TE Bvwg Beschluss 2021/11/11 W247 2219629-1

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Veröffentlicht am 11.11.2021
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Entscheidungsdatum

11.11.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §18 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
VwGVG §31 Abs1

Spruch



W247 2219629-1/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. HOFER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen die Erledigung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2019, Zl. XXXX :

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 18 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (BF) reiste spätestens am 06.09.2016 in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.

2. Mit der angefochtenen als Bescheid bezeichneten Erledigung der belangten Behörde (BFA) vom 30.04.2019 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 06.09.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt II.) und ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).

4. Mit am 27.05.2019 eingebrachten Schriftsatz vom selben Tag wurde durch den gewillkürten Vertreter des Beschwerdeführers Beschwerde gegen die gegenständlich als Bescheid bezeichnete Erledigung des BFA erhoben.

6. Die Beschwerdevorlage vom 28.05.2019 und der Verwaltungsakt langte beim Bundesverwaltungsgericht am 03.06.2019 ein.

1. Feststellungen:

Mit der angefochtenen als Bescheid bezeichneten Erledigung der belangten Behörde (BFA) vom 30.04.2019 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 06.09.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt II.) und ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).

Die im Verwaltungsakt befindliche Urschrift des Bescheides bezeichnet auf der letzten Seite „ XXXX “ in einwandfrei leserlicher Druckschrift als Genehmiger. Über diesem Namen befindet sich folgender, mit blauem Kugelschreiber angefertigter Schriftzug:

Sonstige Hinweise bzw. Vermerke enthält die Urschrift nicht.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl adressierte diese Erledigung an den Beschwerdeführer, der dagegen am 27.05.2019 über seinen rechtsfreundlichen Vertreter Beschwerde erhob.

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt bzw. der darin aufliegenden Urschrift des angefochtenen Bescheids, dem Rückschein, sowie den Angaben der Beschwerdeführerin, gegen welchen behördlichen Akt sich ihre Beschwerde richtet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Im Anwendungsbereich des § 18 AVG wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Grundsatz aufgestellt, dass jede Erledigung zu genehmigen ist, und zwar durch die Unterschrift eines (hiezu berufenen) Organwalters. Damit wird der wichtige Grundsatz zum Ausdruck gebracht, dass die Identität des Menschen, der eine Erledigung getroffen und daher zu verantworten hat, für den Betroffenen erkennbar sein muss. Die "Urschrift" einer Erledigung muss also das genehmigende Organ erkennen lassen (vgl. VwGH vom 10.09.2015, Ra 2015/09/0043).

Unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat (externe Erledigung), muss daher die – interne – Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion innehat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein. Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor (VwGH vom 11.11.2014, Ra 2014/08/0018).

Gemäß § 18 Abs. 3 AVG sind schriftliche Erledigungen vom Genehmigungsberechtigten mit seiner Unterschrift zu genehmigen; wurde die Erledigung elektronisch erstellt, kann an die Stelle dieser Unterschrift ein Verfahren zum Nachweis der Identität (§ 2 Z 1 E-GovG) des Genehmigenden und der Authentizität (§ 2 Z 5 E-GovG) der Erledigung treten. Im vorliegenden Fall wurde kein derartiges Verfahren nach E-GovG durchgeführt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Unterschrift im Sinn dieser Vorschrift ein Gebilde aus Buchstaben einer üblichen Schrift, aus der ein Dritter, der den Namen des Unterzeichneten kennt, diesen Namen aus dem Schriftbild noch herauslesen kann; eine Unterschrift muss nicht lesbar, aber ein "individueller Schriftzug" sein, der entsprechend charakteristische Merkmale aufweist. Die Anzahl der Schriftzeichen muss der Anzahl der Buchstaben des Namens nicht entsprechen (vgl. für viele VwGH vom 07.11.2019, Ra 2019/14/0389; vom 20.04.2017, Ra 2017/20/0095 mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hielt aber wiederholt fest, dass eine Paraphe keine Unterschrift ist (vgl. VwGH vom 07.11.2019, Ra 2019/14/0389; vom 04.09.2000, 98/10/0013 und 0014; s. auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 18, Rz 23 mwH).

2. Der Schriftzug auf der im Verwaltungsakt aufliegenden Urschrift des angefochtenen Bescheids erfüllt die Merkmale einer Unterschrift nicht:

2.1. Zunächst lässt der Schriftzug der Urschrift kein einziges Schriftzeichen eindeutig erkennen. Nicht einmal der Anfangsbuchstaben des – offenkundigen – Nachnamens des genehmigenden Organs („ XXXX “) kann eindeutig als „K“ identifiziert werden. Diese Abzeichnung lässt es nicht zu, den Namen des genehmigenden Organs – auch in Kenntnis desselben – noch in irgendeiner Form zu erkennen.

2.2. Auch aus dem Ende des Schriftzugs, der auf der Höhe der Mitte der einleitenden vertikalen zweimaligen Zick-Zack-Schlaufe nach rechts ausläuft, ist kein weiterer Anhaltspunkt auf den Namen zu entnehmen. Selbst unter der Annahme, dass hier zu einer weiteren Linie oder Schlaufe angesetzt worden wäre, muss diese dergestalt beurteilt werden, dass unklar ist, ob sie Teil eines Schriftzeichens ist oder einen weiteren Folgebuchstaben andeutet, sodass auch sie nicht wesentlich zur Klärung der Identität des Genehmigers beiträgt (vgl. dazu VwGH vom 19.02.2018, Ra 2017/12/0051; es liegt somit auch keine infolge eines starken Abschleifungsprozesses abstrahierende Linie vor, aus der auf weitere Buchstaben geschlossen werden könnte).

2.3. Die Urschrift der Erledigung ist demgemäß nur mit einem kurzen Schriftzug abgezeichnet, dem keine irgendwie geartete Buchstabenfolge zu entnehmen ist. Selbst wenn dem Zeichen auf der Urschrift der Erledigung – in Kenntnis des Nachnamens des Genehmigers und größtmöglicher Abstrahierungstoleranz – die Ansätze des Buchstabens "K" entnommen werden könnten, liegt jedenfalls kein Buchstabengebilde vor, aus dem der Name des Genehmigers auch in Kenntnis desselben noch in irgendeiner Form herauslesbar wäre.

2.4. Der Schriftzug der Abzeichnung der Urschrift stellt damit eine bloße Paraphe dar, die nach der Rechtsprechung keine Unterschrift ist.

3. Der (als Bescheid bezeichneten) Erledigung der belangten Behörde vom 30.04.2019 fehlt es mangels Unterschrift des genehmigenden Organs und eines Hinweises auf eine elektronische Genehmigung sohin an der Bescheidqualität, weshalb sich die Beschwerde gegen eine als Bescheid absolut nichtige Erledigung richtet. Dies hat den Mangel der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zu einem meritorischen Abspruch über das Rechtsmittel zur Folge; das Verfahren über den Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist stattdessen - nach wie vor - vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängig.

Die Beschwerde ist daher als unzulässig zurückzuweisen (vgl. auch BVwG vom 29.09.2020, W237 2226718-1; vom 08.09.2020, W237 2229846-1).

4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; zudem fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in dieser auch nicht uneinheitlich beantwortet. So entspricht es ständiger, einheitlicher Rechtsprechung, dass eine Paraphe keine Unterschrift darstellt, wobei die Beurteilung, was (noch) eine Unterschrift darstellt, stets einzelfallbezogen ausfallen muss.

Schlagworte

Genehmigung Nichtbescheid Organwalter Unterschrift

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W247.2219629.1.00

Im RIS seit

05.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

05.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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