TE Vwgh Beschluss 2021/12/7 Ra 2020/09/0049

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Veröffentlicht am 07.12.2021
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Index

L00159 LVerwaltungsgericht Wien
L22004 Landesbedienstete Oberösterreich
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz
64/05 Sonstiges besonderes Dienstrecht und Besoldungsrecht

Norm

BDG 1979
B-VG Art133 Abs4
DPNov 1969/OÖ
GO VGWG 2018 §32 Abs2
GO VGWG 2018 §32 Abs3
RStDG §54
RStDG §54 idF 2008/I/147
VGW-DRG 2013
VGW-DRG 2013 §10
VGW-DRG 2013 §10 Abs1
VGW-DRG 2013 §10 Abs2
VGW-DRG 2013 §10 Abs2 Z8
VGWG 2014 §16 Abs2 Z5
VwGG §21
VwGG §22
VwGG §34 Abs1
VwGG §36
VwGG §41
VwGVG 2014 §27
VwGVG 2014 §28
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision des Mag. A B in C, vertreten durch Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in 1050 Wien, Schönbrunner Straße 42/6, gegen das Erkenntnis des Personalausschusses des Verwaltungsgerichts Wien vom 22. Juni 2020, VGW-PA-176/2020, betreffend Dienstbeurteilung nach dem Wiener Verwaltungsgericht-Dienstrechtsgesetz, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionsbeantwortung des Personalausschusses des Verwaltungsgerichts Wien wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der im Jahr 1971 geborene Revisionswerber ist seit dem 1. Jänner 2014 Richter des Verwaltungsgerichts Wien.

2        Die Dienstbeurteilungen des Revisionswerbers lauteten für die Jahre 2014 und 2015 auf „gut“ und für das Jahr 2016 auf „entsprechend“. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Personalausschusses des Verwaltungsgerichts Wien vom 22. Juni 2020 wurde - nach persönlicher Anhörung des Revisionswerbers in der Sitzung des Personalausschusses vom 19. Mai 2020 - die Dienstbeurteilung des Revisionswerbers für den Beurteilungszeitraum 1. Jänner 2017 bis 31. Dezember 2019 gemäß § 10 Abs. 2 Z 5 Wiener Verwaltungsgericht-Dienstrechtsgesetz (VWG-DRG) mit „nicht entsprechend“ festgesetzt. Unter einem wurde die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

3        In seiner Begründung traf der Personalausschuss unter anderem Feststellungen zu den dem Revisionswerber im Beurteilungszeitraum aus den einzelnen Protokollgruppen zugewiesenen Verfahren und zur Anzahl der im Beurteilungszeitraum vom Revisionswerber durchgeführten Erledigungen. Er stellte die zu Beginn und am Ende des Beurteilungszeitraumes offenen Verfahren (unerledigte Verfahren) näher dar. Weiters ging er davon aus, dass der Präsident des Verwaltungsgerichts Wien mit dem Revisionswerber am 3. April 2017 und am 22. Mai 2017 wegen der hohen Zahl an offenen Verfahren, die lange über die gesetzliche Frist hinaus unerledigt geblieben seien, Gespräche im Rahmen der Dienstaufsicht geführt habe, wobei der Revisionswerber im Zuge des Gesprächs vom 3. April 2017 zugesagt habe, monatlich einen „alten“ Akt erledigen zu wollen, und weiters am 22. Mai 2017, die verfristeten Bauakten bis 22. Juni 2017 erledigen zu wollen. Darüber hinaus traf der Personalausschuss Feststellungen, dass der Revisionswerber im Berichtszeitraum mit sieben Fristsetzungsanträgen konfrontiert gewesen sei, wobei er drei Fristsetzungsanträge nach deren Zurückziehung nicht dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt habe. In vier Verwaltungsstrafverfahren sei Verjährung eingetreten, wobei eines dieser Verfahren dem Revisionswerber erst nach bereits eingetretener Verjährung zugewiesen worden sei. Ein Verwaltungsstrafverfahren sei vom Revisionswerber wegen Verjährung nach § 43 VwGVG eingestellt worden, obwohl nicht der Beschuldigte, sondern die Amtspartei Beschwerde erhoben habe. Weiters finden sich Feststellungen, wonach sich bei sechs im Berichtszeitraum vom Revisionswerber durchgeführten Verhandlungen im Verhandlungsprotokoll der Hinweis darauf gefunden habe, dass zu einer bestimmten Zeit nach Schluss der Verhandlung (demnächst bzw. in einer oder zwei Stunden) eine mündliche Verkündung der Entscheidung stattfinden werde, es sei jedoch weder jeweils dem schriftlichen Akt, noch der elektronischen Aktenversion eine Niederschrift über die Verkündung zu entnehmen. Möglicherweise sei über die Verkündung in Abwesenheit der Parteien ohne Beiziehung der Schriftführerin vom Revisionswerber eine Niederschrift erstellt, diese aber nicht ausgedruckt und unterfertigt worden. Der Revisionswerber habe jedenfalls auch nicht kontrolliert, ob einem allfälligen seinen Mitarbeitern in der Geschäftsabteilung erteilter Auftrag, diese auszudrucken und ihm vorzulegen, entsprochen worden sei. Sollten - wie vom Revisionswerber vorgebracht - technische Probleme an der EDV-Anlage die Ursache gewesen sein, weshalb die betreffenden Niederschriften über die Verkündung in der hausinternen EDV nicht aufzufinden seien, hätte dies bei der Herstellung und Unterfertigung einer Niederschrift über die Verkündung auffallen müssen. Der unmittelbar bevorstehende Antritt der Elternkarenz des Revisionswerbers könne lediglich für die Verhandlungen am 10. und am 19. Dezember 2019 eine Erklärung sein, nicht jedoch bei den übrigen davon betroffenen Verhandlungen. Der Revisionswerber habe sich vom 12. Dezember 2019 bis 31. Dezember 2019, somit im Umfang von 20 Tagen, in Elternkarenz befunden und im Berichtszeitraum 49 Urlaubstage in Anspruch genommen. Seit Anfang Oktober 2019 werde der Revisionswerber durch eine juristische Mitarbeiterin unterstützt.

4        Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung nahm der Personalausschuss Bezug auf die einzelnen in § 10 Abs. 2 Z 1 bis 8 VGW-DRG normierten Kriterien und führte in diesem Zusammenhang im Wesentlichen aus, dass Umfang und Aktualität der fachlichen Kenntnisse, als auch die Fähigkeiten und die Auffassung beim Revisionswerber gut ausgeprägt seien. Sein Verhalten sowohl im Dienst als auch gegenüber Kollegen und Gerichtsbediensteten als auch gegenüber Parteien erweise sich als korrekt. Die Kommunikations- und Teamfähigkeit sowie die Ausdrucksfähigkeit in der deutschen Sprache seien hervorragend ausgeprägt. Allerdings seien die bei der Verfahrensführung festgestellten Mängel im Zusammenhang mit der mündlichen Verkündung als Fehlleistung des Revisionswerbers nicht zuletzt mit Blick auf das Kalkül des § 10 Abs. 3 Z 7 VGW-DRG („die Führungsqualitäten und die organisatorischen Fähigkeiten“) zu bewerten. Auch hinsichtlich der Gewissenhaftigkeit und Verlässlichkeit sowie der Kritikfähigkeit seien gravierende Defizite festzustellen. Dies ergebe sich insbesondere aus den Feststellungen, wonach der Revisionswerber - trotz Aufforderung durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Wien im Rahmen der Dienstaufsicht und der aufgrund der zahlreichen Verfahren mit überlanger Verfahrensdauer zuletzt nur mit „entsprechend“ ausgefallenen Dienstbeurteilungen - Verfahren, die seit den Jahren 2014, 2015 und 2016 anhängig gewesen seien, im Berichtszeitraum nicht prioritär erledigt habe. Der Revisionswerber habe auch seine diesbezüglich gegenüber dem Personalausschuss und gegenüber dem Präsidenten im Rahmen der Dienstaufsicht abgegebenen Zusagen, sich verstärkt diesen Verfahren widmen zu wollen, im Berichtszeitraum nicht eingehalten. Die im Berichtszeitraum eingetretenen Grundrechtsverletzungen im Hinblick auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung zur „überlangen Verfahrensdauer“ in rund 40 Rechtssachen seien vom Revisionswerber zu vertreten, weshalb die von ihm zu verantwortende Verschleppung von Verfahren besonders stark ins Gewicht falle. Vor diesem Hintergrund seien auch der Fleiß, die Ausdauer, Gewissenhaftigkeit, Verlässlichkeit, Entschlusskraft und Zielstrebigkeit des Revisionswerbers als unzureichend zu qualifizieren. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass dieser im Berichtszeitraum ansehnliche Erledigungszahlen vorzuweisen und in quantitativer Hinsicht den zu erwartenden Arbeitserfolg klar erfüllt habe. Von einem Richter mit der Erfahrung des Revisionswerbers wäre aber zu erwarten gewesen, den Schwerpunkt seiner Tätigkeit nicht auf die - vielleicht einfacher zu erledigenden - jüngeren Verfahren, sondern vermehrt auf die schon seit vielen Jahren anhängigen alten Verfahren zu richten und vorrangig letztgenannte im Beurteilungszeitraum einer Erledigung zuzuführen und gegebenenfalls einen überdurchschnittlich hohen Arbeitsaufwand in Kauf zu nehmen, um diese Altverfahren abarbeiten zu können. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Geschäftsverteilungsausschuss auf die Überforderung des Revisionswerbers mit Administrativverfahren aus dem Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht sowie aus dem Baurecht zu Beginn seiner Tätigkeit in den Jahren 2014 und 2015 reagiert und ihm ab dem Jahr 2018 mit wenigen Ausnahmen nur noch Verfahren aus Strafmaterien zugewiesen habe, sohin zeitmäßig für zwei Drittel des Beurteilungszeitraumes. Der in § 10 Abs. 2 Z 8 VWG-DRG als Beurteilungskriterium angeführte Erfolg der Verwendung sei maßgeblich durch die Fähigkeit geprägt, eine vergleichsweise große Anzahl an Verfahren mit der entsprechenden Zielstrebigkeit zu betreiben und binnen der gesetzlich vorgesehenen Entscheidungsfristen über die entsprechende Entschlusskraft einer Entscheidung zuzuführen. Vor diesem Hintergrund könne dem Revisionswerber ein entsprechender Verwendungserfolg im Berichtszeitraum nicht attestiert werden. Nach Auffassung des erkennenden Personalausschusses sei vom Revisionswerber das im Beurteilungszeitraum unerlässliche Mindestmaß an Leistung sohin nicht erreicht worden, weshalb die Dienstbeurteilung gemäß § 10 Abs. 2 Z 5 VGW-DRG auf „nicht entsprechend“ festzusetzen gewesen sei.

5        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

8        Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Zur Begründung der Zulässigkeit seiner Revision bringt der Revisionswerber zusammengefasst vor, das angefochtene Erkenntnis verstoße gegen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach bei einer Dienstbeurteilung für die Arbeitsleistung im Prüfzeitraum allfällige Minderleistungen in den davorliegenden Beurteilungszeiträumen nicht heranzuziehen seien. Es wäre jedem durchschnittlichen Richter nicht möglich gewesen, im nunmehrigen Beurteilungszeitraum die bis zum 31. Dezember 2019 anhängig gewordenen Akten und zusätzlich auch alle in den Beurteilungszeiträumen der Kalenderjahre 2014, 2015 und 2016 angesammelten Rückstände zu erledigen. Dies auch im Hinblick auf das Arbeitsumfeld des Revisionswerbers, darunter eine nicht funktionierende Geschäftsabteilung, mangelhafte Unterstützung durch nichtrichterliches Personal sowie fehlende juristische Hilfskraft. Die Dienstbeurteilung werde auf die Nichtmehrerfüllung des Kriteriums des „Erfolgs der Verwendung“ im Sinn des § 10 Abs. 3 Z 8 VWG-DRG gestützt, wobei der Personalausschuss verkannt habe, dass nur die Nichterbringung des einem Richter im Beurteilungszeitraum auch zumutbaren Verwendungserfolgs zum Kalkül „nicht entsprechend“ führen könne. Eine im Erkenntnis geforderte geänderte Priorisierung, welche zwingend die Verjährung jüngerer Akten zur Folge gehabt hätte, wäre aber kein rechtmäßiges Alternativverhalten gewesen. Weiters rügt der Revisionswerber Verfahrensmängel (insbesondere ein Übergehen von Beweisanträgen, Ermittlungs- und Feststellungsmängel). Es liege unter anderem ein relevanter Begründungsmangel vor, weil dem Revisionswerber ausschließlich eine mangelnde Raschheit und die fehlende Fähigkeit, eine vergleichsweise große Anzahl an Verfahren zu betreiben angelastet werde, obwohl dies kein vom Gesetz aufgestelltes Kriterium für die Beurteilung sei. Der Personalausschuss komme zu einem negativen Ergebnis „nicht entsprechend“, obwohl sieben von acht der im Gesetz aufgestellten Kriterien positiv beurteilt würden. Weiters seien ohne Willen und ohne Zustimmung des Revisionswerbers 22 Akten aus laufenden Verfahren zur Beurteilung herangezogen würden. Gemäß § 32 Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichts Wien könne der Personalausschuss jedoch nur in Akten Einsicht zu nehmen, welche im Beurteilungszeitraum von dem zu beurteilenden Richter erledigt worden seien und welche bis spätestens zwei Wochen nach Ablauf des zu beurteilenden Arbeitszeitraumes zur Verfügung gestellt worden seien. Beide Kriterien seien bezüglich dieser Akten nicht vorgelegen, dennoch seien sie zur Beurteilung des Revisionswerbers herangezogen worden. Die Revision sei auch deshalb zulässig, weil Judikatur zu § 10 Abs. 3 VGW-DRG fehle. Im Hinblick auf die hohe Zahl von Verwaltungsrichtern bestehe ein Interesse daran, ex ante und genau zu wissen, welches die Beurteilungskriterien seien, auf die abzustellen sei.

10       Vor diesem Hintergrund sind im Revisionsfall insbesondere die folgenden Rechtsvorschriften von Interesse:

§ 10 Wiener Verwaltungsgericht-Dienstrechtsgesetz (VGW-DRG), in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 84/2012, lautet:

„Dienstbeurteilung

§ 10. (1) Die Beurteilung der Vizepräsidentin oder des Vizepräsidenten und der sonstigen Mitglieder des Verwaltungsgerichts bei der Wahrnehmung der ihnen gemäß Art. 130 und 131 B-VG übertragenen Aufgaben obliegt dem Personalausschuss (§ 16 Abs. 2 Z 7 VGWG).

(2) Die Beurteilung erfolgt durch Erkenntnis und hat zu lauten:

1.   ausgezeichnet, bei hervorragenden Kenntnissen, Fähigkeiten und Leistungen,

2.   sehr gut, bei überdurchschnittlichen Kenntnissen, Fähigkeiten und Leistungen,

3.   gut, bei durchschnittlichen Kenntnissen, Fähigkeiten und Leistungen,

4.   entsprechend, wenn das zur ordnungsgemäßen Versehung des Dienstes unerlässliche Mindestmaß an Leistung ständig erreicht wird, oder

5.   nicht entsprechend, wenn das zur ordnungsgemäßen Versehung des Dienstes unerlässliche Mindestmaß an Leistung nicht erreicht wird.

(3) Bei der Beurteilung sind zu berücksichtigen:

1.   der Umfang und die Aktualität der fachlichen Kenntnisse, insbesondere der zur Wahrnehmung der im Abs. 1 genannten Aufgaben notwendigen Vorschriften;

2.   die Fähigkeiten und die Auffassung;

3.   der Fleiß, die Ausdauer, Gewissenhaftigkeit, Verlässlichkeit, Entschlusskraft und Zielstrebigkeit;

4.   die Kritik-, Konflikt-, Kommunikations- und Teamfähigkeit und das Verhandlungsgeschick;

5.   die Ausdrucksfähigkeit (schriftlich und mündlich) in der deutschen Sprache und, sofern es für den Dienst erforderlich ist, die Kenntnis von Fremdsprachen;

6.   das Verhalten im Dienst, insbesondere das Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Parteien, sowie das Verhalten außerhalb des Dienstes, sofern Rückwirkungen auf den Dienst eintreten;

7.   die Führungsqualitäten und die organisatorischen Fähigkeiten und

8.   der Erfolg der Verwendung.

(4) Besondere, für die Beurteilung entscheidende Umstände sind ausdrücklich anzuführen.

(5) In den ersten drei Jahren nach der Ernennung ist eine jährliche Beurteilung vorzunehmen. Danach erfolgt die Beurteilung in zeitlichen Abständen von jeweils drei Jahren für den Gesamtzeitraum dieser drei Jahre. Sofern die Beurteilung für den Gesamtzeitraum von drei Jahren auf ‚nicht entsprechend‘ lautet, ist in jedem Fall auch für das darauffolgende Jahr eine Beurteilung erforderlich. Lautet diese Beurteilung zumindest auf ‚entsprechend‘, erfolgt die nächste Beurteilung wieder in drei Jahren.“

§ 32 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichts Wien, GZ: VGW-VS-Vollversammlung-804/2018-6, idF des Beschlusses der Vollversammlung des Verwaltungsgerichts Wien vom 8. April 2019, GZ: VGW-VS-Vollversammlung-34/2019-7, lautet auszugsweise.

„§ 32. (1) ...

(2) Die für die Beurteilung eines Richters maßgeblichen Unterlagen sind vom Präsidenten, im Fall seiner Verhinderung von der Vertretung gemäß § 10 Abs. 1 VGWG, den übrigen Ausschussmitgliedern bis spätestens zwei Wochen nach Ablauf des zu beurteilenden Arbeitszeitraumes zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig ist dem zu beurteilenden Richter durch den Vorsitzenden des Personalausschusses eine Einsichtnahme in diese Unterlagen zu ermöglichen.

(3) Es steht jedem Mitglied des Personalausschusses frei, in Akten, die von dem zu beurteilenden Richter im Beurteilungszeitraum erledigt wurden, nach freier Auswahl Einsicht zu nehmen.

...“

11       Soweit zur Zulässigkeit der Revision vorgebracht wird, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt, sondern Rechtsfragen zur Dienstbeurteilung für eine bald dreistellige Zahl von Verwaltungsrichtern von Bedeutung seien, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach der Umstand allein, dass die zu lösenden Fragen in einer Vielzahl von Fällen auftreten können, nicht ihre Grundsätzlichkeit im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG bewirkt (vgl. VwGH 24.1.2019, Ra 2018/09/0210; 9.8.2021, Ra 2021/09/0179).

12       Insofern der Revisionswerber auf fehlende Judikatur im Zusammenhang mit den Dienstbeschreibungen hinweist, ist auf die bereits dazu ergangene Judikatur zu Beschreibungen durch Personalsenate der Verwaltungsgerichte hinzuweisen:

13       Demnach findet die Judikatur zu Leistungsfeststellungen nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 auch Anwendung auf die Dienstbeschreibungen durch die Personalsenate der Verwaltungsgerichte (vgl. VwGH 28.10.2021, Ro 2021/09/0007 und 0030; 18.5.2020, Ro 2019/12/0007; jeweils mwN).

14       Nach der dazu ergangenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Leistungsfeststellung ein Werturteil dar, das der Verwaltungsgerichtshof nicht auf seine (inhaltliche) Richtigkeit überprüfen kann. Ein solches Urteil ist der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung nur in die Richtung zugänglich, ob es nicht etwa auf einer aktenwidrigen Sachverhaltsannahme beruht, ob der angenommene Sachverhalt unter Bedachtnahme auf die einzuhaltenden Verfahrensvorschriften für eine verlässliche Urteilsbildung ausreicht, ob die aus ihm gezogene Schlussfolgerung mit den Gesetzen vereinbar ist und ob keine sachfremden Erwägungen angestellt worden sind (VwGH 19.10.1995, 92/09/0184; 19.11.1986, 85/09/0180; 29.3.2000, 94/12/0180; 28.4.2000, 95/12/0107; siehe auch VwGH 25.2.2010, 2005/09/0143).

15       Die Dienstbeurteilung stellt dabei keine rechnerische Zusammenfassung von einzelnen vorliegenden Teilbewertungen dar, sondern ist das Ergebnis einer gesamthaften Würdigung aller Aspekte der Tätigkeit (VwGH 18.5.2020, Ro 2019/12/0007, mit Hinweis auf VwGH 23.11.2005, 2002/09/0202; 28.10.2021, Ro 2021/09/0007, 0030).

16       Der Verwaltungsgerichtshof hat ferner bereits festgehalten, dass eine solche Beurteilung in vertretbarer Weise auch zu dem Ergebnis kommen kann, dass ein Defizit in einem (wesentlichen) Bereich nicht durch hervorragende Leistungen in einem anderen Bereich ausgeglichen werden kann oder dass auch „überdurchschnittliche Leistungen“ in einem Teilbereich nicht erkennen lassen, dass diese „so erheblich“ wären, dass sie bloße Normalleistungen „im Bereich zentraler Aufgaben“ nicht wettmachen können (vgl. neuerlich VwGH 18.5.2020, Ro 2019/12/0007 unter Hinweis auf VwGH 14.12.1994, 89/12/0147; 19.3.2004, 2000/12/0008; 5.4.1990, 86/09/0133 [= VwSlg. 13169 A/1990]).

17       Eine solche Einzelfallbeurteilung wirft jedoch nur dann eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf, wenn die Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. etwa VwGH 26.2.2019, Ra 2019/06/0012, mwN).

18       Entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen hat der Personalausschuss nicht ausschließlich auf das in § 10 Abs. 3 Z 8 VWG-DRG normierte Kriterium „Erfolg der Verwendung“ abgestellt, sondern auf Basis der von ihm getroffenen Feststellungen Teilbewertungen vorgenommen und die vom Gesetzgeber aufgestellten Kriterien im Rahmen seiner Gesamtbeurteilung berücksichtigt. Mit seinen Ausführungen zeigt der Revisionswerber weder eine Abweichung der in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes entwickelten zuvor dargestellten Leitlinien auf noch, dass die im Einzelnen beurteilten Teilleistungen nicht in zumindest vertretbarer Weise die Schlussfolgerung einer Gesamtbeurteilung mit „nicht entsprechend“ rechtfertigen.

19       Die vom Revisionswerber vertretene Ansicht, wonach die vom Personalausschuss durchgeführte Gleichstellung von Raschheit im Sinn der Erlassung möglichst vieler Entscheidungen in möglichst kurzer Zeit und dem „Erfolg der Verwendung“ abzulehnen sei, weil das genannte Einzelkriterium nur auf die Qualität abstelle, geht schon deshalb ins Leere, weil der Personalausschuss im Rahmen der Bewertung dieses Einzelkriteriums ohnehin auch ausdrücklich auf Qualitätsmerkmale Bezug genommen hat. Im Übrigen steht die Bewertung des „Erfolgs der Verwendung“ im Sinn des § 10 Abs. 2 Z 8 VWG-DRG in engem Zusammenhang mit den anderen Einzelkriterien (vgl. zu den § 10 Abs. 2 VWG-DRG entsprechenden Kriterien der Dienstpragmatik für Oberösterreich, LGBl. Nr. 70/1973, wiederum VwGH 19.11.1986, 85/09/0180). Es hängt naturgemäß von mehreren Faktoren ab, ob der im Hinblick auf die Bedeutung und Schwierigkeit der Verwendung als Verwaltungsrichter zu erwartende Erfolg erreicht wird. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass dabei nicht bloß die Qualität der Entscheidungen, sondern beispielsweise auch die erledigte Arbeitsmenge und die Effizienz der Verfahrensführung zu berücksichtigen ist.

20       Der Vorwurf des Revisionswerbers, der Personalausschuss habe unzulässigerweise auch die Leistungen außerhalb der vorliegenden Beurteilungszeiträumen (nochmals) herangezogen und dass es jedem (durchschnittlichen) Richter unmöglich gewesen wäre, alle anhängig gewordenen Akten und die in den Kalenderjahren 2014, 2015 und 2016 angesammelten Rückstände zu erledigen, trifft auf dem Boden des Inhalts des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu. Der Personalausschuss stützte sich nämlich nicht darauf, dass der Revisionswerber nicht sämtliche im Beurteilungszeitraum anhängigen Akten erledigt habe, sondern dass der Revisionswerber seit Jahren anhängige - nach den unbekämpft gebliebenen Feststellungen waren am Beurteilungsende zumindest zehn Akten aus dem Jahr 2014 und 28 Akten aus dem Jahr 2016 noch offen - und dadurch mittlerweile eklatant überlange und damit vordringlich gewordene Akten im Beurteilungszeitraum nicht prioritär behandelt habe. Mit der bloß pauschalen Behauptung, eine andere Priorisierung der Akten hätte die Verjährung jüngerer Akten zur Folge gehabt, wird nicht dargelegt, dass es vom Revisionswerber aufgrund gleich wichtiger offener Urteilsausfertigungen objektiv nicht zu erwarten gewesen sei, die ins Treffen geführten mittlerweile eklatant überlangen „Altverfahren“ prioritär zu behandeln und dadurch in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können (zur Frage der Prioritätensetzung siehe VwGH 2.11.2010, Ro 2020/09/0014, Rn. 24 und 25, mit Hinweisen zu den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Judikatur zu Art. 6 EMRK entwickelten Kriterien zur Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer).

21       Soweit die Zulässigkeit der Revision mit einem Verfahrensmangel - wie hier Ermittlungs-, Feststellungs- und Begründungsmängel - begründet wird, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden muss (vgl. VwGH 12.3.2021, Ra 2021/14/0064; 18.11.2020, Ra 2019/09/0165, mwN). Dies setzt (in Bezug auf Feststellungsmängel) voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 8.9.2021, Ra 2021/20/0312, mwN). Mit seinem Vorbringen zeigt der Revisionswerber die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinn der hg. Rechtsprechung jedoch nicht auf.

22       Betreffend das gerügte Unterbleiben von Zeugeneinvernahmen ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass in der Revision konkret darzulegen ist, was die betreffende Person im Fall ihrer Vernehmung hätte aussagen können und welche anderen Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären (VwGH 31.8.2021, Ra 2020/14/0061, mwN). In der Revision wird nicht dargelegt, welche Aussagen die Zeugen getroffen hätten, die zu einer günstigeren Dienstbeurteilung geführt hätten. Die Notwendigkeit der Einvernahme eines Zeugen zur Tätigkeit des Revisionswerbers für den Juristenball erscheint zudem schon im Hinblick darauf, dass im Erkenntnis auf diese Tätigkeiten kein Bezug genommen wird, nicht ersichtlich. Zu den unterlassenen Zeugeneinvernahmen im Zusammenhang mit den vom Revisionswerber vorgebrachten technischen Problemen und einer nicht funktionierenden Geschäftsabteilung ist im Übrigen darauf zu verweisen, dass in der Revision die mangelnde Kontrolle der Geschäftsabteilung durch den Revisionswerber im Zusammenhang mit der Vorlage von Protokollen in der Revision nicht bestritten wird. Gerade eine nach seiner Behauptung unzulängliche Tätigkeit der Geschäftsstelle hätte auch einer verstärkten Kontrolle durch ihn bedurft. Im Erkenntnis wird zutreffend auch darauf hingewiesen, dass die vom Revisionswerber ins Treffen geführten technischen Probleme an der EDV-Anlage im Zusammenhang mit den fehlenden Niederschriften über Verkündigungen in den Zeiträumen 28. August 2019, 6. September 2019 und 9. Oktober 2019 keine Erklärung sein können.

23       Schließlich ist die Auffassung des Revisionswerbers, wonach ausgehend von der Bestimmung des § 32 Abs. 2 und 3 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichts Wien für die Beurteilung eines Richters lediglich Akten des zu beurteilenden Richters heranzuziehen sind, die von diesem im Beurteilungszeitraum erledigt wurden, abzulehnen. Eine derartige Einschränkung ist weder dem VWG-DRG noch der genannten Geschäftsordnung zu entnehmen. Die Ansicht des Revisionswerbers würde im Ergebnis dazu führen, dass beispielsweise aktuelle Erledigungsrückstände oder Mängel in der Führung noch nicht erledigter Akten überhaupt nicht zu berücksichtigen wären. Für ein der Sache nach geltend gemachtes Beweisverwertungsverbot, weil Akten aus laufenden Verfahren entgegen § 32 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichts Wien erst zwei Wochen nach Ablauf des zu beurteilenden Arbeitszeitraumes vom Präsidenten zur Verfügung gestellt worden seien, fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Die Verfahrensrüge lässt darüber hinaus auch eine konkrete Relevanzdarstellung vermissen.

24       Da in der Revision somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

25       Die vom Personalausschuss des Verwaltungsgerichts Wien erstattete Revisionsbeantwortung war mangels Parteistellung eines Senats eines Verwaltungsgerichts im Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zurückzuweisen (vgl. neuerlich jüngst VwGH 28.10.2021, Ro 2021/09/0007 und 0030).

Wien, am 7. Dezember 2021

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020090049.L00

Im RIS seit

31.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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