TE Bvwg Erkenntnis 2021/12/9 L517 2245572-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.12.2021
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Entscheidungsdatum

09.12.2021

Norm

AlVG §17
AlVG §38
AlVG §44
AlVG §46
AlVG §58
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §13
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


L 517 2245572-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter*innen Mag. SIGHARTNER und Frau PACHLER als Beisitz über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom XXXX nach ergangener Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm §§ 17, 38, 44, 46 und 58 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 (WV) idgF, als unbegründet abgewiesen.

B)

Der Antrag auf Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung wird zurückgewiesen.

C)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

09.09.2020 – Mitteilung über den Leistungsanspruch des AMS XXXX (in der Folge „bB“ bzw. „AMS“) an XXXX (in der Folge: „bP“) – Arbeitslosengeld vom 26.08.2020 – 23.03.2021

09.03.2021 – Versendung eines Antrags an bP als Serviceleistung des AMS

10.03.2021 – Mitteilung des AMS an bP, dass Anspruch auf Arbeitslosengeld mit 23.03.2021 ende

06.04.2021 – Antrag (Serviceleistung vom 09.03.2021) kommt per Post mit dem Hinweis „unbekannt“ retour an das AMS

08.04.2021 – Änderung der Adresse der bP auf „ XXXX “, Antrag auf Notstandshilfe wird an bP ausgegeben

05.05.2021 – Bescheid der bB: Zuerkennung von Notstandshilfe ab 08.04.2021

17.05.2021 – Beschwerde der bP

31.05.2021 – Parteiengehör

07.06.2021 – Stellungnahme der bP

07.07.2021 – Aufforderung des AMS an bP

09.07.2021 – Antwort der bP

16.07.2021 – Anfrage AMS an Serviceline

19.07.2021 – Auskunft Serviceline

19.07.2021 – Beschwerdevorentscheidung der bB

30.07.2021 – Vorlageantrag der bP

19.08.2021 – Beschwerdevorlage am BVwG

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

I. Verfahrensgang:

Die bP war zuletzt vom 20.05.2019 bis 28.07.2020 beim Österreichischen Wachdienst beschäftigt. Vom 29.07.2020 bis 06.08.2020 erhielt sie eine Urlaubsersatzleistung.

Mit Schreiben vom 09.09.2020 informierte das AMS die bP über den Bezug von Arbeitslosengeld vom 26.08.2020 bis 23.03.2021. Das Schriftstück wurde vom AMS per Inlandsbrief an die damals aufrechte Adresse der bP, XXXX , versandt. Diese Mitteilung über den Leistungsanspruch enthält auf der Rückseite unter anderem folgenden Hinweis: „Leistungsende“ „Bitte beachten Sie das umseitig angeführte voraussichtliche Ende Ihres Leistungsbezuges. Die Weitergewährung einer Leistung kann erst – sofern Sie die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen – aufgrund einer neuerlichen Antragstellung erfolgen. Für eine lückenlose Zahlung setzen Sie sich zeitgerecht mit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice in Verbindung.

Laut Dokumenteninformation des AMS vom 04.02.2021 ist eine Suche nach offenen Stellen negativ geblieben.

Am 09.03.2021 versandte das AMS einen Antrag als Serviceleistung an die Adresse in der XXXX .

Mit Schreiben vom 10.03.2021 informierte das AMS die bP über das Ende ihres Anspruches auf Arbeitslosengeld mit 23.03.2021. Die Weitergewährung einer Leistung könne erst aufgrund einer neuerlichen Antragstellung erfolgen. Zur Sicherstellung einer unterbrechungsfreien Zahlung sei eine Antragstellung bis spätestens 24.03.2021 erforderlich. Das Schriftstück wurde wiederum an die Adresse in XXXX , geschickt, da zu diesem Zeitpunkt dem AMS von Seiten der bP noch keine Adressänderung bekanntgegeben worden war.

Am 06.04.2021 kam der Antrag (Serviceleistung vom 09.03.2021) mit dem Vermerk „unbekannt" an das AMS retour. Das AMS konnte die bP telefonisch nicht erreichen.

Das AMS hielt nach einem Anruf der bP in der ServiceLine in einer Änderungsmeldung vom 08.04.2021 die neue Adresse der bP: XXXX fest.

Daraufhin folgte das AMS der bP auch mit 08.04.2021 neuerlich einen Antrag auf Notstandshilfe mit Rückgabefrist 22.04.2021 an ihre neue Adresse, XXXX , aus. Dieser wurde von der bP am 12.04.2021 beim AMS abgegeben.

Am 19.04.2021 kam das Schreiben vom 10.03.2021 mit dem Vermerk „unbekannt“ an das AMS retour.

Mit Bescheid vom 05.05.2021 sprach das AMS aus, dass der bP die Notstandshilfe ab dem 08.04.2021 gebühre. In der Begründung wurde nach Anführung der zugrundegelegten gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, dass die bP den Antrag auf Notstandshilfe am 08.04.2021 geltend gemacht haben.

Dagegen erhob die bP am 17.05.2021 Beschwerde und führte aus, dass sie dem AMS Anfang Februar die neue Adresse bekannt gegeben habe und das AMS dies registriert habe. Sie habe nichts bekommen (der Antrag sei an die Adresse in der XXXX geschickt worden).

Mit Schreiben vom 31.05.2021 wurde der bP Parteiengehör gewährt und wurde sie aufgefordert, bis spätestens 14.06.2021 schriftlich Stellung zu nehmen.

In einer Stellungnahme führte die bP am 07.06.2021 aus: „Ich habe das ganzes brief gelessen und habe versucht wort zu wort zu verstehen, eigentlich ich habe nichts mehr was zu schreiben ich muss das gleiche noch mal schreiben mit bisl unterschied weil ich glaube das ich die wahrheit sage und andere version ich habe nicht.

Ich fange mit diese meldezettel als erstes ja ich habe mit dem 04.02.2021 angemeldet und mit 31.01.2021 war das letztes tag in die alten Wohnung 3 tage ich habe gebraucht wegen meinen Sachen hier zu bringen und musste transport finden.

Ich habe da gelessen da schreibt wieder das ich die neue adresse mit 08.04.2021 gegeben habe, das stimmt überhaupt nicht die neue adresse wurde anfagt februar abgegeben welchen tag genau jetzt weiß ich nicht aber diese gespräch zwischen mir und AMS anfagt febraur ist sicher registriert und musst linden in AMS telefon oder ich kann auch bei T-Mobile gehen und fragen für diese telefon weil das ganzes liegt um eine telefon die ich gemacht habe und von euch wird nicht anzeptiert sagma so und falls eine negativ bekomme ich muss eine termin fortsetzen bei arbeiterkammer und ich lasse das arbeiterkammer das arbeit weiter machen."

Mit Schreiben vom 07.07.2021 ersuchte das AMS die bP um Bekanntgabe der Handynummer, mit der sie Anfang Februar dem AMS ihre neue Adresse bekannt gegeben habe und um Übermittlung des Einzelgesprächsnachweises von T-Mobile von Februar und März 2021.

Am 09.07.2021 gab die bP Folgendes bekannt: „Das ist nicht möglich ich habe gefragt beim T-Mobile meine sim karte ist im handyshop gekauft deswegen also ich sehe das ich eine negative Beschreibung bekomme dann ich muss warten bis diese brif kommt und dann muss ich eine tennin heim Arbeiterkamer machen, meine telnr ist das gleiche XXXX ."

Am 16.07.2021 übermittelte eine Mitarbeiterin des AMS nachfolgende Anfrage an die Servieeline des AMS:

Betreff: „Kotaktzusammenfassung XXXX

Lieber XXXX !

XXXX war bis 04.02.2021 hauptwohnsitzlieh in XXXX , gemeldet. Seit 04.02.2021 wohnt er in XXXX . Laut Dokumenteninformation hat er sich am 08.04.2021 über die SEL gemeldet und wurde dann auch die Adressänderung vorgenommen.

Er gibt am 08.04.2021 an, dass er dem AMS mit März 2021 schon seine neue Adresse bekannt gegeben hat und sagt in der Beschwerde am 17.05.2021. dass er dem AMS die neue Adresse Anfang Februar bekannt gegeben hat und dies das AMS registriert hat. Auch in der Stellungnahme bleibt er dabei, die neue Adresse Anfang Februar bekannt gegeben zu haben. Der Aufforderung, einen Einzelgesprächsnachweis von T-Mobile von Februar und März 2021 zu übermitteln, ist er nicht nachgekommen.

Zur Vervollständigung des Sachverhalts ersuche ich im Beschwerdeverfahren XXXX um Stellungnahme bzw. um eine Kontaktzusammenfassung vom 01.02.2021 bis 31.03.2021 zur Handynummer XXXX ."

Die Serviceline des AMS gab am 19.07.2021 zur Antwort, dass eine Abfrage über das Contact Center keine Ergebnisse geliefert habe. Ab April seien die Daten gespeichert. Diese könnten gerne jederzeit übermittelt werden.

Am 19.07.2021 erließ die bB eine Beschwerdevorentscheidung gem. § 14 VwGVG, die Beschwerde der bP wurde gem. § 14 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) iVm § 56 AlVG (Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977) abgewiesen. Begründend führte die bB nach Darlegung von Verfahrensgang und Sachverhalt aus, dass für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung das Antragsprinzip gelte. Die Antragstellung sei erst dann vollzogen, wenn die bP den ausgefüllten Antrag der regionalen Geschäftsstelle fristgerecht übergebe. Die bP habe bis 23.03.2021 Arbeitslosengeld bezogen. Am 08.04.2021 habe sie Notstandshilfe beantragt und damit erfolgreich geltend gemacht. Der Anspruch der bP auf Notstandshilfe könne aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen somit ab 08.04.2021 beurteilt werden. Ein nachvollziehbares und schlüssig dokumentiertes fehlerhaftes Verhalten seitens der Mitarbeiter_innen des AMS betreffend Zeitpunkt ihrer Antragstellung liege nicht vor. Eine rückwirkende Zuerkennung sei im gegenständlichen Fall mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht möglich.

Gemäß § 17 Abs. 1 AlVG gebühre das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe erst ab dem Tag der Geltendmachung, somit im Fall der bP ab dem 08.04.2021.

Am 30.07.2021 beantragte die bP die Vorlage ihrer Beschwerde beim BVwG, sie beantragte darüber hinaus die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung und brachte ergänzend vor, sie habe am 15.2.2021 ihren Adresswechsel bekannt gegeben. Das Gespräch zwischen ihr und dem AMS sei auch beim AMS gespeichert. Sie habe die genaue Adresse gegeben. Eine Dame vom AMS habe ihr sogar telefonisch mitgeteilt, dass dieses Gespräch samt Info über den Adresswechsel im AMS-EDV-System gespeichert sei, mit 15.2.2021.

Die Beschwerde wurde dem BVwG am 19.08.2021 vorgelegt.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“. Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Der Sachverhalt ist im gegenständlichen Fall hinsichtlich der Bekanntgabe der Adressänderung durch die bP strittig. Die bP hat trotz Aufforderung durch das AMS keine Einzelgesprächsnachweise vorgelegt, aus denen ein Telefonat mit dem AMS zu dem von der bP behaupteten Zeitpunkt ersichtlich wäre. Auch die Erhebungen des AMS im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch Anfrage bei der ServiceLine haben ergeben, dass im Februar und März aufgrund einer Abfrage über das Contact Center kein Anruf der bP gespeichert sei, ab April seien die Daten gespeichert. Dies stimmt auch mit den vom AMS dokumentierten Anrufen vom 08.04.2021 überein. Es war auch vom AMS bei der bP nachgefragt worden, ob es zwischenzeitlich eine Änderung der Telefonnummer gegeben hätte, was die bP jedoch verneinte. Eine entsprechende Bekanntgabe der Adressänderung konnte daher erst mit dem Anruf der bP beim AMS am 08.04.2021 angenommen werden.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF

- Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 (WV) idgF

- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 56 Abs. 4 AlVG steht das Vorschlagsrecht für die Bestellung der erforderlichen Anzahl fachkundiger Laienrichter und Ersatzrichter für den Kreis der Arbeitgeber der Wirtschaftskammer Österreich und für den Kreis der Arbeitnehmer der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte zu. Die vorgeschlagenen Personen müssen über besondere fachliche Kenntnisse betreffend den Arbeitsmarkt und die Arbeitslosenversicherung verfügen. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BGBl. I Nr. 10/2013).

Gegenständlich liegt Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden. Abweichend dazu normiert § 56 Abs. 2 AlVG in Verfahren betreffend Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung eine Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung von zehn Wochen.

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP, 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3). Damit ist im gegenständlichen Beschwerdefall der Prüfungsumfang auch mit dem Vorbringen im Vorlageantrag definiert.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

3.3. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes lauten:

Gemäß § 7 Abs. 1 hat Anspruch auf Arbeitslosengeld wer u.a. der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht.

Gemäß § 7 Abs. 2 steht der Arbeitsvermittlung insbesondere zur Verfügung, wer arbeitswillig ist.

Arbeitswilligkeit

§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.

(2) – (8) […]

Beginn des Bezuges

§ 17. (1) Sind sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt und ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16, gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Geltendmachung, frühestens ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit. Der Anspruch gilt rückwirkend ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit

1. wenn diese ab einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag besteht und die Geltendmachung am ersten darauffolgenden Werktag erfolgt oder

2. wenn die Arbeitslosmeldung bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingelangt ist und die Geltendmachung sowie eine gemäß § 46 Abs. 1 erforderliche persönliche Vorsprache binnen 10 Tagen nach Eintritt der Arbeitslosigkeit erfolgt, soweit das Arbeitsmarktservice nicht hinsichtlich der persönlichen Vorsprache Abweichendes verfügt hat.

(2) Die Frist zur Geltendmachung verlängert sich um Zeiträume, während denen der Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 16 Abs. 1 ruht, ausgenommen bei Auslandsaufenthalt gemäß lit. g. Ruht der Anspruch oder ist der Bezug des Arbeitslosengeldes unterbrochen, so gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Wiedermeldung oder neuerlichen Geltendmachung nach Maßgabe des § 46 Abs. 5.

(3) Die Arbeitslosmeldung hat zumindest den Namen, die Sozialversicherungsnummer, die Anschrift, den erlernten Beruf, die zuletzt ausgeübte Beschäftigung und den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses sowie die Angabe, auf welchem Weg eine rasche Kontaktaufnahme durch das Arbeitsmarktservice möglich ist (e-mail-Adresse, Faxnummer, Telefonnummer) zu enthalten. Für die Arbeitslosmeldung ist das bundeseinheitliche Meldeformular zu verwenden. Die Meldung gilt erst dann als erstattet, wenn das ausgefüllte Meldeformular bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt ist. Ist die Meldung aus Gründen, die nicht in der Verantwortung der Meldung erstattenden Person liegen, unvollständig, verspätet oder gar nicht eingelangt, so gilt die Meldung mit dem Zeitpunkt der nachweislichen Abgabe (Absendung) der Meldung als erstattet. Das Einlangen der Meldung ist zu bestätigen.

(4) Ist die Unterlassung einer rechtzeitigen Antragstellung auf einen Fehler der Behörde, der Amtshaftungsfolgen auslösen kann, wie zum Beispiel eine mangelnde oder unrichtige Auskunft, zurück zu führen, so kann die zuständige Landesgeschäftsstelle die regionale Geschäftsstelle amtswegig unter Berücksichtigung der Zweckmäßigkeit und der Erfolgsaussichten in einem Amtshaftungsverfahren zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt, ab dem die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung vorliegen, ermächtigen.

[…]

Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld

§ 46. (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Personen, die über ein sicheres elektronisches Konto beim Arbeitsmarktservice (eAMS-Konto) verfügen, können den Anspruch auf elektronischem Weg über dieses geltend machen, wenn die für die Arbeitsvermittlung erforderlichen Daten dem Arbeitsmarktservice bereits auf Grund einer Arbeitslosmeldung oder Vormerkung zur Arbeitsuche bekannt sind; sie müssen jedoch, soweit vom Arbeitsmarktservice keine längere Frist gesetzt wird, innerhalb von 10 Tagen nach elektronischer Übermittlung des Antrages persönlich bei der regionalen Geschäftsstelle vorsprechen. Das Arbeitsmarktservice kann die eigenhändige Unterzeichnung eines elektronisch eingebrachten Antrages binnen einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist verlangen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geltendmachung bestehen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat. Das Arbeitsmarktservice kann vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen. Eine persönliche Vorsprache ist insbesondere nicht erforderlich, wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben. Die Abgabe (das Einlangen) des Antrages ist der arbeitslosen Person zu bestätigen. Können die Anspruchsvoraussetzungen auf Grund des eingelangten Antrages nicht ohne weitere persönliche Vorsprache beurteilt werden, so ist die betroffene Person verpflichtet, auf Verlangen bei der regionalen Geschäftsstelle vorzusprechen. Hat die regionale Geschäftsstelle zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen, etwa zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen, eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind.

(2) Die Landesgeschäftsstelle kann auch andere Stellen bezeichnen, bei denen der Arbeitslose den Anspruch geltend machen kann.

(3) – (7) […]

§ 47. (1) Wird der Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe anerkannt, so ist der bezugsberechtigten Person eine Mitteilung auszustellen, aus der insbesondere Beginn, Ende und Höhe des Leistungsanspruches hervorgehen. In der Mitteilung ist darauf hinzuweisen, dass die bezugsberechtigte Person, wenn sie mit der zuerkannten Leistung nicht einverstanden ist, das Recht hat, binnen drei Monaten nach Zustellung der Mitteilung einen Bescheid über den Leistungsanspruch zu verlangen. Wird der Anspruch nicht anerkannt oder binnen drei Monaten nach Zustellung der Mitteilung ein Bescheid verlangt, so ist darüber ein Bescheid zu erlassen. Wird binnen drei Monaten nach Zustellung der Mitteilung kein Bescheid über den Leistungsanspruch verlangt, so liegt eine entschiedene Sache vor, die keinem weiteren Rechtszug unterliegt. Ausfertigungen, die im Wege der automationsunterstützten Datenverarbeitung erstellt wurden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung.

(2) Personen, die Kontrollmeldungen einzuhalten haben, sind von der regionalen Geschäftsstelle in geeigneter Weise darüber zu informieren. Insbesondere muss jeweils die Zeit und der Ort der einzuhaltenden Kontrollmeldungen eindeutig bekannt gegeben werden.
[…]“

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder verspäteter Antragstellungen dar. Infolge dieser abschließenden Normierung ist der Arbeitslose sogar in jenen Fällen, in denen er auf Grund einer von einem Organ des Arbeitsmarktservice schuldhaft erteilten unrichtigen Auskunft einen Schaden erleidet, der durch Anwendung des § 46 AlVG nicht abgewendet werden kann, auf die Geltendmachung allfälliger Amtshaftungsansprüche verwiesen. § 17 Abs. 4 AlVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2010, zuvor § 17 Abs. 3 AlVG) ermöglicht es der zuständigen Landesgeschäftsstelle unter den dort näher genannten Voraussetzungen zwar, die regionale Geschäftsstelle zwecks Abwendung eines Amtshaftungsanspruches amtswegig zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt zu ermächtigen, auf die Ausübung dieser Ermächtigungsbefugnis besteht jedoch kein Rechtsanspruch. Schon die Textierung der genannten Bestimmung lässt erkennen, dass sie eine Ermächtigungsnorm im Verhältnis der Landesgeschäftsstelle zur regionalen Geschäftsstelle darstellt und sich nicht unmittelbar an die arbeitslose Person richtet. Insofern ist § 17 Abs. 3 AlVG an systematisch falscher Stelle eingefügt worden, da mit § 17 Abs. 3 (nunmehr Abs. 4) AlVG kein Anspruch der arbeitslosen Person gegenüber dem Arbeitsmarktservice geschaffen werden sollte. Eine Rechtsschutzlücke entsteht dadurch nicht, da es der arbeitslosen Person - wie schon vor der Einfügung des § 17 Abs. 3 AlVG - weiterhin möglich ist, durch das Arbeitsmarktservice schuldhaft verursachte Schäden im Amtshaftungsweg geltend zu machen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des VwGH etwa das Erk. vom 9.7.2015, Zl. Ra 2015/08/0037, mwN).

Aus der angeführten Rechtsprechung des Höchstgerichtes ergibt sich eindeutig, dass selbst schuldhaft falsche Auskünfte (bzw. das Unterlassen einer wie auch immer gearteten Information durch die belangte Behörde) seitens des AMS, die zu einer verspäteten Antragstellung führen, zu keiner rückwirkenden Geltendmachung und Auszahlung des Arbeitslosengeldes führen. Eine Rechtsschutzlücke ergibt sich dadurch nicht, da der Arbeitslose auf die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen verwiesen wird.

3.4. Im vorliegenden Fall hat die bP ihren Anspruch auf Notstandshilfe gemäß §§ 17 Abs. 1 iVm 46 Abs. 1 AlVG am 08.04.2021 geltend gemacht, weshalb die belangte Behörde diese antragsgemäß auch ab dem 08.04.2021 zugesprochen hat.

Abgesehen davon, dass die bP im Verfahren nicht beweisen konnte, dass sie der bP bereits wie behauptet im Februar oder März ihre Adressänderung bekanntgegeben hatte ist darauf hinzuweisen, dass es sich sowohl beim Schreiben der bB vom 10.03.2021 als auch bei der Übermittlung eines Antrags am 09.03.2021 an die bP um Serviceleistungen der bB handelte und keine gesetzliche Verpflichtung der bB zu einer derartigen Vorgangsweise besteht. Vielmehr wäre es Aufgabe der bP gewesen, sich rechtzeitig vor Ende des Leistungsbezuges am 23.03.2021 um eine neuerliche Antragstellung zu kümmern, ein entsprechender deutlicher Hinweis findet sich wie festgestellt auf der Rückseite der Mitteilung über den Leistungsanspruch vom 09.09.2020. Die bP hat sich demnach die Folgen der verspäteten Antragstellung zurechnen zu lassen und hat die bB zu Recht gem. § 17 Abs. 1 AlVG die Notstandshilfe erst ab dem Tag der Geltendmachung, also dem 08.04.2021 zuerkannt.

Die Beschwerde der bP wurde daher von der bB zu Recht abgewiesen.

3.5. Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß § 24 Abs 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden.

Gegenständlich stellt sich der relevante Sachverhalt nicht als ergänzungsbedürftig dar, insbesondere liegt auch kein Rechtsschutzdefizit der bP vor und ließe eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich daher als nicht erforderlich. Weiters wurde eine solche auch nicht beantragt.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von einer Verhandlung absehen, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dies ist eben dann der Fall, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre.

Des Weiteren ist in Ergänzung des eben Ausgeführten auch darauf hinzuweisen, dass aufgrund der bestehende Corona-Pandemie die Durchführung einer Verhandlung ein Gesundheitsrisiko für alle Verhandlungsteilnehmer darstellt. Zwar sind gemäß § 3 Abs. 1 Z 6 und § 18 Abs. 1 Z 5 bis 6 der 5. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung (idF der 1. Novelle zur 5. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung, BGBl. II Nr. 511/2021) die Verwaltung und die Justiz von der angeordneten Ausgangsbeschränkung ausgenommen und können unaufschiebbare behördliche und gerichtliche Wege, einschließlich der Teilnahme an mündlichen Verhandlungen der Gerichte, von der Bevölkerung wahrgenommen werden, jedoch steht für das erkennende Gericht der entscheidungserhebliche Sachverhalt fest und bedarf dieser keine Ergänzungen mehr, weshalb das Gericht auch im Hinblick auf das erhöhte Infektionsrisiko bei Verhandlungen von der Durchführung einer solchen Abstand nimmt.

Schlussfolgernd hat das erkennende Gericht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen.

Zu Spruchteil B):

Soweit im Vorlageantrag die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung beantragt wird, war dieser Antrag zurückzuweisen, da diese Wirkung ex lege eingetreten ist und von der bB nicht mit Bescheid aberkannt wurde.

3.6. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum AlVG. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Die gegenständliche Entscheidung weicht daher weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Antragsprinzip aufschiebende Wirkung ex lege - Wirkung Geltendmachung Notstandshilfe verspäteter Antrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:L517.2245572.1.00

Im RIS seit

04.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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