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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision der V W in K, vertreten durch Prutsch & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Joanneumring 6/III, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2020, Zl. W261 2235395-1/4E, betreffend Entschädigung nach dem Impfschadengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialministeriumservice, Landesstelle Kärnten), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht, einen Bescheid der belangten Behörde vom 6. August 2020 bestätigend, den Antrag der Revisionswerberin auf Entschädigung nach dem Impfschadengesetz ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
2 Das Verwaltungsgericht stellte, nach Wiedergabe des Verfahrensgangs, fest, die Revisionswerberin habe am 27. Juni und am 9. September 2011 eine Impfung gegen den Rotavirus mit dem Impfstoff „Rotarix“ erhalten sowie am 9. November (gemeint wohl: September) und am 4. November 2011 eine so genannte Sechsfachimpfung mit dem Impfstoff „Infanrix hexa“. Das Verwaltungsgericht stellte auch die möglichen und bekannten Nebenwirkungen der beiden Impfstoffe (jeweils geordnet nach Systemorganklasse, Häufigkeit und Nebenwirkungen) fest. Die Revisionswerberin leide an einer globalen Entwicklungsverzögerung mit autistischen Zügen. Es bestehe kein kausaler Zusammenhang zwischen diesen Leiden und den Impfungen.
3 Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht aus, die Feststellung, dass die Revisionswerberin an einer globalen Entwicklungsverzögerung mit autistischen Zügen leide, beruhe auf einem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Revisionswerberin. Das Verwaltungsgericht ging, auf das Wesentliche zusammengefasst, unter Berücksichtigung verschiedener medizinischer Befunde davon aus, es stehe vor dem Hintergrund von wechselnden und teils widersprüchlichen Angaben der Mutter der Revisionswerberin im Laufe des Verfahrens nicht eindeutig fest, welche Symptome die Revisionswerberin nach den Impfungen aufgewiesen habe. Verschiedene Eintragungen im Mutter-Kind-Pass ließen den Schluss zu, dass die globale Entwicklungsverzögerung nicht unmittelbar nach den Impfungen im September und November 2011 erkennbar gewesen, sondern erst im April 2012 diagnostiziert worden sei. Nach dem genannten medizinischen Sachverständigengutachten, welchem die Revisionswerberin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sei, bestehe kein klarer zeitlicher Zusammenhang zwischen Auftreten der ersten Beschwerden und den Impfungen. Die Ursache für die globale Entwicklungsverzögerung könne nach diesem Gutachten vielfältig sein. Es sei (mit näherer Begründung) nicht wahrscheinlich, dass die erstmals in einem Schriftsatz im behördlichen Verfahren sowie in der Beschwerde genannten Symptome (Fieber und Schwellung an der Einstichstelle sowie schrilles Schreien) unmittelbar nach der Impfung aufgetreten seien. Der Beweisantrag der Revisionswerberin, die Ursache der Entwicklungsverzögerung „im Lichte der vorgenommenen Impfungen“ abzuklären, übersteige den Gegenstand der Kausalitätsbeurteilung nach dem Impfschadengesetz. Es sei nicht Aufgabe der belangten Behörde bzw. des Verwaltungsgerichts, eine nach wie vor unklare Ursache einer Erkrankung zu eruieren.
4 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht, nach Wiedergabe von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Voraussetzungen für einen Anspruch nach dem Impfschadengesetz, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass es mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keinen Kausalzusammenhang zwischen den Gesundheitsbeeinträchtigungen der Revisionswerberin und den genannten Impfungen gebe.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 8.2.2021, Ra 2020/11/0150, mwN).
10 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, die belangte Behörde habe bei ihrer Beurteilung bloß ein Gutachten „des Sozialministeriums“ und keine weiteren für die Beurteilung der Entwicklungsstörung notwendigen Gutachten zum Gesundheitszustand der Revisionswerberin eingeholt, was sich zu deren Lasten auswirke. Das Verwaltungsgericht habe es rechtswidrig unterlassen, weitere Ermittlung anzustellen, obwohl sämtliche Hinweise vorgelegen seien, die auf eine Entwicklungsstörung der Revisionswerberin hindeuteten.
11 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. (vgl. aus vielen VwGH 13.3.2019, Ra 2019/11/0021, mwN).
12 Diesen Anforderungen wird die Revision mit ihrem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen nicht gerecht, weil sie nicht konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzeigt, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat.
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 10. Dezember 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021110008.L00Im RIS seit
31.12.2021Zuletzt aktualisiert am
18.01.2022