Entscheidungsdatum
07.12.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W176 2221755-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch RA Mag. Arno PAJEK, LLM., gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 14.06.2019, Zl. 100 Jv 19d-33a (003 Rev 5265/19i), betreffend Gerichtsgebühren zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 122/2013 (VwGVG), als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Baurechtsvertrag vom 14.11.2013 wurde der XXXX auf einer näher bezeichneten Liegenschaft ein Baurecht bis zum 31.10.2113 eingeräumt. Das Baurecht wurde grundbücherlich erfasst und im Lastenblatt der Baurechtseinlage die Reallast zur Zahlung eines jährlichen Bauzinses iHv 16.303,52 EUR eingetragen.
2. In weiterer Folge errichtete die XXXX auf der Baurechtsliegenschaft eine Wohnungseigentumsanlage. Mit Kaufvertrag vom 15.09.2016 erwarb der nunmehrige Beschwerdeführer eine dieser Wohnungen zu einem Kaufpreis von 380.420 EUR und verpflichtete sich zusätzlich zum Kaufpreis entsprechend den Bedingungen des Baurechtsvertrags an den Baurechtsgeber den Bauzins anteilig nach Nutzwerten zu bezahlen.
3. Mit Beschluss vom 17.10.2016 bewilligte das Bezirksgericht Floridsdorf ob der Baurechtseinlage die Einverleibung des Eigentumsrechts des Beschwerdeführers an 97/1734 Baurechtsanteilen (mit denen laut Kaufvertrag in weiterer Folge untrennbar das Wohnungseigentum an einer näher bezeichneten Wohnung verbunden werden sollte).
4. Für diese Eintragung entrichtete der Beschwerdeführer mittels Selbstberechnung unter Heranziehung des Kaufpreises von 380.420 EUR als Bemessungsgrundlage eine Eintragungsgebühr gemäß TP 9 lit. b Z 1 Gerichtsgebührengesetz (GGG) iHv 4.185 EUR (1,1% von 380.420 EUR).
5. Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 19.03.2019 schrieb die Kostenbeamtin für die Präsidentin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien – nach einer Beanstandung durch den Revisor – dem Beschwerdeführer eine Eintragungsgebühr iHv 4.366 EUR abzüglich der bereits entrichteten Teilzahlung von 4.185 EUR sowie eine Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG) iHv 8 EUR, somit einen Betrag iHv 189 EUR vor.
6. Nachdem der Mandatsbescheid nach Erhebung der Vorstellung durch den Beschwerdeführer außer Kraft getreten war, erklärte die Präsidentin des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien (im Folgenden: belangte Behörde) mit dem angefochtenen Bescheid den Beschwerdeführer hinsichtlich einer Eintragungsgebühr iHv 4.366 EUR abzüglich der bereits entrichteten Teilzahlung von 4.185 EUR sowie einer Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG iHv 8 EUR, somit hinsichtlich eines restlichen Betrags iHv 189 EUR für zahlungspflichtig.
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, neben dem Kaufpreis sei auch der kapitalisierte Bauzins in die Bemessungsgrundlage der Eintragungsgebühr miteinzubeziehen. Der Beschwerdeführer habe sich beim Kauf der Eigentumswohnung neben der Zahlung des Kaufpreises iHv 380.420 EUR auch zur Leistung des anteiligen Bauzinses verpflichtet. Nach § 26 Abs. 3 Z 1 GGG seien auch vom Käufer übernommene sonstige Leistungen in die Ermittlung des Werts der Gegenleistung einzubeziehen. Dazu gehörten auch Leistungen an Dritte, die vom Erwerber getragen werden müssten. Für die vom Beschwerdeführer erworbenen 97/1734 Anteile sei ein jährlicher Bauzins von 912,02 EUR (16.303,52 € / 1734 x 97) zu entrichten. Dieser Wert sei nach § 15 BewG 1955 für die Berechnung der Eintragungsgebühr mit dem 18-fachen der Jahresleistung zu kapitalisieren, sodass sich eine noch offene restliche Gebührenschuld von 181 € (1,1% von 16.416,36 EUR) ergebe und zusätzlich eine Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG iHv 8 EUR vorzuschreiben sei.
7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, wobei er im Wesentlichen Folgendes vorbrachte:
Die Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach der kapitalisierte anteilige Bauzins in die Bemessungsgrundlage einzurechnen sei, sei unrichtig. Denn das dem Bauzins zugrundeliegende Baurecht sei bereits zu TZ 142/2014 begründet worden und die Verkäuferin habe im Rahmen dieser Baurechtsbegründung schon die Eintragungsgebühr für eben dieses als Reallast eingetragene Baurecht bezahlt. Die im Grundbuch bereits eingetragene Bauzinspflicht sei bei Weiterveräußerung eines Baurechtes gegen Übernahme der Bauzinsverpflichtung als auf dem Grundstück „ruhende“ dauernde „Last“ zu beurteilen und gehöre daher nicht zur Gegenleistung.
8. Mit Erkenntnis vom 17.09.2019, Zl. 2221755-1/2E, gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde statt und hob den und Punkt 6. dargestellten Bescheid (ersatzlos) auf.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass der Ansicht des Beschwerdeführers zu folgen sei, wonach der anteilige kapitalisierte Bauzins nicht in die Bemessungsgrundlage der Eintragungsgebühr miteinzubeziehen ist. Nach § 26 Abs. 3 letzter Satz GGG idF BGBl. I Nr. 38/2019 seien dauernde Lasten bei der Ermittlung der Gegenleistung nicht zu berücksichtigen. Zwar sei die ausdrückliche Ausnahme für dauernde Lasten erst mit der Novelle BGBl. I Nr. 38/2019 in § 26 Abs. 3 letzter Satz GGG eingefügt worden, aus den Gesetzesmaterialien (RV 560 BlgNR 26. GP) folge jedoch, dass es sich nur um eine Klarstellung handle und dauernde Lasten auch bereits zuvor bei der Ermittlung der Gegenleistung nicht hinzuzurechnen gewesen seien. Dies zeige auch die Bezugnahme auf § 5 Abs. 2 Z 2 Grunderwerbssteuergesetz 1987 (GrEStG 1987) in den Gesetzesmaterialien, seien doch auch bei der Ermittlung der Grunderwerbsteuer dauernde Lasten nicht zu berücksichtigen. Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur inhaltlich gleichlautenden Vorgängerregelung des § 11 Abs. 2 Z 2 GrEStG 1955 gehöre bei der Weiterveräußerung eines Baurechts gegen Übernahme der bereits im Grundbuch eingetragenen Bauzinsverpflichtung letztere als dauernde Last nicht zur Gegenleistung.
9. Gegen dieses Erkenntnis erhob die belangte Behörde (a.o.) Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Zur Zulässigkeit der Amtsrevision wurde vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Anordnung des § 26 Abs. 3 letzter Satz GGG, insbesondere des letzten Halbsatzes, jene des § 26 Abs. 3 Z 1 GGG durchbreche. Vor allem liege aber keine Rechtsprechung dazu vor, ob eine (bereits verbücherte) Verpflichtung zur Zahlung eines Bauzinses im Fall der Weitergabe des Baurechts als „dauernde Last“ iSd § 26 Abs. 3 letzter Halbsatz GGG zu qualifizieren sei.
10. Mit Erkenntnis vom 12.11.2021, Zl. Ra 2019/16/0192-7, hob der Verwaltungsgerichts das unter Punkt 8. dargestellte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf, wobei er begründend im Wesentlichen Folgendes ausführte:
Die Revision sei zulässig und auch begründet.
Nach § 26 Abs. 3 Z 1 GGG bestimme sich der Wert der Gegenleistung bei einem Kauf nach dem Kaufpreis „zuzüglich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen“. Vom Käufer übernommene Leistungen seen auch Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer – sei es aufgrund des Gesetzes, sei es auf Grund einer vertraglichen Verpflichtung – obliegen, aber auf Grund der Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen (Hinweis auf VwGH 19.5.2015, Ro 2014/16/0006).
Im gegenständlichen Fall sei unstrittig, dass sich der Beschwerdeführer im Kaufvertrag vom 15.09.2016 neben der Zahlung des Kaufpreises iHv 380.420 EUR ausdrücklich dazu verpflichtet habe, entsprechend den Bedingungen des Baurechtsvertrags an den Baurechtsgeber den Bauzins anteilig nach Nutzwerten zu bezahlen.
Damit habe der Beschwerdeführer kraft vertraglicher Vereinbarung die dem Veräußerer obliegende Verpflichtung zur Zahlung des (anteiligen) Bauzinses übernommen, sodass diese „sonstige Leistung“ schon auf Grund der ausdrücklichen Anordnung des § 26 Abs. 3 Z 1 GGG in die Ermittlung des Werts der Gegenleistung miteinzubeziehen sei.
Im Weiteren legt der Verwaltungsgerichtshof dar, dass auch im Fall, dass der Beschwerdeführer die Verpflichtung zur Entrichtung des anteiligen Bauzinses nicht vertraglich übernommen hätte, sondern diese nur kraft Gesetzes – aufgrund der grundbücherlichen Erfassung als Reallast – auf ihn übergegangen wäre, dies zu keinem anderen Ergebnis führen würde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Es wird von dem unter Punkt I. dargestellten Sachverhalt ausgegangen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsunterlagen, dem Verfahrensakt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie dem dargestellten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes und sind zwischen den Verfahrensparteien nicht strittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
3.1.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.1.4. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
3.1.5. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnisverbunden ist.
3.2. Zu Spruchpunkt A):
3.2.1. Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden gemäß § 63 Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
3.2.2. Wie sich aus dem unter Punkt I.10. dargestellten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, an das das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 63 Abs. 1 VwGG gebunden ist, ergibt, ist die Verpflichtung zur Zahlung des (anteiligen) Bauzinses in die Ermittlung des Werts der Gegenleistung miteinzubeziehen.
Da überdies weder der Beschwerdeführer vorbrachte, dass der von der belangten Behörde errechnete Wert dieser Verpflichtung unrichtig sei noch sich diesbezüglich anderweitig Bedenken ergeben haben, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.
3.2.3. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben.
3.3. Zu Spruchpunkt B):
3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der unter Punkt 3.2. dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, an welcher es somit auch nicht fehlt; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in dem dargestellten Erkenntnis mit den im gegenständlichen Fall maßgeblichen Rechtsfragen auseinandergesetzt. Das (in Bindung daran ergangene) gegenständliche Erkenntnis weicht von dieser Rechtsprechung nicht ab.
3.3.3. Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Baurecht Bauzins Bemessungsgrundlage Einhebungsgebühr Eintragungsgebühr Gerichtsgebühren Gerichtsgebührenpflicht Liegenschaftserwerb Rechtsanschauung des VwGHEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W176.2221755.1.00Im RIS seit
05.01.2022Zuletzt aktualisiert am
05.01.2022