TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/23 W183 2245662-1

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Veröffentlicht am 23.11.2021
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Entscheidungsdatum

23.11.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
DMSG §11 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W183 2245662-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Erika PIELER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 09.07.2021, Zl. 2021-0.480.178, betreffend Erteilung einer Grabungsbewilligung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG i.V.m. § 11 Abs. 1 DMSG insofern Folge gegeben, als der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten hat:

„Der Antrag von Herrn XXXX , wegen Bewilligung zur bauvorbereitenden archäologischen Betreuung auf Gst. Nr. XXXX gemäß § 11 des Bundesgesetzes vom 25.9.1923, BGBl. Nr. 533/23 (Denkmalschutzgesetz), in der Fassung BGBl. I Nr. 92/2013, wird zurückgewiesen.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Mit E-Mail vom 11.03.2021 stellte der nunmehrige Beschwerdeführer einen Antrag gem. § 11 Abs. 1 DMSG und führte ergänzend aus, dass weder objektiv Anhaltspunkte für das Vorliegen von Denkmalen auf dem betroffenen Grundstück vorlägen noch dass er subjektiv die Entdeckung von Denkmalen bezwecke. Ziel sei es, wegen möglicher Zufallsfunde Bauverzögerungen auszuschließen.

In seiner Stellungnahme vom 20.05.2021 führte der Beschwerdeführer ergänzend aus, dass das Grundstück sehr wohl archäologische Funde und Befunde (aus der Neuzeit und Gegenwart) aufweise, es aber keine Hinweise auf das Vorkommen von Denkmalen gebe. Die Begriffe archäologischer Fund/Befund seien nicht mit dem Denkmalbegriff gleichzusetzen.

2.       Mit dem angefochtenen Bescheid (zugestellt am 14.07.2021) wies das Bundesdenkmalamt diesen Antrag ab. Begründend führte es aus, dass – abgesehen von einem mangelnden subjektiven Entdeckungsinteresse – auch objektiv keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von Denkmalen im Untergrund vorlägen.

3.       Mit Schriftsatz vom 26.07.2021 erhob der Beschwerdeführer binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass das Bundesdenkmalamt aufgrund seiner korrekten Schlussfolgerungen den Antrag aufgrund von Unzuständigkeit zurückweisen hätte sollen. Darüber hinaus seien das Recht auf Wissenschaftsfreiheit und die Eigentumsgarantie verletzt worden und hätte die Behörde – so sie nicht den Antrag zurückweist – diesen bewilligen müssen.

4.       Mit Schriftsatz vom 17.08.2021 (eingelangt am 20.08.2021) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Der Beschwerdeführer stellte am 11.03.2021 einen Antrag gem. § 11 Abs. 1 DMSG an das Bundesdenkmalamt und führte darin aus, dass weder objektiv Anhaltspunkte für das Vorliegen von Denkmalen auf dem betroffenen Grundstück vorlägen noch, dass er subjektiv die Entdeckung von Denkmalen bezwecke.

1.2.    Das Bundesdenkmalamt – basierend auf der Beurteilung durch den Amtssachverständigen – geht nicht davon aus, dass auf dem betroffenen Grundstück Funde oder Befunde von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung hervorkommen.

2. Beweiswürdigung:

2.1.    Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vollständig vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen. Insbesondere relevant ist der  Antrag des Beschwerdeführers und die Ausführungen des Amtssachverständigen des Bundesdenkmalamtes vom 01.06.2021.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1.  Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2.    Zu A)

3.2.1.  Gemäß § 11 Abs. 1 DMSG bedarf die Nachforschung durch Veränderung der Erdoberfläche bzw. des Grundes unter Wasser (Grabung) sowie sonstige Nachforschungen an Ort und Stelle zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung beweglicher und unbeweglicher Denkmale unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche einer Bewilligung des Bundesdenkmalamtes.

3.2.2.  Im Zusammenhang mit Grabungsbewilligungen entschied der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 23.02.2017, Ro 2016/09/0008), dass die Bewilligungspflicht an die Voraussetzung geknüpft ist, dass die Nachforschung durch Veränderung der Erdoberfläche bzw. des Grundes unter Wasser (Grabung) "zum Zwecke der Entdeckung und Untersuchung beweglicher und unbeweglicher Denkmale" unter der Erd- bzw. Wasseroberfläche erfolgt, das bedeutet, dass entweder ein Denkmal bereits vorhanden sein muss (und untersucht) oder ein solches entdeckt werden soll.

Es bedarf eines (objektivierenden) Beurteilungsmaßstabes für die Zweckverfolgung iSd § 11 Abs. 1 DMSG 1923, dem auch für den bei Zuwiderhandeln daran anknüpfenden Verwaltungsstraftatbestand nach § 37 Abs. 2 Z 2 DMSG 1923 Bedeutung zukommt. Der Begriff "Zweck" bedeutet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch etwas, was jemand mit einer Handlung beabsichtigt zu bewirken, zu erreichen sucht. Damit scheint primär auf die (subjektive) Intention des Handelnden abgestellt zu werden, also auf den Grund, der von ihm dazu genannt wird. Bei teleologischer, an der Zielsetzung des Denkmalschutzes orientierter Interpretation der Formulierung "Zweck des Entdeckens und der Untersuchung" in § 11 Abs. 1 DMSG 1923 ist zur Objektivierbarkeit und damit Überprüfbarkeit dieser Intention aber ein Kriterium dazu darin zu sehen, ob objektive Anhaltspunkte für das Vorhandensein von Denkmalen im Untergrund vorliegen, die einerseits berechtigte Gründe für die Annahme der Willensbildung des Grabenden in Richtung beabsichtigter Untersuchung oder Entdeckung darstellen können und andererseits (bei Heranziehung eines objektiven Betrachtungsmaßstabes) begründete Zweifel an einer gegenteiligen Behauptung des Grabenden erzeugen würden. Es kann dem Gesetzgeber nämlich nicht zugesonnen werden, dass er mit der gewählten Formulierung allein auf die subjektiven Beweggründe seitens des Grabenden abstellen und eine Überprüfbarkeit nach objektiven Gesichtspunkten ausschließen wollte. Diese für eine ex ante vorzunehmende Beurteilung konkreten Anhaltspunkte wären bei einer beabsichtigten Untersuchung schon evident dadurch gegeben, wenn das Vorhandensein des im Untergrund befindlichen Denkmals dem Betroffenen bekannt ist. Ansonsten und bei einer bezweckten Entdeckung muss eine konkrete Vermutung oder Wahrscheinlichkeit für ein Vorhandensein bzw. Auffinden denkmalschutzrelevanter Gegenstände gegeben sein; Anhaltspunkte dafür können zB wissenschaftliche Befunde und Gutachten geeigneter Sachverständiger oder andere allgemein zugängliche Quellen bzw. auch ein laufendes Unterschutzstellungsverfahren sein. Die geschichtliche, künstlerische und kulturelle Bedeutung iSv § 1 Abs. 1 DMSG 1923 ergibt sich dabei aus der in der Fachwelt vorherrschenden Wertschätzung. Unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung des DMSG 1923 ist, dass ein Denkmal vorliegt (§ 1 Abs. 1 DMSG 1923) bzw. im Falle des § 11 Abs. 1 DMSG 1923, dass zumindest Bodenfunde vermutet werden.

3.2.3.  Für den konkreten Fall bedeutet dies, dass der gegenständliche Antrag keiner Bewilligungspflicht nach § 11 Abs. 1 DMSG unterliegt. Dies deshalb, weil aus dem Antrag des Beschwerdeführers hervorgeht, dass er selbst weder beabsichtigt, Denkmale zu entdecken (subjektive Ebene), noch Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher gegeben wären. Andererseits verneint auch das Bundesdenkmalamt auf der objektiven Ebene das Vorliegen von Anhaltspunkten für das Auffinden von Bodendenkmalen, also Gegenständen von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung. Es fehlt damit einer nach der Judikatur des VwGH unabdingbaren Voraussetzung für einen Antrag nach § 11 Abs. 1 DMSG.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt somit abschließend zu dem Ergebnis, dass dem angefochtenen Bescheid Rechtswidrigkeit i.S.d. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG anzulasten ist und der Beschwerde daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG i.V.m. § 11 Abs. 1 DMSG insofern Folge zu geben war, als der Spruch des angefochtenen Bescheides neu zu fassen war.

3.3.    Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter Punkt 3.2. zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen ist die Rechtslage als eindeutig zu bezeichnen (vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053), weshalb auch aus diesem Grund keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Antragszurückweisung Bescheidabänderung Bodendenkmal Denkmalschutz Grabungsbewilligung Grundstück Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W183.2245662.1.00

Im RIS seit

05.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

05.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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