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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des E in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. März 1996, Zl. R/1-V-95014/01, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Marktgemeinde L, vertreten durch den Bürgermeister, 2. Friedrich S, L, und 3. Ulrike S, wohnhaft ebendort), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die zweit- und drittmitbeteiligten Parteien sind Eigentümer des im Bauland-Wohngebiet liegenden Grundstückes Nr. 216/1 der Katastralgemeinde X, welches im Osten an das öffentliche Gut Grundstück Nr. 245/6 grenzt. Das im Süden an das erstgenannte Grundstück anschließende Grundstück Nr. 216/11 der Republik Österreich (Bundesstraßenverwaltung) wurde mit Grundabteilungsbewilligungsbescheid des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Partei vom 18. März 1992 geteilt in dieses und in die im Teilungsplan des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. Juni 1991, GZ. 8225 A, näher umschriebenen Teilflächen 1 im Kreis und 2 im Kreis. Die 74 m2 große Teilfläche 1 im Kreis wurde dem östlich angrenzenden Grundstück Nr. 245/12, die 50 m2 große Teilfläche 2 im Kreis dem Grundstück Nr. 245/16 (öffentliches Gut) zugeschrieben. Die letztgenannte Teilfläche erstreckt sich in einer Breite von rund 4 m vom südöstlichen Eckpunkt des Grundstückes Nr. 216/1 der zweit- und drittmitbeteiligten Parteien Richtung Südosten und stellt in der Natur eine Weggabelung von der H-straße wegführend dar, welche zum Grundstück Nr. 216/5 des Beschwerdeführers, das südlich an das Grundstück Nr. 216/11 anschließt, führt. Mit Bescheid des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Partei vom 18. März 1992 wurde gemäß dem Teilungsplan des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. Juni 1991, GZ. 8225 B, das vorbeschriebene Grundstück Nr. 216/11 der Republik Österreich (Bundesstraßenverwaltung) auf die Grundstücke Nr. 216/5 und 216/1 aufgeteilt, sodaß nunmehr die Grundstücke des Beschwerdeführers und der zweit- und drittmitbeteiligten Partei benachbart sind. Das Grundstück Nr. 216/5 des Beschwerdeführers ist auf der im Teilungsplan des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. Juni 1991, GZ. 8225 A, mit 2 im Kreis bezeichneten Fläche erreichbar.
Mit Eingabe vom 6. Juni 1994 beantragten die zweit- und drittmitbeteiligten Parteien die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses samt Garage laut Plan und Baubeschreibung.
In seinen rechtzeitig erhobenen schriftlichen Einwendungen führte der Beschwerdeführer aus, im Teilungsplan 8225 A des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung sei die öffentliche Zufahrt zu seinem Grundstück in einer Breite festgelegt worden, die im Widerspruch zur NÖ Bauordnung stehe. Bei der mit dem Teilungsplan 8225 A durchgeführten Grundabteilung sei es zu Unzukömmlichkeiten gekommen. Bei eventueller Bewilligung des beantragten Bauvorhabens sei eine Festlegung von Straßenfluchtlinien und Baufluchtlinien zu der angrenzenden Verkehrsfläche (öffentliches Gut), über die seine Zufahrt verlaufe, unbedingt erforderlich. Bei Schneeräumung dieser Verkehrsfläche sei in der Praxis eine Breite von mehr als 6 m erforderlich.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Partei vom 9. März 1995 wurde antragsgemäß die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück der zweit- und drittmitbeteiligten Partei erteilt. Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeinderates der erstmitbeteiligten Partei vom 16. Mai 1995 keine Folge gegeben.
Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 14. März 1996 wurde die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Die mit rechtskräftigen Bescheiden vom 18. März 1992 bewilligten Grundabteilungen seien im Grundbuch duchgeführt worden. Der Bereich der Zufahrt (Teilfläche 2 im Kreis des Teilungsplanes des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung 8225 A) sei im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der erstmitbeteiligten Partei nicht als Verkehrsfläche, sondern als Bauland-Wohngebiet gewidmet. Diese Fläche sei nicht als Gemeindestraße übernommen worden. Nur soweit das vom Bauvorhaben betroffene Grundstück an den Teil des Grundstückes Nr. 245/16 grenze, der als Verkehrsfläche gewidmet sei, käme die Festlegung einer Straßenfluchtlinie und damit die Vorschreibung einer Grundabtretung in Frage. Eine Verletzung eines dem Beschwerdeführer zustehenden Rechtes sei im vorliegenden Fall von vornherein ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer behaupte selbst nicht, sich durch das verfahrensgegenständliche Wohnhaus beeinträchtigt zu fühlen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid seinem gesamten Vorbringen zufolge offensichtlich in dem Recht auf Nichtbewilligung des gegenständlichen Bauvorhabens verletzt. Der Nachbar könne Einwendungen, die er im Grundabteilungsverfahren vorbringen hätte können, im Baubewilligungsverfahren geltend machen. Demnach habe der Beschwerdeführer zu Recht die Einwendung erhoben, im Teilungsplan des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung GZ. 8225 A sei jene Fläche, die die öffentliche Zufahrt zum Grundstück des Beschwerdeführers sein soll, in einer § 6 Abs. 5 der NÖ Bauordnung nicht entsprechenden Breite festgelegt worden. Der Teilungsplan entspräche nicht § 10 Abs. 3 der NÖ Bauordnung. Alle im Zuge der Grundabteilung neu geformten Grundstücke müßten im Bauland die festgelegten Voraussetzungen der Bauplatzerklärung erfüllen; hiezu gehöre, daß der Bauplatz an eine öffentliche Verkehrsfläche angrenze. Der Nachbar besitze ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung von Bestimmungen über die Mindeststraßenbreite, somit auf die Einhaltung des Mindestabstandes der Straßenfluchtlinien voneinander. Dies gelte nicht nur für Gebäude, sondern auch für Einfriedungen. Die Begrenzung des Bauplatzes der zweit- und drittmitbeteiligten Parteien sei im gegenständlichen Fall für die Zufahrt des Beschwerdeführers zu seinem Grundstück von Bedeutung. Er sei daher durch das Bauvorhaben im Sinne des § 118 Abs. 9 der NÖ Bauordnung beeinträchtigt. Dem Beschwerdeführer gehe es darum, daß die Regelungen über die Einhaltung von Straßenflucht- und Baufluchtlinien eingehalten würden und er eine ausreichend breite Zufahrt zu seinem Grundstück erhalte.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 118 Abs. 9 der NÖ Bauordnung 1976 (BO) werden subjektiv-öffentliche Rechte der Anrainer durch jene Vorschriften begründet, welche nicht nur den öffentlichen Interessen dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer. Hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über
1.
den Brandschutz;
2.
den Schutz vor anderen Gefahren, die sich auf die Anrainergrundstücke ausdehnen können;
3. die sanitären Rücksichten wegen ihres Einflusses auf die Umgebung;
4. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe und die Abstände der Fluchtlinien zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung.
Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob dem Nachbarn aus den Bestimmungen über die Grundabteilung (§ 10 BO) Nachbarrechte im Sinne des § 118 Abs. 9 leg. cit. zukommen, da aufgrund des festgestellten, unstrittigen Sachverhaltes durch die im vorliegenden Fall bewilligte Baumaßnahme der zweit- und drittmitbeteiligten Parteien die vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung behaupteten Rechte nicht verletzt werden. Aus der vom Beschwerdeführer seiner Beschwerde beigelegten Legende zum Flächenwidmungsplan der erstmitbeteiligten Partei sind die Straßenfluchtlinien entlang der H-straße im hier maßgeblichen Bereich eindeutig erkennbar. Demnach bildet die Grundstücksgrenze des Grundstückes Nr. 216/1 und die Verlängerung dessen südöstlichen Grenzpunktes zum nördlichst gelegenen Punkt des Grundstückes Nr. 245/12 die Straßenfluchtlinie entlang der H-straße. Die als Weg vom Beschwerdeführer benutzte Teilfläche 2 im Kreis des Teilungsplanes des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung 8225 A liegt somit an der Verbindungslinie der vorbezeichneten beiden Grundstücke an dieser Straßenfluchtlinie. Im übrigen liegt dieses Grundstück im Bauland-Wohngebiet und ist keine Verkehrsfläche, weshalb durch die Abteilung im Plan 8225 A die Bestimmung des § 10 Abs. 3 BO nicht verletzt wurde.
Gemäß § 2 Z. 26 BO sind Straßenfluchtlinien die Grenze zwischen öffentlichen Verkehrsflächen und anderen Grundflächen.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher der Rechtsansicht der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn diese aufgrund der gegebenen Sach- und Rechtslage davon ausging, daß eine Verletzung eines dem Beschwerdeführer zustehenden Rechtes auf Einhaltung einer Straßenfluchtlinie von vornherein ausgeschlossen ist. Ob der Beschwerdeführer als Anrainer im Sinne des § 118 Abs. 8 BO in dem dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren zugrunde liegenden Baubewilligungsverfahren eine ausreichende Zufahrt zu seinem Grundstück Nr. 216/5 hat, berührt somit in diesem Verfahren keine dem Beschwerdeführer zukommenden subjektiv-öffentlichen Rechte im Sinne des § 118 Abs. 9 BO. Auch mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der zweit- und drittmitbeteiligten Parteien, auf ihrem Grundstück zur Grenze des Grundstückes des Beschwerdeführers ohne Notwendigkeit der Einholung einer Baubewilligung eine Einfriedung errichten zu dürfen, vermag der Beschwerdeführer keine Verletzung eines ihm zustehenden Rechtes geltend zu machen, weil aus dem Recht an Grund und Boden im Zweifel der Grundsatz der Baufreiheit abzuleiten ist (vgl. hiezu auch Hauer, Der Nachbar im Baurecht, Auflage 4, Seite 197).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996050118.X00Im RIS seit
03.05.2001