Entscheidungsdatum
14.12.2021Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W132 2245215-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen, über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , bevollmächtigt vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Burgenland, vom 11.05.2021, OB 75347924500087, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), in Verbindung mit dem Vorlageantrag zur Beschwerdevorentscheidung vom 26.07.2021, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) hat dem Beschwerdeführer am 30.05.2017 einen bis 31.05.2022 befristeten Behindertenpass ausgestellt und einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH eingetragen sowie die Zusatzeintragung „Der Inhaber des Passes ist Träger einer Prothese“ vorgenommen.
2. Mit Bescheid vom 01.06.2017 hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 28.12.2016 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ im Behindertenpass abgewiesen.
2.1. Die gegen den Bescheid vom 01.06.2017 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.03.2018, Zl. W238 2171632-1/6E abgewiesen.
3. Mit Bescheid vom 01.08.2019 hat die belangte Behörde den neuerlichen Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ abgewiesen. Gegen diesen Bescheid wurde keine Beschwerde erhoben.
4. Der Beschwerdeführer hat am 12.08.2020 bei der belangten Behörde unter Vorlage eines Befundkonvolutes neuerlich einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gestellt.
5. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Orthopädie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 03.12.2020, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung weiterhin nicht vorlägen.
5.2. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten des Parteiengehörs wurden Einwendungen erhoben und weitere medizinische Beweismittel in Vorlage gebracht.
5.3. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde vom bereits befassten Sachverständigen, Dr. XXXX , basierend auf der Aktenlage, eine mit 05.05.2021 datierte medizinischen Stellungnahme mit dem Ergebnis eingeholt, dass weder die erhobenen Einwendungen, noch die vorgelegten Beweismittel geeignet seien, eine geänderte Beurteilung zu begründen.
5.4. Mit dem Bescheid vom 11.05.2021 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.
6. Gegen diesen Bescheid wurde von der bevollmächtigten Vertretung des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer aufgrund der massiven Schmerzen und der Funktionsbeeinträchtigungen maximal eine Wegstrecke von 100 m zurücklegen könne. Er habe massive Anlaufschwierigkeiten und benötige sehr wohl eine Gehhilfe in Form einer Stützkrücke. Der Beschwerdeführer habe bereits die 4. Knieprothese und sei auf Grund der jahrelangen einseitigen Belastung nun auch das rechte Knie beeinträchtigt. Es bestünden eine Primär-Knie-TEP links (ACS) 2013 wegen posttraumatischer Gonarthrose, Knie-TEP-Wechsel links (LCCK) wegen instabiler K-TEP 09/2016, Revisions-OP linke K-TEP 04/2018 und 01/2020 mit Inlay-Wechsel und Scharnierwechsel wegen Scharnierbruch, Explanation und Re-Implantation einer Knie-TEP links (ACS) und Patellagleitflächenersatz am 25.01.2021. Es sei die Einholung eines Sachverständigengutachtens der Fachrichtung Orthopädie/Chirurgie erforderlich.
6.1. In der Folge hat die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Chirurgie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 12.07.2021 mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die beantrage Zusatzeintragung nicht vorlägen.
6.2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26.07.2021 hat die belangte Behörde im Rahmen der rechtzeitig ergangenen Beschwerdevorentscheidung, die fristgerecht eingelangte Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.05.2021, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 41, § 42 und § 46 BBG iVm § 14 VwGVG, abgewiesen.
Als Beilage zum Bescheid wurde der eingeholte Sachverständigenbeweis zur Kenntnis gebracht.
7. Mit dem Schriftsatz vom 04.08.2021 hat die bevollmächtigte Vertretung des Beschwerdeführers rechtszeitig die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht beantragt. Unter Vorlage eines radiologischen Befundes vom 29.07.2021 wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass nunmehr im rechten Kniegelenk radiologisch massive Schäden nachgewiesen worden seien. Ein MR des rechten Kniegelenkes zeige, dass eine Chrondropathie Grad IV im medialen Kompartment mit Knochenmarksödem vorliege. Weiters bestehe ein komplexer Riss des Hinterhorns und der pars intermedia des Meniskus medialis mit Verdrängung der Pars intermedia und des Vorderhorns aus dem Gelenksspalt sowie weitere Beschwerden im Kniegelenk.
7.1 Mit dem – im Bundesverwaltungsgericht am 10.08.2021 eingelangten – Schreiben selben Datums hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt.
7.2. Mit Schriftsatz vom 25.08.2021, eingelangt am 26.08.2021 hat die bevollmächtigte Vertretung einen Ärztlichen Befundbericht vom 25.08.2021 in Vorlage gebracht.
7.3. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde vom Bundesverwaltungsgericht in den Verwaltungsakt, insbesondere die durch die belangte Behörde eingeholten Sachverständigengutachten Einsicht genommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland und besitzt einen Behindertenpass.
Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift am 10.08.2021 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
Der ärztliche Befundbericht vom 25.08.2021 ist am 26.08.2021 im Bundesverwaltungsgericht eingelangt und wurde somit nach dem 10.08.2021 vorgelegt.
1.2. Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
1.2.1. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:
Allgemeinzustand: Gut. Ernährungszustand: Adipös. Blutdruck: 120/80.
Kopf und gesamte Wirbelsäule: Die Wirbelsäule gerade im Lot, kein axialer Stauchungsschmerz. Paravertebraler Muskelhartspann an der Lendenwirbelsäule. Eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule endlagig. Entfaltbarkeit der Brust- und Lendenwirbelsäule eingeschränkt.
Obere Extremitäten beidseits: Unauffälliger Befund.
Abdomen: Die Bauchdecken über Thoraxniveau und weich. Kein Druckschmerz, kein Klopfschmerz, keine Resistenzen tastbar.
Becken und Hüfte beidseits: Zustand nach Knieoberflächenersatz links und 3 Wechseloperationen. Senkrecht verlaufende Narbe. Zusätzlich stattgehabte Arthrotomie von der Tuberositas zum Epicondyl medialseitig ziehend. Bewegungsumfang in S: 0/0/90°. Rechtsseitig werden ebenso bewegungs- und belastungsabhängige Beschwerden angegeben, welche der Antragssteller auf eine Fehlbelastung zurückführt. Das Kniegelenk rechts kann frei gestreckt und bis zu 100° gebeugt werden. Dann wird ein Spannungsgefühl im Bereich des Kniegelenkes rechts angegeben.
Status Psychicus: Der Antragssteller ist zeitlich, örtlich, situativ orientiert und gut kontaktfähig.
Art der Funktionseinschränkungen:
- Zustand nach Knieoberflächenersatz und 3 Wechseloperationen mit Funktionseinschränkungen
- Wirbelsäulensyndrom
- Ausweitung der Körperschlagader
- Schlafapnoe-Syndrom
- Koronare Herzkrankheit
- Bluthochdruck
- Bewegungs- und belastungsabhängige Beschwerden im Bereich des Kniegelenkes rechts bei subjektiver Fehlbelastung.
1.2.2. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Der Beschwerdeführer kann sich im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen, eine kurze Wegstrecke (ca. 300 m - 400 m) aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, gegebenenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe, ohne maßgebende Unterbrechung zurücklegen, bzw. wird durch die Verwendung allenfalls erforderlicher Behelfe die Benützung des öffentlichen Transportmittels nicht in hohem Maße erschwert. Die dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht maßgebend auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens aus. Der sichere und gefährdungsfreie Transport im öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht erheblich eingeschränkt.
Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich – auch im Gesamtbild – nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.
An den oberen Extremitäten liegen keine Einschränkungen vor. Es können Haltegriffe erreicht werden, wodurch das Festhalten beim Ein- und Aussteigen hinreichend möglich ist.
Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers sind ausreichend. Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke genügend ist um das sichere Ein- und Aussteigen zu gewährleisten. Es ist eine für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausreichende Funktionsfähigkeit des Stütz- und Bewegungsapparates gegeben. Die Verwendung von zwei Stützkrücken ist medizinisch nicht indiziert.
Der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist gesichert durchführbar.
Das Gangbild ist sicher, mit etwas verkürzter Schrittlänge und diskretem Schonhinken links versus rechts im Seitenvergleich.
Ein Ausmaß an Schmerzen, welches eine wesentliche Gangbildbeeinträchtigung und Gangleistungsminderung für kurze Wegstrecken nach sich zieht, oder das Festhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln gravierend erschwert, kann nicht festgestellt werden.
Beim Beschwerdeführer liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder der Sinnesfunktionen vor, es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich – in freier Beweiswürdigung – in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die eingeholten und bis 10.08.2021 vorgelegten Beweismittel:
Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX ist, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund und den vorgelegten medizinischen Beweismitteln, vollständig, schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, der befasste Sachverständige hat sich damit auseinandergesetzt. Diese sind nicht geeignet, die gutachterlichen Feststellungen überzeugend in Frage zu stellen, und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind. Der Sachverständige hat einen umfassenden klinischen Befund des Funktionsumfanges des Stütz- und Bewegungsapparates erhoben und bewertet.
So wird auch im vom Beschwerdeführer vorgelegten ärztlichen Entlassungsbrief vom 31.01.2021 dargestellt, dass der Beschwerdeführer nach komplikationslos erfolgter Revisionsoperation des linken Kniegelenkes am 25.01.2021 bereits am 31.01.2021 unter Vollbelastung mobilisiert nach Hause entlassen werden konnte.
Auch im Bericht des Klinikum Kurpark Baden vom 07.04.2021 wird beschrieben, dass beim Beschwerdeführer nach Abschluss der Rehabilitation am linken Knie weder Überwärmung, Rötung noch Erguss bestanden, das Beinödem zurückgegangen war, CRP und BSG im Normbereich lagen und die Beweglichkeit bei 0/10/110° lag. Der Beschwerdeführer war bei Entlassung ohne Gehhilfe mobil und das Stufensteigen erfolgte unter Verwendung des Handlaufes. Das Gangbild wird – im Einklang mit dem Untersuchungsergebnis Dris. XXXX – mit leicht linkshinkend beschrieben.
Zu dem mit dem Vorlageantrag vorgelegten radiologischen Befund des rechten Knies vom 29.07.2021 ist auszuführen, dass dieser Befund über das Ausmaß der daraus resultierenden Funktionseinschränkungen keinen Aufschluss gibt. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln ist bei radiologischen Befunden jedoch die Korrelation mit der klinischen Symptomatik für die Beurteilung relevant. Im Gegensatz dazu hat im Rahmen der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers der befasste Sachverständige einen klinischen Befund des gesamten Stütz- und Bewegungsapparates erhoben und bewertet. Aus dem Gutachten Dris. XXXX geht nachvollziehbar hervor, dass sich die beim Beschwerdeführer vorliegenden orthopädischen Leidenszustände nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel auswirken. So konnte im Rahmen der klinischen Untersuchung durch Dr. XXXX am 12.07.2021 – und somit nur zwei Wochen vor Erstellung des radiologischen Befundes – das Kniegelenk rechts frei gestreckt und bis zu 100° gebeugt werden und lag ein sicheres Gangbild mit lediglich diskretem Schonhinken vor. Ein zwischenzeitlich stattgehabtes Ereignis, welches eine Verschlechterung des bereits im Rahmen der Untersuchung objektivierten Bewegungsumfang glaubhaft machen könnte wurde vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht.
Auf ein Ausmaß an Schmerzen welches der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entgegenstünde, kann auf Grund der beim Beschwerdeführer objektivierten Gesamtmobilität und auf Grund der eingenommenen Medikation Seractil – einem nicht-steroidalen Schmerz- und Entzündungshemmer (NSAR) – nicht geschlossen werden.
Die im Rahmen der persönlichen Untersuchung wahrgenommene Gesamtmobilität beschreibt Dr. XXXX vor dem Hintergrund der persönlichen Untersuchung anschaulich und unwidersprochen, dass der Beschwerdeführer zwar mit zwei Stützkrücken zur Untersuchung kam, welche aber medizinisch nicht indiziert sind. Diese Beurteilung wurde im Rahmen der Anamneseerhebung dadurch bestätigt, dass der Beschwerdeführer selbst vorbrachte, dass die Krücken ihm nicht ärztlicherseits verordnet worden seien und auch im Reha Entlassungsbericht angegeben wird, dass Hilfsmittel nicht benötigt werden. So konnte im Rahmen der aktuellen Untersuchung ohne Hilfsmittel ein sicheres Gangbild mit nur etwas verkürzter Schrittlänge und diskretem Schonhinken links versus rechts im Seitenvergleich objektiviert werden.
Zusammenfassend wird von Dr. XXXX zu den Einschränkungen des Bewegungsapparates auch im Einklang mit den vorliegenden aktuellen Befunden schlüssig ausgeführt, dass beim Beschwerdeführer ein Zustand nach Revisionsprothesenversorgung am Kniegelenk links vorliegend ist, wobei aber links ein Beugegrad von 90° bei freier Streckung erreicht wird und rechts ein Beugegrad von mehr als 90° besteht, wodurch es dem Beschwerdeführer möglich ist, kurze Wegstrecken zurückzulegen und bei öffentlichen Verkehrsmitteln übliche Niveauunterschiede zu überwinden.
Dem im Gutachten objektivierten Bewegungsumfang ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten und wurden auch keine Befunde in Vorlage gebracht, welche dieser Beurteilung entgegenstehen, bzw. die einen anderen als den objektivierten Bewegungsumfang beschreiben. Hinsichtlich der weiteren vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden vom Beschwerdeführer keine Einschränkungen hinsichtlich der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vorgebracht.
Das durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorliegenden Beweismitteln kein überzeugender Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Dem - nicht als unschlüssig zu erkennenden – Sachverständigengutachten, insbesondere dem im klinischen Befund beschriebenen Ausmaß der objektivierten Funktionseinschränkungen, ist der Beschwerdeführer nicht überzeugend entgegengetreten.
Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt. Die Angaben des Beschwerdeführers konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.
Zur Erörterung der Rechtsfrage, ob dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist sowie dass das nachgereichte Beweismittel der Neuerungsbeschränkung unterliegt siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II 3.1.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)
Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)
Betreffend das Kalkül „kurze Wegstrecke“ wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 – 400 m ausgeht. (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014, 2012/11/0186 vom 27.01.2015)
Dem vom Sachverständigen beschriebenen Bewegungsumfang ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten.
Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, sind das Beschwerdevorbringen und die vorliegenden Beweismittel nicht geeignet darzutun, dass die gutachterliche Beurteilung, nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche. Dem Vorbringen und den vorgelegten Beweismitteln konnten keine fundierten Anhaltspunkte entnommen werden, welche geeignet wären, das Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises zu entkräften.
Es ist beim Beschwerdeführer von einer ausreichenden Funktionsfähigkeit des Stütz- und Bewegungsapparates auszugehen, die vorgebrachten Schmerzen konnten auf Grund der vorliegenden Gesamtmobilität und der aktuellen Schmerzmedikation nicht in einem Ausmaß festgestellt werden, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren, bzw. kann diesen durch Schmerzmedikation angemessen begegnet werden.
Schwerwiegende Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit, ein Immundefizit, Einschränkung der Sinnesfunktionen oder maßgebende psychische Probleme welche geeignet wären, die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu begründen, wurden vom Beschwerdeführer nicht behauptet und sind weder in den vorgelegten Befunden dokumentiert, noch konnten solche Leidenszustände im Rahmen der persönlichen Untersuchung objektiviert werden.
Daher ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden. (§ 46 BBG auszugsweise idF des BGBl. I Nr. 57/2015)
§ 46 BBG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 tritt mit 1. Juli 2015 in Kraft. (§ 54 Abs. 18 BBG)
Mit der Novelle BGBl. I Nr. 57/2015 wurde für Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Neuerungsbeschränkung geschaffen. In den Erläuterungen zu dieser Novelle (GP XXV RV 527, Seite 4) wurde dazu ausgeführt, dass sich in der Praxis gezeigt hat, dass neu vorgelegte medizinische Befunde und die oftmals erforderliche Beiziehung von neuen Sachverständigen häufig einen zeitnahen Abschluss der Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wesentlich erschweren. Es soll daher die für Beschwerdevorentscheidungen vorgesehene zweimonatige Entscheidungsfrist auf zwölf Wochen verlängert werden. Hierdurch bleibt es einerseits Menschen mit Behinderung unbenommen, im Verfahren vor dem Sozialministeriumservice bzw. in einer allfälligen Beschwerde gegen einen Bescheid alle Tatsachen und Beweismittel vorzubringen. Außerdem wird es dem Sozialministeriumservice ermöglicht in erster Instanz eine fundierte Entscheidung zu treffen, sodass die Menschen mit Behinderung durch eine gesamt zu erwartende kürzere Verfahrensdauer schneller zu ihrem Recht kommen. Im Gegenzug soll eine auf das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht begrenzte Neuerungsbeschränkung geschaffen werden.
Da die gegenständliche Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 10.08.2021 vorgelegt worden ist, sind nach diesem Zeitpunkt nachgereichte Beweismittel nicht zu berücksichtigen.
Falls sich der Leidenszustand des Beschwerdeführers maßgebend verschlechtert hat bzw. sich die Funktionseinschränkungen künftig verschlechtern, ist es zulässig, abermals einen Antrag auf Vornahme der beantragten Zusatzeintragung zu stellen und kommt eine neuerliche Prüfung der Voraussetzungen in Betracht. (vgl. dazu etwa VwGH vom 20.11.2012, Zl. 2011/11/0118 zu § 14 BEinstG). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher der, der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte, Sachverständigenbeweis geprüft. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurde dieser als nachvollziehbar, vollständig, und schlüssig erachtet.
Der Beschwerdeführer hat vom zugrunde gelegten Sachverständigenbeweis vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Im Rahmen des Beschwerdevorbringens hatte er die Möglichkeit sich zu äußern, bzw. Beweismittel vorzulegen. Es wurden der Beschwerde jedoch keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Das Beschwerdevorbringen war – wie unter Punkt II.2. bzw. II.3.1. bereits ausgeführt – nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen hervorzurufen. Der Beschwerdeführer wurde im behördlichen Verfahren zwei Mal persönlich fachärztlich untersucht. Die vorgebrachten Argumente und bis 10.08.2021 vorgelegten Beweismittel wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten bzw. noch aktuell sind. Das Vorbringen wird durch die beigebrachten Beweismittel nicht erhärtet, vielmehr stehen diese nicht im Widerspruch zum eingeholten Sachverständigenbeweis.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, dass das eingeholte Sachverständigengutachten schlüssig und frei von Widersprüchen ist, angeschlossen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung einerseits von Tatsachenfragen abhängt. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Andererseits sind Rechtsfragen zu lösen, welchen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen sowie zu § 46 letzter Satz BBG stützen.
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass damit präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden sollen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. Es war sohin keine – von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende – Neuregelung beabsichtigt.
Vielmehr wird in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die ab 01.01.2014 eingerichtete zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Einheitlichkeit der Vollziehung der im Behindertenpass möglichen Eintragungen sicherzustellen, die Voraussetzungen, die die Vornahme von Eintragungen im Behindertenpass rechtfertigen, in einer Verordnung geregelt werden sollen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Schlagworte
Behindertenpass öffentliche Verkehrsmittel Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W132.2245215.1.00Im RIS seit
05.01.2022Zuletzt aktualisiert am
05.01.2022