Entscheidungsdatum
17.06.2021Norm
BFA-VG §18 Abs2 Z1Spruch
L524 2160357-2/2Z
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA Irak, vertreten durch RA Mag. Sarah KUMAR, Schießstattgasse 30/1, 8010 Graz, gegen Spruchpunkt V. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.05.2021, Zl. 10710177037210561711:
A) beschlossen:
Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.
zu Recht erkannt:
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt V. wird stattgegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos aufgehoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Feststellungen:
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 03.05.2021, Zl. 1071017703-210561711, wurde gemäß § 56 AsylG der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt VI.).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 01.06.2021.
Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde mit Schreiben vom 08.06.2021 (eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 14.06.2021) vor.
II. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus dem angeführten Bescheid und der Beschwerde.
III. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zurückweisung des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Im Rahmen des § 18 BFA-VG kann sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des BFA über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG wenden. Neben diesem Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren ist ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG gesetzlich nicht vorgesehen. Es kann dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG ist somit unzulässig (vgl. VwGH 20.09.2017, Ra 2017/19/0284).
Der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher zurückzuweisen.
Zu A) Stattgabe der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt V. (aufschiebende Wirkung):
1. Über die gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG erhobene Beschwerde ist mit Erkenntnis zu entscheiden (vgl. VwGH 19.09.2019, Ra 2019/21/0224).
2. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
§ 18 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:
„Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde
§ 18. (1) …
(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3. Fluchtgefahr besteht.
(3) – (6) …
(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“
3. Die belangte Behörde stützt die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides auf § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es zur Begründung der Notwendigkeit der sofortigen Ausreise nicht, dafür auf eine – die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende – Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort – ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens – zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren. Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (vgl. VwGH 28.05.2020, Ra 2020/21/0128, Rn. 18; 16.01.2020, Ra 2019/21/0360, Rn. 18; 04.04.2019, Ra 2019/21/0053, Rn. 12).
Derartige besondere Umstände, die nicht nur ein öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung begründen, sondern darüber hinaus ihren sofortigen Vollzug erfordern, hat das BFA nicht aufgezeigt.
Das BFA führt nur – ohne erkennbaren Bezug zum konkreten Fall – aus, es müsse wegen des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers „fundiert“ davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer im Falle der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde diese Zeit nutzen würde, um weiterhin die österreichische Rechtsordnung zu missachten, wie er es auch bisher getan habe. Weiters wurde auf die Begründung zur Erlassung des Einreiseverbots verwiesen. Die Begründung des BFA zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfüllt damit nicht die gesetzlichen Anforderungen gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG.
Es sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, weshalb die Aufenthaltsbeendigung sofort – ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens – zu erfolgen hat (vgl. VwGH 19.09.2019, Ra 2019/21/0224).
Der Beschwerde war daher stattzugeben und Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides ersatzlos aufzuheben.
Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung ersatzlose Behebung Teilerkenntnis unzulässiger Antrag ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:L524.2160357.2.00Im RIS seit
29.12.2021Zuletzt aktualisiert am
29.12.2021