Entscheidungsdatum
14.12.2021Norm
BBG §40Spruch
W200 2246763-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle NÖ, vom 07.09.2021, OB: 38943884100014, über die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe abgewiesen als der Spruch zu lauten hat:
Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 09.12.2020 wird abgewiesen. Der Grad der Behinderung beträgt 30%.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin stellte am 09.12.2020, unter Vorlage von medizinischen Unterlagen sowie einem Bescheid der SVA betreffend eine befristet zuerkannte Erwerbsunfähigkeitspension, den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Als gesundheitliche Leiden nannte sie „Knie OP rechts Prothese; HWS OP (Metallplatte)“.
Das vom Sozialministeriumservice eingeholte allgemeinmedizinische Gutachten vom 30.07.2021, basierend auf einer Untersuchung am 29.06.2021, ergab einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 vH und gestaltete sich in Auszügen wie folgt:
„Anamnese:
Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung ‚Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bei Mobilitätsdefizit‘.
Unter medikamentöser Therapie bei Diabetes mellitus ll, Hypertonie und Asthmaleiden/COPD keine Komplikationen dokumentiert.
Zustand nach Kniegelenksteilersatzoperation rechts 01/ 2019 und nach Operation im Bereich der Halswirbelsäule 01/2010 (Verplattung C6/7 im UK St. Pölten).
Arthroskopische Meniskusteilresektion rechts 2009. Seit ca. 2005 bekannter Knochentumor im Sacrum (keine Befunddokumentation, wird im Ambulanzbericht LK St. Pölten, 8.5.2020 erwähnt).
Varusgonarthrose links.
Krankhaftes Übergewicht (BMI 38,2).
Helicobactergastritis 09/2012.
Hepatitis B 2010.
Langjährig (medikamentös) behandelte Depression.
Derzeitige Beschwerden:
Angabe von Knieschmerzen links, auch mit dem operierten rechten Knie sei Frau XXXX ‚nicht zufrieden‘.
Sie habe ‚Angst‘ vor einer Knieoperation links (nicht terminisiert), könne nicht mehr weit gehen und nichts heben, sie trage immer einen Hocker mit sich, da könne sie sich kurz ausruhen.
Die Medikamente ‚helfen für zwei Tage‘, dann habe sie wieder Schmerzen.
2010 habe sie eine Halswirbelsäulenoperation gehabt, sie habe auch im Nacken und im Kopf ‚immer‘ Schmerzen, sei auch oft schwindlig.
Fünf erwachsene Kinder, ein Sohn hat das Down Syndrom; Frau XXXX sei ‚schon in Pension‘ und erhalte Unterstützung im Haushalt durch Angehörige.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Wellbutrin, Duloxetin, Risperidon, Metformin, Betahistin, Seretide discus, Candesartan, Levocetirizin, Pantoprazol
Tramabene 100mg ret. 1x1, Mexalen oder Novalgin bis 3x1
Oleovit D3 30 gtt (sonntags)
CPAP Schlafmaske (seit 2015)
Sozialanamnese:
verheiratet, 5 erwachsene Kinder, der zweitälteste Sohn ist geistig behindert (Down Syndrom), Erwerbsunfähigkeitspensionistin, war selbständig (Handel), das Geschäft wurde aufgegeben, der Gatte hat kürzlich einen Pensionsantrag gestellt
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Medikamentenliste Dr XXXX , AM,11.6.2021. .. wie oben angeführt
UK St. Pölten, Orthopädie, Entlassungsbrief, stationär von 29.1.-5.2.2019. ..
Kniegelenksteilersatz lateral rechts am 30.1.2019.. komplikationsloser Eingriff,
postoperativer Verlauf blieb unauffällig, ein Reha Antrag wurde gestellt... gute Implantatlage in der Röntgenkontrolle...
Röntgen LWS und beide Knie 18.1.2018: .. geringe rechtskonvexe Skoliose, Spondylose, beginnend degenerative Veränderungen rechtes Knie, leichte Varusgonarthrose und Femoropatellararthrose links...
LK Amstetten, 18.-23.10.2012: .. Spannungskopfschmerz, Ganzkörperschmerz, abdominelle Schmerzen... Aufnahme wegen Nackenschmerz und Schwindel seit 10 Tagen...
neurologisch unauffällig... HNO Kontrolle mit Ausschluss eines vestibulären Syndroms...
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: gut Ernährungszustand: adipös Größe: 175,00 cm Gewicht: 120,00 kg
Klinischer Status – Fachstatus:
kommt in offenen Schuhen frei gehend, leicht hinkend zur Untersuchung, Aufstehen, Transfer zur Liege frei möglich, keine Personenhilfe notwendig, reizfreie Narben nach HWS und Knieoperation rechts, kardiopulmonal kompensiert, Abdomen weit über Thoraxniveau, keine Dolenz, keine Resistenz, milde lumbale Skoliose, Schulter-und Beckengeradstand, eingeschränkte Beweglichkeit von Wirbelsäule und Gelenken (Trainingsmangel, weichteilbedingt), milde Ödeme im Knöchelbereich beidseits, teigige Schwellung beider Hände, Faustschluss komplett, kein Hinweis auf maßgebliche Beeinträchtigungen der peripheren Durchblutung und Nervenleitung
Gesamtmobilität – Gangbild:
Anlaufhinken bei Knieschmerzen, Leibesfülle, im Verlauf flüssiger werdendes Gangbild
Status Psychicus:
ausreichend orientiert, bei Sprachbarriere ist die Kommunikation nicht maßgeblich eingeschränkt, Stimmung klagsam, dysthym, Antrieb und Affekt (soweit beurteilbar) ausgeglichen
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd.
Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Rücken-und Gelenksbeschwerden bei krankhaftem Übergewicht (BMI 38,2), Zustand nach Verplattung C6/7 2010, nach Meniskusteilresektion rechtes Knie 2009, lateralem Gelenksflächenersatz rechtes Knie 2019, Varusgonarthrose links und milde lumbale Skoliose
Unterer Rahmensatz, da Schmerzmitteleinnahme bei reduzierter statischer und dynamischer Belastbarkeit, rezidivierendem Nacken- und Kopfschmerz erforderlich. Gute Wirbelsäulen- und Gelenksfunktion, keine weitere Operationsindikation vorliegend. Trainingsmangel evident, keine durchgehenden, konservativen (physiotherapeutischen) Behandlungen dokumentiert.
02.02.02
30
2
Diabetes mellitus ll
Mittlerer Rahmensatz, da unter einfacher medikamentöser Dauertherapie keine Komplikationen, keine Verlaufskontrollen und auch kein Langzeitblutzuckerwert dokumentiert.
09.02.01
20
3
Depressionsleiden, ED ca. 2008
Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da unter langjähriger Dauermedikation stabilisiert; keine fachärztlichen Befunde, keine Psychotherapie oder stationäre Aufenthalte dokumentiert.
03.06.01
20
4
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung und Asthma-overlap, Schlafapnoe
Oberer Rahmensatz, da Dauerbehandlung erforderlich.
06.06.01
20
5
Hypertonie
05.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung: 30 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 2-5 sind nicht maßgeblich ungünstig wechselwirksam und erhöhen das Hauptleiden nicht.
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Knochentumor im Sacrum seit 2005, da keine Befunddokumentation, Zustand nach Nasennebenhöhlensanierungen, Zustand nach Gastritis und Hepatitis B vor vielen Jahren, da keine Komplikationen dokumentiert.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Erstbegutachtung.
(…) Dauerzustand. (…)“
Die Beschwerdeführerin übermittelte keine Stellungnahme im gewährten Parteiengehör.
Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des Sozialministeriumservice vom 07.09.2021 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mangels Vorliegen der Voraussetzungen abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das durchgeführte Beweisverfahren einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 vH ergeben habe. Über den Antrag auf Ausstellung eines § 29b –Ausweises nach der StVO werde nicht abgesprochen, da die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorlägen.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und gab im Wesentlichen an, dass sie sich beim Einkaufen etc. beim Gehen vom Auto bis zum Geschäft sehr schwer tue, da sie eine Prothese am Knie habe und am Rücken operiert worden sei (Metallplatte zwischen den Wirbeln). Neue Befunde legte die Beschwerdeführerin nicht vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH.
1.2. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:
beschwerderelevanter Status:
Größe: 175cm, Gewicht: 120kg, reizfreie Narben nach HWS und Knieoperation rechts, kardiopulmonal kompensiert, Abdomen weit über Thoraxniveau, keine Dolenz, keine Resistenz, milde lumbale Skoliose, Schulter- und Beckengeradstand, eingeschränkte Beweglichkeit von Wirbelsäule und Gelenken (Trainingsmangel, weichteilbedingt), milde Ödeme im Knöchelbereich beidseits, teigige Schwellung beider Hände, Faustschluss komplett, kein Hinweis auf maßgebliche Beeinträchtigungen der peripheren Durchblutung und Nervenleitung.
Gesamtmobilität – Gangbild:
kommt in offenen Schuhen freigehend, leicht hinkend zur Untersuchung. Aufstehen, Transfer zur Liege frei möglich. Keine Personenhilfe notwendig. Anlaufhinken bei Knieschmerzen, Leibesfülle, im Verlauf flüssiger werdendes Gangbild.
Status Psychicus:
ausreichend orientiert, bei Sprachbarriere ist die Kommunikation nicht maßgeblich eingeschränkt, Stimmung klagsam, dysthym, Antrieb und Affekt (soweit beurteilbar) ausgeglichen.
1.3. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:
Lfd.
Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Rücken-und Gelenksbeschwerden bei krankhaftem Übergewicht (BMI 38,2), Zustand nach Verplattung C6/7 2010, nach Meniskusteilresektion rechtes Knie 2009, lateralem Gelenksflächenersatz rechtes Knie 2019, Varusgonarthrose links und milde lumbale Skoliose
Unterer Rahmensatz, da Schmerzmitteleinnahme bei reduzierter statischer und dynamischer Belastbarkeit, rezidivierendem Nacken- und Kopfschmerz erforderlich. Gute Wirbelsäulen- und Gelenksfunktion, keine weitere Operationsindikation vorliegend. Trainingsmangel evident, keine durchgehenden, konservativen (physiotherapeutischen) Behandlungen dokumentiert.
02.02.02
30
2
Diabetes mellitus ll
Mittlerer Rahmensatz, da unter einfacher medikamentöser Dauertherapie keine Komplikationen, keine Verlaufskontrollen und auch kein Langzeitblutzuckerwert dokumentiert.
09.02.01
20
3
Depressionsleiden, ED ca. 2008
Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da unter langjähriger Dauermedikation stabilisiert; keine fachärztlichen Befunde, keine Psychotherapie oder stationäre Aufenthalte dokumentiert.
03.06.01
20
4
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung und Asthma-overlap, Schlafapnoe
Oberer Rahmensatz, da Dauerbehandlung erforderlich.
06.06.01
20
5
Hypertonie.
05.01.01
10
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30%, da Leiden 2-5 das führende Leiden 1 nicht weiter erhöhen, da diese keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung und funktionelle Zusatzrelevanz bewirken.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung der Beschwerdeführerin gründet sich auf das von der belangten Behörde eingeholte allgemeinmedizinische Gutachten vom 30.07.2021, welches einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 % ergibt.
Das von der belangten Behörde eingeholte Gutachten ist schlüssig und nachvollziehbar.
Die von der belangten Behörde befasste Gutachterin beschreibt den Status der Beschwerdeführerin genau und detailreich und unterzog auch alle von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen einer Beurteilung. Es weist keinerlei Widersprüche auf.
Das führende Leiden 1 stuft die Allgemeinmedizinerin in ihrem Gutachten nachvollziehbar unter Pos.Nr. 02.02.02 – Rücken-und Gelenksbeschwerden bei krankhaftem Übergewicht (BMI 38,2), Zustand nach Verplattung C6/7 2010, nach Meniskusteilresektion rechtes Knie 2009, lateralem Gelenksflächenersatz rechtes Knie 2019, Varusgonarthrose links und milde lumbale Skoliose – mit einem GdB von 30 vH ein und begründet schlüssig die Anwendung des unteren Rahmensatzes damit, dass eine Schmerzmitteleinnahme bei reduzierter statischer und dynamischer Belastbarkeit sowie rezidivierendem Nacken- und Kopfschmerz erforderlich ist. Allerdings liegen eine gute Wirbelsäulen- und Gelenksfunktion sowie keine weitere Operationsindikation vor. Der Trainingsmangel ist evident. Es sind keine durchgehenden, konservativen (physiotherapeutischen) Behandlungen dokumentiert.
Das Leiden 2 stuft sie schlüssig unter Pos.Nr. 09.02.01 – Diabetes mellitus II – mit einem GdB von 20 vH ein und begründet nachvollziehbar die Anwendung des mittleren Rahmensatzes damit, dass unter einfacher medikamentöser Dauertherapie keine Komplikationen, keine Verlaufskontrollen und auch kein Langzeitblutzuckerwert dokumentiert sind.
Das Leiden 3 stuft sie schlüssig unter Pos.Nr. 03.06.01 – Depressionsleiden, ED ca. 2008 – mit einem GdB von 20 vH ein und begründet nachvollziehbar die Anwendung von 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz damit, dass das Leiden unter langjähriger Dauermedikation stabilisiert ist und keine fachärztlichen Befunde sowie keine Psychotherapie oder stationäre Aufenthalte dokumentiert sind.
Leiden 4 wird nachvollziehbar unter Pos.Nr. 06.06.01 – Chronisch obstruktive Lungenerkrankung und Asthma-overlap, Schlafapnoe – mit einem GdB von 20 vH und oberem Rahmensatz eingestuft mit der Begründung, dass eine Dauerbehandlung erforderlich ist.
Schließlich wird auch Leiden 5 nachvollziehbar unter Pos.Nr. 05.01.01 – Hypertonie – mit einem GdB von 10 vH unter Anwendung des fixen Rahmensatzes (für leichte Hypertonie) eingestuft.
Zum Gesamtgrad der Behinderung hält die Gutachterin schlüssig fest, dass das führende Leiden 1 durch die übrigen Leiden 2-5 nicht erhöht wird, da diese keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung und funktionelle Zusatzrelevanz bewirken.
Das Sachverständigengutachten wird in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt. Zweifel am Inhalt bestehen für das BVwG keine – dieses ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche und Ungereimtheiten auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.
Die Gutachterin beschreibt den Status der Beschwerdeführerin genau und detailreich und unterzog auch alle von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen einer Beurteilung.
Für den erkennenden Senat ergibt sich kein Anhaltspunkt vom festgestellten Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 von Hundert abzuweichen. Die Ausführungen in der Beschwerde vermochten keine substantiierten Einwendungen gegen das eingeholte Sachverständigengutachten darzustellen zumal die Beschwerdeführerin keine neuen medizinischen Befunde vorlegte, sondern vielmehr ihre bereits geschilderten Leidenszustände wiederholte. Die Gutachterin hat sich mit den Leidenszuständen der Beschwerdeführerin ausführlich auseinandergesetzt und wurden sie allesamt bereits einer Beurteilung unterzogen.
Die Beschwerdeführerin ist dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten somit nicht auf gleicher fachlicher Ebene ausreichend konkret entgegengetreten.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen in Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens. Dieses wurde daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Zu A)
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören. (§ 40 Abs. 1 BBG)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt. (§ 41 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Die Feststellung hinsichtlich des Grades der Behinderung gründet sich auf das von der erstinstanzlichen Behörde eingeholte Gutachten, worin ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 30 % festgestellt wurde.
Die Beschwerdeführerin ist dem Gutachten nicht in substantiierter Weise entgegengetreten.
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist - wie beweiswürdigend ausgeführt - angesichts der Ausführungen in dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten nicht geeignet, eine andere Einschätzung herbeizuführen. In der Beschwerde hat die Beschwerdeführerin auch keine weiteren medizinischen Unterlagen übermittelt.
Nachdem die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.
Zum Spruchinhalt des angefochtenen Bescheides, dass der Teil des Spruches zu entfallen hat, wonach die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt, wird auf das das Erkenntnis des VwGH Ra 2018/11/0204-7, Rz 24 vom 13. Dezember 2018 betreffend die Einziehung eines Behindertenpasses verwiesen:
§ 43 Abs. 1 BBG ermächtigt die Behörde daher zwar zu einem amtswegigen Vorgehen, allerdings nach den bisherigen Ausführungen nur zu einem Ausspruch der Einziehung des Behindertenpasses. Ein Bescheid, in dem ausgesprochen wird, dass die Betreffende mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 % nicht mehr die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfülle, oder in dem festgestellt wird, dass ein Grad der Behinderung von weniger als 50 % besteht, findet in § 43 Abs. 1 BBG keine Deckung.
Analog dazu wird darauf hingewiesen, dass weder die §§ 40 und 41 noch § 45 BBG die Voraussetzungen für die von der belangen Behörde gewählte Formulierung „Mit einem Grad der Behinderung von 30% erfüllen Sie nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses.“ bieten.
Der Vollständigkeit halber wird zum Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung (StVO) festgehalten, dass Abs. 1 leg cit. besagt, dass Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ verfügen, als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen ist.
Wie bereits festgestellt liegen unter Zugrundelegung des festgestellten Gesamtgrades der Behinderung die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses im vorliegenden Fall nicht vor. In weiterer Folge liegen auch nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO vor zumal ein Behindertenpass (mit Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“) nach dem Bundesbehindertengesetz Voraussetzung für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO ist.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. (§ 24 Abs. 1 VwGVG)
Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist. (§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG)
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221). Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der bei der beschwerdeführenden Partei festgestellten Gesundheitsschädigungen.
Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher ein ärztliches Gutachten eingeholt. Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Die beschwerdeführende Partei hat auch mit der Beschwerde keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der erstinstanzlichen gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre.
Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass ein höherer Gesamtgrad der Behinderung vorläge und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Im Übrigen wurde eine solche auch nicht beantragt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass Grad der Behinderung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W200.2246763.1.00Im RIS seit
30.12.2021Zuletzt aktualisiert am
30.12.2021