Entscheidungsdatum
12.11.2021Norm
GewO 1994 §87 Abs1 Z1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin HR Mag. Marihart über die Beschwerde des Herrn A, geb. ***, vertreten durch Rechtsanwalt B, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 08.06.2021, Zl. ***, nach Beschwerdevorentscheidung vom 21.07.2021, Zl. ***, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung „Kraftfahrzeugtechnik verbunden mit Karosseriebau- und Karosserielackiertechnik (verbundenes Handwerk)“, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg (im Folgenden: belangte Behörde) entzog Herrn A (im Folgenden: Beschwerdeführer) mit Bescheid vom 08.06.2021, Zl. *** die Gewerbeberechtigung „Kraftfahrzeugtechnik verbunden mit Karosseriebau- und Karosserielackiertechnik (verbundenes Handwerk)“. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen *** vom 23.02.2021, Zl. ***, rechtskräftig am 23.02.2021, nach §§ 15, 105 (1) StGB, § 169 (1) StGB, §§ 302 (1), 12 2. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren, bedingt 2 Jahre nachgesehen und einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt worden sei.
Die Gewerbeberechtigung sei von der Behörde gemäß § 87 GewO 1994 zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlussgründe gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 zutreffen, nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten sei oder der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitze.
Durch die Verurteilung des Beschwerdeführers – welche zu einer 3 Monate übersteigende Freiheitsstrafe geführt habe und diese noch nicht getilgt sei – sei der Tatbestand des § 13 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 GewO 1994 erfüllt worden. Daher liege ein gesetzlicher Ausschlussgrund von der Ausübung von Gewerben vor.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, fristgerecht Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, dass es richtig sei, dass er vom Landesgericht für Strafsachen *** zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden sei. In der Urteilsbegründung sei jedoch ausgeführt worden, dass bei ihm die Möglichkeit eines elektronischen Hausarrestes (Fußfessel) erhalten bleiben solle, da auf diese Weise die Möglichkeit bestünde, weiterhin seine berufliche Tätigkeit auszuüben. Explizit sei das Landesgericht für Strafsachen *** nach intensiver Prüfung davon ausgegangen, dass eben gerade von keiner Wiederholungsgefahr ausgegangen werden könne.
Abschließend führte der Beschwerdeführer aus, dass im gewerberechtlichen Zusammenhang im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung vorrangig die Bestimmung des § 302 Abs. 1 StGB von Interesse sei. In diesem Zusammenhang sei aber anzuführen, dass ihm bereits mit Bescheid *** des Landes Niederösterreichs vom 06.11.2020 die Ermächtigung zu wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a Abs. 2 KFG wiederrufen worden sei. Mit dem Entzug der Kompetenz betreffend Prüfgutachten nach § 57 a KFG falle jedwedes Gelegenheitsverhältnis weg, solche oder ähnliche Handlungen durchzuführen.
Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 21.07.2021 wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen und der Spruch dahingehend abgeändert, als dass dieser wie folgt zu lauten hat: „Die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg entzieht Herrn A, gemäß § 87 Abs. 1 Z 1 iVm § 13 Abs. 1 GewO 1994 und § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe: Kraftfahrzeugtechnik verbunden mit Karosseriebau- und Karosserielackiertechnik (verbundenes Handwerk).“
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass seitens der WKO am 04.06.2021 eine Stellungnahme abgegeben wurde worin insbesondere ausgeführt worden sei, dass fürs erste die für das Gewerbe notwendige Zuverlässigkeit aufgrund seiner Verurteilung tatsächlich erschüttert scheine.
Weiters wurde ausgeführt, dass die vorliegende Unzuverlässlichkeit zum einen aus den mehrfachen schweren Verstößen in Zusammenhang mit der Ausstellung von Prüfgutachten, wodurch der Beschwerdeführer das Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 StGB verwirklicht habe, als auch aus dem schweren Verstoß des Vergehens der versuchten Nötigung eines Geschäftspartners, sowie die daraus folgenden Verletzungen der damit in Zusammenhang stehenden Schutzinteressen resultiere.
Abschließend wurde ausgeführt, dass vor allem der Art, der Schwere und der Vielzahl der Taten, die Begehung von 2 Verbrechen und einem Vergehen, in Zusammenschau mit dem kurzen Zeitraum des Wohlverhaltens seit Begehung der letzten Tat am 25.07.2020, die Behörde der Ansicht sei, dass die Voraussetzungen für eine Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 vorliegen würden, da nicht bedenkenlos von einem künftigen Wohlverhalten ausgegangen werden könne.
Mit Schreiben vom 28.07.2021 beantragte der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen Rechtsanwalt fristgerecht die Vorlage seiner Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich.
Mit Schreiben vom 30.07.2021 legte die belangte Behörde den gegenständlichen Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung vor.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 18.10.2021 eine öffentlich mündliche Verhandlung durch. Im Rahmen dieser Verhandlung hat das LVwG NÖ Beweis aufgenommen durch Verlesung des bezughabenden Strafaktes des Landesgerichtes *** zu Zl. *** und den übermittelten Verwaltungsakt der BH Korneuburg zu Zl. *** sowie des Gerichtsaktes des LVwG NÖ. Weiters wurde in dieser Verhandlung der Beschwerdeführer einvernommen sowie die von ihm namhaften gemachten Zeugen.
Zu Beginn der mündlichen Verhandlung am 18.10.2021 brachte der Vertreter des Beschwerdeführers ergänzend vor, dass ihm dieser seit mehreren Jahren persönlich bekannt ist und aus persönlichen Erfahrungen und Beziehungen für ihn persönlich der Beschwerdeführer zuverlässig erscheine. Darüber wurde vorgebracht, dass eine schwere persönliche Krise des Beschwerdeführers (Tod seines Sohnes im Jahr 2015) unter Umständen der Grund für die darauffolgenden strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers gewesen sei. Auch verfüge der Beschwerdeführer über eine hohe berufliche Qualifikation. Dem Beschwerdeführer wurde zwischenzeitlich die Ermächtigung zur Erstellung von Prüfgutachten nach § 57a KFG entzogen und werde er diese wohl nicht wiedererlangen. Im Strafverfahren (vor dem Straflandesgericht ***) hätte sich der Richter auf Grund der langen Dauer des Verfahrens ein näheres Bild des Beschwerdeführers machen können, was sich auch in den Strafzumessungsgründen des Urteils wiederfinde.
Zwischenzeitlich wurden dem Beschwerdeführer Fußfessel bewilligt und die entsprechenden Einrichtungen dafür sowohl in dessen Betrieb als auch zu Hause aufgestellt.
Nach Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung steht für das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:
Der Beschwerdeführer ist seit dem 01.01.2011 im Besitz einer aufrechten Gewerbeberechtigung für das Gewerbe Kraftfahrzeugtechnik verbunden mit Karosseriebau- und Karosserielackiertechnik (verbundenes Handwerk), am Standort ***, ***.
Mit Urteil des Landesverwaltungsgerichtes für Strafsachen *** vom 23.02.2021 Zl. ***, rechtskräftig am 23.02.2021, wurde der Beschwerdeführer nach §§ 15, 105 (1) StGB, § 169 (1) StGB, §§ 302 (1), 12 2. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt, wovon 2 Jahre der Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Zu den einzelnen Straftaten des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer hat am 24.01.2017 an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuerbrunst verursacht, indem er ein Mobilheim mithilfe eines Brandbeschleunigers in Brand setzte und dadurch ein ausgedehntes Schadensfeuer verursachte, sodass das Mobilheim vollständig ausbrannte.
Im Zusammenhang mit dieser Straftat ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich Schadenwiedergutmachung leistet und bereits geleistet hat, ferner zeigte er sich sowohl in der strafgerichtlichen Verhandlung vor dem Richter als auch in der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht ernsthaft reuig.
Der Beschwerdeführer hat weiters am 14.08.2019 für das Fahrzeug der Marke Porsche – indem er in unvertretbarer Weise Verfahrensvorschriften missachtend – ein positives Prüfgutachten ausgestellt, obwohl er wesentliche Teile des Fahrzeuges überhaupt nicht besichtigt hatte.
Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum September 2018 bis Juli 2020 für eine nicht mehr feststellbare Anzahl an Fahrzeugen in seiner Werkstatt positive Prüfgutachten ausgestellt, ohne dass er die Fahrzeuge besichtigt hatte.
Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum September 2018 bis Juli 2020 C als seinen Geschäftspartner dazu bestimmt, für zehn Fahrzeuge positive Prüfgutachten auszustellen, indem er diesen mit der Ausstellung der Gutachten ohne Besichtigung beauftragte und ihm die Zulassungsscheine zu den Fahrzeugen übermittelte.
Zu diesen Straftaten zeigte sich der Beschwerdeführer nicht einsichtig hielt an seinen vor dem Strafgericht gemachten Aussagen fest.
Der Beschwerdeführer hat weiters am 25.07.2020 C durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper zu einer Unterlassung, und zwar zur Geheimhaltung des zuvor stattgefundenen Gesprächs zu nötigen versucht.
Der Beschwerdeführer bestritt sein Verhalten nicht, zeigte sich diesbezüglich aber nicht schuldeinsichtig.
Der Beschwerdeführer ist die Straftaten betreffend Ersttäter.
Die Verurteilung zu Zl. *** ist sowohl zum Entscheidungszeitpunkt der Verwaltungsbehörde als auch zum Entscheidungszeitpunkt des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich noch nicht getilgt auch ist die Probezeit noch nicht abgelaufen.
Mit Bescheid der Abteilung Verkehrsrecht des Amtes der NÖ Landesregierung (RU6) vom 06.11.2020, Zl. *** wurde dem Beschwerdeführer die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 07.11.2011, Zl. ***, erteilte, mit Bescheiden der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 22.01.2018, Zl. ***, und vom 07.03.2019, Zl. ***, erweiterte Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen (§ 57a KFG) in der Begutachtungsstätte ***, ***, mit sofortiger Wirkung widerrufen.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 08.06.2021 und nach Beschwerdevorentscheidung vom 21.07.2021 wurde dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe Kraftfahrzeugtechnik verbunden mit Karosseriebau- und Karosserielackiertechnik (verbundenes Handwerk) entzogen. Im Vorfeld dazu hatte die WKO sich nicht gegen die Entziehung ausgesprochen.
Dem Beschwerdeführer wurden zwischenzeitlich betreffend die unbedingte einjährige Freiheitsstrafe „Fußfesseln“ bewilligt. Der Beschwerdeführer befindet sich somit seit 28.09.2021 im elektronisch überwachten Hausarrest und wurde die diesbezügliche Einrichtung betreffend die Überwachung sowohl bei ihm zu Hause als auch in dessen Betriebsstätte eingerichtet Zusätzlich wurde in dessen Wohnung ein „Alkomattestgerät“ zur regelmäßigen zufallsbedingten Testung des Beschwerdeführers aufgestellt.
Auf Grund des bewilligten elektronisch überwachten Hausarrestes wird der Beschwerdeführer von einer diplomierten Sozialarbeiterin des D regelmäßig einmal/Woche betreut. Der Beschwerdeführer ist verpflichtet, im Rahmen dieser wöchentlichen Termine mit der Betreuerin aktiv an der Deliktverarbeitung und der künftigen Vermeidung von delinquentem Verhalten mitzuarbeiten.
Der Beschwerdeführer ist in aufrechter Partnerschaft, lebt allerdings alleine. Er betreibt eine Kfz-Werkstatt in einer angemieteten Halle, für welche er ca. 2.500 Euro monatlich Miete zu leisten hat. In dieser stehen vier Hebebühnen und eine Scherenbühne, welche einen Wert von ca. 60.000,-- Euro haben und im Eigentum des Beschwerdeführers stehen. An monatlichen Umsatz macht der Beschwerdeführer ca. 18.000,-- Euro. Er beschäftigt ein Lehrmädchen in Vollzeit und 3 Mitarbeiter, zwei geringfügig und einen zu 20h/ Woche. Nach Abzug sämtlicher Lohnnebenkosten stehen dem Beschwerdeführer ca. 1.500 Euro für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung.
Der Beschwerdeführer absolvierte die HTL für Maschinenbau und bestand 1988 die Meisterpüfung für KFZ-Technik. Er ist berechtigt Lehrlinge im Betrieb auszubilden und Lehrabschlussprüfungen abzunehmen. Er verfügt über eine hohe fachliche Qualifikation.
Als Kfz-Techniker ist der Beschwerdeführer seit ca. 1985, zunächst im elterlichen Betrieb und seit 1988 als Selbständiger tätig. Seit 1990 bis zum Widerruf war der Beschwerdeführer ermächtigt Prüfgutachten gemäß § 57a KFG auszustellen und stellte in diesem Zeitraum ca. 10.000 Gutachten aus.
Bis zu den strafbaren Handlungen, beginnend im Jahr 2018 gab es diesbezüglich keine Beanstandungen und waren die Kunden des Beschwerdeführers, welche zu ca. 60% Stammkunden sind, mit seiner Arbeit zufrieden. Auch mit Zulieferfirmen gab es keine Probleme.
Beweiswürdigung:
Die Feststellungen gründen in dem unbedenklichen Akt der belangten Behörde sowie des Gerichtsaktes und der durchgeführten öffentlich mündlichen Verhandlung. Ebenso wurde in den vom Landesgericht für Strafsachen *** zu Zl. ***, übermittelten Strafakt Einsicht genommen, insbesondere in sämtliche Verhandlungsprotokolle und das Strafurteil vom 23.Februar 2021.
Die Feststellung betreffend die strafbaren Handlungen und die strafgerichtliche Verurteilung beruht insbesondere auf der Einsichtnahme in den Akt des Landesgerichts für Strafsachen *** zu Zl. *** und das Strafregister der Republik Österreich.
Die Feststellung zum Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen (§ 57a KFG) ergibt sich aus dem im Verwaltungsakt befindlichen Bescheid und wurde seitens des Beschwerdeführers auch nicht bestritten.
Der Beschwerdeführer wurde in der mündlichen Verhandlung persönlich einvernommen.
Zwar hat der Beschwerdeführer auf das erkennende Gericht den Eindruck hinterlassen, dass er sich betreffend die Brandstiftung reuig und einsichtig und ernstlich bemüht zeigt, den Schaden wiedergutzumachen (Anmerkung: der Beschwerdeführer hat tatsächlich bereits einen großen Teil des Schadens gezahlt), doch betreffend die übrigen Straftaten weder schuldeinsichtig, noch reuig noch reflektiert ist.
Der Beschwerdeführer konnte das Gericht weiters nicht überzeugen, dass er die Straftaten aus Unbesonnenheit oder aus Leichtsinn begangen hat. Die Straftaten lassen vielmehr auf eine Haltung des Beschwerdeführers schließen, welche nicht im Einklang ist jene Werte, die durch die Rechtsordnung geschützt sind, zu achten und zeigen auch eine „kriminelle Energie“ des Beschwerdeführers auf.
Darüber hinaus konnte der Beschwerdeführer dem erkennenden Gericht allerdings glaubhaft vermitteln, dass er über eine hohe Qualifikation auf Grund seiner langjährigen Berufserfahrung verfügt. Diese wurde auch von den Zeugen nachvollziehbar und glaubwürdig bestätigt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat wie folgt erwogen:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist – die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen; andernfalls – zufolge § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss. Soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung zu überprüfen und nach § 28 Abs. 2 VwGVG grundsätzlich in der Sache zu entscheiden.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) lauten (auszugsweise) wie folgt:
Gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn sie von einem Gericht verurteilt worden sind, wegen betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (§ 153d StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153e StGB), betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§§ 156 bis 159 StGB) oder wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und die Verurteilung nicht getilgt ist.
Nach § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn auf den Gewerbeinhaber die Ausschlussgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 GewO 1994 zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.
Erwägungen:
Vorab ist festzuhalten, dass die Entziehung der Gewerbeberechtigung keinen Strafzwecken dient, sondern stellt eine administrative Maßnahme dar, die den Zweck verfolgt, das Vertrauen der Kunden und Geschäftspartner von Gewerbetreibenden in die Zuverlässigkeit der Gewerbeausübung zu sichern (VwGH 24. März 2004, Zl. 2004/04/0031).
Bei dem Entziehungstatbestand des § 87 Abs 1 Z 1 GewO 1994 handelt es sich um einen Entziehungstatbestand allgemeiner Natur, der auf Inhaber aller Gewerbe zutreffen kann. Bei der Entziehung der Gewerbeberechtigung handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, die nicht im Ermessen der Behörde liegt (arg; „[…] ist […] zu entziehen […]“; Stolzlechner u.a., GewO4, § 87, Rz 2). Der Entziehungstatbestand des § 87 Abs 1 Z 1 GewO besteht aus zwei Tatbestandselementen: Einerseits muss einer der in § 13 Abs 1 oder 2 GewO angeführten Ausschlussgründe (nicht getilgte strafgerichtliche Verurteilung im Mindestausmaß von drei Monaten) zutreffen, andererseits muss nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des verurteilten Gewerbeinhabers die Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat bei der Ausübung des Gewerbes zu befürchten sein (Prognoseentscheidung).
Durch die Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 Jahren, wovon 2 Jahre bedingt nachgesehen wurden, liegt unzweifelhaft das erste Tatbestandselement vor, wobei die Dauer der Freiheitsstrafe das für die Entziehung gesetzlich normierte Mindeststrafmaß von drei Monaten um das Zwölffache übersteigt. Eine Tilgung liegt nicht vor. Somit ist auch § 13 Abs. 1 Z 2 GewO 1994 erfüllt ist. Die zum Tatbild des § 87 Abs 1 Z 1 GewO gehörenden Verurteilungen müssen nicht Delikte betreffen, die bei der Ausübung oder im Zusammenhang mit der Ausübung des Gewerbes begangen wurden, jede strafbare Handlung ist beachtlich. Auch eine im privaten Zusammenhang begangene Tat ist relevant. (Stolzlechner, aaO, Rz 5).
An das vorliegende Urteil ist die Behörde gebunden, lediglich die übrigen Tatbestandvoraussetzungen können seitens der Behörde selbständig geprüft werden. Für das gewerbebehördliche Entziehungsverfahren sind gerichtliche Aussprüche über die bedingte Strafnachsicht grundsätzlich nicht von Relevanz, die Gewerbebehörde hat eigenständig eine Prognose zu erstellen.
Die Eigenart der begangenen strafbaren Handlung muss im Zusammenwirken mit der Persönlichkeit des verurteilten Gewerbeinhabers die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei der Ausübung des Gewerbes in der Zukunft mit gutem Grund befürchten lassen. Bei Prüfung der Frage des Tatbestandsmerkmals der Befürchtung, der Verurteilte werde die gleiche oder eine ähnliche Straftat bei der Ausübung des Gewerbes begehen, ist sowohl auf die Eigenart der strafbaren Handlung als auch auf das Persönlichkeitsbild des Verurteilten Bedacht zu nehmen. Hierbei kommt es nicht auf die Befürchtung an, es könne eine gleiche oder ähnliche Straftat unter Verwirklichung des gleichen Lebenssachverhalts begangen werden, es ist bei der Prognoseentscheidung das Wohlverhalten des Betroffenen zu berücksichtigen; auf den seit Begehung des Delikts verstrichenen Zeitraum ist abzustellen (Stolzlechner, aaO, Rz 8).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Prognose nicht darauf an, dass die Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat kaum zu befürchten ist. Für die Verneinung des Vorliegens dieser Tatbestandsvoraussetzungen ist vielmehr entscheidend, dass die in der (durch die fragliche Straftat manifestierte) Persönlichkeit begründete Befürchtung der Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei der Ausübung des Gewerbes eben gar nicht besteht (vgl. VwGH 9. Mai 2001, 2001/04/0072; 26. April 2000, 2000/04/0068; 8. Mai 2002, 2002/04/0030).
Hiezu ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer die gegenständlichen Straftaten - was sich aus der Vorgangsweise, des langen Zeitraumes der strafbaren Handlungen, und dem Alter des Beschwerdeführers bei den Tatbegehungen (über 50 Jahre) - in einem Alter begangen hat, in welchem, die Persönlichkeitsentwicklung bereits abgeschlossen ist und unbesonnene Handlungen wie in der Jugend nicht mehr vorkommen, weil man in der Lage ist, alle Konsequenzen der eigenen Handlungen klar zu erkennen und dieser Erkenntnis gemäß zu handeln. Der Beschwerdeführer hätte daher stets die Möglichkeit gehabt, sich rechtskonform und im Einklang mit der Rechtsordnung zu verhalten.
Bei der Prognoseentscheidung sind aber auch alle äußeren Umstände zu berücksichtigen, die auf die Persönlichkeitsentwicklung der betroffenen Person – sei es im positiven oder negativen Sinn – von Einfluss sein können. Diese sind mit der Eigenart und Schwere begangener Straftaten sowie stets im Hinblick auf die Frage abzuwägen, ob mit begründeter Wahrscheinlichkeit noch die Befürchtung besteht, dass der Gewerbeinhaber bei der (weiteren) Ausübung des Gewerbes gleiche oder ähnliche Straftaten begehen wird. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Prognostizierung das Wohlverhalten des Betroffenen zu berücksichtigen. Dabei wurde „auf den seit der Begehung der Delikte verstrichenen Zeitraum“, oder auf den Zeitraum seit der Verurteilung abgestellt (vgl. VwGH 18. Mai 2016, Ra 2016/04/0046; VwGH 9. September 2015, Ro 2014/04/0012; VwGH 6. Oktober 2009, 2009/04/0262; VwGH 11. November 1998, 98/04/0174; VwGH 29. April 2014, 2013/04/0150). Nach der Rechtsprechung des OGH ist dem Wohlverhalten des Täters in Zeiten, in denen er sich nicht frei von Strafverfolgung glauben kann, keine oder nur geringe Bedeutung zuzumessen. Dies betrifft vor allem Zeiträume, in denen noch immer ein Strafverfahren oder ein sonstiges eigenes Interesse betreffendes Verfahren – etwa ein Verfahren über die Entziehung einer Berechtigung – anhängig ist (vgl. OGH 25. August 1993, 13 Os 83/93 mwV; OGH 14. Jänner 1987, 1 Ob 37/86, uvm). Dies gilt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gleichermaßen für den seit der Begehung der Delikte verstrichenen Zeitraum, wenn er in erheblichem Ausmaß in Haft verbracht wurde (vgl. VwGH 5. September 2001, Zl. 2001/04/0116).
Im Zusammenhang damit ist auszuführen, dass die Schadenswiedergutmachung betreffend die Brandstiftung jedenfalls positiv berücksichtigt wird.
Andererseits aber, da die gegenständliche Verurteilung erst im Februar 2021 stattgefunden hat und die Begehung der letzten Tat erst im Juli 2020 war, seither zu wenig Zeit vergangen ist, um von einem Wohlverhalten des Beschwerdeführers ausgehen zu können.
Auch zeigt sich der Beschwerdeführer in der Verhandlung betreffend die übrigen Straftaten des Amtsmissbrauches und der versuchten Nötigung weder schuldeinsichtig, noch reflektiert er sein Verhalten.
Aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers kann derzeit nicht der Schluss gezogen werden, dass die in der durch die fragliche Straftat manifestierten Persönlichkeit begründete Befürchtung der Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei der Ausübung des Gewerbes durch den Beschwerdeführer eben gar nicht besteht (vgl. dazu Erkenntnis des VwGH vom 09.05.2001, 2001/04/0072, u.a.).
Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers, die Maßnahme des Widerrufs der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen sei ausreichend gewesen, um ihn von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten sowie im weiteren Berufsleben nicht mehr mit der Erlassung von Prüfgutachten in Berührung kommen werde, ist festzuhalten, dass aufgrund des recht langen Tatzeitraumes der Begehung des Amtsmissbrauchs (ca. 2 Jahre) nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer im weiteren Berufsleben nicht erneut die Begehung eines ähnlichen Deliktes im Zusammenhang mit der Ausübung seines Gewerbes begehen wird. Zudem ist anzumerken, dass bei der Ausübung des Gewerbes der KFZ-Technik die ordnungsgemäße Reparatur und Schadensbehebung von Kraftfahrzeugen im Vordergrund steht. Es ist weiters auszuführen, dass die Ausübung des gegenständlichen Gewerbes vielfältige Möglichkeiten zur Begehung eines ähnlichen Deliktes, wie z.B. eines Betrugsdeliktes (z.B. Kunden, Lieferanten, Sozialversicherungsträger, etc..) bietet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich der Beschwerdeführer im elektronisch überwachten Hausarrest befindet. Insbesondere ist diesbezüglich festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in Zusammenhang mit der Ausübung des Gewerbes KFZ-Technik (Reparatur und Überprüfung von KFZ) eine besondere Verantwortung in Hinblick auf die Schutzinteressen seiner Kunden, wie zum Beispiel die Verkehrs- und Betriebssicherheit von Fahrzeugen sowie die verkehrs- und betriebssichere Teilnahme am öffentlichen Verkehr, weiterhin zu tragen hat.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat das Gericht das Vorliegen der Entziehungsvoraussetzungen selbständig zu beurteilen. Auch der gerichtliche Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht enthebt das Gericht nicht von der Verpflichtung selbständig zu beurteilen, ob alle weiteren gesetzlichen Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung vorliegen (vgl. VwGH 28.01.1997, 96/04/0287 u.a.). Die Überlegungen des Gerichts im Hinblick auf die Anwendung der bedingten Strafnachsicht dürfen dabei aber auch nicht schematisch außer Betracht bleiben, sondern bedarf es bei Vorliegen besonderer Umstände im Entziehungsverfahren näherer Erörterungen, weshalb – ungeachtet der günstigen Prognose durch das Strafgericht – die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung dennoch erfüllt sind.
Hiezu ist auszuführen, dass das Landesgericht für Strafsachen dem Beschwerdeführer im Rahmen der Strafzumessung seinen bisher ordentlichen Lebenswandel, sein Geständnis zur Brandstiftung, die teilweise objektive Schadensgutmachung und das Faktum, dass es bei der Nötigung beim Versuch geblieben ist, mildernd berücksichtigt hat. Erschwerend war allerdings, das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit einem Vergehen und die Vielzahl an Angriffen zum Missbrauch der Amtsgewalt.
Zwar hat das Strafgericht darüber hinaus auch das einsichtige reuige Verhalten betreffend die Brandstiftung und die hohe Qualifikation des Beschwerdeführers gewürdigt, mit der Tatsache, dass auf Grund des Widerrufes der Ermächtigung er auch keinen Amtsmissbrauch mehr begehen kann, doch spricht das Strafgericht andererseits dennoch eine hohe Strafe aus, nämlich eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren (bei einem Strafrahmen bis zu 10 Jahren), wobei ein Teil der verhängten Strafe im Ausmaß von zwei Jahren unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Über den Beschwerdeführer wurde eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren, wovon ein Jahr unbedingte Freiheitsstrafe verhängt. Die bedingte Nachsicht bezieht sich nicht auf die unbedingte Freiheitsstrafe. Darüber hinaus wurden keine besonderen Umstände seitens des Beschwerdeführers vorgebracht, welche im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen wären. Der Vollzug in Form des elektronisch überwachten Hausarrest ändert daran nichts. Dieser wird auf Antrag bewilligt, wenn der Verurteilte im Inland über eine geeignete Unterkunft verfügt und einer geeigneten Beschäftigung nachgeht und Einkommen bezieht, mit dem er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann und Kranken- und Unfallversicherungsschutz hat. Es stellt eine besondere Form des Strafvollzuges dar, und betrifft die über den Beschwerdeführer verhängte unbedingt einjährige Freiheitsstrafe. Die Judikatur des VwGH bezieht sich dagegen auf Überlegungen des Gerichts im Hinblick auf die Anwendung der bedingten Strafnachsicht.
Letztlich konnte sohin der Beschwerdeführer nicht davon überzeugen, dass die Begehung einer gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes in einer vergleichbaren Situation mit guten Gründen ausgeschlossen werden kann.
Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (siehe die zitierten Entscheidungen). Insbesondere war der Entscheidung eine einzelfallbezogene Prognose zugrunde zu legen, weshalb der Entscheidung keine Bedeutung über den konkreten Anlassfall hinaus zukommt.
Schlagworte
Gewerbliches Berufsrecht; Kraftfahrzeugtechnik; Gewerbeberechtigung; Entziehung; Prognoseentscheidung;Anmerkung
VwGH 17.01.2022, Ra 2022/04/0001-4, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1277.001.2021Zuletzt aktualisiert am
21.01.2022