Entscheidungsdatum
11.11.2021Norm
AußStrG §135Spruch
W183 2247159-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Erika PIELER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch MMag. Desiree SCHORN, MA, Erwachsenenvertreterin des Vereins VertretungsNetz Erwachsenenvertretung, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Eisenstadt vom 20.08.2021, Zl. XXXX , betreffend Gerichtsgebühren zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm TP 7 Z 1 lit.c Z 2 GGG Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der nunmehrige Beschwerdeführer verfügt in eingeschränktem Umfang über eine Erwachsenenvertretung, welche von einem Verein bereitgestellt wird. Der Erwachsenenvertreterin wurde mit Beschluss vom 12.10.2020 unter anderem aufgetragen, für einen näher genannten Zeitraum Rechnung zu legen.
2. Mit Schriftsatz vom 16.10.2020 berichtete die Erwachsenenvertreterin über die Lebenssituation (inkl. finanzieller Situation) des Beschwerdeführers und mit Schriftsatz vom 30.10.2020 stellte sie ihren Antrag auf Aufwandersatz und Entschädigung, welchem eine Vermögensübersicht angeschlossen war.
3. Mit Beschluss vom 26.11.2020 wurden der Bericht und die Rechnungslegung der Erwachsenenvertreterin pflegschaftsgerichtlich bestätigt.
4. Nach telefonischer Kontaktaufnahme der Erwachsenenvertreterin mit dem zuständigen Bezirksgericht und deren Hinweis auf die Befreiung von der Rechnungslegungspflicht des Vereines wurde der Beschluss vom 26.11.2020 mit Beschluss vom 10.12.2020 berichtigt, indem anstelle der Bestätigung der Rechnung der Bericht über die finanzielle Situation der betroffenen Person zur Kenntnis genommen wird.
5. Mit Zahlungsauftrag vom 01.03.2021 wurden dem Beschwerdeführer eine Entscheidungsgebühr gem. TP 7 Z I lit.c Z 2 GGG und eine Einhebungsgebühr, in Summe EUR 115, vorgeschrieben. Dagegen erhob der Beschwerdeführer durch seine Vertretung Vorstellung.
6. Mit dem nun angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer eine Gebühr von insgesamt EUR 115 vorgeschrieben und wurde begründend ausgeführt, dass ersucht worden sei, Rechnung zu legen und die Rechnungslegung beschlussmäßig bestätigt worden sei. Zwar wurde dieser Beschluss berichtigt, doch komme es nicht auf den Wortlaut des Beschlusses an, sondern vielmehr, ob die Rechnungslegung als vollständig und richtig erachtet worden sei. Dies könne bejaht werden.
7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine Vertretung mit Schriftsatz vom 22.09.2021 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass der Verein von der laufenden Rechnungslegung befreit sei und keine Pflegschaftsrechnung gelegt worden sei. Auch sei der ursprüngliche Beschluss berichtigt worden.
8. Mit Schriftsatz vom 29.09.2021 (eingelangt am 08.10.2021) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer wird von einem Erwachsenenschutzverein vertreten.
1.2. Mit Beschluss vom 12.10.2020 wurde der Erwachsenenvertreterin aufgetragen, für einen näher genannten Zeitraum Rechnung zu legen.
1.3. Mit Schriftsatz vom 16.10.2020 berichtete die Erwachsenenvertreterin über die Lebenssituation (inkl. finanzieller Situation) des Beschwerdeführers und mit Schriftsatz vom 30.10.2020 stellte sie ihren Antrag auf Aufwandersatz und Entschädigung, welchem eine Vermögensübersicht angeschlossen war. Sie legte dem Gericht keine Pflegschaftsrechnung vor und stellte keinen Antrag auf Bestätigung einer Pflegschaftsrechnung.
1.4. Es sind keine „besonderen Gründe“ iSd § 135 Abs. 2 AußStrG ersichtlich. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Gericht die Erwachsenenvertreterin aus solchen Gründen zu einer Rechnungslegung verpflichtet hätte.
1.5. Der Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 26.11.2020, mit welchem die Rechnungslegung der Erwachsenenvertreterin pflegschaftsgerichtlich bestätigt wurde, wurde mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 10.12.2020 berichtigt, indem anstelle der Bestätigung der Rechnung der Bericht über die finanzielle Situation der betroffenen Person zur Kenntnis genommen wird.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des gerichtlichen Grundverfahrens.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (in Folge: B-VG), erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
3.2. Zu A)
3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (in Folge: VwGVG), hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.2.2. Gemäß TP 7 Z 1 lit.c Z 2 GGG ist die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung volljähriger schutzberechtigter Personen (§ 137 AußStrG) gebührenpflichtig.
Aus § 135 Abs. 2 AußStrG folgt, dass ein Erwachsenenschutzverein (§ 1 ErwSchVG) im Rahmen der Erwachsenenvertretung gegenüber dem Gericht zur laufenden Rechnungslegung nur verpflichtet ist, soweit das Gericht dies aus besonderen Gründen verfügt.
3.2.3. Im vorliegenden Fall wird die Erwachsenenvertretung des Beschwerdeführers von einem Erwachsenenschutzverein wahrgenommen und unterliegt dieser – da gegenständlich auch keine besonderen Gründe ersichtlich sind – nicht der laufenden Rechnungslegungspflicht. Darauf wies auch die Erwachsenenvertreterin zu Recht hin.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass das Bezirksgericht den Bericht und die „Rechnungslegung“ bestätigte (Beschluss vom 26.11.2020), wobei zu letzterer anzumerken ist, dass damit mangels anderer Unterlagen offenbar der Schriftsatz der Erwachsenenvertreterin betreffend Aufwandersatz und Entschädigung gemeint ist. Maßgeblich ist aber, dass selbiges Bezirksgericht mit neuerlichem Beschluss vom 10.12.2020 seine ursprüngliche Entscheidung berichtigte, indem es statt Erteilung einer Bestätigung nunmehr nur den Bericht über die finanzielle Situation zur Kenntnis nahm. In der Begründung wies das Gericht explizit darauf hin, dass irrtümlich eine Bestätigung der Pflegschaftsrechnung erteilt wurde.
Nach ständiger Rechtsprechung knüpft die Gerichtsgebührenpflicht bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme hievon geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden (Hinweis E 11.2.1988, 87/16/0044). VwGH Ra 2020/16/126, 06.10.2020
Da nach TP 7 Z 1 lit.c Z 2 GGG nur die Bestätigung der Pflegschaftsrechnung gebührenpflichtig ist, sich aus dem Beschluss vom 10.12.2020 aber zweifelsfrei ergibt, dass das Bezirksgericht explizit keine Bestätigung der Pflegschaftsrechnung ausstellen wollte, ist vor dem Hintergrund obiger Judikatur gegenständlich kein Tatbestand erfüllt, welcher eine Gebührenpflicht nach TP 7 Z 1 lit.c Z 2 GGG hätte auslösen können.
Der angefochtene Bescheid war somit ersatzlos zu beheben.
3.2.4. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (in Folge: GRC) entgegenstehen. Im vorliegenden Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist, und VwGH 11.01.2016, Ra 2015/16/0132, wonach Angelegenheiten der Gerichtsgebühren nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK fallen).
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt 3.2. zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Bescheidbehebung Einhebungsgebühr Entscheidungsgebühr ersatzlose Behebung Erwachsenenschutzverein Erwachsenenvertreter Gerichtsgebühren Gerichtsgebührenpflicht RechnungslegungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W183.2247159.1.00Im RIS seit
05.01.2022Zuletzt aktualisiert am
05.01.2022