TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/9 W170 2243246-1

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Veröffentlicht am 09.11.2021
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Entscheidungsdatum

09.11.2021

Norm

ÄrzteG 1998 §59 Abs1 Z3
ÄrzteG 1998 §59 Abs3 Z3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W170 2243246-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von Dr. XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Norbert Wess LLM, MBL, gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 16.12.2020, ohne Zahl, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 28 Abs. 2 VwGVG, 59 Abs. 1 Z 3, Abs. 3 Z 3 ÄrzteG mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Wortfolge „mit Wirkung vom 19.06.2020“ durch die Wortfolge „mit Wirkung des Ablaufs des 29.06.2020“ ersetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Dr. XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) ist Facharzt für Herzchirurgie und führte bis zum 28.12.2019 eine Facharztpraxis in Graz.

Seit 28.12.2019 hat der Beschwerdeführer die ärztliche Berufsausübung wegen des unter 1.3. festgestellten Bescheides eingestellt, es handelt sich hiebei weder um eine krankheitsbedingte Nichtausübung, eine Karenz nach dem VKG, oder anderer gleichartiger landes- oder bundesgesetzlicher Vorschriften, Zeiten, in denen Leistungen gemäß KBGG bezogen werden noch um einen auslandsbedingten Studienaufenthalt.

1.2. Mit Verständigung des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer (in Folge: Behörde) wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass dieser aus der Ärzteliste gestrichen worden sei, weil er nach der Zustellung des unter 1.3. dargestellten Bescheides am 19.12.2019 seinen ärztlichen Beruf somit seit einem Zeitraum von mehr als sechs Monaten nicht mehr ausübe.

Gegen diese Verständigung wurde mit Widerspruch des Beschwerdeführers vom 30.06.2020 die bescheidmäßige Absprache beantragt.

Mit im Spruch bezeichneten Bescheid der Behörde vom 16.12.2020, ohne Zahl, wurde einerseits dem Antrag auf bescheidmäßige Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Streichung aus der Ärzteliste stattgegeben (Spruchpunkt I.) und andererseits festgestellt, dass die Berechtigung des Beschwerdeführers zur Ausübung des ärztlichen Berufs aufgrund einer länger als sechs Monate dauernden Einstellung der Berufsausübung erloschen und der Beschwerdeführer daher mit Wirkung vom 19.06.2020 aus der Ärzteliste zu streichen sei (Spruchpunkt II.). Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 22.12.2020 zugestellt.

Gegen Spruchpunkt II. dieses Bescheides – Spruchpunkt I. blieb ausdrücklich unbekämpft – richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 18.01.2021, die spätestens am 19.01.2021 zur Post gegeben wurde.

1.3. Mit Mandatsbescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 05.12.2019, ABT08GP-171979/2019-21, wurde dem Beschwerdeführer bis zum rechtskräftigen Abschluss des beim Landgericht Oldenburg (Deutschland) anhängigen Strafverfahrens zur Aktenzahl XXXX vorläufig die Ausübung des ärztlichen Berufes untersagt. Der Bescheid wurde in der ehemaligen Praxis des Beschwerdeführers in der XXXX , 8010 Graz am 19.12.2019 zugestellt und von der zu diesem Zeitpunkt dort beschäftigten Ehefrau des Beschwerdeführers vorgefunden und diesem am 28.12.2019 im Original übergeben.

Im Mandatsbescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 05.12.2019, ABT08GP-171979/2019-21, wurde begründend auf ein Strafverfahren beim Landgericht Oldenburg (Deutschland) – dem eine Anklage, die sich auf Vorfälle aus dem Jahr 2001 beziehe, zugrunde liege – Bezug genommen; diese Anklage würde dem Beschwerdeführer die Tötung von drei rechtlich zusammentreffenden Fällen jeweils eines Menschen im Jahr 2001 vorwerfen. Gefahr im Verzug sei durch weitere Ermittlungsverfahren, diese bei der Staatsanwaltschaft Graz, wegen fahrlässiger Tötung (viermal) und Gefährdung der körperlichen Sicherheit (einmal), gegeben.

Die gegen diesen Bescheid am 30.12.2019 beim Amt der steiermärkischen Landesregierung eingebrachte Vorstellung ist bis dato unerledigt, obwohl der Beschwerdeführer (bzw. sein Vertreter) inzwischen die Einstellung der (aller) bei der Staatsanwaltschaft Graz geführten Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer nachgewiesen hat. Der Beschwerdeführer hat gegen diese behördliche Untätigkeit keine Säumnisbeschwerde ergriffen.

Gegen den Beschwerdeführer wird von der Staatsanwaltschaft Graz bzw. – soweit dies zu übersehen ist – in Österreich kein Strafverfahren geführt. Im beim Landgericht Oldenburg anhängigen Strafverfahren ist eine Anklage gegen den Beschwerdeführer und sieben andere Personen zugelassen worden, die mündliche Verhandlung soll am 17.02.2022 beginnen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu 1.1. ergeben sich aus den Ausführungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung sowie hinsichtlich des Nichtvorliegens einer die Ausübung hindernden Erkrankung, Karenz, Kinderbetreuungszeit oder Auslandsaufenthalts aus dem Umstand, dass das Vorliegen eines solchen Hinderungsgrundes vom anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer nicht behauptet wurde.

2.2. Die Feststellungen zu 1.2. ergeben sich aus der Aktenlage, die auch in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich besprochen wurde und der die Parteien nicht entgegengetreten sind.

2.3. Die Feststellungen zu 1.3. zum Mandatsbescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 05.12.2019, ABT08GP-171979/2019-21, ergeben sich aus der Aktenlage, die zur Vorstellung und zur bis dato nicht ergriffenen Säumnisbeschwerde aus den nachvollziehbaren und glaubhaften Ausführungen des Vertreters des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. Dass die Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Graz eingestellt sind, wurde im Wesentlichen durch vorgelegte Schreiben der Staatsanwaltschaft Graz bewiesen, ansonsten glaubhaft dargetan.

Dass die Anklage beim Landgericht Oldenburg zugelassen wurde, ist den entsprechenden Ausführungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung zu entnehmen, die nachvollziehbar waren und hinsichtlich derer der Beschwerdeführer keinen Grund hatte, die Unwahrheit zu sagen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß § 59 Abs. 1 Z 3 ÄrzteG erlischt die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes auf Grund einer länger als sechs Monate dauernden Einstellung der Berufsausübung, wobei (a) eine krankheitsbedingte Nichtausübung, (b) ein Beschäftigungsverbot gemäß MSchG, (c) eine Karenz gemäß MSchG, VKG oder anderer gleichartiger landes- oder bundesgesetzlicher Vorschriften, (d) Zeiten, in denen Leistungen gemäß KBGG bezogen werden sowie (e) auslandsbedingte Studienaufenthalte für die Dauer von maximal einem Jahr, in begründeten Ausnahmefällen von maximal zwei Jahren, keine Einstellung der Berufsausübung darstellen.

Gemäß § 59 Abs. 3 ÄrzteG hat der Präsident der Österreichischen Ärztekammer in den Fällen des § 59 Abs. 1 Z 3 ÄrzteG die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen und – hier: - den Arzt von der Streichung zu verständigen.

3.2. Es handelt sich also um eine ex lege Streichung aus der Ärzteliste, von der der betroffene Arzt lediglich zu verständigen ist. Die Streichung erfolgt also „automatisch“ nach Ablauf von sechs Monaten nach tatsächlicher Einstellung der ärztlichen Tätigkeit, nicht etwa sechs Monate nach der rechtlichen Untersagung der ärztlichen Tätigkeit, auch wenn dem tatsächlichen Ausüben einer ärztlichen Tätigkeit nach einer vorläufigen Untersagung im Lichte anderer Bestimmungen des ÄrzteG, etwa hinsichtlich der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 Z 2 ÄrzteG oder der Strafbarkeit im Sinne des § 199 ÄrzteG, selbstverständlich Relevanz zukäme.

3.3. Der Beschwerdeführer selbst hat nicht bestritten, dass er ab dem 28.12.2019 – dem Zeitpunkt, an dem ihm der Mandatsbescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 05.12.2019 tatsächlich zugekommen ist – tatsächlich nicht mehr den ärztlichen Beruf ausgeübt hat; es spielt hier keine Rolle, ob der Mandatsbescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 05.12.2019 dem Beschwerdeführer gültig zugestellt wurde oder nicht und dieser somit erlassen wurde oder nicht, es kommt nur auf die faktische Nichtausübung des ärztlichen Berufes an.

Das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands gemäß § 59 Abs. 1 Z 3 ÄrzteG wurde weder behauptet noch war dies auch nur im Ansatz zu erkennen.

3.4. Daher traten die Rechtsfolgen des § 59 Abs. 1 Z 3 ÄrzteG nach Ablauf von sechs Monaten nach der Einstellung der ärztlichen Tätigkeit ein.

Bei der in § 59 Abs. 1 Z 3 ÄrzteG normierten Frist handelt es sich um eine materiellrechtliche Frist, auf die das Europäische Übereinkommen über die Berechnung von Fristen samt Erklärung der Republik Österreich, BGBl 1983/254, anzuwenden ist (VwGH 18.05.1995, 95/18/0050) und nach dessen Artikel 3 Abs. 1 unter anderem eine Frist, die in Monaten ausgedrückt ist, von Mitternacht des dies a quo (das ist der Tag, an dem die Frist zu laufen beginnt – vgl. Art 2 des zitierten Übereinkommens) an läuft. Da der Beschwerdeführer seinen ärztlichen Beruf seit 28.12.2019 nicht mehr ausübte, endete die Frist nach der leg.cit. mit Ablauf des gleichen Tages im Juni 2020, das wäre der 28.06.2020; dieser war aber ein Sonntag, nach der leg.cit. wird eine Frist, deren letzter Tag auf einen Sonntag fällt, bis zum Ende des nächsten Werktages verlängert, d.h. die Frist endete mit Ablauf des 29.06.2020, daher wäre – so die Beschwerde abzuweisen wäre – der Spruch entsprechend zu berichtigen.

3.5. Mit Spruchpunkt I. des verfahrensgegenständlichen Bescheides hat die Behörde die Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides ausgesprochen, dieser Spruchpunkt ist in Rechtskraft erwachsen und bindet daher die Behörde und auch das Bundesverwaltungsgericht (in diesem Verfahren), ohne dass dieses die Zulässigkeit des gegenständlichen Feststellungsbescheides prüfen muss und/oder darf.

3.6. Gegenständlich ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer ab 28.12.2019 bis dato, d.h. bis jedenfalls 29.06.2020, seinen ärztlichen Beruf nicht ausgeübt hat und auch die in § 59 Abs. 1 Z 3 ÄrzteG normierten Ausnahmen nicht in Betracht kamen. Es erlosch daher mit Ablauf des 29.06.2020 seine Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß § 59 Abs. 1 Z 3 ÄrzteG.

Stellt eine Ärztin, ein Arzt ihren, seinen ärztlichen Beruf länger als sechs Monate ein und liegen nicht die Ausnahmetatbestände des § 59 Abs. 1 Z 3 lit a bis e ÄrzteG vor (diesfalls liegt keine Einstellung vor), so erlischt ihre, seine Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes ex lege, es bedarf hiefür keines Bescheides.

Daher hat die Behörde im beantragten Feststellungsbescheid nichts Anderes zu prüfen als, ob eine § 59 Abs. 1 Z 3 ÄrzteG zu unterstellende Einstellung des ärztlichen Berufes für mehr als sechs Monate vorliegt, es kommt der Behörde dabei kein Ermessen zu bzw. kann diese keine Verhältnismäßigkeit üben.

Insoweit kann dem bekämpften Spruchpunkt II. des Bescheides der Behörde vom 16.12.2020 nur hinsichtlich des Datums, ab dem die Berechtigung zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit erloschen ist, nicht aber hinsichtlich des Umstandes selbst entgegengetreten werden.

3.7. Allerdings ist das Bundesverwaltungsgericht bei Bedenken wegen der Verfassungskonformität eines von ihnen anzuwendenden Gesetzes zu Gesetzesprüfungsanträgen an den Verfassungsgerichtshof berufen und verpflichtet (VwGH 17.12.2014, Ro 2014/10/0120).

Man könnte – insbesondere mit Sicht auf den gegenständlichen Fall – die Ansicht vertreten, dass das ex lege Erlöschen der Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes im Falle der Einstellung der ärztlichen Berufsausübung nach sechs Monaten unsachlich ist, wenn dieser Einstellung ausschließlich eine vorübergehende Untersagung der Berufsausübung zu Grunde liegt, weil dieses Verfahren jedenfalls länger als sechs Monate dauern kann. Dass dies auch dann, wenn die Behörde innerhalb der gegebenen Fristen entscheiden würde, der Fall sein kann, illustriert das gegenständliche Verfahren, das der Landeshauptmann der Steiermark gegen den Beschwerdeführer führt. In diesem wurde ein Mandatsbescheid erlassen, der gegen diesen erhobenen Vorstellung kommt die aufschiebende Wirkung nicht zu. Die Behörde ist gemäß § 73 AVG verpflichtet, über Anträge, also auch die Vorstellung, da ein „Antrag“ (grundsätzlich) ein Anbringen ist, das auf die Erlassung eines Bescheides gerichtet ist (VwGH 09.08.2021, Ra 2021/03/0053), von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Eine Säumnisbeschwerde ist erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist, also nach sechs Monaten nach Einbringen der Vorstellung, zulässig (zu Rechtsmittel allgemein: VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0187), nicht bei jeglicher Verfahrensverzögerung der Behörde. Gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG kann die Behörde im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht darüber hinaus innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Das bedeutet, dass eine Vorlage der Säumnisbeschwerde an das Verwaltungsgericht erst nach neun Monaten, hiezu zuzüglich der Zeit, die der jeweilige Betroffenen für die Einbringung der Vorstellung benötigt, zu erfolgen hat.

Das bedeutet aber, dass Säumnisschutz erst nach sechs gegebenenfalls neun Monaten und jenem Zeitraum, den der Betroffene für die Einbringung der Vorstellung benötigt, gegeben ist. Diesfalls ist die Berechtigung des Betroffenen zur Ausübung des ärztlichen Berufes aber schon erloschen, da diese eben sechs Monate nach faktischer Beendigung der Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß § 59 Abs. 1 Z 3 ÄrzteG erlischt.

Allerdings erscheint dem Bundesverwaltungsgericht die Bestimmung in einer Gesamtbetrachtung des Systems nicht unsachlich zu sein; es besteht gerade hinsichtlich der Ausübung des ärztlichen Berufes ein erhöhtes Interesse an einer fortlaufenden Berufsausübung, da nur diese sicherstellt, dass der betroffene Arzt seinen Beruf im Sinne des Standes der Wissenschaft ausübt; dass der Gesetzgeber hier einen Zeitraum von sechs Monaten für angemessen erachtet, erscheint im Lichte der – nach Wegfall der Entscheidung, mit dem die Ausübung des ärztlichen Berufes vorläufig untersagt wurde – Möglichkeit der Wiedereintragung bei Vorliegen der Voraussetzungen (auf die der Präsident der Österreichischen Ärztekammer in seiner Verständigung vom 19.06.2020 ausdrücklich hingewiesen hat) nicht unsachlich. Ebenso ist die Privilegierung von bestimmten Fällen, wie einer Erkrankung, eines Beschäftigungsverbotes oder einer Karenz nach dem MSchG, dem VKG oder Zeiten, in denen Leistungen nach dem KBGG bezogen werden sowie Studienaufenthalte, nicht unsachlich, da der Gesetzgeber hier auf besondere Härtefälle oder privilegierte Zeiten bzw. Studienaufenthalte im Ausland eingeht. Dies steht nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts in der Ingerenz des Gesetzgebers und vermag keine Zweifel an der Sachlichkeit der Normen zu begründen. Das Bundesverwaltungsgericht hätte gegenständlich § 59 Abs. 1 Z 3 lit a bis e ÄrzteG auch nicht anzuwenden, es sind diese für sein Verfahren nicht präjudiziell.

Schließlich wird das Verhältnis zwischen der ex lege Streichung aus der Ärzteliste gemäß § 59 Abs. 1 Z 3 ÄrzteG und des vorläufigen Berufsverbots gemäß § 62 Abs. 1 ÄrzteG auch noch dadurch beeinflusst, dass dem jeweils Betroffenen gegebenenfalls ein Amtshaftungsanspruch gegen die über die Entscheidungsfrist hinaus untätig gebliebene Behörde zukommt, wenn ihm durch die Anwendung des § 59 Abs. 1 Z 3 ÄrzteG (oder etwa die zu lange vorläufige Berufsuntersagung) ein finanzieller Schaden entsteht, etwa weil die Voraussetzungen für die Erlassung des Mandatsbescheides bereits vorher weggefallen sind.

Daher kann das Bundesverwaltungsgericht keine Zweifel an der Verfassungskonformität des § 59 Abs. 1 Z 3 ÄrzteG erkennen, sodass ein Antrag gemäß Art. 140 Abs. 1 Z 1 B-VG aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht zu rechtfertigen ist.

Gegenständlich liegt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auch kein Problem des Gesetzes, sondern des Vollzuges vor, da nach der Einstellung der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Graz das Vorliegen von Gefahr in Verzug schwer zu begründen sein wird. Gegenstand des Vorstellungsverfahrens ist nämlich ausschließlich der Mandatsbescheid (VwGH 10.10.2003, 2002/18/0241; VwGH 20.03.2012, 2012/11/0014) und der Mandatsbescheid ist zu beheben, wenn dessen Voraussetzungen, also etwa auch das Vorliegen von Gefahr in Verzug, nicht (mehr) vorliegen (VwGH 20.03.2012, 2012/11/0014); dies auch insbesondere, weil § 62 Abs. 1 ÄrzteG ausdrücklich auf das Vorliegen von Gefahr in Verzug abstellt und dieser Umstand die Zuständigkeit des jeweiligen Landeshauptmanns begründet. Gegebenenfalls hätte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer ein Verfahren gemäß § 59 Abs. 3 Z 1 ÄrzteG zu führen, wenn zwar die Verlässlichkeit nicht mehr gegeben aber keine Gefahr in Verzug zu erkennen ist.

Weiters ist es in gegenständlicher Konstellation auch dem Beschwerdeführer anzulasten, dass er (noch) keine Säumnisbeschwerde gegen die Säumnis des Landeshauptmanns der Steiermark ergriffen hat.

3.8. Daher ist die Beschwerde nach Korrektur des Datums, an dem die Berufsberechtigung des Beschwerdeführers ex lege erloschen ist, abzuweisen (und von einem Normprüfungsantrag abzusehen).

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Zulässigkeit der Revision nicht mit der Behauptung der Verfassungswidrigkeit einer generellen Norm begründet werden kann (VwGH 27.06.2017, Ra 2017/12/0042).

Allerdings ist keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 59 Abs. 1 Z 3 ÄrzteG vorzufinden, daher ist die Revision zulässig.

Schlagworte

Arzt Ärztekammer Ärzteliste Berufsausübung Einstellung Frist Revision zulässig Spruchpunkt - Abänderung Strafverfahren Streichung von der Liste

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W170.2243246.1.00

Im RIS seit

05.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

05.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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