TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/17 95/19/1197

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Veröffentlicht am 17.10.1996
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
StGB §164;
StGB §165;
WaffG 1986 §36 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des Z in M, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. März 1995, Zl. 103.971/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 6. März 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er am 17. Jänner 1994 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens der Hehlerei und des Vergehens nach § 36 Abs. 1 Z. 4 Waffengesetz (unbefugtes Erwerben, Besitzen oder Führen von Kriegsmaterial) zu einer Freiheitsstrafe - nach dem Beschwerdevorbringen von sechs Monaten unter Ausspruch der bedingten Strafnachsicht - rechtskräftig verurteilt wurde. Die belangte Behörde war daher an dieses verurteilende Straferkenntnis gebunden, sodaß die in der Beschwerde angestellten Erwägungen über die der Verurteilung zugrundeliegende Tat ins Leere gehen.

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf Fremden eine Bewilligung nicht erteilt werden, wenn (unter anderem) ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt.

Zufolge des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht ist der Gerichtshof mit der belangten Behörde der Auffassung, daß der Beschwerdeführer mit der seiner Verurteilung zugrundeliegenden Straftat den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG verwirklicht hat. Der - wenn auch nur fahrlässige - unbefugte Transport von Kriegsmaterial (nach dem Beschwerdevorbringen Handgranaten) läßt den Schluß zu, daß der (weitere) Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung, vor allem aber die öffentliche Sicherheit gefährden könnte.

Unbeschadet dessen ist der Beschwerde Erfolg beschieden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen, und zwar derart, daß sie zu prüfen hat, ob ein Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit derart gefährden würde, daß die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und Familienleben rechtfertigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 95/18/0826, mwN). Diesem Gebot hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall nicht entsprochen. Obwohl ihr nach Ausweis der Akten (vgl. vor allem die Bewilligung an Kindes statt durch das Bezirksgericht Mödling am 7. Mai 1993 und das Berufungsvorbringen vom 13. Juli 1994) die diesbezüglichen Umstände - Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich seit dem Jahr 1985, Adoption durch einen österreichischen Staatsbürger - bekannt waren, hat sie sich mit dem (in keiner Weise nachvollziehbaren) Hinweis:

"Die öffentlichen Interessen überwiegen daher ihre privaten Interessen." begnügt und damit in Wahrheit keine Interessenabwägung vorgenommen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 9. November 1995).

Da somit die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet hat, war dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995191197.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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