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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Rechtssache der Revision des A M in S, vertreten durch Dr. Christian Mahringer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Markus-Sittikus-Straße 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Mai 2021, W225 2183891-1/23E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 6. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 20. Dezember 2017 ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.
3 Die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer Verhandlung mit dem Erkenntnis vom 20. Mai 2021 abgewiesen. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Der daraufhin vom Revisionswerber gestellte Antrag, ihm zur Abfassung und Erhebung einer außerordentlichen Revision die Verfahrenshilfe zu bewilligen, wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 7. Juli 2021, Ra 2021/20/0236-4, abgewiesen, weil die weitere Rechtsverfolgung als aussichtlos anzusehen war.
5 Der Revisionswerber erhob gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 29. September 2021, E 2501/2021-10, die Behandlung dieser Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Der Revisionswerber wendet sich gegen die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ihm - auch in Bezug auf die behauptete Zwangsrekrutierung durch die Daesh (Anhänger des Islamischen Staates) - eine innerstaatliche Fluchtalternative in den Städten Herat und Mazar-e Sharif zur Verfügung stehe.
10 Soweit sich der Revisionswerber der Sache nach auf zeitlich nach der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses liegende Ereignisse bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 41 erster Satz VwGG der Verwaltungsgerichtshof, soweit nicht Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes oder infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliegt (§ 42 Abs. 2 Z 2 und Z 3 VwGG), das angefochtene Erkenntnis oder den angefochtenen Beschluss auf Grund des vom Verwaltungsgericht angenommenen Sachverhalts im Rahmen der geltend gemachten Revisionspunkte (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) bzw. der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 28 Abs. 2 VwGG) zu überprüfen hat. Somit sind Änderungen der Sach- und Rechtslage, die sich nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses ereignet haben und daher vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt werden konnten, einer Prüfung im gegenständlichen Revisionsverfahren jedenfalls entzogen (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/20/0108; 27.6.2017, Ra 2017/18/0005).
11 Dass die - auf Basis der Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Revisionswerbers sowie der im Entscheidungszeitpunkt in seinem Herkunftsstaat gegebenen Lage vorgenommene - Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts, es sei dem in Afghanistan aufgewachsenen Revisionswerber als jungen, gesunden und arbeitsfähigen Mann möglich und zumutbar, eine innerstaatliche Fluchtalternative in den oben genannten Städten in Anspruch zu nehmen, mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wäre, wird in der Revision nicht aufgezeigt (vgl. zur hier maßgeblichen Berichtslage etwa VwGH 1.9.2021, Ra 2021/19/0245; 7.10.2021, Ra 2021/19/0255, jeweils mwN).
12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 3. Dezember 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200236.L00Im RIS seit
03.01.2022Zuletzt aktualisiert am
01.02.2022