen sofortige Ausreise sei daher dringend geboten, weshalb eine Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen sei. In gegenständlichen Fall sie der Tatbestand der Z 1 des § 18 Abs 2 BFA-VG erfüllt. Die Zukunftsprognose falle gegen den Beschwerdeführer aus. Im Herkunftsland habe der Beschwerdeführer keinerlei staatliche Verfolgung zu befürchten. Die Verwurzelung im Herkunftsstaat sei eng. Es liege ein Fehlverhalten erheblicher Schwere vor; der Beschwerdeführer sei offenkundig nicht gewillt, die österreichischen Rechtsvorschriften zu beachten. Es sei zu befürchten, dass er im Falle eines Verbleibs in Österreich weitere Straftaten zur Finanzierung seines Lebensunterhalts begehen würde. Der Tatbestand des § 53 Abs 3 Z 1 FPG sei erfüllt. Das Delikt der Schlepperei stelle ohne Zweifel ein die öffentliche Ordnung und Sicherheit besonders schwer gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar, zumal es sich um ein grenzüberschreitendes Verbrechen handle. Das Einreiseverbot in der ausgesprochenen Höhe sei gerechtfertigt und erforderlich. Es sei dem Beschwerdeführer zumutbar, den Ausgang des Verfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten. Im Falle einer Rückkehr nach Serbien sei, wie bereits gesagt, keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung ersichtlich.

Gegen die Spruchpunkte IV. bis VI. des Bescheides Zl 1188423503 – 200179941 erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz des bevollmächtigten Rechtsvertreters BBU GmbH vom 05.10.2021 fristgerecht Beschwerde. Darin wurde auch beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und eine Frist zur freiwilligen Ausreise zuzuerkennen. Der Beschwerdeführer reise seit dem Jahr 2017 regelmäßig nach Österreich. Er führe seit etwa 5 Jahren eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsangehörigen, bei welcher er während seiner Aufenthalte in Österreich gewohnt habe. Nach den Angaben des Beschwerdeführers sei er auch an der Wohnadresse dieser Dame gemeldet gewesen. Derzeit befinde sich der Beschwerdeführer in einer Justizanstalt in Österreich in Strafhaft. In der Haft habe er einen Deutsch- und einen ´Computerkurs gemacht und arbeite derzeit in der Küche der JA. Er wolle auch die Prüfung als Staplerfahrer absolvieren. Spätestens ab Ende Jänner 2022 könne der Beschwerdeführer in den gelockerten Vollzug mit der Möglichkeit von Ausgängen kommen; er wolle dann seine Lebensgefährtin besuchen und auch bei dieser übernachten. Nach seiner Entlassung beabsichtige er, die Beziehung mit seiner Lebensgefährtin, deren Lebensmittelpunkt in Österreich liege, weiterzuführen und diese weiterhin (legal) zu besuchen, was ihm durch das verhängte Einreiseverbot für 10 Jahre verunmöglicht würde. Der Beschwerdeführer sei in Österreich bislang unbescholten gewesen, bereue seine Tat zutiefst und wolle ein geordnetes Leben aufnehmen. Auch wolle er nach seiner Entlassung sein Unternehmen in Bulgarien weiterführen. Nach seinen Angaben habe er in Bulgarien einen Aufenthaltstitel für fünf Jahre beantragt, diesen bei der Botschaft jedoch noch nicht abholen können. Nach seinen eigenen Angaben wolle der Beschwerdeführer nach seiner Haftentlassung freiwillig nach Serbien zurückkehren. Die Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt am 25.02.2020 habe sich „schwierig gestaltet“ und sei es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, die „erforderlichen Angaben“ zu machen. Dem soeben erstatteten Vorbringen stehe das Neuerungsverbot nicht entgegen; nach § 20 Abs 1 Z 4 BFA-VG bestehe nunmehr insofern ein allgemeines Neuerungsrecht, als ein Antragsteller, aus welchen Gründen auch immer, nicht in der Lage gewesen sei, Tatsachen und Beweismittel vorzubringen, sofern der Antragsteller nicht rechtsmissbräuchlich gehandelt hätte. Gegenständlich sei der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen, das Vorbringen früher zu erstatten, da die Einvernahmesituation für diesen „nicht angenehm“ gewesen sei und er so nicht in der Lage gewesen sei, die o.a. relevanten Angaben zu erstatten. Hätte das Bundesamt dem Beschwerdeführer die Gelegenheit gegeben, sich im Rahmen einer Einvernahme zu erklären, hätte der Beschwerdeführer dies bereits im erstinstanzlichen Verfahren tun können. Es werde beantragt, die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, Dragana JOVANOVIC, Sagedergasse 7-11, 1120 Wien, eine StA Österreichs, als Zeugin zur Beziehung zum Beschwerdeführer und zum Wunsch einer Weiterführung derselben zu befragen. Die Behörde begründe die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nur damit, dass für den Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Serbien keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben und diesem zumutbar sei, den Ausgang seines Verfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten. Die Behörde gehe aber nicht darauf ein, worin das Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit begründet sei. Der Beschwerdeführer gebe an, dass keine Widerholungsgefahr bestünde; er wolle nach seiner Entlassung das Bundesgebiet freiwillig verlassen und in ein geordnetes Leben zurückkehren. Er wolle auch wieder in seinem Unternehmen in Bulgarien arbeiten. Es fehle gegenständlich an einer einzelfallbezogenen Abwägung. Selbst eine strafrechtliche Verurteilung allein rechtfertige nicht die Annahme, die sofortige Ausreise sei aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig. Auch der EuGH habe kürzlich bestätigt, dass im Anwendungsbereich der RückführungsRL grundsätzlich eine freiwillige Ausreise eingeräumt werden solle (EuGH 19.06.2018, Rs C-181/16 Gnandi). Der EuGH stelle klar fest, dass die Frist für die freiwillige Ausreise erst mit Rechtskraft der Rückkehrentscheidung zu laufen beginnen solle. Das verhängte Einreiseverbot mache es dem Beschwerdeführer unmöglich, seine Lebensgefährtin in Österreich zu besuchen und einen regelmäßigen persönlichen Kontakt mit dieser aufrecht zu erhalten; auch die Weiterführung des Unternehmens in Bulgarien, und somit die Möglichkeit, einer legalen Beschäftigung nachzugehen, werde durch das Einreiseverbot verunmöglicht. Bei Behebung der Spruchpunkte IV und V stünde dem Beschwerdeführer nach Haftentlassung eine 14-tägige Fist zur freiwilligen Ausreise zur Verfügung; er könnte somit fristwahrend iSd § 60 Abs 2 FPG ausreisen. Ein Antrag auf Aufhebung bzw Verkürzung des Einreiseverbotes sei nur bei fristgerechter Ausreise möglich. Bei Erlassung eines Einreiseverbotes sei eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit dem persönlichen Interesse des Fremden an der rechtmäßigen Einreise bzw dem rechtmäßigen Aufenthalt in den Mitgliedstaaten vorzunehmen. Die Behörde stütze die Erlassung des Einreiseverbotes in der Dauer von 10 Jahren ausschließlich auf die aktenkundige rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers. Sie habe es jedoch unterlassen, eine individualisierte Gefährlichkeitsprognose zu treffen. Dabei sei das gesamte Verhalten des Fremden einzubeziehen und seine Rechte nach Art 8 EMRK zu berücksichtigen. Es sei auf die Art und Schwere der Straftaten und auf das sich ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Die Behörde habe jedoch keine abschließende Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers vorgenommen und die vermeintlich von diesem ausgehende Gefährdung nicht im erforderlichen Ausmaß geprüft. Das Höchststrafmaß betrage gem. § 114 FPG 10 Jahre, womit die Strafzumessung für den Beschwerdeführer gegenständlich in der unteren Hälfte des möglichen Strafrahmens geblieben sei. Der Beschwerdeführer bereut seine Tat; er wolle sich der Behörde gegenüber kooperativ verhalten und freiwillig nach Serbien ausreisen. Die Prognosebeurteilung sei mangelhaft. Die Dauer des Einreiseverbotes sei an den Umständen des Einzelfalls zu orientieren. Eine solche Einzelfallprüfung sei jedoch unterblieben. Auch seien die Schritte des Beschwerdeführers zur Resozialisierung nicht berücksichtigt worden. Er gehe in der Haft verschiedenen Arbeitstätigkeiten nach und lerne Deutsch. Unberücksichtigt geblieben sei auch dessen soziale Verankerung in Österreich. Er habe gemeinsame Pläne mit seiner Freundin nach seiner Haftentlassung, was regelmäßige Besuche im Bundesgebiet erfordern würde. Das Einreiseverbot sei zu beheben bzw in eventu maßgeblich zu reduzieren.

Die Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt am 11.10.2021 übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger aus Serbien, reiste zuletzt im Februar 2020 mehrmals nach Österreich ein. Im Zuge dessen wurde der Genannte am 13.02.2020 wegen des Verdachts der Schlepperei festgenommen und zeigte sich hiezu letztlich auch geständig.

Mit Urteil eines Landesgerichts als Schöffengericht vom 02.12.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Schlepperei gemäß § 114 FPG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 4 Jahren und 2 Monaten verurteilt. Der dagegen erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht Wien am 01.07.2021 keine Folge. Der Beschwerdeführer befindet sich zurzeit in Strafhaft in einer Justizanstalt in Österreich. In Serbien wurde der Beschwerdeführer vor etwa zehn Jahren wegen räuberischen Diebstahls zu 5 Jahren Haft verurteilt.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte und ist hier auch nicht beruflich verankert. Er verfügt in Österreich aktuell über keinen Wohnsitz. Nach seinen Angaben hat er seit dem Jahr 2017 eine Lebensgefährtin bzw Freundin in Wien, bei welcher er im Zeitraum vom 12.03.2018 bis 26.05.2019 auch gemeldet war.

In Serbien befinden sich die Lebensgefährtin, die 3 mj Kinder, die Eltern und eine Schwester des Beschwerdeführers, mit denen ein gemeinsamer Haushalt besteht. Der Beschwerdeführer hat ein Unternehmen in Bulgarien und handelt mit alten Autos bzw Altwaren. Einen Aufenthaltstitel für Bulgarien hat der Beschwerdeführer nicht. Der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers befindet sich in Serbien.

Es liegen keine außergewöhnlichen Umstände vor, denen zufolge anzunehmen wäre, dass eine Rückkehr oder eine Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus dem Gerichtsakt sowie aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Die Feststellungen zur gerichtlichen Verurteilung in Österreich beruhen auf dem Strafregisterauszug sowie den im Gerichtsakt erliegenden Urteilen eines Landesgerichts für Strafsachen sowie des OLG Wien. Dass der Beschwerdeführer in Serbien wegen räuberischen Diebstahls zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt wurde ergibt sich aus dessen diesbezüglichen Angaben im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung.

Die Feststellungen zur persönlichen und privaten Situation des Beschwerdeführers ergeben sich aus den eigenen, insofern nicht anzuzweifelnden Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Die getroffenen Feststellungen werden der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt, da in der Beschwerde kein dem im angefochtenen Bescheid zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüberhinausgehendes Vorbringen in konkreter und substanziierter Weise erstattet wurde.

Konkrete Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat stützt, wurden in der Beschwerde nicht näher bezeichnet oder glaubhaft gemacht. Derartige Gründe sind auch sonst nicht hervorgekommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Vorweg ist festzuhalten, dass Gegenstand der vorliegenden Entscheidung nur jener – trennbare – Spruchteil des mit der Beschwerde angefochtenen Bescheides ist, mit dem gemäß § 18 Abs 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt wurde, weshalb sich die Prüfung auf jene Teile des Beschwerdevorbringens beschränkt, die sich gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung richten.

Die Entscheidung in der Hauptsache (dh konkret zum Einreisverbot, Spruchpunkt VI.) ergeht zu einem späteren Zeitpunkt gesondert.

Zu A): Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Die Behörde hat in Spruchpunkt V. die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG gestützt und im Wesentlichen damit begründet, dass die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers durch sein Fehlverhalten und die rk Verurteilung zu einer unbedingten Haftstrafe im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich sei und bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben sei. Es sei dem Beschwerdeführer somit zumutbar, den Ausgang des Verfahrens in Serbien abzuwarten.

§ 18 BFA-VG samt Überschrift lautet:

Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1.       der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2.       schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3.       der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4.       der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5.       das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6.       gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7.       der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1.       die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2.       der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3.       Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bzw gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheides des Bundeamtes gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014), ohne dass damit der Ausgang des Hauptverfahren vorweggenommen wird.

In der Beschwerde wurde, wie bereits dargelegt, in Hinblick auf die im angefochtenen Bescheid dargelegten Feststellungen und Erwägungen, insbesondere in Hinblick auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat Serbien, keine konkreten Umstände vorgebracht, denen zufolge nicht ausgeschlossen werden könnte, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Serbien eine reale Gefahr oder eine ernsthafte Bedrohung im Sinne des § 18 Abs 5 BFA-VG drohen würde.

Auch konkrete Anhaltspunkte dahingehend, dass gegenständlich allenfalls konkret zu berücksichtigende private oder familiäre Interessen vorliegen würden, die das öffentliche Interesse an einer raschen Aufenthaltsbeendigung allenfalls überwiegen würden, sind nicht hervorgekommen. So halten sich die Lebensgefährtin, die 3 minderjährigen Kinder, die Eltern und eine Schwester des Beschwerdeführers in Serbien auf, mit welchen auch ein gemeinsamer Haushalt besteht. Der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers liegt im Herkunftsstaat. Dem gegenüber hat der Beschwerdeführer in Österreich keine familiären oder beruflichen Anknüpfungspunkte. Die (angebliche, langjährige) Beziehung mit einer österreichischen Staatsangehörigen stehen nach einer Abwägung den öffentlichen Interessen an einer raschen Aufenthaltsbeendigung nicht entgegen, zumal auch weder ein gemeinsamer Haushalt besteht und keine (wechselseitigen) Abhängigkeiten bzw eine besondere Beziehungsintensität vorgebracht wurden noch solche erkennbar sind.

Nach dem Gesagten ist aus derzeitiger Sicht (auf Basis der aktuell vorliegenden Aktenlage) nicht anzunehmen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde bzw gebracht hat. Ein diesbezügliches Vorbringen wurde – nach dem Ergebnis einer Grobprüfung – nicht glaubhaft erstattet.

Laut der dem BVwG vorliegenden Informationen über die Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers (Serbien), ergeben sich keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs. 5 BFV-VG. Der Beschwerdeführer hat betreffend Serbien weder eine asylrelevante Verfolgung behauptet, noch haben sich sonstige Hinweise auf Eingriffe in dessen körperliche Integrität bzw. Lebensgefahr im Falle einer Rückführung nach Serbien ergeben.

Unbeachtlich des Vorbringens in der Beschwerde haben sich gegenständlich auch sonst keine Umstände ergeben, wonach die aufschiebende Wirkung von Amts wegen zuzuerkennen gewesen wäre.

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Dies ist hier der Fall.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen vor dem Hintergrund der in der rechtlichen Beurteilung angeführten Rechtsprechung des VwGH keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W185.2247207.1.00

Im RIS seit

03.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

03.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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