TE Bvwg Erkenntnis 2021/12/10 W151 2247879-1

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Veröffentlicht am 10.12.2021
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Entscheidungsdatum

10.12.2021

Norm

AuslBG §12b
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W151 2247879-1/5E
W151 2247877-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris Kohl, MCJ als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Dr. Sandra HUBER und den fachkundigen Laienrichter ERNSZT Sascha als Beisitzer über die Vorlageanträge von 1. XXXX und 2. XXXX , beide vertreten durch Mag. Theresia KOLLER, Rechtsanwältin, Friedrich Schmidt Platz 7/3, 1080 Wien, in Verbindung mit den Beschwerden betreffend Nichtzulassung zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG des Arbeitnehmers und Zweitbeschwerdeführers XXXX , geb. am XXXX , StA Iran, gegen die Beschwerdevorentscheidungen des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 12.10.2021, XXXX in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden abgewiesen.

B)

Die Revisionen sind gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Herr XXXX , geb. XXXX , StA IRAN (in der Folge „BF 2“) stellte am 01.07.2021 beim Amt der Wiener Landesregierung, MA 35, einen Antrag auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als Sonstige Schlüsselkraft gemäß § 41 Abs. 2 Z 2 NAG. Aus der dem Antrag beigelegten Arbeitgebererklärung geht hervor, dass die XXXX (in der Folge „BF 2“) beabsichtigte, den BF 2 für die berufliche Tätigkeit „persischer Koch/persische Küche“ mit einer Bruttoentlohnung ohne Zulagen in Höhe von € 3.330,-- pro Monat bei einer Stundenwochenanzahl von 40 Stunden zu beschäftigen.

2. Mit Schreiben vom 14.07.2021 stellte die MA35 ein Ersuchen an die belangte Behörde um Mitteilung über das Vorliegen der für die Erteilung des Aufenthaltstitels maßgeblichen Kriterien im Sinne des § 12b Z 1 AuslBG.

3. Mit Bescheiden vom 26.08.2021 wies die belangte Behörde den Antrag auf Zulassung des BF 2 als Schlüsselkraft nach Anhörung des Regionalbeirates gemäß § 12b Z 1 AuslBG ab, da nur 25 Punkte der erforderlichen Mindestpunkteanzahl von 55 nach Anlage C zum AuslBG angerechnet werden konnten. Für die Ausbildung des BF 2 im Iran im Ausmaß von 497 Unterrichtsstunden könnten keine Punkte vergeben werden, da nicht eindeutig sei, dass diese einer österreichischen Kochausbildung gleichgestellt werden könne.

4. Dagegen erhob die BF fristgerecht Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, § 12b AuslBG kenne keine Verbindung von Qualifikation oder Berufsausbildung und der beabsichtigten Beschäftigung. Bei der Berechnung der Punkte nach § 12b AuslBG dürfe auf die beabsichtigte Beschäftigung nicht abgestellt werden. Dem BF 2 stünden somit 25 Punkte aufgrund seines Universitätsstudiums und 8 Punkte aufgrund der Berufserfahrung für die BF 1 zu.

5. Mit Bescheiden (Beschwerdevorentscheidungen) vom 12.10.2021 wies die belangte Behörde die Beschwerden vom 20.09.2021 ab. Aufgrund des vorgelegten Maturazeugnisses seien 25 Punkte für allgemeine Universitätsreife zu vergeben. Weitere Punkte für den Abschluss des nichtintegrierten Bachelor-Studiums im Studiengang Elektrotechnologieingenieurwesen im Iran seinen nicht zu vergeben, da dies nicht dem Kriterium eines abgeschlossenen Studiums iSd der Anlage C entspreche. Zudem könne die Tätigkeit des BF 2 als Aushilfskellner und Küchengehilfe nicht als einschlägige, adäquate Beschäftigung berücksichtigt werden.

6. Mit Schreiben vom von 29.10.2021 stellten die Beschwerdeführer einen Vorlageantrag.

7. Die Beschwerden sowie die bezughabenden Verwaltungsakten wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 03.11.2021 zur Entscheidung vorgelegt.

8. Mit Eingabe vom 23.11.2021 legten die Beschwerdeführer einen Nachweis für die Sprachkenntnisse Englisch A2 des BF 2 vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Herr XXXX , geb. XXXX , StA IRAN, stellte am 01.07.2021 beim Amt der Wiener Landesregierung, MA 35, einen Antrag auf Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als Sonstige Schlüsselkraft gemäß § 41 Abs. 2 Z 2 NAG.

Der BF 2 soll bei der XXXX für die berufliche Tätigkeit „persischer Koch/persische Küche“ mit einer Bruttoentlohnung ohne Zulagen in Höhe von € 3.330,-- pro Monat bei einer Stundenwochenanzahl von 40 Stunden beschäftigt werden.

Der BF 2 schloss im Schuljahr 2005/06 die Oberschule XXXX , in XXXX mit Abitur ab. Weiters absolvierte er den Schulgang „Mathematikwissenschaften“ am Erwachsenen-Studienkollegzentrum XXXX in XXXX . Er schloss im Februar 2010 den technischen Studiengang „Elektrotechnik/Elektronik“ am nichtstaatlichen privaten Hochschulinstitut „ XXXX “ ab. Weiters schloss er am 18.02.2013 das vollzeitige nichtintegrierte Bachelor-Studium im Studiengang Elektroniktechnologieingenierwesen an der XXXX in XXXX /Iran ab.

In Österreich besucht er seit dem Schuljahr 2019/20 ein 6-semestriges Kolleg für Berufstätige für Informatik, Ausbildungsschwerpunkt Systemtechnik an der Höheren Technischen Bundeslehranstalt XXXX , XXXX .

Der BF 2 erwarb Fertigkeitsbescheinigungen des Ministeriums für Genossenschaft, Arbeit und Sozialwohlfahrt, der Islamischen Republik Iran für das Fach „Zweite Klasse Kochkunst (Arbeit und Wissenschaft)“ nach Ablegung von 392 Unterrichtsstunden und für das Fach „Erste Klasse Chefkoch“ nach Ablegung von 105 Unterrichtseinheiten. Es handelte sich dabei um einen Online-Kurs und einer vor Ort abgelegten Prüfung im Iran am 15.12.2019.

Der BF 2 war seit 01.05.2018 bis laufend (mit einer Unterbrechung vom 17.3.2020 – 14.5.2020) aufgrund von Studenten-Beschäftigungsbewilligungen zunächst geringfügig als Aushilfskellner dann bei einer Arbeitszeit von 20h/W als Küchengehilfe im Unternehmen der BF 1 beschäftigt.

Der BF 2 verfügt über Sprachkenntnisse Deutsch B1 und Englisch A2.

Der BF 2 erreicht 60 Punkte und damit Mindestpunkteanzahl von 55 Punkten nach Anlage C zum AuslBG.

Der BF verfügt über keine einer in Österreich gemäß § 5 BAG zu absolvierenden Berufsausbildung zum Koch vergleichbaren Berufsausbildung.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des BF 2 und zum gegenständlichen Antrag ergeben sich aus dem unstrittigen Inhalt des Verwaltungsaktes.

Die Feststellungen zur Schulbildung des BF 2 und seinen Hochschulabschlüssen ergibt sich aus dem Konvolut im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegter Zeugnissen, deren Echtheit von der belangten Behörde nicht in Frage gestellt wurden.

Die Feststellungen zu den Fertigkeitsbescheinigungen ergeben sich aus den entsprechenden aktenkundigen Dokumenten. Dass es sich bei den bescheinigten Ausbildungen um einen Online-Kurs handelte, entspricht den eigenen Angaben der Beschwerdeführer in ihrer Stellungnahme an die belangte Behörde vom 23.08.2021.

Die Feststellungen zur Beschäftigung des BF 2 im Unternehmen der BF 1 ergeben sich aus einer Bestätigung der BF 1 vom 16.09.2021 in Zusammenschau mit den diesbezüglichen Feststellungen der belangten Behörde in den Beschwerdevorentscheidungen.

Die Feststellung zu den Sprachkenntnissen des BF 2 ergeben sich aus einem ÖSD-Zertifikat B 1 vom 17.12.2020 und einem „Linguaskill“ Test Report des Cambridge Instituts Vienna mit Stand 18.11.2021.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Abweisung der Beschwerden

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) lauten i.d.g.F.:

§ 4 Abs. 1 AuslBG: „Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen…“

§ 4 b Abs. 1 AuslBG: „Die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§ 4 Abs. 1) lässt die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu, wenn für die vom beantragten Ausländer zu besetzende offene Stelle weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Unter den verfügbaren Ausländern sind jene mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, EWR-Bürger, Schweizer, türkische Assoziationsarbeitnehmer (§ 4c) und Ausländer mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang (§ 17) zu bevorzugen. Der Prüfung ist das im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung angegebene Anforderungsprofil, das in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden muss, zu Grunde zu legen. Den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen hat der Arbeitgeber zu erbringen.“

§ 12b leg. cit:
„Sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen

§ 12b. Ausländer werden zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie

1. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen und für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt, oder

2. […]

und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Bei Studienabsolventen gemäß Z 2 entfällt die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall.

Anlage C:

Anlage C

Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12b Z 1

Kriterien

Punkte

Qualifikation

maximal anrechenbare Punkte: 30

abgeschlossene Berufsausbildung oder spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten in beabsichtigter Beschäftigung

20

allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120

25

Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer

30

 

 

ausbildungsadäquate Berufserfahrung

maximal anrechenbare Punkte: 20

Berufserfahrung (pro Jahr)

Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)

2

4

 

 

Sprachkenntnisse Deutsch

maximal anrechenbare Punkte: 15

Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A 1)

Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)

Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

5

10

15

 

 

Sprachkenntnisse Englisch

maximal anrechenbare Punkte: 10

Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)

Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

5

10

 

 

Alter

maximal anrechenbare Punkte: 15

bis 30 Jahre

bis 40 Jahre

15

10

 

 

Summe der maximal anrechenbaren Punkte

Zusatzpunkte für Profisportler/innen und Profisporttrainer/innen

90

20

erforderliche Mindestpunkteanzahl

55

§ 20d:

„Zulassungsverfahren für besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte, sonstige Schlüsselkräfte, Studienabsolventen und Künstler

§ 20d. (1) Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen haben den Antrag auf eine „Rot-Weiß-Rot – Karte“, Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine „Blaue Karte EU“ und ausländische Künstler den Antrag auf eine „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde – je nach Antrag – schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung
1.         als besonders Hochqualifizierter gemäß § 12
2.         als Fachkraft gemäß § 12a,
3.         als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1,
4.         als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 2 (Studienabsolvent),
5.         als Schlüsselkraft gemäß § 12c (Anwärter auf eine „Blaue Karte EU“) oder
6.         als Künstler gemäß § 14

erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.

(2) Die Zulassung gemäß Abs. 1 gilt für die Beschäftigung bei dem im Antrag angegebenen Arbeitgeber im gesamten Bundesgebiet. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat unverzüglich nach Beginn der Beschäftigung die Anmeldung zur Sozialversicherung zu überprüfen. Entspricht diese nicht den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen, ist die nach dem NAG zuständige Behörde zu verständigen (§ 28 Abs. 6 NAG). Bei einem Arbeitgeberwechsel vor Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ (§ 41a NAG) ist Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

(3) bis (5) […]“

In der Sache folgt daraus:

Die belangte Behörde begründet die Abweisung der Zulassung des BF 2 zu einer Beschäftigung als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG in der Beschwerdevorentscheidung mit dem Nichterreichen der erforderlichen Mindestpunkteanzahl nach Anlage C.

Nach den vorliegenden Unterlagen absolvierte der BF 2 nach dem Abschluss Oberschule XXXX , in XXXX mit Abitur den technischen Studiengang „Elektrotechnik/Elektronik“ am nichtstaatlichen privaten Hochschulinstitut „ XXXX “ sowie das vollzeitige nichtintegrierte Bachelor-Studium im Studiengang Elektroniktechnologieingenierwesen an der XXXX in XXXX , Iran. Der BF 2 verfügt somit über den Abschluss eines Studiums an einer tertiären Einrichtung und sind ihm dafür 30 Punkte anzurechnen. Weiters sind dem BF 2 10 Punkte für Alter, 15 Punkte für Sprachkenntnisse Deutsch B1 und 5 Punkte für Englischkenntnisse A2 anzurechnen. Somit erreicht der BF 2 60 Punkte, und damit mehr als die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 55.

Die Beschwerden sind jedoch aus folgenden Gründen abzuweisen:

Fachkräfte in Mangelberufen mit Universitätsreife oder einem Hochschul- oder Fachhochschulstudium müssen immer auch über eine abgeschlossene Berufsausbildung im jeweiligen Mangelberuf verfügen (VwGH 25.01.2013, Zl. 2012/09/0068). Sie erhalten aber die für ihre Ausbildung vorgesehene höhere Punktezahl (vgl. Deutsch/Nowotny/Seitz, AuslBG² § 12-13 Rz 44).

Eine abgeschlossene Berufsausbildung liegt etwa vor, wenn der Antragsteller über ein Zeugnis verfügt, das seine Qualifikation für die beabsichtigte Beschäftigung zweifelsfrei nachweist. Eine formale Gleichstellung mit einer inländischen Berufsausbildung ist nicht erforderlich. Schlüsselkräfte können alternativ zu einer formellen Berufsausbildung auch spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten geltend machen, die nicht durch formale Ausbildungsnachweise dokumentiert werden können, aber zur Ausübung der konkreten Tätigkeit notwendig sind (zB Profisportler, Designer, Musiker). Dafür sind entsprechende Nachweise vorzulegen (Dienstzeugnisse etc.). Als abgeschlossene Berufsausbildung gilt auch der erfolgreiche Abschluss einer schulischen Ausbildung, die dem Abschluss einer Berufsbildenden Höheren Schule (BHS) in Österreich entspricht (vgl. Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz, 2. Auflage, § 12-13 Rz 52 bis 54).

Gemäß § 5 Abs. 1 lit. c des Berufsausbildungsgesetzes (BAG), ist ein Lehrberuf eine Tätigkeit (neben anderen Erfordernissen), deren sachgemäße Erlernung mindestens zwei Jahre erfordert. Gemäß § 6 Abs. 1 BAG beträgt die Dauer der Lehrzeit in einem Lehrberuf in der Regel drei Jahre. Sie darf innerhalb eines Zeitraumes von zwei bis höchstens vier Jahren nur in ganzen oder halben Jahren festgesetzt werden.

Im konkreten Fall legte der BF 2 Fertigkeitsbescheinigungen des Ministeriums für Genossenschaft, Arbeit und Sozialwohlfahrt, der Islamischen Republik Iran vor, die ihm für das Fach „Zweite Klasse Kochkunst (Arbeit und Wissenschaft)“ nach Ablegung von 392 Unterrichtsstunden und für das Fach „Erste Klasse Chefkoch“ nach Ablegung von 105 Unterrichtseinheiten verliehen wurden. Nach Angabe der Beschwerdeführer in ihre Stellungnahme an die belangte Behörde vom 23.08.2021 habe es sich um einen Online-Kurs und einer vor Ort abgelegten Prüfung im Iran am 15.12.2019 gehandelt.

Eine Vergleichbarkeit mit dem in Österreich erlernbaren Beruf Koch/Köchin (als Lehrberuf mit dreijähriger Ausbildung im dualen System in einem Betrieb, ergänzt durch die Berufsschule oder in zumindest dreijährigen Hotel-, Tourismus-Fachschulen etc.) kann im Hinblick auf die Kürze sowie auf die ausschließlich virtuelle Durchführung nicht angenommen werden. Es konnte daher nicht von einer „abgeschlossenen Berufsausbildung“ zum Koch ausgegangen werden, weshalb der BF 2 diese Voraussetzung nicht erfüllt.

Somit war im Beschwerdefall – trotz Vorliegens der Mindestpunkteanzahl – das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 12b Ziffer 1 AuslBG zu verneinen.

Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der BF die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Partei zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall liegt dem Bundesverwaltungsgericht die zur Klärung der Rechtsfrage nötige Aktenlage vor. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes hätte eine mündliche Verhandlung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lassen und war der Sachverhalt iSd § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif. Insgesamt konnte daher von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Berufsausbildung Nachweismangel Punktevergabe Qualifikation Rot-Weiß-Rot-Karte Schlüsselkraft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W151.2247879.1.00

Im RIS seit

05.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

05.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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