TE Vwgh Beschluss 2021/12/3 Ra 2021/20/0434

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Veröffentlicht am 03.12.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

BFA-VG 2014 §9
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Rechtssache der Revision des A A in T, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Plainstraße 23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 2021, G308 2188910-1/16E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Irak, stellte am 2. Dezember 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2        Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 12. Februar 2018 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit dem Erkenntnis vom 22. Oktober 2021 als unbegründet abgewiesen. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der von ihm erhobenen Revision, in der er sich nur noch gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (sowie die davon rechtlich abhängenden Aussprüche) wendet, vor, das Bundesverwaltungsgericht habe seiner Beziehung mit einer österreichischen Staatbürgerin nicht genügend Bedeutung beigemessen. Es hätte auch auf Basis der in der Verhandlung gemachten Angaben seiner Lebensgefährtin weitere Feststellungen treffen und ihr zudem noch ergänzende Fragen stellen müssen. Weiters habe das Bundesverwaltungsgericht auch nicht dafür Sorge getragen, dass der Revisionswerber das ihm zustehende Recht auf Beistand durch einen Rechtsberater in Anspruch hätte nehmen können.

8        Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 20.10.2021, Ra 2021/20/0365, mwN).

9        Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 20.10.2021, Ra 2021/20/0290, mwN).

10       Festzuhalten ist, dass schon angesichts der Ausführungen in der Revision, wonach der Revisionswerber (vom die Verhandlung leitenden Richter) gefragt worden sei, ob er „mit der BBU GmbH noch Kontakt aufnehmen“ wolle, er aber schlechte Erfahrungen „mit dem Verein für Menschrechte Österreich und mit der Diakonie“ gemacht habe, nicht zu sehen ist, dass in Bezug auf das Unterbleiben der Beiziehung eines Rechtsberaters zur Verhandlung dem Bundesverwaltungsgericht ein Verfahrensfehler vorzuwerfen wäre.

11       Das gilt sinngemäß auch für das Vorbringen, das Bundesverwaltungsgericht hätte der Zeugin weitere Fragen stellen müssen. Im Übrigen behauptet der Revisionswerber gar nicht, dass es ihm nicht möglich gewesen wäre, in der Verhandlung selbst Fragen an die Zeugin zu richten.

12       Das Bundesverwaltungsgericht hat aber auch im Rahmen der Erlassung der Rückkehrentscheidung auf die vom Revisionswerber ins Treffen geführte Beziehung bei der nach § 9 BFA-Verfahrensgesetz vorgenommenen Interessenabwägung ausreichend Bedacht genommen. Dass die Interessenabwägung in unvertretbarer Weise erfolgt wäre, ist nicht zu sehen. Jene Umstände, auf die - soweit sie nicht ohnedies vom Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt wurden - der Revisionswerber hinweist, weisen keine solche Eignung auf, dass mit ihnen dargetan werden könnte, dass die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Erlassung einer Rückkehrentscheidung im Sinn des Art. 8 EMRK nicht unverhältnismäßig sei, fehlerhaft wären.

13       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 3. Dezember 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200434.L00

Im RIS seit

03.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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