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L94053 Ärztekammer NiederösterreichNorm
ÄrzteG 1998 §109 Abs8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl, die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des Dr. H C in W, vertreten durch Mag. Dr. Johannes Winkler, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Landstraße 14, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 18. Dezember 2019, Zl. LVwG-AV-1252/001-2018, betreffend Rückzahlung von Pensionssicherungsbeiträgen zum Wohlfahrtsfonds (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich, vertreten durch Lansky, Ganzger, Goeth, Frankl und Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Biberstraße 5; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Revisionswerber hat der Ärztekammer für Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. Mai 2018 wurde, soweit hier von Bedeutung, der Antrag des Revisionswerbers „auf Rückzahlung von Pensionssicherungsbeiträgen ab 01.01.2010“ gemäß §§ 28c und 29c der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich (im Folgenden auch kurz: Satzung) abgewiesen.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde (nach Abweisung derselben mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 8. August 2018 und einem Vorlageantrag des Revisionswerbers gemäß § 15 VwGVG) mit dem angefochtenen Erkenntnis abgewiesen.
Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
3 In der Begründung wurde als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt, der Revisionswerber sei im Jahre 1972 in die Ärzteliste eingetragen worden und sei aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Ärztekammer für Niederösterreich auch Mitglied des Wohlfahrtsfonds. Seit dem 1. Oktober 2008 sei der Revisionswerber Empfänger einer Altersversorgung (Grundrente und Zusatzleistung) des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich.
4 Mit (im Instanzenzug ergangenen) Bescheiden des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich jeweils vom 22. November 2010 sei dem Revisionswerber mit Wirkung ab 1. April 2009 die Leistung von (der Höhe nach näher bestimmten) Pensionssicherungsbeiträgen, einerseits zur Grundrente und andererseits zur Zusatzleistung, gemäß § 109 Abs. 8 ÄrzteG 1998 iVm. §§ 28c Abs. 2 lit. a bzw. 29c Abs. 2 der Satzung vorgeschrieben worden. Diese Pensionssicherungsbeiträge würden vor der Überweisung der (monatlichen) Pensionsleistung an den Revisionswerber von dieser in Abzug gebracht.
5 Mit Antrag vom 22. August 2017, modifiziert mit Schreiben vom 7. Mai 2018, habe der Revisionswerber den Antrag auf „Rückzahlung von Pensionssicherungsbeiträgen, die mit der Pension des [Revisionswerbers] ab 1. Jänner 2010 verrechnet wurden“, begehrt.
6 Die Abweisung dieses Antrages durch den eingangs erwähnten Bescheid vom 30. Mai 2018 (ein vom Revisionswerber gleichzeitig gestellter Eventualantrag war nicht Gegenstand des Spruches dieses Bescheides und somit auch nicht des angefochtenen Erkenntnisses) habe die belangte Behörde einerseits damit begründet, dass sie - entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers - die für den Pensionssicherungsbeitrag erforderliche versicherungsmathematische Unterdeckung der Versorgungsleistungen seit dem Jahr 2010 jährlich durch die Einholung diesbezüglicher Gutachten (§ 5a Abs. 2 der Satzung) überprüft habe. Die Gutachter hätten das Vorliegen der versicherungsmathematischen Unterdeckung der Versorgungsleistungen festgestellt. Andererseits habe die belangte Behörde begründend ausgeführt, dass die Satzung auch keine Rechtsgrundlage für die beantragte Rückzahlung von Pensionssicherungsbeiträgen vorsehe.
7 In der Beschwerde habe der Revisionswerber die Ansicht vertreten, die Rechtswirkungen der Bescheide, mit denen dem Revisionswerber Pensionssicherungsbeiträge vorgeschrieben wurden, hätten mangels Rechtsgrundlage mit 31. Dezember 2009 geendet, weil die in § 5a Abs. 2 der Satzung vorgesehenen Gutachten nicht die erforderlichen „Deckungsprognosen“ für das der Gutachtenserstellung folgende Kalenderjahr enthalten hätten und das zuständige Organ des Wohlfahrtsfonds das weitere Vorliegen einer Unterdeckung hätte „beschlussmäßig feststellen müssen“. Daher seien die vom Revisionswerber einbehaltenen Pensionssicherungsbeiträge antragsgemäß zurückzuerstatten.
8 In der rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht zunächst unter Hinweis auf § 109 Abs. 8 ÄrzteG 1998 aus, diese Bestimmung ermächtige dazu, in der Satzung einen Pensionssicherungsbeitrag vorzuschreiben, wenn die versicherungsmathematische Unterdeckung durch zwei Gutachten festgestellt sei. Die Einholung solcher Gutachten sei daher schon vor der Einfügung der den Pensionssicherungsbeitrag normierenden Bestimmungen der §§ 28c und 29c in die Satzung erforderlich gewesen und nicht erst im Verfahren zur individuellen Vorschreibung des Pensionssicherungsbeitrags (Hinweis auf VwGH 15.9.2009, 2009/11/0128).
9 Aufgrund der letztgenannten Satzungsbestimmungen sei dem Revisionswerber sodann mit den genannten Bescheiden vom 22. November 2010 der von ihm (individuell) zu leistende Pensionssicherungsbeitrag festgesetzt und vorgeschrieben worden. Beide Bescheide seien in Rechtskraft erwachsen, gehörten weiterhin dem Rechtsbestand an und enthielten insbesondere keine auflösende Bedingung, dass die vorgeschriebenen Pensionssicherungsbeiträge nur bis zum Erreichen der versicherungsmathematischen Deckung zu leisten seien.
10 Eine Rechtsgrundlage für den gegenständlichen Antrag auf Rückzahlung einbehaltener Pensionssicherungsbeiträge habe der Revisionswerber nicht angeführt. Soweit ersichtlich komme dafür ausschließlich § 22 der Satzung in Betracht, der die „Beitragsguthaben“ regle.
11 Gemäß § 22 Abs. 1 der Satzung bestehe ein Beitragsguthaben, wenn alle zum Zeitpunkt der Feststellung fälligen Vorschreibungen beglichen sind und das Beitragskonto darüber hinausgehende Zahlungen aufweist. Gemäß Abs. 2 leg. cit. erfolge die Refundierung eines Guthabens über Antrag.
12 Im vorliegenden Fall läge nur dann ein Beitragsguthaben vor, wenn die vom Revisionswerber geleisteten Pensionssicherungsbeiträge rechtswidrig einbehalten worden wären und somit „darüber hinausgehende Zahlungen“ iSd. § 22 Abs. 1 der Satzung darstellten. Dies sei jedoch angesichts der genannten rechtskräftigen Vorschreibung der Pensionssicherungsbeiträge mittels Bescheiden vom 22. November 2010 nicht der Fall.
13 Zum selben Ergebnis käme man, wenn man entgegen der Rechtsprechung (Hinweis auf VwGH 26.4.2013, 2010/11/0089) davon ausginge, dass der vom Revisionswerber beantragten Beitragsrefundierung eine Feststellung (§ 22 Abs. 1 der Satzung) des Beitragsguthabens mit Bescheid voranzugehen habe. Ein derartiger Feststellungsbescheid sei gegenständlich nämlich nicht erlassen worden.
14 Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit dem Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (u.a.) zur Frage, ob die Verpflichtung zur Leistung bescheidmäßig vorgeschriebener Pensionssicherungsbeiträge iSd. §§ 28c und 29c der Satzung ex lege unter der auflösenden Bedingung stehe, dass die Voraussetzungen des § 5a Abs. 2 der Satzung erfüllt sind.
15 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende (ordentliche) Revision, zu der die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattete, mit der sie die Zurück- bzw. die Abweisung der Revision beantragte.
16 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
17 Die Revision ist aus dem vom Verwaltungsgericht dargelegten Grund zulässig. Sie ist jedoch, wie sich aus nachstehenden Ausführungen ergibt, nicht begründet.
18 § 109 Abs. 8 Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998), BGBl. I Nr. 169/1998 idF BGBl. I Nr. 61/2010, lautet:
“(8) Für den Fall, dass die versicherungsmathematische Deckung einzelner Gruppen von Versorgungsleistungen, berechnet nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik, nicht gegeben ist, kann die Satzung Empfängern von Versorgungsleistungen der jeweils betroffenen Gruppe einen Pensionssicherungsbeitrag so lange vorschreiben, bis die versicherungsmathematische erforderliche Deckung erreicht ist. Der Pensionssicherungsbeitrag darf jenen Prozentsatz nicht übersteigen, den die Kammerangehörigen zur Anhebung der versicherungsmathematischen Deckung des Fonds nicht pensionswirksam leisten, und darf höchstens 20 vH der Pensionsleistung der jeweils betroffenen Gruppe betragen. Die Unterdeckung ist durch das Vorliegen von zwei voneinander unabhängigen Gutachten von versicherungsmathematischen Sachverständigen (Aktuare) festzustellen. ...“
19 Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich lauten auszugsweise:
„§ 5a
Nachhaltigkeit
(1) Die nachhaltige Finanzierbarkeit der Leistungen des Wohlfahrtsfonds ist unter Berücksichtigung der künftigen Beiträge durch ein versicherungsmathematisches Gutachten längstens alle drei Jahre im Hinblick auf die langfristige Deckung der Leistungen zu überprüfen.
(2) Die infolge einer festgestellten Unterdeckung bestehenden Voraussetzungen für die Einhebung eines Pensionssicherungsbeitrages sind jährlich durch ein versicherungsmathematisches Gutachten zu überprüfen und gegebenenfalls das weitere Vorliegen der Unterdeckung festzustellen.
...
§ 7
Aufgaben der Erweiterten Vollversammlung
Der Erweiterten Vollversammlung obliegt
1. die Erlassung einer Satzung des Wohlfahrtsfonds, deren Beschlussfassung und deren Änderung der Zweidrittelmehrheit bei Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln ihrer Mitglieder bedarf,
2. die Erlassung einer Wohlfahrtsfondsbeitragsordnung,
...
§ 8
Verwaltungsausschuss
...
(5) Zu den Obliegenheiten des Verwaltungsausschusses gehören insbesondere
1. die Entscheidung über
a) Leistungsansuchen,
...
2. die Überwachung des Fortbestandes der Voraussetzungen für die gewährten Leistungen und Unterstützungen;
3. die Erstattung von Vorschlägen zur Festsetzung der Beiträge zum, und der Leistung aus dem Wohlfahrtsfonds, ...;
...
5. sowie alle ihm sonst durch das Ärztegesetz oder die Satzung des WFF übertragenen Aufgaben.
...
§ 22
Refundierung überschießender oder nach Leistungsbeginn geleisteter Beiträge
(1) Ein Beitragsguthaben im Sinne dieser Bestimmung besteht, wenn alle zum Zeitpunkt der Feststellung fälligen Vorschreibungen beglichen sind und das Beitragskonto darüber hinaus gehende Zahlungen aufweist.
(2) Jede Refundierung eines Guthabens ist unter Anführung der Bankverbindung, an die das Guthaben zu überweisen ist, zu beantragen, wobei jeder Antrag auf Ermäßigung gleichzeitig einen Refundierungsantrag darstellt und im Akt ersichtliche Bankverbindungen zu berücksichtigen sind.
...
D. LEISTUNGSWESEN
1. Versorgungsleistungen
§ 23
...
(2) Die ... Versorgungsleistungen bestehen aus:
1. der Grundrente ...
2. der Zusatzleistung gemäß § 98 Abs. 2 Ärztegesetz.
...
§ 28c
Pensionssicherungsbeitrag zur Grundrente während des Leistungsbezuges
(1) Folgenden WFF-Mitgliedern und Hinterbliebenen nach WFF-Mitgliedern wird ab dem 01.04.2009 ein Pensionssicherungsbeitrag zur Grundrente von maximal 15 % der Grundrente im Sinne des §109 Abs. 8 Ärztegesetz solange vorgeschrieben, bis nach dem in Anhang II festgelegten versicherungsmathematischen Verfahren die erforderliche Deckung der Leistungen erreicht ist (vgl. § 5a). ...
WFF-Mitglieder mit Beginn des Leistungsbezuges vor dem 01.04.2009
(2) WFF-Mitgliedern, die am 01.04.2009 bereits eine nicht bloß befristete Grundrente im Rahmen der Alters- oder Invaliditätsversorgung beziehen, ist ab dem 01.04.2009 von ihrem vor diesem Stichtag individuell festgestellten Leistungsanspruch ein Pensionssicherungsbeitrag vorzuschreiben.
a. Der Pensionssicherungsbeitrag beträgt für Bezieher einer Grundrente im Rahmen der Alters- oder Invaliditätsversorgung, die monatlich brutto € 1.200,00 übersteigt, ab dem 01.04.2009 über 120 Monate gleichmäßig monatlich aufbauend 0,125 % (maximal 15 %) der Grundrente.
b. ...
§ 29c
Pensionssicherungsbeitrag zur Zusatzleistung während des Leistungsbezuges
(1) Folgenden WFF-Mitgliedern und Hinterbliebenen nach WFF-Mitgliedern wird ab dem 01.04.2009 ein Pensionssicherungsbeitrag zur Zusatzleistung von maximal 20 % der Zusatzleistung im Sinne des § 109 Abs. 8 Ärztegesetz solange vorgeschrieben, bis die nach den in den Anhängen VI und VII definierten Parametern versicherungsmathematisch erforderliche Deckung der Leistungen erreicht ist (vgl. § 5a). ...
WFF-Mitglieder mit Beginn des Leistungsbezuges vor dem 01.04.2009
(2) WFF-Mitgliedern, die bereits vor dem 01.04.2009 eine Zusatzleistung im Rahmen der Alters- oder Invaliditätsversorgung beziehen, ist ab 01.04.2009 von der vor diesem Stichtag individuell festgestellten Zusatzleistung ein Pensionssicherungsbeitrag vorzuschreiben. Der Pensionssicherungsbeitrag entspricht der anhand der in Anhang VII festgelegten Parameter versicherungsmathematisch zum 31.03.2009 ermittelten individuellen Unterdeckung, beträgt jedoch maximal 20 % und ist über 60 Monate gleichmäßig monatlich aufbauend zu berechnen.
...
ANHANG II
Erforderliche Deckung der Grundrente
(§ 28c Abs. 1 Satzung WFF)
Die dauernde Erfüllbarkeit der satzungsgemäßen Leistungen des WFF ist sichergestellt, wenn unter Berücksichtigung eines ewigen Neuzugangs die Summe aus vorhandenem Vermögen und dem Barwert aller künftigen Beiträge den Barwert aller künftigen Leistungen erreicht oder übersteigt (erforderliche Deckung).
...
ANHANG VII
Individuelle Unterdeckung der Leistungsempfänger in der Zusatzleistung
(§ 29c Abs. 2 Satzung WFF)
Ermittlung der individuellen Unterdeckung der Leistungsempfänger
Bezogen auf den Beginn der Mitgliedschaft im Wohlfahrtsfonds wird unter Berücksichtigung der tatsächlichen Beitragszahlungen und der tatsächlichen Rentenzahlungen der versicherungsmathematische Barwert der Beiträge sowie der versicherungsmathematische Barwert der Leistungen einschließlich vorgenommener Beitrags- und Leistungsvalorisierungen ermittelt. ...“
20 In den Revisionsgründen bringt der Revisionswerber zusammengefasst vor, die beiden Bescheide aus dem Jahre 2010, mit welchen ihm Pensionssicherungsbeiträge vorgeschrieben worden seien, hätten „auf damals vorliegenden Gutachten beruht“. In den Jahren danach seien allerdings unzureichende Gutachten, weil sie dem § 5a der Satzung nicht entsprochen hätten, eingeholt worden. „Eingeholt wurden ausschließlich feststellende Gutachten zu Unterdeckungen“ betreffend Kalenderjahre, die der Gutachtenserstellung vorausgegangen seien. Hingegen habe kein einziges dieser Gutachten eine „Deckungsprognose“ für das folgende Kalenderjahr enthalten, obwohl § 5a Abs. 2 der Satzung (nach Meinung des Revisionswerbers) eine Überprüfung der Voraussetzungen für die Einhebung des Pensionssicherungsbeitrages „jährlich im Vorhinein, nicht im Nachhinein verlange“.
21 Außerdem hätte die Feststellung der Unterdeckung gemäß § 5a Abs. 2 der Satzung durch „das zuständige Organ des Wohlfahrtsfonds bzw. der Ärztekammer“ für Niederösterreich erfolgen müssen, solche Feststellungsbeschlüsse lägen nicht vor.
22 Mangels Erfüllung der genannten Voraussetzungen habe für den beantragten Zeitraum die Rechtsgrundlage für die Pensionssicherungsbeiträge gefehlt, sodass die Einhebung derselben von Amts wegen hätte ausgesetzt werden müssen. Daher (so der Revisionswerber in seinen „Schlussfolgerungen“) hätten die „Rechtswirkungen der Bescheide“, mit denen gegenüber dem Revisionswerber Pensionssicherungsbeiträge festgesetzt und vorgeschrieben wurden, zum 31. Dezember 2009 geendet. Gemäß § 109 Abs. 8 ÄrzteG 1998 dürfe nämlich ein Pensionssicherungsbeitrag „nur so lange“ vorgeschrieben werden, bis die versicherungsmathematische Deckung erreicht sei. Die Beendigung der Rechtswirkungen der Vorschreibungsbescheide ergebe sich auch daraus, dass sich der diesen Bescheiden zugrunde liegende Sachverhalt seit der Erlassung dieser Bescheide wesentlich geändert habe, weil, wie ausgeführt, die Unterdeckung nicht rechtmäßig festgestellt worden sei. Die somit ohne Rechtsgrundlage bezahlten (bzw. von den Versorgungsleistungen des Revisionswerbers einbehaltenen) Pensionssicherungsbeiträge bildeten daher sehr wohl ein zu refundierendes Beitragsguthaben iSd. § 22 der Satzung.
23 Dieses Vorbringen ist nicht zielführend:
24 § 109 Abs. 8 ÄrzteG 1998 ermächtigt den Satzungsgeber, Empfängern von Versorgungsleistungen unter bestimmten Voraussetzungen (versicherungsmathematische Unterdeckung der Versorgungsleistungen) einen Pensionssicherungsbeitrag vorzuschreiben (vgl. auch VfSlg 18806/2009, dort Pkt. II.2.1.2), und zwar „bis die erforderliche Deckung erreicht ist“.
25 Von dieser Ermächtigung wurde in der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich Gebrauch gemacht. In § 5a Abs. 1 leg. cit. wird die Vorgangsweise zur Ermittlung einer allfälligen Unterdeckung festgelegt, und Abs. 2 der Satzung sieht - für den Fall der bereits festgestellten Unterdeckung - vor, dass diese jährlich durch ein versicherungsmathematisches Gutachten zu überprüfen ist, wobei gegebenenfalls das weitere Vorliegen der Unterdeckung festzustellen ist.
26 Daran anknüpfend normiert die Satzung (im Abschnitt „Leistungswesen“) die (gegenüber Wohlfahrtsfondsmitgliedern individuelle) Vorschreibung des Pensionssicherungsbeitrages zur Grundrente (§ 28c) und zur Zusatzleistung (§ 29c) „bis ... die erforderliche Deckung der Leistungen erreicht ist“ (vgl. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit VfGH 11.12.2012, B 1587/10).
27 Auf dieser Rechtsgrundlage wurden gegenüber dem Revisionswerber die bereits wiederholt erwähnten - rechtskräftigen - und aus dem Akt ersichtlichen Bescheide des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 22. November 2010 erlassen, mit welchen ihm Pensionssicherungsbeiträge zur Grundrente und zur Zusatzleistung vorgeschrieben wurden. Eine auflösende Bedingung dieser Beitragsvorschreibung dahin, dass diese mit dem Erreichen der Deckung (automatisch) ende, ist im Spruch dieser bzw. der zugrunde liegenden erstinstanzlichen Bescheide (vgl. etwa Hengstschläger/Leeb, AVG § 59 Rz 17) nicht enthalten.
28 Ebenso beinhalten weder § 109 Abs. 8 ÄrzteG 1998 (bei dieser Bestimmung handelt es sich, wie erwähnt, um eine Ermächtigungsnorm für den Satzungsgeber) noch die §§ 28c und 29c der Satzung die zwingende Vorgabe, in den Spruch der Bescheide über die Vorschreibung von Pensionssicherungsbeiträgen eine auflösende Bedingung der genannten Art aufzunehmen.
29 Vielmehr ist die Wortfolge „bis ... die erforderliche Deckung der Leistungen erreicht ist“ in den § 28c Abs. 1 und § 29c Abs. 1 der Satzung dahin zu verstehen, dass (rechtskräftige) Bescheide, mit denen Pensionssicherungsbeiträge vorgeschrieben wurden, bei Erreichen der Deckung (von Amts wegen oder gegebenenfalls über Antrag) aufzuheben sind. Ein entsprechendes Antragsrecht auf Aufhebung oder Abänderung der Vorschreibung von Pensionssicherungsbeiträgen steht dem Verpflichteten auch dann zu, wenn er meint, der für die Vorschreibung des Pensionssicherungsbeitrages maßgebende Sachverhalt habe sich in anderer Hinsicht wesentlich geändert (vgl. etwa Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 23 ff.)
30 Im Revisionsfall wurden die Bescheide vom 22. November 2010, mit welchen dem Revisionswerber Pensionssicherungsbeiträge zur Grundrente und zur Zusatzleistung vorgeschrieben wurden, weder von Amts wegen noch über Antrag des Revisionswerbers aufgehoben, vielmehr gehörten sie im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses weiterhin dem Rechtsbestand an. (Abgesehen davon wird selbst in der Revision die in den Gutachten festgestellte Unterdeckung der Leistungen im antragsgegenständlichen Zeitraum nicht bestritten.)
31 Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht die Ansicht vertreten, dass die vom Revisionswerber entrichteten Pensionssicherungsbeiträge zur Begleichung fälliger Vorschreibungen iSd. § 22 Abs. 1 der Satzung geleistet wurden und somit kein zu refundierendes Beitragsguthaben im Sinne dieser Bestimmung darstellten.
32 Nach dem Gesagten war die Revision somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
33 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 25. November 2021
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RO2020110007.J00Im RIS seit
31.12.2021Zuletzt aktualisiert am
18.01.2022