TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/19 W175 2244532-1

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Veröffentlicht am 19.10.2021
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Entscheidungsdatum

19.10.2021

Norm

AsylG 2005 §5
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch


W175 2244532-1/5E
W175 2244534-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Neumann als Einzelrichterin über die Beschwerde 1.) des XXXX XXXX XXXX , und 2.) der XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , beide somalische Staatsangehörige, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2021, Zahlen: 1.) 1276564806/210446653 und 2.) 1276564305/210446645, zu Recht:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Erstbeschwerdeführer (BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (BF2) sind verheiratet und somalische Staatsangehörige. Nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet und Festnahme am 01.04.2021 stellten sie Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF (AsylG).

Ein Eurodac-Abgleich der Fingerabdruckdaten des BF1 und der BF2 ergab, dass von Rumänien am 20.03.2021 eine erkennungsdienstliche Behandlung des BF1 und am 21.03.2021 eine erkennungsdienstliche Behandlung der BF2 jeweils aufgrund der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gespeichert worden war.

I.2. Im Rahmen der Erstbefragung am 02.04.2021 gaben die BF in Somalisch befragt im Wesentlichen an, dass sie somalische Staatsangehörige, verheiratet und volljährig seien. Identitätsunterlagen könnten sie keine vorlegen.

Der BF1 habe im März 2018 sein Heimatland zu verlassen, da die Terrorgruppe Al-Shabaab seinen Vater ermordet und versucht habe, ihn zu rekrutieren. Er gab zu seiner Fluchtroute an, über die Türkei nach Griechenland eingereist und weiter über Nordmazedonien und Serbien nach Rumänien gelangt zu sein, wo er Behördenkontakt hatte und nur durchgereist sei, bevor er schließlich über die Slowakei nach Österreich gelangt sei.

Über den Aufenthalt in den durchreisten Ländern machte er keine Angaben. Einen Antrag auf internationalen Schutz habe er nicht gestellt, in Rumänien wären ihm seine Fingerabdrücke abgenommen worden. Ein Zielland habe er nicht gehabt. In Österreich habe er keine Verwandten, seine Familie lebe in Somalia.

Die BF2 habe ihr Heimatland im Mai 2019 verlassen, da ihre Familie sie zwangsverheiraten habe wollen. Ihre Fluchtroute gab sie übereinstimmend zum BF1 an, lediglich in Bezug auf die Aufenthaltsdauer in den durchreisten Ländern bestehen Unterschiede. Zu ihrem Aufenthalt in den durchreisten Ländern machte sie ebenfalls keine Angaben. Sie habe keinen Asylantrag gestellt. In Österreich habe sie keine Verwandten, ihre Familie lebe in Somalia.

I.3. Aufgrund der Angaben der BF richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 14.04.2021 ein Auskunftsersuchen gemäß Art. 34 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO)an die Slowakei und Griechenland.

Mit Schreiben vom 14.05.2021 gaben die slowakischen Behörden bekannt, dass die BF in der Slowakei nicht registriert seien.

Mit Schreiben vom 01.07.2021 gaben die griechischen Behörden bekannt, dass die BF in Griechenland registriert worden seien, jedoch keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hätten.

I.4. Aufgrund der Eurodac-Treffer richtete das BFA an Rumänien am 14.04.2021 ein auf
Art. 18 Abs. 1 lit b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen betreffend die BF.

I.5. Mit Schreiben vom 27.04.2021 stimmten die rumänischen Behörden der Wiederaufnahme der BF gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b Dublin III-VO ausdrücklich zu. Dabei wurde vermerkt, dass die BF in Rumänien am 21.03.2021 Anträge auf internationalen Schutz gestellt hätten und die Anträge noch geprüft würden.

I.6. Anlässlich der Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs vor dem BFA am 08.10.2020 gab der BF in Somalisch befragt im Wesentlichen Folgendes an:

Die BF fühlten sich psychisch und physisch in der Lage, Angaben zu ihrem Asylverfahren zu machen.

Der BF1 habe keine Krankheiten und nehme keine Medikamente. Er könne keine seine Identität bezeugenden Dokumente vorlegen. In Österreich beziehungsweise der EU, in Norwegen, der Schweiz, Liechtenstein oder in Island habe er keine Verwandten. In Rumänien habe er seine Fingerabdrücke abgeben müssen, sonst wäre er nach Serbien abgeschoben worden. Er sei nicht befragt worden und habe keine Entscheidung erhalten. Die BF2 habe eine Kopfverletzung und in Rumänien keine medizinische Versorgung erhalten. Die Betreuungsstelle wäre schlecht gewesen und er wäre von der Polizei geschlagen worden, als er gesagt habe, dass die BF2 aufgrund von gesundheitlichen Problemen Hilfe benötige. Eine Anzeige habe er nicht erstattet.

Die BF2 habe Zahnschmerzen und nehme Medikamente gegen Kopfschmerzen. Sie habe eine Kopfverletzung, ihr sei schwindelig und sie habe immer Kopfschmerzen. Identitätsbezeugende Dokumente könne sie nicht vorlegen. In Österreich beziehungsweise der EU, in Norwegen, der Schweiz, Liechtenstein oder in Island befinden sich keine Verwandten, sie habe nur ihren Ehemann hier. Sie lebe mit keiner sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Gemeinschaft. Ihre Fingerabdrücke habe sie in Rumänien unter Zwang abgeben müssen. In welchem Stadium sich ihr Verfahren in Rumänien befinde, wisse sie nicht. Sie wolle nicht zurück, weil ihr Mann hier sei und sie wolle mit ihm zusammenleben. In Rumänien sei sie krank gewesen und habe keine medizinische Versorgung erhalten

I.7. Am 18.06.2021 langte eine Zeitbestätigung der BF2 vom 16.06.2021 von der Universitätsklinik Wien ein.

Am 29.06.2021 wurde die dermatologische Krankengeschichte der BF2 vorgelegt.

I.8. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit den beschwerdegegenständlichen Bescheiden vom 29.06.2021, zugestellt am 30.06.2021, die Anträge auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass Rumänien für die Prüfung der Anträge gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b der Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Die Außerlandesbringung des BF1 und die BF2 wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG, angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung der BF nach Rumänien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Dem Bescheid sind folgende Feststellungen zu Rumänien zu entnehmen:

„Allgemeines zum Asylverfahren

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren (USDOS 13.3.2019; vgl. IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d) mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d, für weitere Informationen siehe dieselben Quellen). Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen Organisationen, um Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen u.a. Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. a): Asylum procedures, http://igi.mai.gov.ro/en/content/asylum-procedures-0, Zugriff 27.5.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. b): Dublin procedure, http://igi.mai.gov.ro/en/content/dublin-procedure, Zugriff 27.5.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. c): General description, http://igi.mai.gov.ro/en/content/general-description, Zugriff 27.5.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D. d): The submission of the asylum application, http://igi.mai.gov.ro/en/content/submitting-application-asylum, Zugriff 27.5.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019

Dublin-Rückkehrer

Der legale Status eines Rückkehrers hängt vom Stand seines Asylverfahrens in Rumänien ab. Sämtliche Rückkehrer werden am Flughafen empfangen und in die regionalen Zentren begleitet, wo sie dann noch am selben Tag einen Asylantrag stellen können.

-Wurde in Rumänien zuvor ein Asylverfahren eröffnet, das noch läuft, wird dieses fortgesetzt. Der Rückkehrer wird am Flughafen über den aktuellen Stand des Verfahrens informiert und darauf hingewiesen, sich im Hinblick auf die Fortsetzung des Verfahrens ins regionale Zentrum zu begeben. Die Unterbringung kann entweder im Zentrum oder privat erfolgen.

-Wurde ein Asylverfahren eröffnet und in der Folge beendet, weil sich der AW abgesetzt hat, wird der Rückkehrer als illegaler Fremder für längstens 18 Monate in Gewahrsam genommen. Er kann einen Folgeantrag stellen. Dieser hat aufschiebende Wirkung auf eine Außerlandesbringung, ebenso wie eine Beschwerde gegen Nichtzulassung des Folgeantrags. Für die Zulassung des Folgeantrags müssen aber neue Beweise vorgelegt werden.

-Wenn Asylwerber das Land vor dem Asylinterview verlassen haben und binnen neun Monaten zurückkehren, wird ihr Antrag als Erstantrag behandelt (VB 4.6.2019).

Bei Rückkehrern gemäß Art. 18 (1) (a) und (b) der Dublin-III-VO wird das Verfahren von den rumänischen Behörden geführt bzw. abgeschlossen. Rückkehrer gemäß Art. 18 (1) (c) haben die Möglichkeit, einen neuen Antrag einzubringen, der nicht als Folgeantrag gilt. Rückkehrer gemäß Art. 18 (1) (d) können einen Folgeantrag einbringen (EASO 24.10.2017).

Für vulnerable Fälle gibt es eine limitierte Anzahl separater Hafträume. Einige Vulnerable profitieren von einer Änderung im Fremdengesetz, gemäß derer auf Haft verzichtet wird, sofern sie eine alternative Unterbringung nachweisen können. Hierbei werden sie von NGOs unterstützt. UMA werden bei Rückkehr nicht in Haft genommen, sondern in einem Zentrum der Kinderschutzbehörde untergebracht (VB 4.6.2019).

Es gibt keine wesentlichen Unterschiede beim Zugang zur Unterbringung und medizinischen Versorgung von Dublin-Rückkehrern und regulären Asylwerbern (EASO 24.10.2017).

Quellen:

- EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query zu Dublin-Rückkehrer, per E-Mail

- VB des BM.I in Rumänien (4.6.2019): Auskunft IGI, per E-Mail

Non-Refoulement

Gesetzlich ist ein Schutzmechanismus gegen Refoulement vorgesehen. Abschiebungen können nur durchgeführt werden, wenn die Rückkehrentscheidung nicht im Widerspruch zum Non-Refoulement-Prinzip steht. In diesen Fällen wird sobald wie möglich eine Entscheidung gefällt, in der begründet wird, warum der Aufenthalt auf rumänischem Territorium verweigert wird. Die Entscheidung wird dem Asylwerber direkt zugestellt, entweder persönlich bei der IGI-DAI oder per Post. Beschwerde kann binnen zwei Tagen nach Zustellung eingelegt werden (AIDA 27.3.2019).

Vom Schutz gegen Abschiebung oder Rückkehr sind jene Fremden ausgeschlossen, die in Zusammenhang mit Terrorismus stehen. UNHCR berichtete im Jahr 2018 von mehreren Vorfällen von Zugangsverweigerung zum Land, Zurückweisungen und Abweichungen vom Asylverfahren in Grenzregionen (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019

Versorgung

Asylwerber, die selbst über keine Mittel verfügen, haben bis zum Ende des Asylverfahrens in Rumänien das Recht auf Unterbringung in einem der sechs Unterbringungszentren des Generalinspektorats für Immigration (IGI o.D.g) in Timi?oara, ?omcuta Mare, R?d?u?i, Gala?i, Bucharest and Giurgiu (AIDA 27.3.2019). Die sechs Aufnahme- und Unterbringungszentren bieten 900 Unterkunftsplätze (JRS 12.3.2018; vgl. AIDA 27.3.2019), wobei die Kapazität auf 1.090 Plätze erhöht werden kann. Per 31.12.2018 waren 350 Plätze belegt (AIDA 27.3.2019).

Die Unterbringungszentren können nur nach Genehmigung durch die IGI-DAI verlassen werden. Sollte die Unterkunft länger als 72 Stunden ohne Genehmigung verlassen werden, so können Unterstützungsleistungen gekürzt oder ausgesetzt werden. Asylwerber können aus Kapazitätsgründen auch aus einem Unterbringungszentrum in ein anderes verlegt werden. Gegen die Verlegung ist keine Beschwerde zulässig. Staatliche Unterstützungsleistungen beinhalten: Unterkunft in einer der Aufnahmezentren; finanzielle Zuwendungen für Nahrung und Kleidung sowie Taschengeld (AIDA 27.3.2019).

Mittellose Asylwerber können einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für Lebensmittel, Kleidung und sonstige Ausgaben stellen (IGI o.D.g). Asylwerbern, die außerhalb eines Zentrums wohnen, steht eine Unterstützung für die Unterkunft zu (VB 4.6.2019). Ein Asylwerber, der im Zentrum untergebracht ist, erhält einen Betrag von 16,- Lei/Tag (ca. 110,- EUR im Monat). Die Unterbringungszentren erfüllen generell die Standards von EU und UNHCR. Sie sind für die Nahrungszubereitung entsprechend ausgestattet. Es gibt Beihilfen (Tagsätze) für Neugeborene, Wöchnerinnen, usw. Es gibt außerdem Beihilfen (saisonbedingt: 67,- Lei im Sommer und 100,- Lei im Winter) für Bekleidung (VB 4.6.2019; vgl. AIDA 27.3.2019, IGI o.D.g).

Asylwerber dürfen arbeiten, wenn ihr Erstantrag länger als drei Monate anhängig ist (IGI o.D.g; vgl. USDOS 13.3.2019). Trotzdem haben viele arbeitsberechtigte Asylwerber Probleme, legale Arbeit zu finden (USDOS 13.3.2019).

Die Regierung gewährt Asylwerbern eine finanzielle Zuwendung von 16 Lei/Tag; für Vulnerable ist dieser Satz etwas erhöht. Im Hinblick auf die durchschnittlichen Lebenserhaltungskosten ist dieser Betrag eher gering angesetzt und trifft insbesondere Personen mit besonderen Bedürfnissen oder Vulnerable (USDOS 13.3.2019).

Laut der NGO Civic Resource Centre ist der Staat alleine nicht in der Lage, die Versorgung der Asylwerber zu garantieren. Er ist auf die Unterstützung von NGOs angewiesen, die Nahrung, Unterkunft und sonstige Notfalldienste für Schutzsuchende zur Verfügung stellen. Weiters berichten Asylwerber über schlechte Unterbringungsbedingungen, wie Überbelegung oder hygienische Mängel in den staatlichen Unterbringungszentren (IRIN News 16.10.2017, vgl. AIDA 27.3.2019).

Im Jahr 2018 gab es 2.118 Asylanträge. In rumänischen Unterbringungseinrichtungen stehen 900 Plätze zur Verfügung, von diesen sind aktuell 294 belegt. Für den Fall, dass die Zentren irgendwann einmal überfüllt wären und Personen daher Privatunterkünfte nehmen müssten, würden diese mit 450,- Lei (ca. 95,- € ) für die Miete sowie mit 120,- Lei (ca. 25,- €) im Sommer bzw. 155,- Lei (ca. 33,- €) im Winter für Betriebskosten unterstützt werden. Das Relocation-Programm wurde mit Ende 2017/Anfang 2018 eingestellt (VB 4.6.2019).

Die Insassen der Schubhaftzentren haben das Recht auf rechtliche, medizinische und soziale Hilfe, sowie auf Information über Haftgründe, Rechte und Pflichten (VB 4.6.2019).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.g): Assistance to asylum seekers, http://igi.mai.gov.ro/en/content/assistance-asylum-seekers, Zugriff 13.6.2019

- IRIN News (16.10.2017): Old route, new dangers: Migrant smugglers revive Black Sea route to Europe, http://www.irinnews.org/feature/2017/10/16/old-route-new-dangers-migrant-smugglers-revive-black-sea-route-europe, Zugriff 19.12.2017
- JRS - Jesuit Refugee Service (12.3.2018): Policy Blog: quantifying the Romanian asylum system, https://jrseurope.org/news_detail?TN=NEWS-20180312050052&L=EN, Zugriff 5.6.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019

- VB des BM.I in Rumänien (4.6.2019): Auskunft IGI, per E-Mail

Medizinische Versorgung

Asylwerber haben das Recht auf kostenlose medizinische Erstversorgung und Behandlung, klinische Behandlung bei lebensbedrohlichen akuten oder chronischen Krankheiten. Im Falle besonderer Bedürfnisse haben Asylwerber Zugang zu sonstiger adäquater medizinischer Behandlung. Asylwerber unterliegen der Verpflichtung, sich medizinischen Untersuchungen zu unterziehen, um die öffentliche Gesundheit zu schützen (IGI o.D.f). Die Gesundheitsversorgung von Asylwerbern wird durch medizinisches Personal in den Aufnahmezentren sichergestellt, das im Krankheitsfall primäre Gesundheitsversorgung leistet und kostenfreie Behandlungen durchführt (IGI o.D.h).

Mit Stand 2018 haben Asylbewerber in allen Regionalzentren Zugang zu einem Allgemeinmediziner. In Giurgiu ist der Arzt jedoch seit November 2018 krank. Nach Angaben des Rechtsberaters in Giurgiu hat diesen der Arzt der ICAR-Stiftung ersetzt, zumal es auch keine Krankenschwester gab. Dennoch ist Giurgiu das einzige Zentrum, in dem seit August 2018 ein Psychologe im Auftrag von IGI-DAI arbeitet. In R?d?u?i wurde im Sommer 2018 ein Arzt eingestellt. In Timi?oara wurden ab Frühjahr 2018 ein Arzt und zwei Krankenschwestern von IGI-DAI eingestellt. In Bukarest wird die ärztliche Untersuchung von einem Arzt und der Krankenschwester durchgeführt. Die Asylbewerber werden auf Anzeichen von Ekzemen, Tollwut, Läusen überprüft und eine Krankenakte erstellt. Bei medizinischen Problemen werden die Asylwerber an das Krankenhaus des Innenministeriums verwiesen (AIDA 27.3.2019).

Laut USDOS bleibt die staatliche soziale, psychologische und medizinische Unterstützung ungenügend, speziell für Traumatisierte und Folteropfer. Viele Asylwerber sind auf die Unterstützung von durch NGOs durchgeführte Projekte angewiesen (USDOS 13.6.2019).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (27.3.2019): Country Report – Romania 2018 Update, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ro_2018update.pdf, Zugriff 21.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.f): Rights and obligations, http://igi.mai.gov.ro/en/content/rights-and-obligations, Zugriff 4.6.2019

- IGI - Generalinspektorat für Immigration (o.D.h): Access to health care, http://igi.mai.gov.ro/en/content/access-health-care, Zugriff 13.6.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Romania, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004292.html, Zugriff 27.5.2019”

Beweiswürdigend wurde in den Bescheiden hervorgehoben, dass die Identität des BF1 und der BF2 lediglich für das gegenständliche Verfahren ausreichend feststehe. Schwere lebensbedrohliche Krankheiten seien von den BF weder behauptet noch belegt worden. Die BF2 leide unter Kopf- und Zahnschmerzen sowie einer Pilzerkrankung an den Oberschenkeln. Es bestünden keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich. Es handle sich um ein Familienverfahren, in dem die gesamte Familie von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen sei.

Es sei festzustellen, dass in Rumänien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Eine systematische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Rumänien ließe sich keinesfalls erkennen. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorringen betreffend die Gefahr einer relevanten Verletzung des Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK sei nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe zu.

Es habe sich kein zwingender Anlass für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.

Zudem hätten sich keine Hinweise ergeben, dass durch die Außerlandesbringung unzulässiger Weise in das Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens eingegriffen werden würde.

Es gäbe auch keine Gründe, die Durchführung der Entscheidung gemäß § 61 Abs. 3 FPG aufzuschieben.

I.9. Mit 30.06.2021 stellte das BFA den BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG einen Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) amtswegig zur Seite.

I.10. Datiert mit 14.07.2021 brachten die BF fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde ein, mit dem der Bescheid gesamtinhaltlich wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten wurde.

Die belangte Behörde habe sich nicht ausreichend mit der tatsächlichen Lage in Rumänien befasst und die BF nicht ordentlich befragt. Andernfalls hätten diese angegeben in Rumänien vier Tage lang inhaftiert gewesen zu sein, bevor man sie zu einem Camp brachte, das sie erst nach 15 Tagen aufnehmen würde. Die herangezogenen Länderfeststellungen seien veraltet. Die BF2 habe entgegen den Feststellungen der Behörde keine medizinische Behandlung erhalten und der BF1 wäre von der Polizei geschlagen worden, als er nachfragte wie seine Frau medizinische Behandlung erhalten könne. Die Zurückweisung nach Rumänien stelle eine Verletzung des Art. 3 EMRK da, weshalb vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen wäre. Die Behörde habe nicht alle medizinischen Unterlagen einbezogen.

Mit der Beschwerde wurden medizinische Unterlagen, insbesondere die Kopie einer Überweisung und eine Klientenkarte vom 09.07.2021, vorgelegt.

I.11. Die Beschwerdevorlage an die zuständige Gerichtsabteilung des BVwG iSd § 16 Abs. 4 BFA-VG erfolgte am 20.07.2021.

I.12. Am 21.07.2021 wurden die BF von der Grundversorgung abgemeldet.

I.13. Mit Schriftsatz vom 26.07.2021 gab die rechtsfreundliche Vertreterin der BF2 bekannt, dass seit 18.07.2021 kein Kontakt mehr zwischen den BF bestehe und die BF2 somit alleinstehend sei.

Die BF2 wurde mit 26.07.2021 wieder in die Betreuungsstelle Ost aufgenommen.

I.14. Mit Schreiben vom 28.07.2021 wurden die rumänischen Behörden darüber informiert, dass der BF1 untergetaucht sei und folglich eine Fristerstreckung auf 18 Monate gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO erfolge.

II. Das BVwG hat erwogen:

II.1. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in:

- die dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakten des BFA betreffend den BF1 und die BF2, beinhaltend die Niederschrift der Erstbefragung am 02.04.2021, das Protokoll der Niederschrift vom 11.06.2020 und die Beschwerde datiert mit 14.07.2021

- die vorgelegten medizinischen Unterlagen betreffend die BF2

- aktenkundliche Dokumentationsquellen betreffend Rumänien im angefochtenen Bescheid sowie die.

II.2. Feststellungen:

II.2.1. Der BF1 und die BF2 sind somalische Staatsangehörige, volljährig und traditionell miteinander verheiratet. Ihre Identitäten stehen lediglich für die Zwecke des gegenständlichen Verfahrens mit ausreichender Sicherheit fest.

II.2.2. Die BF reisten zuletzt über Rumänien unrechtmäßig in das Gebiet der Mitgliedstaaten ein, wo sie am 21.03.2021 Anträge auf internationalen Schutz stellten, die noch geprüft werden. Danach reisten die BF über die Slowakei, ohne das Gebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen, unrechtmäßig nach Österreich ein, wo sie am 01.04.2021 festgenommen wurden und die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz stellten.

II.2.3. Am 14.04.2021 leitete das BFA aufgrund der vorliegenden Eurodac-Treffer ein Konsultationsverfahren ein und richtetet Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b Dublin III-VO an Rumänien. Die rumänischen Behörden stimmten einer Wiederaufnahme des BF1 und der BF2 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit b Dublin III-VO mit Schreiben vom 27.04.2021 ausdrücklich zu.

II.2.4. Der BF1 und die BF2 laufen nach einer Überstellung nach Rumänien nicht Gefahr, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden. Im zuständigen Mitgliedstaat herrschen keine systemischen Mängel in Verfahren wegen internationalen Schutzes und wurden diese auch nicht konkret behauptet. In Rumänien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. Eine medizinische Versorgung des BF inklusive Behandlung chronischer Erkrankungen ist in Rumänen gegeben.

Bezugnehmend auf das am 23.08.2021 neuerschienene Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Rumänien wird festgestellt, dass sich bezüglich der Lage für Dublin-Rückkehrer in Rumänien fallspezifisch keine neuen Informationen oder maßgebliche Veränderungen ergeben haben.

Konkrete Verfahrensmängel oder neue Asylgründe wurden von den BF weder substantiiert noch glaubhaft vorgebracht.

II.2.5. Akut lebensbedrohende Krankheiten wurden von dem BF1 und der BF2 nicht vorgebracht oder belegt. Die BF1 leidet unter Kopf- und Zahnschmerzen sowie einer Pilzinfektion an den Oberschenkeln.

Eine Überstellung der BF2 in Bezug auf ihren Gesundheitszustand, beziehungsweise die allgemeine Versorgungslage im zuständigen Mitgliedsstaat stellt keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 3 EMRK geschützte Rechte dar. Von einer Mangelversorgung der BF in Rumänien aufgrund der herrschenden Covid-19 Lage kann derzeit nicht ausgegangen werden.

II.2.6. Der BF1 und die BF2 haben in Österreich keine Verwandten oder sonstige sozialen Beziehungen.

II.3. Beweiswürdigung:

II.3.1. Die Feststellungen zu ihrer Staatsangehörigkeit und ihrem Personenstand ergeben sich aus ihren eigenen Angaben, die nicht zu bezweifeln waren. Die BF konnten keine unbedenklichen, ihre Identität bestätigenden Dokumente vorlegen.

Die Feststellungen zum Reiseweg der BF und zu ihrer Antragstellung im angeführten Mitgliedstaat ergeben sich im Wesentlichen aus deren eigenen Vorbringen in Zusammenhang mit der vorliegenden Aktenlage – insbesondere aus den Eurodac-Treffern.

Die Feststellungen zum Verfahrensstand in Rumänien ergeben sich aus dem Scheiben vom 27.04.2021, welches die ausdrückliche Zustimmung Rumäniens enthält, und aus den Angaben der BF.

Aus der Aktenlage ergibt sich im Übrigen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit, dass der BF1 und die BF2 zwischen ihrer Antragstellung in Rumänien und ihrer Ankunft in Österreich das Gebiet der Mitgliedstaaten nicht für mindestens drei Monate oder auf Grundlage eines Rückführungsbeschlusses oder einer Abschiebungsanordnung verlassen hat, Gegenteiliges wurde auch nicht vorgebracht.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des BF1 und der BF2 und zum Gesundheitszustand des BF1 ergeben sich aus seinen eigenen Angaben und aus der Aktenlage. Sie haben in Österreich keine sozialen oder beruflichen Beziehungen. Der BF1 bringt des Weiteren keine Erkrankungen vor, er benötigt keine Medikamente. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF2 ergeben sich aus ihren eigenen Angaben im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vom 11.06.2021 und den vorgelegten medizinischen Unterlagen.

Es wurde von dem BF1 und der BF2 kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren (siehe Punkt II.4.3.3.). Eine die beiden BF konkret treffende Bedrohungssituation in Rumänien wurde nicht substantiiert vorgebracht (siehe dazu die weiteren Ausführungen in Punkt II.4.3.2.).

II.3.2. Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den durch ausreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Rumänien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen. Zur Aktualität der Quellen verwies das BFA im angefochtenen Bescheid darauf, dass zwischenzeitlich keine entscheidungsrelevante Änderung der Lage eingetreten sei, dieser Einschätzung wird vom erkennenden Gericht im Wesentlichen beigepflichtet (vgl. näher unter Punkt II.4.3.2.).

Länderinformationen aus dem COI-CMS der Staatendokumentation zu Rumänien, Version 2, veröffentlicht am 23.08.2021:

„Covid-19-Pandemie

Letzte Änderung: 18.08.2021

Als Reaktion auf die Covid-19-Pandemie verhängte der Präsident am 16. März 2020 den Ausnahmezustand (EASO 2.6.2020). Die Grenzschutzagentur wurde verstärkt und die Maßnahmen zur Verhinderung "illegaler" Migration verschärft. Darüber hinaus erließ die Regierung entsprechende Verordnungen, in denen die Notstandsmaßnahmen festgelegt wurden. Unter anderem wurde die vorübergehende Beschränkung der Einreise von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen verfügt. Der aufgrund der Pandemie verhängte Ausnahmezustand wurde wiederholt verlängert (ECRE 28.5.2020). Währenddessen wurden die Registrierung mit Ausnahme der Aktivitäten im Zusammenhang mit Anträgen auf internationalen Schutz und auf Zugang zu einem neuen Asylverfahren ebenso wie das Dublin-Verfahren und die Verfahren zur Familienzusammenführung weitgehend ausgesetzt (ECRE 7.12.2020; vgl. ECRE 28.5.2020). Laut Jesuit Refugee Service (JRS) wurden Rückführungsverfahren ausgesetzt oder gestrichen (ECRE 28.5.2020).

Nach der zweiten Covid-Welle wurde versucht, den Asylbetrieb durch die Implementierung umfassender Präventivmaßnahmen (Tragen von Masken; hygienische Maßnahmen; Abstandsregeln etc.) weitgehend aufrechtzuerhalten (EASO 7.12.2020). Anhörungen wurden inzwischen – ebenso wie Überstellungen - unter Berücksichtigung entsprechender gesundheitlicher Vorsorgemaßnahmen in beschränkter Form wieder aufgenommen (AIDA 30.4.2021).

Nach derzeitigem Stand gilt bis zum 9. September 2021 weiterhin der Ausnahmezustand, wobei eine weitere Verlängerung nicht ausgeschlossen ist. Die Regierung hat - abhängig von der jeweiligen Höhe der Inzidenz - in den betroffenen Ortschaften stufenweise Maßnahmen beschlossen. Es gibt derzeit keine inländischen Reisebeschränkungen (AA 16.8.2021).

Flüchtlinge und Asylsuchende werden von der rumänischen Regierung in die nationale Impfkampagne einbezogen. In der Folge hat die Generalinspektion für Einwanderung in Zusammenarbeit mit dem UNHCR und der NGO "Rumänischer Nationaler Flüchtlingsrat" eine Reihe von Informationsmaterialien über den Impfprozess gegen COVID-19 entwickelt (IGI 13.5.2021; vgl. AIDA 30.4.2021).

Bezüglich der aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Website der WHO: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports, oder der Johns- Hopkins-Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6 mit täglich aktualisierten Zahlen, zu kontaktieren.

Allgemeines zum Asylverfahren

Letzte Änderung: 18.08.2021

Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (USDOS 30.3.2021; vgl. IGI o.D.a, IGI o.D.b, IGI o.D.c, IGI o.D.d). Die Generalinspektion für Einwanderung (IGI), eine dem Innenministerium unterstellte Regierungsbehörde, ist über ihre Direktion für Asyl und Integration (DAI) für das Asylverfahren und erstinstanzliche Entscheidungen sowie auch für den Betrieb der Aufnahmezentren zuständig (AIDA 30.4.2021). Der organisatorische und verwaltungstechnische Ablauf des Asylverfahrens wird in folgendem Diagramm überblicksmäßig dargestellt:

Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen Organisationen, um Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen u.a. Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen (USDOS 30.3.2021). Im Jahr 2020 gab es insgesamt 6.158 Asylanträge, wovon 91,5% auf Männer, 8,4% auf Frauen, 25,4% auf Kinder und 15,9% auf unbegleitete Minderjährige entfielen. Herkunftsländer sind hauptsächlich Afghanistan, Syrien und Irak (AIDA 30.4.2021). Während die meisten EU-Staaten 2020 weniger Asylanträge zu verzeichnen hatten als im Jahr zuvor, widersetzten sich die Länder entlang der Balkanroute diesem Trend, wobei der Anstieg in Rumänien (+3.565, +138%) sowohl absolut als auch relativ gesehen der größte unter den EU-Ländern war (EASO 2021).

Dublin-Rückkehrer

Letzte Änderung: 18.08.2021

Der legale Status eines Rückkehrers hängt vom Stand seines Asylverfahrens in Rumänien ab (AIDA 30.4.2021; vgl. IGI 2021).Hierbei gilt Folgendes:

?        Wurde in Rumänien zuvor ein Asylverfahren eröffnet, das noch läuft, wird dieses fortgesetzt (AIDA 30.4.2021).

?        Wenn der Asylwerber seinen Asylantrag ausdrücklich zurückzieht, kann er, sofern er das Hoheitsgebiet der EU nicht verlassen hat oder in einen Drittstaat oder das Herkunftsland zurückgeschickt wurde, das Asylverfahren bei Rückkehr nach Rumänien nicht fortsetzen, sondern muss einen Folgeantrag stellen (AIDA 30.4.2021).

?        Entzieht sich ein Antragsteller dem Verfahren (z.B. indem er Rumänien vor dem Asylinterview verlässt und in einen anderen EU-Mitgliedstaat geht), gilt der Antrag nach 30 Tagen als stillschweigend zurückgezogen und das Verfahren wird geschlossen. Sofern der Antragsteller in diesem Fall binnen neun Monaten nach Rumänien zurückkehrt, kann das Verfahren fortgesetzt werden. Andernfalls kann der Rückkehrer lediglich einen Folgeantrag stellen (AIDA 30.4.2021).

?        Für Personen, die nach Rumänien zurückgeführt wurden und zuvor eine negative Entscheidung in der administrativen Phase des Verfahrens erhalten und keinen gerichtlichen Rechtsbehelf dagegen eingelegt haben, wird das Asylverfahren nicht fortgesetzt. Sie können einen Folgeantrag stellen (AIDA 30.4.2021).

Für vulnerable Fälle gibt es eine limitierte Anzahl separater Hafträume. Einige Vulnerable profitieren von einer Änderung im Fremdengesetz, wonach auf Haft verzichtet wird, wenn sie eine alternative Unterbringung nachweisen können. Hierbei werden sie von NGOs unterstützt. Unbegleitete minderjährige Asylwerber (UMA) werden bei Rückkehr nicht in Haft genommen, sondern in einem Zentrum der Kinderschutzbehörde untergebracht (VB 30.9.2020).

Non-Refoulement

Letzte Änderung: 18.08.2021

Gesetzlich ist ein Schutzmechanismus gegen Refoulement vorgesehen. Abschiebungen können nur durchgeführt werden, wenn die Rückkehrentscheidung nicht im Widerspruch zum Non-Refoulement-Prinzip steht. In diesen Fällen wird sobald wie möglich eine Entscheidung gefällt, in der begründet wird, warum der Aufenthalt auf rumänischem Territorium verweigert wird. Die Entscheidung wird dem Asylwerber direkt zugestellt, entweder persönlich bei der IGI-DAI oder per Post. Beschwerde kann binnen zwei Tagen nach Zustellung eingelegt werden (AIDA 30.4.2021).

Das Gesetz sieht Ausnahmen vom Non-Refoulement-Prinzip vor, wenn begründete Hinweise darauf hindeuten, dass Ausländer (einschließlich Asylwerber und anerkannte Flüchtlinge) beabsichtigen, terroristische Handlungen zu begehen oder den Terrorismus zu begünstigen. Schutzsuchende, die aus Gründen der nationalen Sicherheit für "unerwünscht" erklärt wurden, werden bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens in Gewahrsam genommen und dann abgeschoben (USDOS 30.3.2021).

Versorgung

Letzte Änderung: 18.08.2021

Bedürftige Asylsuchende haben Anspruch auf Versorgung ab dem Moment, in dem sie ihre Absicht äußern Asyl zu beantragen, bis zum Abschluss ihres Verfahrens und nach dem Erlöschen ihres Rechtes auf Aufenthalt in Rumänien. Dies beinhaltet Unterbringung, eine Beihilfe für Verpflegung und Kleidung und ein Taschengeld. In der Praxis werden Antragsteller erst untergebracht sobald ihre Anträge offiziell registriert wurden. Die meisten Asylbewerber sind in staatlichen Zentren untergebracht. Asylwerber können auf Antrag aber auch unter einer privaten Unterkunft leben, jedoch auf eigene Kosten. Folgeantragsteller haben kein Recht auf Versorgung (AIDA 30.4.2021).

Mittellose Asylwerber können einen Antrag auf finanzielle Unterstützung für Lebensmittel, Kleidung und sonstige Ausgaben stellen. Als Zuschuss für den Kauf von Lebensmitteln werden 10 Lei (2 EUR, Anm.) /Person/Tag, für Kleidung 100 Lei (20 EUR, Anm.) im Winter und 67 Lei (13 EUR) in der warmen Jahreszeit und für andere Ausgaben 6 Lei (1,2 EUR)/Person/Tag gewährt. Der monatliche Zuschuss beträgt somit insgesamt knapp über 100 EUR (IGI o.D.g; vgl. VB 30.9.2020, AIDA 30.4.2021).

Somit sind Asylwerber hinsichtlich der materiellen Unterstützung Staatsangehörigen gegenüber in etwa gleich gestellt (AIDA 30.4.2021).

Auch haben Asylwerber - nach Ablauf einer Frist von drei Monaten ab dem Datum der Einreichung des Asylantrags - unter denselben Bedingungen wie rumänische Staatsbürger Zugang zum Arbeitsmarkt (IGI o.D.g). Allerdings bestehen in der Praxis oftmals Probleme, legale Arbeit zu finden; dies ergibt sich nicht zuletzt auch aufgrund der Zurückhaltung zahlreicher Arbeitgeber, Flüchtlinge anzustellen (USDOS 30.3.2021).

Kinder von Asylwerbern erhalten vom Staat unter den gleichen Bedingungen wie rumänische Staatsangehörige entsprechende Beihilfen für Minderjährige (IGI o.D.g).

Auch verschiedene NGOs bieten Unterstützungsleistungen an. Das von AidRom durchgeführte Projekt "A.C.A.S.A. - Complex Social Assistance for Asylum Seekers" zielt darauf ab, Asylwerber über gesetzliche Rechte und Pflichten in Bezug auf den Arbeitsmarkt, das Bildungssystem, das Sozialversicherungssystem usw. zu informieren sowie entsprechende soziale und rechtliche Beratung anzubieten und damit den Zugang zu den verfügbaren öffentlichen Diensten zu erleichtern und soziale Integration durch soziokulturelle, Bildungs- und Freizeitaktivitäten und die Bereitstellung von Rumänisch-Sprachkursen zu unterstützen. Auch materielle Hilfe wird gewährt (AIDRom o.D.b).

Das "Jesuit Refugee Service" (JRS) ist in allen offenen Aufnahmezentren (Bukarest, Timisoara, Somcuta Mare, Giurgiu, Radauti und Galati) sowie in den beiden Haftanstalten (Arad und Otopeni) vertreten. Die meisten Aktivitäten richten sich direkt an die Begünstigten, d. h. an mindestens 3 000 Personen pro Jahr, und umfassen Rechtsbeistand und -vertretung, soziale Beratung, materielle Unterstützung und Unterbringung, medizinische Versorgung sowie kulturelle und Bildungsaktivitäten (JRS o.D.).

Unterbringung

Letzte Änderung: 18.08.2021

Bedürftige Asylsuchende haben Anspruch auf Versorgung ab dem Moment, in dem sie ihre Absicht äußern Asyl zu beantragen, bis zum Abschluss ihres Verfahrens und nach dem Erlöschen ihres Rechtes auf Aufenthalt in Rumänien. Dies beinhaltet Unterbringung, eine Beihilfe für Verpflegung und Kleidung und ein Taschengeld. In der Praxis werden Antragsteller erst untergebracht sobald ihre Anträge offiziell registriert wurden. Die meisten Asylbewerber sind in staatlichen Zentren untergebracht. Asylwerber können auf Antrag aber auch unter einer privaten Unterkunft leben, jedoch auf eigene Kosten. Folgeantragsteller haben kein Recht auf Versorgung (AIDA 30.4.2021).

Rumänien verfügt über sechs regionale Aufnahmezentren mit insgesamt 1.100 Unterbringungsplätzen (AIDA 30.4.2021). Zusätzlich betreibt AIDRom im Rahmen der Umsetzung des nationalen AMIF-Programms in Timi?oara und in Bukarest zwei Unterkunftszentren für Vulnerable (insbesondere Alleinerziehende mit Kindern) mit insgesamt 33 Plätzen. (AIDA 30.4.2021; vgl. AIDRom o.D.c).

Asylwerber können auch die Unterbringung in einer Privatunterkunft auf eigene Kosten beantragen. In diesem Fall müssen sie dem Generalinspektorat für Immigration (IGI-DAI) einen entsprechenden Mietvertrag vorlegen (AIDA 30.4.2021).

Die Aufnahmezentren erfüllen grundsätzlich die Standards von EU und UNHCR und sind auch für die Nahrungszubereitung entsprechend mit geeigneten Küchen ausgestattet (VB 30.09.2020; vgl. AIDA 30.4.2021).

Wenn es die räumlichen Verhältnisse zulassen, wird versucht, Familien während des Asylverfahrens möglichst gemeinsam und von anderen Asylwerbern getrennt unterzubringen. Andernfalls werden alleinstehende Frauen mit alleinerziehenden Müttern mit Kindern und alleinstehende Männer zusammen mit alleinerziehenden Männern untergebracht (AIDA 30.4.2021).

Asylwerber, die in den genannten Aufnahmezentren untergebracht sind, haben Zugang zu sozialer Unterstützung, kulturellen Aktivitäten und kultureller Orientierung. Sozial- und Gemeindearbeiter in den Zentren organisieren verschiedene Aktivitäten für Erwachsene und Minderjährige (AIDA 30.4.2021).

Der Jesuit Refugee Service (JRS) ist in allen Aufnahmezentren vertreten (AIDA 30.4.2021). Darüber hinaus betreibt die Organisation zwei Integrationszentren in Galati und Constanta. Auch führt JRS regelmäßige Besuche an den Grenzen und auf den internationalen Flughäfen durch und bietet Geduldeten Unterbringung und soziale Dienste an (JRS o.D.).

Bezüglich der hygienischen Zustände in einzelnen Aufnahmezentren gibt es immer wieder Beschwerden, die sich auch in entsprechenden Berichten des Ombudsmanns widerspiegeln. In Giurgiu, R?d?u?i und Timi?oara wird über Ungeziefer, den schlechten Zustand der Matratzen und zum Teil auch über längst überfällige Sanierungsarbeiten insbesondere von Küchen und Sanitäranlagen berichtet, wenngleich in den vergangenen Jahren einige Reparaturen und Verbesserungen vorgenommen wurden. Vor allem in Timi?oara sind die hygienischen Zustände schlecht (AIDA 30.4.2021).

Die Aufnahmezentren können nur nach Genehmigung durch die IGI-DAI verlassen werden. Sollte die Unterkunft länger als 72 Stunden ohne Genehmigung verlassen werden, so können Unterstützungsleistungen gekürzt oder ausgesetzt werden. Asylwerber können aus Kapazitätsgründen auch aus einem Zentrum in ein anderes verlegt werden, wobei gegen eine solche Verlegung keine Beschwerde zulässig ist. Staatliche Unterstützungsleistungen beinhalten die Unterkunft in einem der Aufnahmezentren, finanzielle Zuwendungen für Nahrung und Kleidung sowie Taschengeld (AIDA 30.4.2021).

Wenn die Kapazität der Aufnahmezentren für Asylsuchende überschritten wird, kann IGI-DAI Asylwerbern im Rahmen der verfügbaren Mittel eine Unterbringungsbeihilfe gewähren. Folgende monatliche Beträge pro Person können geleistet werden: ein Mietzuschuss von 450 Lei (umgerechnet ca. 93 EUR) sowie ein Unterhaltszuschuss von 120 Lei (ca. 25 EUR) im Sommer und 155 Lei (ca. 32 EUR) im Winter. Im Falle eines Zweipersonenhaushalts verringert sich der monatliche Betrag, der einer Person für die Miete gezahlt wird, um 30%. Bei einem Haushalt mit drei oder mehr Mitgliedern sinkt der monatlich an eine Person für die Miete gezahlte Betrag um 40% (AIDA 30.4.2021; vgl. VB 30.9.2020).

In Arad und Otopeni gibt es zwei Schubhaftzentren mit insgesamt 274 Plätzen (AIDA 30.4.2021). Die Insassen dieser beiden Zentren haben das Recht auf rechtliche, medizinische und soziale Hilfe, sowie auf Information über Haftgründe, Rechte und Pflichten (VB 30.09.2020). Das Jesuit Refugee Service (JRS) ist in den beiden Zentren aktiv (JRS o.D.).

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 18.08.2021

Asylwerber haben das Recht auf kostenlose medizinische Grundversorgung und Behandlung sowie auf klinische Behandlung bei lebensbedrohlichen akuten oder chronischen Krankheiten. Im Falle besonderer Bedürfnisse wird Asylwerbern Zugang zu sonstiger adäquater medizinischer Behandlung gewährt. Asylwerber unterliegen der Verpflichtung, sich medizinischen Untersuchungen zu unterziehen, um die öffentliche Gesundheit zu schützen (IGI o.D.f). Die Gesundheitsversorgung wird durch medizinisches Personal in den Aufnahmezentren sichergestellt, das im Krankheitsfall primäre Gesundheitsversorgung leistet und kostenfreie Behandlungen durchführt (IGI o.D.h). Darüber hinaus werden Asylwerber in nationale Gesundheitsprogramme zur Prävention, Überwachung und Kontrolle ansteckender Krankheiten in epidemiologischen Risikosituationen einbezogen (AIDA 30.4.2021).

Mit dem Erhalt einer persönlichen Identifikationsnummer, die in ihren vorläufigen Ausweispapieren erscheint, können sich Asylwerber im öffentlichen Krankenversicherungssystem anmelden und haben mit Bezahlung der Krankenversicherungsbeiträge den Status eines Versicherten mit den gleichen Rechten und Leistungen wie rumänische Staatsangehörige. Seit 2019 haben Asylwerber in allen regionalen Aufnahmezentren Zugang zu einem Allgemeinmediziner (AIDA 30.4.2021).

In Giurgiu gibt es nach Angaben des Leiters einen Arzt, eine Krankenschwester und einen Psychologen. In R?d?u?i besteht eine Betreuung durch einen Arzt und zwei im Jahr 2020 eingestellte medizinische Assistenten. Weiters wurde ein Arzt als Dienstleister unter Vertrag genommen, und ein Arzt der Stiftung IKAR wurde eingestellt. Die Asylwerber werden einer medizinischen Untersuchung unterzogen. Der Dolmetscher wird in dieser Phase nicht immer hinzugezogen (AIDA 30.4.2021).

Im Aufnahmezentrum Timi?oara ist ein Arzt auf Teilzeitbasis (11 bis 15 Uhr) anwesend; zwei Krankenschwestern, die in acht-Stunden-Schichten arbeiten, werden von IGI-DAI gestellt (AIDA 30.4.2021).

Das Aufnahmezentrum Bukarest verfügte 2020 über zwei medizinische Assistenten und einen Arzt sowie einen Psychologen. Im Falle medizinischer Probleme werden die Asylwerber an die Krankenhäuser des Innenministeriums überwiesen. Die Untersuchung erfolgt ohne Hilfe eines Dolmetschers (AIDA 30.4.2021).

Gala?i: Es gibt einen Arzt, eine Krankenschwester und eine Psychologin in Vollzeit. Der Arzt und die Krankenschwester führen die medizinischen Untersuchungen durch, wiederum meistens ohne Dolmetscher.

?omcuta Mare: Die medizinische Untersuchung wird von einem Arzt des IGI-DAI durchgeführt. Wenn der Dolmetscher von IGI-DAI zu diesem Zeitpunkt nicht im Zentrum ist, wird jemand aus der Gemeinde für Übersetzungen herangezogen (AIDA 30.4.2021).

Die ICAR Foundation bietet in Partnerschaft mit AIDRom zusätzlich medizinische Dienstleistungen für Asylsuchende an, die über das nationale Programm AMIF finanziert werden. So führt ICAR beispielsweise bis 25. September 2021 das Projekt "Krankenversicherung für Asylwerber in Rumänien (ASIG - RO)" durch, in dessen Rahmen Asylsuchende medizinisch versorgt und spezialisierte psychologische Hilfe und Beratung erhalten (AIDA 30.4.2021).

ICAR bietet – kostenlos - medizinische Leistungen in den Bereichen Allgemeinmedizin, Psychiatrie, Kardiologie, Urologie, Physiotherapie und Kinetotherapie an (ICAR o.D.). Zudem ist ICAR die einzige Organisation, die über die notwendige Erfahrung bei der psychologischen Betreuung von Folterüberlebenden und traumatisierten Asylwerbern in allen Aufnahmezentren verfügt (AIDA 30.4.2021). Zudem erstellt ICAR Atteste, welche die physischen und psychischen Folgen von Traumata durch Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen oder Bestrafungen dokumentieren. Auf Ersuchen der Anwälte der Klienten, anderer NGOs oder des Gerichts werden Untersuchungen angesetzt bzw. entsprechende Berichte erstellt (ICAR o.D.).

Flüchtlinge und Asylsuchende werden von der rumänischen Regierung in die nationale Impfkampagne einbezogen. In der Folge hat die Generalinspektion für Einwanderung in Zusammenarbeit mit dem UNHCR und der NGO "Rumänischer Nationaler Flüchtlingsrat" eine Reihe von Informationsmaterialien über den Impfprozess gegen COVID-19 entwickelt (IGI 13.5.2021; vgl. AIDA 30.4.2021).“

Nach Vergleich der in den Bescheiden herangezogenen Länderinformationen mit den nunmehr am 23.08.2021 erschienen lassen sich keine wesentlichen Veränderungen in Rumänien erkennen, die eine andere Beurteilung der Lage in Rumänien bedingen würden. Fallgegenständlich ist insbesondere jener Abschnitt zur medizinischer Versorgung relevant, der in den neuerschienenen Länderinformationen ausführlicher beschrieben wird und auf die Verfügbarkeit von medizinischem Personal eingeht.

Die pauschale Behauptung, die Länderfeststellungen seien unvollständig oder veraltet, ist ohne genaue Begründung oder Vorlage neuerer Berichte nicht geeignet, die Aktualität der Länderfeststellungen in Zweifel zu ziehen, insbesondere, da sich die Lage in Rumänien generell nicht als besonders volatil darstellt.

Weder aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen noch aus dem am 23.08.2021 neuerschienenen Länderinformationsblatt in Zusammenschau mit laufender Medienbeobachtung ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das rumänische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des BVwG insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die Abschiebepraxis, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in Rumänien den Feststellungen der verwaltungsbehördlichen Entscheidung zu folgen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderfeststellungen klar und substantiell widersprechen würden, haben weder der BF1 noch die BF2 glaubhaft oder substantiiert dargetan.

II.4. Rechtliche Beurteilung:

II.4.1. Gemäß § 6 Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 82/2015 (VwGVG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 25/2016 (BFA-VG) bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem BFA, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem BVwG gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A) Abweisung der Beschwerden:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetz 2005 (AsylG) lauten:
„§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuwiesen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzuhalten, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

und in den Fällen der Z1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

…“

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

„§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war.

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, indem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“

§ 61 Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF lautet:

„§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4 a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. …

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.“

Art. 49 der VO 604/2013 lautet auszugsweise:

„Artikel 49

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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