Entscheidungsdatum
05.11.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W256 2240235-1/10E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Caroline Kimm als Vorsitzende, der fachkundigen Laienrichterin Dr. Claudia Rosenmayr-Klemenz und der fachkundigen Laienrichterin Mag. Adriana Mandl als Beisitzerinnen über die Beschwerde von Dr. XXXX gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 22. Jänner 2021, GZ: DSB- XXXX beschlossen:
A) Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Datenschutzbehörde zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
In seiner Beschwerde vom 11. September 2019 behauptet der Beschwerdeführer eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung durch die Stadtgemeinde Innsbruck (im Folgenden: mitbeteiligte Partei). Es seien seine personenbezogenen Daten nicht rechtmäßig bzw. ohne hinreichende Rechtsfertigungsgründe gemäß Art 6 DSGVO verarbeitet worden. Der Verstoß habe sich am 28. März 2019 ereignet und zwar sei – wie auch dem auszugsweise vorgelegten Protokoll zu entnehmen sei – in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Innsbruck betreffend die Beschwerde des Beschwerdeführers wegen einer Feststellung der Nebengebührenwerte auf Seiten der mitbeteiligten Partei Rechtsanwalt XXXX (im Folgenden: RA) aufgetreten. Der mitbeteiligten Partei komme in diesem Verfahren nach § 18 VwGVG zwar als belangte Behörde Parteistellung zu und könne sie sich in einem solchen Verfahren durch einen in einem Dienstverhältnis zur mitbeteiligten Partei stehende Juristen vertreten lassen. Der RA sei aber ein auf Werkvertragsbasis agierender externer Rechtsanwalt. „Auch diesem“ seien seine Daten (Name, Anschrift, besoldungsrechtliche Details, usw.) zur Verfügung gestellt worden. Der RA habe sogar an den zuständigen Richter amtsinterne Unterlagen, welche bei Bedarf nachgereicht werden könnten, ausgehändigt und habe er sich bei seinem Einschreiten vor dem Landesverwaltungsgericht auf die ihm mündlich erteilte Vollmacht berufen. Eine schriftliche Vollmacht sei nicht vorgelegt worden. Es bestünden nun massive Bedenken sowohl über Inhalt und Umfang der an den RA erteilten mündlichen Vollmacht, als auch über die Übermittlung seiner personenbezogenen Daten an den RA durch die mitbeteiligte Partei.
Daraufhin forderte die belangte Behörde die mitbeteiligte Partei zur Stellungnahme auf.
In ihrer Stellungnahme vom 3. Oktober 2019 führte die mitbeteiligte Partei aus, die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers erfolge auf der Grundlage des Art 6 Abs 1 lit c DSGVO zur Erfüllung der rechtlichen Verpflichtung des Arbeitgebers und zur Wahrung der berechtigten Interessen des Auftraggebers nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO. Wie dem vorgelegten Verhandlungsprotokoll zu entnehmen sei, habe schon das Landesverwaltungsgericht aufgrund des Antrages des Beschwerdeführers, den RA von der mündlichen Verhandlung auszuschließen mit Beschluss vom 28. März 2019 ausgesprochen, dass sich die mitbeteiligte Partei als belangte Behörde einer Rechtsvertretung bedienen dürfe, die gemäß § 9 Abs 1 AVG der Verschwiegenheit unterliege. Die Weitergabe der Daten an den Rechtsanwalt erfolge nur zur Rechtsverteidigung von Rechtsansprüchen im berechtigten Interesse des Verantwortlichen.
Dazu führte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28. Oktober 2019 aus, er stehe seit XXXX in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zur mitbeteiligten Partei. Wegen Verkürzung seiner bezugs- und pensionsrechtlichen Ansprüchen seien diesbezüglich Verwaltungsverfahren anhängig gewesen. Die mitbeteiligte Partei verfüge über Amtsjuristen. Die zusätzliche Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht sei nicht erforderlich gewesen und von ihm auch immer abgelehnt worden. Damit der Rechtsanwalt einschreiten habe können, hätten ihm zuvor die personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers übermittelt werden müssen. Darin sehe der Beschwerdeführer eine Verletzung in seinem Recht auf Geheimhaltung und habe er insofern auch ein Auskunftsbegehren an die mitbeteiligte Partei gerichtet. Als Antwort habe er eine listenmäßige Aufstellung von 20 Seiten erhalten, in der die Datenverwendung, Übermittlung bzw. Weitergabe seiner Daten auf § 101 Innsbrucker Gemeindebeamtengesetz 1970 gestützt werde. Diese (mangelhafte) Auskunft der mitbeteiligten Partei sei Gegenstand eines weiteren Verfahrens vor der belangten Behörde. Unter einem wurde vom Beschwerdeführer u.a. die in Rede stehende Auskunft der mitbeteiligten Partei vorgelegt.
Dazu führte die mitbeteiligte Partei in ihrer Stellungnahme vom 27. November 2019 aus, die Weitergabe der personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers an den Rechtsanwalt sei zur Geltendmachung von Rechtsansprüchen erfolgt.
Mit Schreiben vom 29. Jänner 2020 forderte die belangte Behörde die mitbeteiligte Partei auf, näher anzugeben, in welcher Bestimmung ihre Vertretung angeordnet sei und ob es eine Regelung für eine „externe Vertretung“ gebe.
Dazu führte die mitbeteiligte Partei in ihrer Stellungnahme vom 2. März 2020 aus, die Vertretung der mitbeteiligten Partei ergebe sich aus § 42 Innsbrucker Stadtrecht. Daraus gehe hervor, dass der Bürgermeister die Stadt vertrete. Gemäß § 18 VwGVG sei die Stadt auch Verfahrenspartei und könne sie sich auch als solche vertreten lassen. Dies schließe eine Übermittlung von Daten mit ein. Wenn Daten einem Rechtsvertreter nicht übermittelt werden dürften, würde dies einem Vertretungsverbot gleichkommen.
Dazu wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör eingeräumt.
In seiner Stellungnahme vom 11. Mai 2020 wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend brachte er vor, es handle sich im vorliegenden Fall um personenbezogene Daten des Beschwerdeführers und nicht um Daten der mitbeteiligten Partei selbst. Insofern bedürfe es für die Weitergabe seiner Daten einer ausdrücklichen Einwilligung oder einer gesetzlichen Grundlage. Der von der mitbeteiligten Partei in ihrer Auskunft genannte § 101 Innsbrucker Gemeindebeamtengesetz 1970 sei keine solche geeignete Rechtsgrundlage. Der nunmehr von der mitbeteiligten Partei genannte Art 6 Abs 1 lit f DSGVO komme ebenfalls nicht in Betracht. Da der Beschwerdeführer „Beamter“ sei, komme „Beamtenrecht“ zur Anwendung und sei der für Behörden nicht anwendbare Art 6 Abs 1 lit f DSGVO daher nicht einschlägig.
Die mitbeteiligte Partei habe seine „Beamtendaten“ bereits mehrmals an namentlich genannte Rechtsanwälte weitergegeben. Auch der in Rede stehende Rechtsanwalt sei mehrfach beauftragt gewesen, die mitbeteiligte Partei gegen den Beschwerdeführer zu vertreten und müsste er insofern bestens über seine „Beamtendaten“ Bescheid wissen. Eine Vertretung vor einem Verwaltungsgericht oder dem Verwaltungsgerichtshof ohne Kenntnis seiner besoldungs- und pensionsrechtlichen Daten sei undenkbar. Es stelle sich auch die Frage, wer seine Daten von Seiten der mitbeteiligten Partei an den Rechtsanwalt weitergegeben habe und ob es für die Bevollmächtigung des RA eines Stadtsenatsbeschlusses oder eines Gemeinderatsbeschlusses gegeben habe.
Dass der in Rede stehende Rechtsanwalt die mitbeteiligte Partei in zahlreichen Verfahren vertreten habe, ergebe sich auch aus mehreren genannten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes u.a. aus dem Jahr 2017 und 2020. Derzeit sei noch ein Dienstrechtsverfahren anhängig. In Ansehung der Vielzahl der Möglichkeiten habe er ein berechtigtes Interesse zu erfahren, wer zwecks Weitergabe seiner „Beamtendaten“ auf seine „Beamtendaten“ (konkret: Zeitausgleichsdaten, Nebengebührendaten wie Überstundendaten, etc. allenfalls auch Krankendaten, Urlaubsdaten) zugegriffen habe.
Das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde möge sich zunächst darauf konzentrieren. Danach möge die belangte Behörde prüfen, ob durch die Übermittlung eine Datenschutzverletzung vorliege. Dass keine Verletzung vorliege, wäre überraschend. In Ermangelung seiner ausdrücklichen Einwilligung und einer gesetzlichen Grundlage seine „Beamtendaten“ an einen externen Freiberufler (zB. Notar, Steuerberater, Ziviltechniker, Rechtsanwalt usw.) weiterzugeben, werde weiterhin beantragt, die belangte Behörde möge mit all ihren Mitteln den wahren Sachverhalt erforschen und die Verletzung im Recht auf Geheimhaltung feststellen. Insbesondere möge sich die belangte Behörde die internen Zugriffsdaten von der mitbeteiligten Partei vorlegen und erklären lassen.
In ihrer Stellungnahme vom 16. Juli 2020 wiederholte die mitbeteiligte Partei im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.
Dazu wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde erneut Parteiengehör eingeräumt.
In seiner dazu ergangenen Stellungnahme vom 9. September 2020 verwies der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf seine Stellungnahme vom 11. Mai 2020. Ergänzend brachte der Beschwerdeführer vor, es gehe im vorliegenden Fall nicht darum, ob sich die mitbeteiligte Partei von einem Rechtsanwalt vertreten lassen könne. Für die hier gegenständliche Übermittlung der personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers komme es vielmehr darauf an, ob vorab eine Zustimmung hierfür eingeholt worden sei oder ob eine Rechtsgrundlage vorliegen würde. Eine Zustimmung zur Weitergabe seiner personenbezogenen Daten aus dem Personalakt oder aus dem städtischen EDV System sowie von seinen amtlich verfassten Stellungnahmen und Rechtsausführungen in dienstrechtlichen Angelegenheiten liege nicht vor. Er sei dazu auch nicht gefragt worden. Dennoch habe der RA in den Verhandlungen solche Dokumente dem Richter des Landesverwaltungsgerichtes vorgelegt. Woher der RA diese Daten habe, werde vom RA nicht beauskunftet und sei dazu ebenfalls ein eigenes Verfahren anhängig. Unter einem wurde von ihm „stellvertretend“ für die übrigen monatlichen Entgeltnachweise sein von der mitbeteiligten Partei ausgestellter Entgeltnachweis vom Mai 2008 vorgelegt.
In Ergänzung seiner Stellungnahme vom 9. September 2020 führte der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 25. September 2020 aus, dass er zum Beweis dafür, dass seine personenbezogenen „sensiblen“ Daten von der mitbeteiligten Partei an den RA übermittelt worden seien, auf die bereits vorgelegte 20 seitige Liste und zwar konkret auf die Seiten 13, 14 und 15 verweise. Darin werde dargestellt, dass in Zusammenhang mit dem Ruhegenussbescheid vom 31. März 2016, XXXX und dem im diesem Zusammenhang geführten Verfahren (Seite 13), in Zusammenhang mit einem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zu XXXX 8 (Seite 14), in Zusammenhang mit dem Feststellungsbescheid über Nebengebührenwerte vom 4. September 2018, XXXX und dem anschließend geführten Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht (Seite 15) und in Zusammenhang mit dem Bescheid über die Festsetzung der Nebengebührenzulage vom 3. Juni 2019, XXXX Identifikationsdaten sowie besoldungsbezogene und dienstrechtliche Daten an den RA übermittelt worden seien.
In seiner Stellungnahme vom 11. Jänner 2021 machte der Beschwerdeführer darauf aufmerksam, dass sowohl das vom Beschwerdeführer gegen die mitbeteiligte Partei geführte Verfahren wegen einer Verletzung im Recht auf Auskunft, als auch das hier gegenständliche Verfahren wegen einer behaupteten Verletzung im Recht auf Geheimhaltung nicht innerhalb der im AVG vorgesehenen Frist entschieden worden sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 11. September 2019 gegen die mitbeteiligte Partei wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer sei seit XXXX Beamter der Landeshauptstadt Innsbruck. Seit 2016 stehe er in einem Ruhestandsverhältnis. Wegen Verkürzung seiner bezugs- und pensionsrechtlichen Ansprüche seien diesbezüglich Verwaltungsverfahren anhängig (gewesen). Mit 8. Oktober 2018 habe der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 4. September 2018 betreffend Feststellung der Nebengebührenwerte erhoben. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht am 28. März 2019 sei auf Seiten der mitbeteiligten Partei neben 2 amtlichen Parteienvertretern der RA aufgetreten. Diesem seien die personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers überlassen worden. Beschwerdegegenstand sei nun die Frage, ob die mitbeteiligte Partei den Beschwerdeführer dadurch im Recht auf Geheimhaltung verletzt habe, indem sie personenbezogene Daten an einen Rechtsanwalt übermittelt habe. Rechtlich führte die belangte Behörde dazu aus, dass die mitbeteiligte Partei im vorliegenden Fall eine Behörde nach § 1 DSG sei. Gemäß § 18 VwGVG komme auch der belangten Behörde im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten Parteistellung zu. Als Partei des Verfahrens würden der belangten Behörde die einer Partei nach dem VwGVG iVm AVG zustehenden Rechte zukommen. Das AVG kenne keine Anwaltspflicht, sondern gebe den Beteiligten die Möglichkeit, sich vertreten zu lassen. Gemäß § 10 AVG könne eine Vollmacht vor der Behörde auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genüge ein Aktenvermerk. Diese Beurkundung könne auch durch einen entsprechenden Vermerk im Verhandlungsprotokoll erfolgen. Insofern könne auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass keine schriftliche Vollmacht vorliege, dahingestellt bleiben. Es sei daher im Ergebnis festzuhalten, dass eine rechtsgültige Vertretung durch den RA vorgelegen sei. Aus der Rechtsanwaltsordnung gehe hervor, dass ein Rechtsanwalt das ihm übertragene Geschäft umsichtig zu besorgen habe. Dabei sei er befugt, alles, was nach dem Gesetz zur Vertretung der Partei dienlich erscheine, unumwunden vorzubringen. Es sei darauf abzustellen, ob ein von Klienteninformationen gedecktes, subjektives für notwendig gehaltenes Verhalten zur Rechtsdurchsetzung und Rechtsverteidigung abstrakt erforderlich erscheine, um objektiv der Sache dienlich zu sein. Vor diesem Hintergrund könne die verfahrensgegenständliche Datenübermittlung als von § 1 Abs 2 DSG gedeckt angesehen werden. Andernfalls wäre eine erfolgreiche Prozessführung bzw. Rechtsdurchsetzung oder –Rechtsverteidigung nicht möglich und liege es in der Natur der Sache, dass zur effektiven und zielführenden Verteidigung auch Daten der Gegenpartei verarbeitet werden dürfen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin bringt der Beschwerdeführer - sofern hier wesentlich – vor, die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde gehe am Sachverhalt vorbei. Es gehe im vorliegenden Fall nicht um die Übermittlung von „stadtbezogenen“ Daten, sondern um die Übermittlung seiner personenbezogenen (sensiblen) Daten an einen Rechtsanwalt. Die belangte Behörde setze seine personenbezogenen (sensiblen) Besoldungs- und Dienstdaten unzulässig mit stadtbezogenen Daten gleich. Dass die mitbeteiligte Partei „stadtbezogene“ Daten an einen Rechtsanwalt weitergeben könne, sei unbestritten. Bestritten werde dies aber bei personenbezogenen (sensiblen) Daten eines ihrer Beamten. Hierfür bedürfe es einer Zustimmung oder einer Rechtsgrundlage. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei die Frage gewesen, ob es der mitbeteiligten Partei schon im Vorfeld der mündlichen Verhandlung gestattet gewesen sei, seine (sensiblen) Daten an einen „nichtbeamteten“ Rechtsanwalt zu übermitteln. Dafür hätte die belangte Behörde eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen gehabt. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits festgestellt, dass Gehalts- und Bezugsansprüche und deren Gewährung und Ablehnung sensible Daten seien. Die Verarbeitung seiner personenbezogenen, dienst- und besoldungsrechtlichen Daten sei vom RA eindeutig zu einem anderen Zweck erfolgt, als zu demjenigen sie ursprünglich von der Dienstbehörde erhoben worden seien. Die mitbeteiligte Partei habe dem RA im Übrigen auch sicher viel mehr Daten als seinen akademischen Titel, Name und Adresse zur Verarbeitung überlassen. Andernfalls sei eine saubere Vorbereitung (ohne Kenntnis des Inhaltes von mehreren Bezugsnachweisen, Pensionsabrechnungen usw.) gar nicht möglich gewesen. Als Beweis hierfür werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 2020, Ra 2019/12/0038, mit welchem über die Revision des Beschwerdeführers gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgericht vom 29. April 2019 abgesprochen wurde, verwiesen. Ebenso werde in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des Verfassungsgerichthofes vom 24. November 2017, A6/2017 verwiesen. Auch hier sei ersichtlich, dass der RA als Vertreter der mitbeteiligten Partei fungiert habe und ihm insofern wohl personenbezogene Daten weitergegeben worden sein müssten. Über welche personenbezogenen Daten der RA Bescheid gewusst habe, könne sich beispielsweise aus seinen Bezugsnachweisen bzw. Pensionsabrechnungen ergeben und werde dem Bundesverwaltungsgericht dazu ein „anschauliches“ Beispiel aus dem Jahr 2013 vorgelegt. Dem Richter des Landesverwaltungsgerichtes seien überdies sogar vertrauliche interne schriftliche Urkunden durch den RA vorgelegt worden. Schließlich habe sich die belangte Behörde auch mit der erteilten Vollmacht an den Rechtsanwalt nicht auseinandergesetzt. Wenn sie die Meinung vertrete, dass eine mündliche Vollmacht genüge, verkenne sie, dass es für eine wirksame Vollmachtserteilung zusätzlich besonderer in der Stadtverfassung vorgesehener Formvorschriften bedürfe.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor und erstattete eine Gegenschrift.
II. Beweiswürdigung: Der oben wiedergegebene Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Diese Vorgangsweise setzt nach § 28 Abs. 2 Ziffer 2 voraus, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
In seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063, hielt der Verwaltungs-gerichtshof fest, dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG insbesondere dann in Betracht kommen wird, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. auch den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 2017, Zl. Ra 2016/12/0109, Rz 18ff.).
Nach § 24 Abs. 1 Datenschutzgesetz, BGBl. I Nr. 165/1999 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2019 (DSG) hat jede betroffene Person das Recht auf Beschwerde bei der Datenschutzbehörde, wenn sie der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen die DSGVO oder gegen § 1 oder Artikel 2 1. Hauptstück verstößt.
Dabei gibt § 24 Abs. 2 DSG der betroffenen Person allgemein vor, wie eine Beschwerde an die belangte Behörde inhaltlich aufbereitet und welche Belege (Daten) angeschlossen sein müssen, damit sie die Behörde überhaupt in Bearbeitung nehmen kann (vgl. VwGH, 26.1.2012, 2010/07/0087 zu § 103 WRG 1959).
Insbesondere legt Abs. 2 Z 3 und Z 6 DSG fest, dass die Beschwerde den Sachverhalt, aus dem die Rechtsverletzung abgeleitet wird sowie die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist, zu enthalten hat.
Dies ist insofern erklärbar, als ohne Kenntnis des die behauptete Datenschutzverletzung auslösenden Sachverhaltes, insbesondere der in Rede stehenden Daten die Beurteilung einer Rechtsverletzung für die belangte Behörde gar nicht möglich ist. Schon im Hinblick auf die in § 24 Abs 4 DSG normierten Verjährungsvorschriften und die nach Datenarten unterschiedlich abgestuften Zulässigkeitsanforderungen ist für die Beurteilung einer Datenschutzverletzung die konkrete Benennung bzw. Kenntnis der in Rede stehenden Daten und der Begleitumstände ihrer behaupteten Verarbeitung unabdingbar (siehe dazu Art 6 und Art 9 DSGVO).
Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde an die Datenschutzbehörde eine Verletzung in seinem Recht auf Geheimhaltung durch die mitbeteiligte Partei geltend gemacht. Die mitbeteiligte Partei habe sich bei der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Innsbruck am 28. März 2019 u.a. vom RA vertreten lassen und seien diesem zu diesem Zweck von der mitbeteiligten Partei seine Daten, wie Name, Anschrift, „besoldungsrechtliche Details etc.“ sowie amtsinterne Unterlagen, welche bei Bedarf nachgereicht werden könnten, zur Verfügung gestellt worden. Der Beschwerdeführer hege nun nicht nur gegen die Rechtsgültigkeit der erteilten Vollmacht an den RA, sondern auch gegen die Übermittlung seiner Daten an sich massive Bedenken.
Nähere Ausführungen zu den Begleitumständen der behaupteten Übermittlung, insbesondere dazu, wann, durch wen und in welcher Form die mitbeteiligte Partei, welche u.a. ihn betreffende „besoldungsrechtliche Details etc.“ bzw. in den amtsinternen Unterlagen enthaltene ihn betreffende Daten an den RA weitergegeben haben soll, finden sich in der Beschwerde nicht.
Da somit aber aus der Beschwerde der der behaupteten Datenschutzverletzung zugrundeliegende Sachverhalt nicht hervorgeht, wäre die belangte Behörde gehalten gewesen, auf die Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes und damit den eigentlichen Gegenstand des Verfahrens hinzuwirken. Dabei wäre der belangten Behörde zunächst eine Vorgangsweise nach § 13 Abs 3 AVG offen gestanden.
Die belangte Behörde hat von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. Aber auch ansonsten hat sie sich in keiner Weise um Klarstellung des datenschutzrechtlich relevanten Sachverhaltes und damit um die Festlegung des eigentlichen Gegenstandes des Verfahrens bemüht.
Zwar hat sie die mitbeteiligte Partei aufgrund der Beschwerde des Beschwerdeführers (mehrmals) zur Stellungnahme aufgefordert und dem Beschwerdeführer in weiterer Folge dazu auch Parteiengehör eingeräumt. Das diesbezügliche Ermittlungsverfahren der belangten Behörde beschränkte sich dabei allerdings darauf, die Beschwerde und in weiterer Folge die ergangenen Stellungnahmen den jeweiligen Parteien zur Kenntnis zu bringen und eine Äußerung dazu einzufordern.
Dahingehende Bemühungen den angesichts der Beschwerde noch offenen Sachverhalt und damit den Gegenstand des Verfahrens zu ermitteln, lassen sich den Ermittlungsschritten der belangten Behörde nicht entnehmen.
Dies überrascht umso mehr, als sogar der Beschwerdeführer in seinen weiteren Eingaben auf die Klärung des Sachverhaltes und damit des eigentlichen Gegenstandes des Verfahrens selbst mehrmals hingewiesen hat.
So führte er z.B. in seiner Stellungnahme vom 11. Mai 2020 aus, es gehe im vorliegenden Fall nicht um Daten der mitbeteiligten Partei, sondern ausschließlich um Daten des Beschwerdeführers selbst („Beamtendaten“) und hätten im vorliegenden Fall zahlreiche „Freiberufler“ darauf zugegriffen. Angesichts der Vielzahl an Möglichkeiten sei von der belangten Behörde zu ermitteln, wer auf seine „Beamtendaten“ zugegriffen habe. Das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde möge sich daher zunächst auf die Klärung des Sachverhaltes konzentrieren.
In seiner Stellungnahme vom 9. September 2020 verwies der Beschwerdeführer wiederum darauf, dass der RA in der mündlichen Verhandlung personenbezogene Daten aus dem Personalakt oder aus dem städtischen EDV System sowie von seinen amtlich verfassten Stellungnahmen und Rechtsausführungen in dienstrechtlichen Angelegenheiten vorgelegt habe und er nicht wisse, woher der RA diese Daten habe.
In seiner Stellungnahme vom 25. September 2020 verwies der Beschwerdeführer wiederum auf eine Auskunft der mitbeteiligten Partei, aus der hervorgehe, dass die mitbeteiligte Partei dem RA in mehreren schon abgeschlossenen Verfahren, darunter auch das hier gegenständliche seine personenbezogenen Daten übermittelt habe.
Eine Darstellung, welche Datenübermittlung konkret seiner Beschwerde überhaupt zugrundliegen soll, lässt sich somit seinem gesamten Vorbringen nicht entnehmen. Auch die mitbeteiligte Partei hat dazu (von sich aus) keine Ausführungen erstattet.
Dementsprechend wurde im angefochtenen Bescheid auch lediglich allgemein festgehalten, dass an den Rechtsanwalt (nicht näher genannte) personenbezogene Daten weitergegeben worden seien und Gegenstand des Verfahrens die Frage sei, ob die mitbeteiligte Partei den Beschwerdeführer dadurch im Recht auf Geheimhaltung verletzt habe. Nähere Ausführungen dazu, welche Daten des Beschwerdeführers wann und in welcher Form an den Rechtsanwalt übermittelt worden seien, finden sich im gesamten Bescheid nicht. Auch die rechtlichen Ausführungen der belangten Behörde beschränken sich allein darauf, die Zulässigkeit einer Datenweitergabe an einen Rechtsanwalt zum Zweck der Rechtsverteidigung generell auf eine ihm erteilte Vollmacht zu beschränken.
Damit übersieht die belangte Behörde aber, dass es darauf im vorliegenden Fall gar nicht entscheidend ankommt.
Vielmehr legt Art 9 Abs 2 lit f DSGVO für eine Verarbeitung von personenbezogenen (sensiblen) Daten zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen ausdrücklich fest, dass eine solche nur dann erlaubt ist, wenn sie zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen (auch) erforderlich ist (siehe dazu Schiff in Ehmann/Selmayr, DS-GVO² Art 9 Rz 47 wonach diese Bestimmung als Sonderfall des in Art 6 Abs 1 lit f DSGVO normierten allgemeinen Erlaubnistatbestandes des berechtigten Interesses auch für nicht sensible Daten herangezogen werden kann).
Auch der im hoheitlichen Bereich zur Anwendung gelangende Art 6 Abs 1 lit e DSGVO stellt auf eine solche Erforderlichkeit einer Datenverarbeitung ab. Demnach ist die Verarbeitung nur dann rechtmäßig, wenn sie für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt liegt.
Die Bedingung der Erforderlichkeit verlangt, entsprechend dem Schutzzweck der DSGVO (Art 1 Abs 2), die Verarbeitung personenbezogener Daten auf das absolut Notwendige zu beschränken. Die Verarbeitung muss deshalb sowohl für die Aufgabenwahrnehmung im öffentlichen Interesse als auch in Ausübung öffentlicher Gewalt erforderlich sein, damit der Verantwortliche diese Aufgabe effizient erfüllen kann. Dies ist nach objektiven Kriterien zu beurteilen, aus denen sich ein Zusammenhang zwischen den Daten und dem mit der Verarbeitung verfolgten Zweck ergibt (siehe dazu Heberlein in Ehmann/Selmayr, DS-GVO² Art 6 Rz 23; siehe dazu auch § 1 Abs 2 letzter Satz DSG, wonach der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden darf.).
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bedeutet „erforderlich“ im Sinne des Art 9 Abs 2 lit f DSGVO, dass ohne die Daten die Geltendmachung des Anspruchs bzw. eine Verteidigung dagegen nicht möglich oder wesentlich erschwert wäre (OGH, 24.7.2019, 6Ob45/19i).
Ohne Kenntnis der Daten und der näheren Begleitumstände ihrer Datenverarbeitung ist eine solche Beurteilung der Erforderlichkeit ihrer Verarbeitung nicht möglich.
Dadurch, dass die belangte Behörde im vorliegenden Fall eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Geheimhaltung verneinte, ohne sich jedoch mit der gegenständlichen Datenverarbeitung und ihrer Begleitumstände überhaupt in irgendeiner Form konkret auseinanderzusetzen, ist der Sachverhalt somit in einem wesentlichen Punkt umfassend ergänzungsbedürftig geblieben, weshalb im Hinblick auf diese besonders gravierende Ermittlungslücke eine Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG erforderlich und auch gerechtfertigt ist (vgl. dazu den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 2015, Zl. Ra 2015/09/0088).
Eine Nachholung des Ermittlungsverfahrens und damit eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist – auch angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes – nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind daher im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Folglich war das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Die belangte Behörde wird sich daher im fortgesetzten Verfahren mit der behaupteten Datenschutzverletzung auseinanderzusetzen und darüber abzusprechen haben.
Eine mündliche Verhandlung konnte im vorliegenden Fall gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid "aufzuheben" war. Dieser Tatbestand ist auch auf Beschlüsse zur Aufhebung und Zurückverweisung anwendbar (vgl. zur gleichartigen früheren Rechtslage Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 22).
zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG insbesondere dann in Betracht kommt, wenn die Verwaltungsbehörde bloß ansatzweise bzw. unzureichend ermittelt, entspricht der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Es war daher spruchgemäß durch Senat zu entscheiden.
Schlagworte
Datenschutz Datenweitergabe Erforderlichkeit Ermittlungspflicht Geheimhaltung Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung personenbezogene DatenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W256.2240235.1.00Im RIS seit
05.01.2022Zuletzt aktualisiert am
05.01.2022