Entscheidungsdatum
14.12.2021Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W132 2245108-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen, über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , bevollmächtigt vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 19.04.2021, OB 45868696000020, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Am 30.09.2020 hat der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung (StVO) gestellt, welcher auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ gilt, sofern die antragstellende Partei nicht bereits im Besitz eines solchen ist.
1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 28.01.2021, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung zwar in Höhe von 50 vH bewertet wurde, jedoch die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorlägen.
1.2. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten des Parteiengehörs wurden keine Einwendungen erhoben.
1.3. Am 15.03.2021 hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt einen Grad der Behinderung in Höhe von 50 vH eingetragen, sowie die Zusatzeintragungen „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ und „Der Inhaber des Passes ist Träger von Osteosynthesematerial“ vorgenommen.
Gegen die Ausstellung des Behindertenpasses wurde keine Beschwerde erhoben.
1.4. Im Rahmen eines weiteren gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs vom 19.03.2021, betreffend den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“, wurden vom Beschwerdeführer am 30.03.2021 weitere medizinische Beweismittel in Vorlage gebracht.
1.5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 19.04.2021 hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.
Im Rahmen gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten des Parteiengehörs hat der Beschwerdeführer vom eingeholten Sachverständigenbeweis Kenntnis erlangt
2. Gegen diesen Bescheid wurde von der bevollmächtigten Vertretung des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter neuerlicher Vorlage der mit Schreiben vom 30.03.2021 vorgelegten Beweismittel wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die nachgereichten fachärztlichen Beweismittel nicht berücksichtigt worden seien. Aus dem lungenfachärztlichen Befund gehe hervor, dass der Beschwerdeführer nur mit Unterstützung durch Medikamente in der Lage sei, überhaupt zu gehen. Aus dem orthopädischen Befund gehe hervor, dass der Beschwerdeführer zusätzlich zu den Einschränkungen aufgrund des Unterschenkelbruches und des Schenkelhalses an massiven Einschränkungen im Bereich der Füße leide. Beim Gehen würden die Füße schnell anschwellen, sodass mit Gehstock eine Gehstrecke von maximal 100 m möglich sei. Es sei die Einholung von Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Orthopädie und Lungenheilkunde erforderlich.
2.1. In der Folge hat die belangte Behörde zur Überprüfung der Beschwerde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Orthopädie, und Dr. XXXX , Facharzt für Lungenheilkunde, basierend auf den persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers am 17.05.2021 und 26.05.2021, sowie eine ergänzende Stellungnahme Dris. XXXX vom 02.08.2021, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung nicht vorlägen.
3. Mit dem – im Bundesverwaltungsgericht am 06.08.2021 eingelangten – Schreiben selben Datums hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt.
3.1. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG mit Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG erteilten Parteiengehörs haben weder die belangte Behörde noch der Beschwerdeführer Einwendungen erhoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland und besitzt einen Behindertenpass.
1.2. Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
1.2.1. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:
Allgemeinzustand gut. Ernährungszustand gut. Kopf/Hals: Caput unauffällig, Collum o.B. Keine obere Einflussstauung, keine Struma, keine Lippenzyanose, die Hirnnerven frei.
Thorax symmetrisch. Reine rhythmische Herztöne, Frequenz 68 pro Minute, Blutdruck 140/80. Lunge: Hypersonorer Klopfschall, deutliches Emphysem ohne spastische Nebengeräusche. Sauerstoffsättigung bei Raumluft: 98% im Normbereich liegend.
Abdomen: Unauffällig. Leib weich, auf Brustkorbniveau. Reizlose Narbe rechter Oberbauch nach Gallenoperation und reizlose Blinddarmnarbe rechter Unterbauch. Leber und Milz nicht tastbar. Die Nierenlager frei.
Wirbelsäule: im Lot, HWS in R 55-0-55, F 15-0-15, KJA 1 cm, Reklination 16 cm. BWS-Drehung 30-0-30, normale Lendenlordose, FKBA 20 cm, Seitneigung bis 5 cm ober Patella. Geringer Beckenschiefstand.
Obere Extremitäten: Schultern in S 40-0-170, F 170-0-50, R bei F90-70-0-70, Ellbögen 0-0-130, Handgelenke 50-0-60, Faustschluss beidseits frei. Nacken- Kreuzgriff möglich.
Untere Extremitäten: Hüftgelenke in S 0-0-100, F 25-0-20, R 25-0-10, Kniegelenke rechts 0-0-130 zu links 0-0-125, Sprunggelenke 10-0-40. Keine Krampfadern, keine Beinödeme.
Status psychicus: Normale Vigilanz, regulärer Ductus. Ausgeglichene Stimmungslage. Zeitlich- und örtlich orientiert, keine fassbaren kognitiven Defizite.
1.2.2. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Der Beschwerdeführer kann sich im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen, eine kurze Wegstrecke (ca. 300 m - 400 m) aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, gegebenenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe, ohne maßgebende Unterbrechung zurücklegen, bzw. wird durch die Verwendung allenfalls erforderlicher Behelfe die Benützung des öffentlichen Transportmittels nicht in hohem Maße erschwert. Die dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht maßgebend auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens aus. Der sichere und gefährdungsfreie Transport im öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht erheblich eingeschränkt.
Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich – auch im Gesamtbild – nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.
Es liegen weder erhebliche dauerhafte Einschränkungen der unteren Extremitäten noch der körperlichen Leistungsfähigkeit vor.
Die chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung (COPD II-III) erreicht auch im Zusammenwirken mit den Funktionseinschränkungen im Bereich des Bewegungsapparates kein Ausmaß, welches das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln maßgebend behindern würde. Es sind für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausreichend körperliche Belastbarkeit und Funktionsfähigkeit des Stütz- und Bewegungsapparates gegeben.
Der Beschwerdeführer ist auch ohne Gehbehelfe ausreichend in der Lage, sich fortzubewegen. Die Funktionsfähigkeit der oberen Extremitäten ist ausreichend um Haltegriffe zu erreichen, wodurch das Festhalten beim Ein- und Aussteigen hinreichend möglich sind. Der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar.
Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers sind ausreichend. Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke genügend ist um das sichere Ein- und Aussteigen zu gewährleisten.
Beim Beschwerdeführer liegen auch keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder der Sinnesfunktionen vor, es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich – in freier Beweiswürdigung – in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die eingeholten und vorgelegten Beweismittel:
Die von der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX , sowie die ergänzende medizinische Stellungnahme Dris. XXXX , sind hinsichtlich der Beurteilung der Funktionseinschränkungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund und den vorgelegten medizinischen Beweismitteln, vollständig, schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, die befassten Sachverständigen haben sich damit auseinandergesetzt. Die Beweismittel sind jedoch nicht geeignet, die gutachterlichen Feststellungen hinsichtlich der bestehenden Funktionsdefizite überzeugend in Frage zu stellen. Die Sachverständigen haben einen umfassenden klinischen Befund des Lungenleidens sowie des Funktionsumfanges des Stütz- und Bewegungsapparates erhoben und bewertet.
Dr. XXXX erläutert vor dem Hintergrund der persönlichen Untersuchung nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer sich – trotz des vorliegenden Lungenemphysems und der chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung – grundsätzlich kardiorespiratorisch stabil zeigt und die Sauerstoffsättigung sowohl im Rahmen der Untersuchung als auch in den vorgelegten Befunden im Normbereich war. Eine Langzeitsauerstofftherapie ist nicht etabliert, sodass dem Beschwerdeführer ein Aktionsradius von 10 Minuten möglich ist. So wird auch im vorgelegten Befund vom 23.03.2021 eine COPD mit Emphysem bei normaler Sauerstoffsättigung und leicht- bis mäßiggradiger Hypoxämie in der Blutgasanalyse beschrieben. Sekundäre kardiovaskuläre Folgeerkrankungen der Atemwegserkrankung wie Cor pulmonale oder sekundärer Lungenhochdruck sind nicht dokumentiert.
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer vorliegenden Leidenszustände des Bewegungsapparates kommt der orthopädische Sachverständige im Einklang mit dem Untersuchungsbefund zu dem Ergebnis, dass trotz der vorliegenden Gesundheitsschädigungen weder eine erhebliche Beeinträchtigung der Gehfähigkeit noch eine maßgebliche Gangunsicherheit vorliegt.
Die im Rahmen der orthopädischen Untersuchung wahrgenommene Gesamtmobilität beschreibt der Sachverständige unwidersprochen als Gang in Straßenschuhen mit Unterarmstützkrücke, aber auch ohne Gehbehelfe linkshinkend möglich. Zehenspitzen- und Fersenstand mit Anhalten möglich. Freier Stand und freies Sitzen problemlos möglich. Im Rahmen der lungenfachärztlichen Untersuchung wurde ebenfalls unwidersprochen eine altersentsprechende unauffällige Gesamtmobilität, ohne Verwendung einer Gehhilfe festgestellt, freier Stand und freies Sitzen waren problemlos möglich.
So konnte im Rahmen der persönlichen Untersuchung objektiviert werden, dass im Vordergrund zwar belastungsabhängige Bewegungsbeschwerden bestehen, welche die Mobilität einschränken, dass aber die Gesamtmobilität ausreichend ist um kurze Wegstrecken allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe zu bewältigen, da Kraft und Koordination ausreichend sind und keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder gleichzusetzende neurologische Ausfälle vorliegen. So konnte auch die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie – und Sprunggelenke als ausreichend objektiviert werden, um Niveauunterschiede zu überwinden, wodurch dem Beschwerdeführer insgesamt das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von etwa 300-400 m und das Be- und Entsteigen öffentlicher Verkehrsmitteln möglich ist. Die Zuhilfenahme einer einfachen Gehhilfe zur Erhöhung der persönlichen Sicherheit erschwert die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht in relevantem Ausmaß. Einschränkungen der oberen Extremitäten konnten nicht objektiviert werden und wurden vom Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht. Es ist dem Beschwerdeführer daher möglich sich an Haltegriffen festzuhalten, sodass die Beförderung im öffentlichen Verkehrsmittel sicher möglich ist. Diese Beurteilung steht im Einklang mit dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Status und den vorliegenden Befunden.
Die durch die belangte Behörde eingeholten Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorliegenden Beweismitteln kein überzeugender Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Den - nicht als unschlüssig zu erkennenden – Sachverständigengutachten, insbesondere dem im klinischen Befund beschriebenen Ausmaß der objektivierten Funktionseinschränkungen, ist der Beschwerdeführer im Rahmen des durch das Bundesverwaltungsgericht erteilten Parteiengehörs auch nicht entgegengetreten.
Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt. Die Angaben des Beschwerdeführers konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.
Zur Erörterung der Rechtsfrage, ob dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II 3.1.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)
Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)
Betreffend das Kalkül „kurze Wegstrecke“ wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 – 400 m ausgeht. (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014, 2012/11/0186 vom 27.01.2015)
Wie unter Punkt II.2. ausgeführt, war dem Sachverständigen zu folgen, dass weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten bzw. des sonstigen Stütz- und Bewegungsapparates, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vorliegen. Das Beschwerdevorbringen und die vorliegenden Beweismittel sind nicht geeignet darzutun, dass die gutachterliche Beurteilung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche. Dem Vorbringen und den vorgelegten Beweismitteln konnten keine fundierten Anhaltspunkte entnommen werden, welche geeignet wären, das Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises zu entkräften.
Die allfällige Verwendung eines Hilfsmittels zur Fortbewegung außer Haus (Gehstock) ist – da die Funktionalität der oberen Extremitäten beim Beschwerdeführer ausreichend gegeben ist – zumutbar und bedingt kein relevantes Hindernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Es ist beim Beschwerdeführer von einer ausreichenden Funktionsfähigkeit des Stütz- und Bewegungsapparates auszugehen.
Dem von den Sachverständigen beschriebenen Bewegungsumfang und der befundeten cardiopulmonalen Leistungsbreite ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten.
Ein hochgradiges Immundefizit, hochgradige Einschränkung der Sinnesfunktionen oder maßgebende psychische Probleme welche geeignet wären, die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu begründen, wurden vom Beschwerdeführer nicht behauptet und sind weder in den vorgelegten Befunden dokumentiert, noch konnten solche Leidenszustände im Rahmen der persönlichen Untersuchung objektiviert werden.
Daher ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Zur Klärung des Sachverhaltes hat die belangte Behörde zuletzt auf persönlicher Untersuchung basierende fachärztliche Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurden diese vom Bundesverwaltungsgericht als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Im Rahmen des durch das Bundesverwaltungsgericht erteilten Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Das Ergebnis des erweiterten Ermittlungsverfahrens wurde jedoch nicht bestritten. Der Beschwerdeführer wurde im behördlichen Verfahren persönlich fachärztlich untersucht. Die vorgebrachten Argumente und vorgelegten Beweismittel wurden in den eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten bzw. noch aktuell sind und resultiert daraus keine geänderte Beurteilung. Das Vorbringen wird durch die beigebrachten Beweismittel nicht erhärtet, vielmehr stehen diese nicht im Widerspruch zum eingeholten Sachverständigenbeweis. Sohin ist der Sachverhalt unter Berücksichtigung der Neuerungsbeschränkung geklärt und unbestritten. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung einerseits von Tatsachenfragen abhängt. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Andererseits sind Rechtsfragen zu lösen, welchen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stützen.
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass damit präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden sollen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. Es war sohin keine – von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende – Neuregelung beabsichtigt.
Vielmehr wird in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die ab 01.01.2014 eingerichtete zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Einheitlichkeit der Vollziehung der im Behindertenpass möglichen Eintragungen sicherzustellen, die Voraussetzungen, die die Vornahme von Eintragungen im Behindertenpass rechtfertigen, in einer Verordnung geregelt werden sollen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Schlagworte
Behindertenpass öffentliche Verkehrsmittel Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W132.2245108.1.00Im RIS seit
05.01.2022Zuletzt aktualisiert am
05.01.2022