Entscheidungsdatum
09.12.2021Norm
AlVG §25Spruch
L 517 2245216-2/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter*innen Mag. SIGHARTNER und Frau NEULINGER als Beisitz über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX zu XXXX XXXX nach ergangener Beschwerdevorentscheidung vom 10.08.2021, XXXX in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 13 Abs. 4 und 22 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 iVm § 25 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 (WV) idgF, als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
12.07.2021 – Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: „AMS“ oder „bB“), Verpflichtung von XXXX (in der Folge „bP“) zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe des Gesamtbetrages von € 1.073,52, Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid
03.08.2021 – Beschwerde der bP
10.08.2021 – Beschwerdevorentscheidung der bB
17.08.2021 – ao. Revision der bP im Verfahren L517 2241619-1
20.08.2021 – Vorlageantrag der bP
25.08.2021 – Vorlage der Beschwerde beim BVwG
08.09.2021 - Erkenntnis des BVwG im Verfahren L517 2245216-1, ersatzlose Behebung des Bescheides der bB vom 12.07.2021 in seinem Spruchpunkt B)
27.09.2021 – Beschluss des BVwG: Aussetzung des Verfahrens
29.09.2021 – Beschluss des VwGH: Zurückweisung der Revision im Verfahren L517 2241619-1
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
Mit dem im Spruch zitierten Bescheid des AMS vom 12.07.2021 wurde die bP zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe des Gesamtbetrages von € 1.073,52 verpflichtet.
Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gem. § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.
Begründend wurde ausgesprochen, dass aufgrund der Entscheidung des BVwG vom 05.07.2021 die Verpflichtung zum Rückersatz des angeführten Betrages bestehe.
Hinsichtlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung wurde ausgeführt, dass, da bereits eine Entscheidung über die Beschwerde in der oben angeführten Hauptsache vorliege, die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausschließlich dazu führen würde, dass die Eintreibung der offenen Forderung zu Lasten der Versichertengemeinschaft verzögert werde, obwohl mit einer anderslautenden Entscheidung in der Sache zu Gunsten des Beschwerdeführers nicht mehr zu rechnen sei. Aus diesem Grund überwiege in gegenständlicher Angelegenheit das öffentliche Interesse an der Einbringlichkeit der offenen Forderung und sei daher die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen.
Dagegen erhob die bP fristgerecht Beschwerde, die inhaltlichen Ausführungen in der Beschwerde beziehen sich vorwiegend auf den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im Spruchteil B) des Bescheides vom 12.07.2021. Die bP führte auch an, dass ihre rechtsfreundliche Vertretung eine a.o. Revision an den VwGH einbringen werde. Sie sprach sich im Wesentlichen deshalb gegen die Rückforderung aus, da ihrer Ansicht nach der Rückforderung des AMS aufgrund des Erkenntnisses des BVwV vom 5.7.2021 und der beabsichtigten Erhebung einer a.o. Revision noch keine rechtskräftige Entscheidung zugrunde liege.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 10.08.2021 wurde die Beschwerde abgewiesen. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid wurde ausgeschlossen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mit Bescheid des AMS vom 16.3.2021 ausgesprochen worden sei, dass die bP den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum von 1.3.2021 bis 11.4.2021 nach § 10 AlVG verloren habe.
Gegen diesen Bescheid habe die bP am 25.3.2021 Beschwerde eingebracht. Aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde habe das AMS die Notstandshilfe in der Höhe von täglich € 26,90 für den Zeitraum vom 1.3.2021 bis 11.4.2021 am 20.4.2021 im Betrag von € 1.073,52 (25,56 x 42 Tage) vorläufig angewiesen.
Das zuständige Bundesverwaltungsgericht habe über die Beschwerde der bP mit Erkenntnis vom 5.7.2021, L517 2241619-1/4E entschieden, dass ihre Beschwerde als unbegründet abgewiesen werde.
Das AMS habe die Notstandshilfe von € 1.073,52 aufgrund der Entscheidung des BVwG vom 5.07.2021 mit Bescheid vom 12.07.2021 unter Spruchpunkt A) von der bP rückgefordert.
Dagegen habe die bP Beschwerde eingebracht und zur Rückzahlung der Notstandshilfe angeführt, das die Entscheidung des BVwG noch nicht rechtskräftig geworden sei und deshalb nehme aus ihrer Sicht die belangte Behörde die Beweiswürdigung und Entscheidung des VwGH unzulässigerweise vorweg, denn die belangte Behörde gehe von einer negativen Entscheidung aus.
Rechtlich ging die bB davon aus, dass die Entscheidung über die Versagung der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 1.3.2021 bis 11.4.2021 mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5.7.2021 rechtskräftig sei. Da nunmehr in diesem Verfahren eine rechtskräftige Entscheidung vorliege, sei der Rückforderungstatbestend des § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG erfüllt.
Am 20.08.2021 beantragte die bP die Vorlage ihrer Beschwerde beim BVwG, gleichzeitig beantragte sie die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung.
Die Beschwerdevorlage beim BVwG erfolgte am 25.08.2021.
Mit Erkenntnis des BVwG vom 08.09.2021 im Verfahren L517 2245216-1 wurde der Bescheid der bB vom 12.07.2021 in seinem Spruchpunkt B) ersatzlos behoben. Der Beschwerde der bP gegen den Rückforderungsbescheid kam daher aufschiebende Wirkung im Sinne des § 13 Abs. 1 VwGVG zu.
Mit Beschluss des BVwG vom 27.09.2021 wurde das Hauptverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens L517 2241619-1 ausgesetzt. In diesem Verfahren war am 17.08.2021 durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter der bP eine außerordentliche Revision gegen das Erkenntnis des BVwG vom 07.05.2021, GZ L517 2241619-1/4E eingebracht worden.
Der VwGH wies die Revision der bP im Verfahren L 517 2241619-1 am 29.09.2021 zurück.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Verwaltungsakt der belangten Behörde und dem vorliegenden Gerichtsakt.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig, die bP hat die Höhe des rückgeforderten Betrages nicht bestritten.
Die Feststellungen zur a.o. Revision der bP im Verfahren L517 2241619-1 und zum Erkenntnis über die aufschiebende Wirkung im Verfahren L517 2245216-1 des BVwG wurden aufgrund einer Einsichtnahme in die beigeschafften Akten getroffen.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
- Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 AlVG, BGBl. Nr. 609/1977 (WV) idgF
- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.
Gemäß § 56 Abs. 4 AlVG steht das Vorschlagsrecht für die Bestellung der erforderlichen Anzahl fachkundiger Laienrichter und Ersatzrichter für den Kreis der Arbeitgeber der Wirtschaftskammer Österreich und für den Kreis der Arbeitnehmer der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte zu. Die vorgeschlagenen Personen müssen über besondere fachliche Kenntnisse betreffend den Arbeitsmarkt und die Arbeitslosenversicherung verfügen. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BGBl. I Nr. 10/2013).
Gegenständlich liegt Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 14 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden. Abweichend dazu normiert § 56 Abs. 2 AlVG in Verfahren betreffend Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung eine Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung von zehn Wochen.
Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Die Beschwerdevorentscheidung tritt mangels einer gesetzlichen Regelung nicht außer Kraft, sondern wird zum Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. Dünser, ZUV 2013/1, 17; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 15 VwGVG, K 2; Hauer, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Rz. 178; jeweils unter Hinweis auf den diesbezüglich ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, vgl. RV 2009 BlgNR 24. GP, 5). Gemäß zweiter Satz des § 15 Abs. 1 hat ein Vorlageantrag, der von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt wird, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten. Im Umkehrschluss folgt aus dieser Vorschrift, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag nicht zu begründen hat, ihn aber begründen kann (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 8 zu § 15 VwGVG unter Hinweis auf AB 2112 BlgNR 24. GP 3). Damit ist im gegenständlichen Beschwerdefall der Prüfungsumfang auch mit dem Vorbringen im Vorlageantrag definiert.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
3.3. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes lauten:
§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, daß die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, daß auf Grund einer Anrechnung von Einkommen aus vorübergehender Erwerbstätigkeit gemäß § 21a keine oder nur eine niedrigere Leistung gebührt. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels oder auf Grund einer nicht rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten. […]
(4) Rückforderungen, die gemäß Abs. 1 vorgeschrieben wurden, können auf die zu erbringenden Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung mit der Maßgabe aufgerechnet werden, daß dem Leistungsbezieher die Hälfte des Leistungsbezuges freibleiben muß; sie vermindern den Anspruch auf die zu erbringenden Leistungen, auch wenn er gepfändet ist. Die regionalen Geschäftsstellen können anläßlich der Vorschreibung von Rückforderungen Ratenzahlungen gewähren, wenn auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners die Hereinbringung der Forderung in einem Betrag nicht möglich ist. Die Höhe der Raten ist unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners festzusetzen.
(5) Werden Rückforderungen gestundet oder Raten bewilligt, so sind keine Stundungszinsen auszubedingen. […]
Allgemeine Bestimmungen
§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.
Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes lauten auszugsweise:
Aufschiebende Wirkung
§ 13. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.
(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.
(3) Die Behörde kann Bescheide gemäß Abs. 2 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt so geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid zur Folge hätte. […]
3.4. Der Bescheid des AMS vom 16.3.2021, mit welchem der Verlust der Notstandshilfe von 1.3.2021 bis 11.4.2021 ausgesprochen worden war, wurde mit dem Beschluss des VwGH vom 29.9.2021 rechtskräftig. Die bP hat daher für den genannten Zeitraum ihren Anspruch auf Notstandshilfe verloren.
Die Leistung für den angeführten Zeitraum war der bP aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gem. § 13 Abs. 1 VwGVG ausbezahlt worden.
Die bP war somit gem. § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG zum Rückersatz der empfangenen Notstandshilfe in Höhe von € 1.073,52 zu verpflichten, da ihr diese wegen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels gewährt wurde und das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht gebührten.
Zum Vorbringen der bP betreffend ihrer finanziellen Situation wird auf die Möglichkeit von Ratenvereinbarungen verwiesen.
Zum Antrag der bP auf Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung wird darauf verwiesen, dass der Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid mit Erkenntnis des BVwG vom 08.09.2021, L517 2245216-1 die aufschiebende Wirkung im Sinne des § 13 Abs. 1 VwGVG zuerkannt worden war, da der Bescheid der bB vom 12.07.2021 in seinem Spruchpunkt B), in dem die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausgeschlossen worden war, ersatzlos behoben wurde. Es erübrigt sich daher nunmehr ein Ausspruch über die aufschiebende Wirkung.
3.5. Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Gemäß § 24 Abs 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden.
Gegenständlich stellt sich der relevante Sachverhalt nicht als ergänzungsbedürftig dar, insbesondere liegt auch kein Rechtsschutzdefizit der bP vor und ließe eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich daher als nicht erforderlich.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG von einer Verhandlung absehen, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dies ist eben dann der Fall, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre.
Des Weiteren ist in Ergänzung des eben Ausgeführten auch darauf hinzuweisen, dass aufgrund der bestehende Corona-Pandemie die Durchführung einer Verhandlung ein Gesundheitsrisiko für alle Verhandlungsteilnehmer darstellt. Zwar sind gemäß § 3 Abs. 1 Z 6 und § 18 Abs. 1 Z 5 bis 6 der 5. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung (idF der 1. Novelle zur 5. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung, BGBl. II Nr. 511/2021) die Verwaltung und die Justiz von der angeordneten Ausgangsbeschränkung ausgenommen und können unaufschiebbare behördliche und gerichtliche Wege, einschließlich der Teilnahme an mündlichen Verhandlungen der Gerichte, von der Bevölkerung wahrgenommen werden, jedoch steht für das erkennende Gericht der entscheidungserhebliche Sachverhalt fest und bedarf dieser keine Ergänzungen mehr, weshalb das Gericht auch im Hinblick auf das erhöhte Infektionsrisiko bei Verhandlungen von der Durchführung einer solchen Abstand nimmt.
Schlussfolgernd hat das erkennende Gericht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen.
3.6. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum AlVG. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung Notstandshilfe Rechtskraft der Entscheidung RückforderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:L517.2245216.2.01Im RIS seit
04.01.2022Zuletzt aktualisiert am
04.01.2022