TE Bvwg Erkenntnis 2021/11/18 W209 2237007-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.11.2021
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Entscheidungsdatum

18.11.2021

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
AlVG §1 Abs8
ASVG §4
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
ASVG §4 Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W209 2237007-1/38E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Held Berdnik Astner & Partner Rechtsanwälte GmbH, Rooseveltplatz 10, 1090 Wien, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Wien, vom 02.10.2020, GZ: VA-VR 40228130/19-Mag.Gr, betreffend Einbeziehung des XXXX , SVNR XXXX , in die Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und in die Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. a Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) hinsichtlich seiner für die Beschwerdeführerin im Zeitraum von 29.05.2018 bis 31.07.2019 ausgeübten Tätigkeit nach am 30.09.2021 und 12.11.2021 durchgeführter mündlicher Verhandlung zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und festgestellt, dass XXXX , SVNR XXXX , hinsichtlich seiner im Zeitraum von 29.05.2018 bis 31.07.2019 für die Beschwerdeführerin ausgeübten Tätigkeit weder der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 bzw. der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 4 ASVG noch der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. a bzw. Abs. 8 AlVG unterliegt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 02.10.2020 sprach die belangte Behörde (im Folgenden ÖGK) über Antrag des XXXX (im Folgender: Erstmitbeteiligter) aus, dass dieser aufgrund seiner Beschäftigung bei der XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) von 29.05.2018 bis 31.07.2019 der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG sowie der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterliege.

Begründend führte die ÖGK aus, dass im gegenständlichen Fall nicht vom Vorliegen der Verpflichtung zur Leistung eines Werkes auszugehen sei und auch seitens der Dienstgeberin kein diesbezügliches Vorbringen erstattet worden sei. Es seien vielmehr Dienstleistungen geschuldet worden. Die Tätigkeit habe darin bestanden, Energielieferungsverträge zu vermitteln. Bei Vertragsabschluss hätten weder die konkrete Anzahl der zu vermittelnden Verträge noch ein konkreter Termin, bis zu welchem das „Werk“ zu erbringen war, festgestanden. Der Erstmitbeteiligte sei im spruchgegenständlichen Zeitraum auf Basis einer auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vereinbarung, die eine dreimonatige Kündigungsfrist vorsehe, laufend und regelmäßig zur Vermittlungstätigkeit verpflichtet gewesen. Er habe ein Bemühen und nicht ausschließlich einen Erfolg geschuldet, nämlich während seiner Arbeitszeiten möglichst viele Vertragsabschlüsse zu lukrieren. Es handle sich bei den festgestellten Tätigkeiten auch nicht um im Vorhinein bestimmbare Endprodukte. Es sei auch kein Maßstab erkennbar, nach welchem für den Werkvertrag typische Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden könnten.

Für die Beantwortung der Frage, ob ein auf einem Vertrag beruhendes Beschäftigungsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit besteht, seien auch die „wahren Verhältnisse“ maßgeblich, d.h. ob bei der tatsächlichen und nicht bloß vereinbarten Art der Beschäftigung die Kriterien persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen. Dabei könne zunächst davon ausgegangen werden, dass der Vertrag seinem Wortlaut entsprechend durchgeführt wird. Soweit der Inhalt eines Vertrages von den tatsächlichen Gegebenheiten nicht abweicht, sei der Vertrag als Teilelement der vorzunehmenden Gesamtbeurteilung (anhand der in der Judikatur herausgearbeiteten Kriterien) in diese einzubeziehen, weil er die von den Parteien in Aussicht genommenen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar werden lasse (VwGH 17.11.2004, 2001/08/0131). Weichen die „wahren Verhältnisse“ jedoch vom Vertrag ab, dann sei dies ein Indiz dafür, dass nur ein Scheinvertrag vorliegt. Eine Scheinvereinbarung sei von vornherein als Grundlage für die Beurteilung der Versicherungspflicht nicht geeignet (VwGH 13.08.2003, 99/08/0174). Insoweit komme es daher auf die tatsächlichen Verhältnisse an (VwGH 18.08.2015, 2013/08/0121).

Das vertraglich Vereinbarte (ON 11, insb. Punkt 1.1.) weiche in mehreren, für die Beurteilung der Versicherungspflicht maßgeblichen Punkten, von den wahren Verhältnissen ab. Insbesondere habe der Erstmitbeteiligte seine Vermittlungstätigkeit entgegen der zwischen der Beschwerdeführerin und ihm abgeschlossenen Vereinbarung vom 17.05.2018 weder hinsichtlich des Ortes und der Zeit seiner Tätigkeit sowie des sonstigen auf seine Arbeit bezogenen Verhaltens völlig frei wählen dürfen, noch habe ein freies Vertretungsrecht bestanden.

Ob bei der Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Arbeitsempfänger gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, hänge davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder – wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages, eines freien Dienstvertrages oder einer familienrechtlichen oder familienhaften Mitarbeit) – nur beschränkt sei. Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung seien prinzipiell nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht, während das Fehlen anderer Umstände (wie zum Beispiel die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließe (vgl. VwGH 28.04.1988, 84/08/0002, u.a.).

Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG (und damit für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis) sei die persönliche Arbeitspflicht. Fehle sie, dann liege ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG schon deshalb nicht vor (VwGH 25.04.2007, VwSlg. 17.185/A, VwGH 25.04.2013, 2013/08/0093; VwGH 15.04.2013, 2013/08/0124). Sie fehle dann, wenn dem zur Leistung Verpflichteten ein „generelles Vertretungsrecht“ zukommt, wenn er also jederzeit nach Gutdünken beliebige Teile seiner Verpflichtung auf Dritte überbinden kann. Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis könne nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen bzw. ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen. Keine generelle Vertretungsberechtigung stelle die bloße Befugnis eines Erwerbstätigen dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, z.B. im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubs oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen; ebenso wenig die bloß wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen (VwGH 2012/08/0100; VwGH 2013/08/0093). Die Vereinbarung eines Vertretungsrechts könne – unter dem Gesichtspunkt der Beurteilung von Sachverhalten in wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 539a ASVG) – die persönliche Arbeitspflicht nur dann ausschließen, wenn diese Befugnis entweder in der Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses auch tatsächlich gelebt worden wäre oder wenn die Parteien bei Vertragsabschluss nach den Umständen des Einzelfalles zumindest ernsthaft damit hätten rechnen können, dass von der generellen Vertretungsbefugnis auch tatsächlich Gebrauch gemacht werden würde und die Einräumung dieser Vertretungsbefugnis nicht mit anderen vertraglichen Vereinbarungen im Widerspruch stünde (VwGH 17.10.2012, 2010/08/0256, mwN).

Den Feststellungen folgend habe sich der Erstmitbeteiligte nicht jederzeit nach Gutdünken von irgendeiner geeigneten Ersatzperson vertreten lassen können, sondern habe der Einsatz „eigener Mitarbeiter“ oder Vertriebspartner vielmehr die Verständigung und Zustimmung der Dienstgeberin erfordert. Wie das Beweisverfahren ergeben habe, habe der Erstmitbeteiligte nur in einem eingeschränkten Zeitraum eigene Mitarbeiter und Vertriebspartner eingesetzt (vgl. Punkt 8. in ON 27: von 21.12.2018 bis 28.02.2019) und habe es sich dabei selten um Vertretungen gehandelt, sondern hätten diese meistens mit ihm gemeinsam und gleichzeitig am selben Ort gearbeitet (vgl. Punkt 9. in ON 27). An dieser Stelle sei angemerkt, dass auch für diese Personen die Diensteinteilung aus der Sphäre des Dienstgebers, nämlich durch Herrn XXXX (im Folgenden: C.L.) bzw. Frau XXXX (im Folgenden: M.K.), und nicht etwa durch den Erstmitbeteiligten selbst erfolgt sei. Letztlich hätten diese Personen ebenfalls zum „Arbeitskräftepool“ der Dienstgeberin gehört (vgl. VwGH Ro 2019/08/0003). Von einer generellen Vertretungsbefugnis im Sinne der ständigen Rechtsprechung könne daher keine Rede sein. Es habe nicht ernsthaft damit gerechnet werden können, dass von der generellen Vertretungsbefugnis auch tatsächlich Gebrauch gemacht werden würde. Dagegen sprächen insbesondere die erforderliche Einschulung in die Tätigkeit, der zentral erstellte Dienstplan, die verwendeten Namensschilder und die Zugangsdaten zur Vertragsabrechnungssoftware, die von der Dienstgeberin zur Verfügung gestellt worden seien, die teilweise verpflichtende Teilnahme an regelmäßigen Meetings und Schulungen etc. Ebenso dagegen spreche, dass hinsichtlich der Tätigkeit der „selbständigen Vertriebspartner“ und der angestellten Mitarbeiter mit Ausnahme der Entlohnungsform (Provision vs. fixes Gehalt) sowie der Bekanntgabe von Präferenzen bei der Diensteinteilung kein wesentlicher Unterschied bestanden habe.

Die persönliche Arbeitspflicht fehle aber auch dann, wenn einem Beschäftigten ein „sanktionsloses Ablehnungsrecht“ zukommt, wenn er also die Leistung bereits übernommener Dienste jederzeit nach Gutdünken ganz oder teilweise sanktionslos ablehnen kann. Der Empfänger der Dienstleistungen könne unter solchen Umständen nicht darauf bauen und entsprechend disponieren, dass dieser Beschäftigte an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit für Dienstleistungen vereinbarungsgemäß zur Verfügung steht (VwGH 25.06.2013, 2013/08/0093). Selbst eine ausdrücklich vereinbarte Befugnis des Beschäftigten, auch bereits zugesagte Arbeitseinsätze jederzeit nach Gutdünken sanktionslos ablehnen zu können, stünde nämlich im Verdacht, ein „Scheingeschäft“ zu sein, wenn eine solche Vereinbarung mit den objektiven Anforderungen der Unternehmensorganisation nicht in Einklang zu bringen wäre (§§ 539 und 539a ASVG).

Dem Erstmitbeteiligten sei es bei den Einsätzen in XXXX filialen gerade nicht möglich gewesen, bereits zugesagte Einsatztage jederzeit sanktionslos abzulehnen. Die Ablehnung solcher Einsätze habe vielmehr eine Pönale von EUR 250,00 zur Folge gehabt.

Dass der Erstmitbeteiligte an zahlreiche Vorschriften über die Arbeitszeit, den Arbeitsort und das arbeitsbezogene Verhalten gebunden gewesen und diesbezüglich den Weisungen und der Kontrolle der Dienstgeberin unterlegen sei, ergebe sich insbesondere aus dem vorgelegten WhatsApp-Chatprotokoll der von C.L. als „Gruppenleiter“ erstellten und geleiteten WhatsApp Gruppe „Promotruppe“ als auch aus den vorgelegten Richtlinien und Leitfäden.

Fakt sei, dass alle Arbeitskräfte unabhängig von ihrem arbeitsrechtlichen Status gleichermaßen in den Dienst eingeteilt worden seien, die Tätigkeit stets mindestens zu zweit an einem Stand ausgeübt worden sei, Besprechungen und Meetings regelmäßig stattgefunden hätten, der Arbeitsablauf im Detail vorgegeben gewesen sei und mehrmals Verhaltensregeln aufgestellt und in Erinnerung gerufen worden seien. Auch sei hervorgekommen, dass diesbezüglich Druck ausgeübt und Konsequenzen bei Nichteinhaltung angedroht worden seien. Aufgrund dieser Vorgaben habe der Erstmitbeteiligte in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung auch keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum gehabt. Anhand der geschilderten Kriterien sei er auch in die betriebliche Organisation im Sinne der Judikatur des VwGH eingebunden gewesen, was ebenfalls für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses spreche (VwGH Ra 2019/08/0171). Strukturen einer betrieblichen Organisation, in die eine Einbindung erfolgen könne, würden sich z.B. in einem durch die Erfordernisse des Betriebs vorgegebenen Ablauf, in einer aufeinander abgestimmten Tätigkeit mehrerer Mitarbeiter oder in der Anwesenheit von Vorgesetzten an der Arbeitsstätte manifestieren. Die bloße Nutzung von Einrichtungen des Auftraggebers (betriebliches Areal, Arbeitskleidung) bei Fehlen der genannten Strukturen stelle für sich allein keine Einbindung in eine betriebliche Organisation dar. Maßgeblich sei insbesondere, ob von der aus Infrastruktur und beteiligten Personen gebildeten organisatorischen Einheit ein personenbezogener Anpassungsdruck auf den darin eingebundenen Erwerbstätigen ausgehe, indem z.B. ein Abweichen vom geforderten persönlichen Verhalten (bzw. eine dadurch bewirkte Störung der betrieblichen Abläufe) entsprechende Maßregelungen oder Sanktionen nach sich ziehen könnte. Bei Beschäftigten, die ihre Tätigkeit disloziert, das heißt außerhalb einer Betriebsstätte oder überwiegend in Abwesenheit des Dienstgebers ausüben, stelle sich die Frage der Weisungsgebundenheit im Hinblick auf das arbeitsbezogene Verhalten vor allem durch eine die Bestimmungsfreiheit einschränkende Kontrollmöglichkeit (z.B. durch ständige telefonische Kontaktaufnahmen, VwGH 2010/08/0083) bzw. auf das Ergebnis derartiger Kontrollen aufbauende persönliche Weisungen. Nach den Feststellungen habe nicht nur die Möglichkeit zur Kontrolle bestanden, sondern hätten auch tatsächlich regelmäßig Kontrollen stattgefunden.

Bei näherer Betrachtung der zwischen der Beschwerdeführerin und dem Erstmitbeteiligten geschlossenen schriftlichen Vereinbarung ergebe sich außerdem eine ausgeprägte Abhängigkeit zur Beschwerdeführerin schon daraus, als es dieser freigestanden sei, ohne Angabe von Gründen einen Vertragsabschluss mit vermittelten Kunden abzulehnen, was somit ohne Einflussnahme des Vertriebspartners zu einem Verlust, ja sogar zu einer Rückzahlungsverpflichtung von Provisionen führen hätte können.

Außerdem sei es dem Erstmitbeteiligten als Vertriebspartner während der Dauer der auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vereinbarung untersagt gewesen, direkte oder indirekte Aktivitäten zur Vermittlung von Energielieferverträgen für andere Partner oder Lieferanten durchzuführen, was zu einer massiven Einschränkung seiner „selbständigen“ Tätigkeit geführt habe, zumal auch eine dreimonatige Kündigungsfrist darin verankert worden sei.

Dass der Erstmitbeteiligte bei der Diensteinteilung Verfügbarkeiten bekannt geben habe können, in einem beschränkten Zeitraum eigene Vertriebspartner und Mitarbeiter eingesetzt habe und kein Mindeststundenausmaß vereinbart worden sei, möge zwar als Argument gegen das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit gewertet werden. Aufgrund des determinierten Arbeitsablaufes, des geringen Gestaltungsspielraums, der zahlreichen Vorgaben und Kontrollen, der regelmäßigen und gemeinsamen Ausübung der Tätigkeit mit anderen für die Dienstgeberin tätigen Personen (Selbständige und Unselbständige), der Einteilung zu einer bestimmten Vertriebspartnergruppe, der Teilnahmeverpflichtung an regelmäßigen Meetings und Schulungen, des Umstandes, dass der Erstmitbeteiligte in diesem Zeitraum ausschließlich für die Beschwerdeführerin tätig gewesen sei und einem Konkurrenzverbot unterlegen sei, sowie des Fehlens einer generellen Vertretungsbefugnis ergebe sich für das gegenständliche Verfahren bei einer Gesamtbetrachtung nach der Methodik des beweglichen Systems, dass die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nach überwiegen (VwGH Ro 2019/08/0003).

Neben der persönlichen Abhängigkeit sei die wirtschaftliche Abhängigkeit das zweite Tatbestandsmerkmal des Dienstnehmerbegriffes. Die wirtschaftliche Abhängigkeit im sozialversicherungsrechtlichen Sinne bedeute das Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel. Die wirtschaftliche Abhängigkeit bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen sei die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (VwGH 2004/08/0066). Nach den Feststellungen seien sämtliche zur Ausübung der Tätigkeit notwendigen Betriebsmittel von der Dienstgeberin zur Verfügung gestellt worden. Der Erstmitbeteiligte habe lediglich manchmal seinen privaten Laptop und sein privates Tablet verwendet, welche jedoch nicht in das Betriebsvermögen aufgenommen worden seien.

Der Erstmitbeteiligte habe glaubhaft darlegen können, dass er ursprünglich bei Abschluss der schriftlichen Vereinbarung mit der Beschwerdeführerin davon ausgegangen sei, dass es sich um eine selbständige Tätigkeit handle, und dass er aus diesem Grund die XXXX e.U. ins Firmenbuch eintragen lassen habe, weil er zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen sei, dass er in weiterer Folge mit mehreren Unternehmen zusammenarbeiten würde und somit einen professionellen Auftritt mit eigener Marke erreichen werde. Fakt sei jedoch, dass die Tätigkeit in der Praxis anders gelebt worden sei, als vertraglich vereinbart bzw. möglicherweise ursprünglich geplant (vgl. § 539a ASVG). Wie festgestellt, sei es seitens des Erstmitbeteiligten schlussendlich auch nicht dazu gekommen, dass dieser eine eigene betriebliche Struktur geschaffen hat. Das Unternehmen des Erstmitbeteiligten habe weder Betriebsräumlichkeiten (die Betriebsadresse habe der Wohnadresse entsprochen) gehabt, noch seien irgendwelche Betriebsmittel ins Betriebsvermögen aufgenommen worden. Nach Beendigung der Tätigkeit für die Beschwerdeführerin sei das Unternehmen aus dem Firmenbuch gelöscht und die Gewerbeberechtigungen zurückgelegt worden.

Wenn die Beschwerdeführerin vorbringe, die Entlohnung sei auf Provisionsbasis erfolgt, sei anzumerken, dass die Gewährung eines leistungsbezogenen Entgeltes einem Dienstverhältnis nicht entgegenstehe (VwGH 2007/08/0041, Rechtssatz 3).

Die Entgeltlichkeit sei kein bloßes Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses, sondern eine weitere Voraussetzung der Vollversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG (VwGH 1205/78). Es sei nicht nur das tatsächlich gezahlte Entgelt (Geld- und Sachbezüge) maßgebend, sondern, wenn es das tatsächlich bezahlte Entgelt übersteigt, jenes Entgelt, auf dessen Bezahlung bei Fälligkeit des Beitrages ein Rechtsanspruch bestanden habe. Ob ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, sei nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen (vgl. VwGH 16.06.2004, 2001/08/0028, VwSlg 16382 A/2004, mwN).

Im gegenständlichen Fall liege die Problematik darin, dass das zwingend gebührende kollektivvertragliche Mindestentgelt nach Zeitabschnitten bemessen, jedoch einzelvertraglich ein Entgelt auf Provisionsbasis vereinbart worden sei. Es lägen keine vollständigen Arbeitszeitaufzeichnungen vor. Auch die vom Erstmitbeteiligten letztlich noch kurz vor Abschluss der Beweisaufnahme nachgereichten, selbst erstellten Arbeitszeitaufzeichnungen seien insofern unvollständig, als darin die reinen Standzeiten an den Promotionsständen, nicht jedoch die Zeiten der Vor-und Nachbearbeitung (Korrespondenz und „Handlungsbedarf“) sowie der Schulungs- und Besprechungszeiten abgebildet werden. Auch ein im Wesentlichen gleichbleibendes regelmäßiges Wochenstundenausmaß ergebe sich daraus nicht. Die Beschwerdeführerin habe keine Stundenaufzeichnungen geführt.

Das tatsächlich bezahlte Entgelt ergebe sich aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Kontobelegen, die sich mit jenen des Erstmitbeteiligten (soweit vorgelegt) decken. Aus diesen ergebe sich jedoch nicht, zu welchem Zeitpunkt der Anspruch auf die Provisionen jeweils entstanden ist bzw. auf welchen Abrechnungszeitraum sich diese beziehen. Im Jahr 2019 sei beispielsweise lediglich eine einmalige Auszahlung erfolgt, während im Jahr 2018 beinahe regelmäßig monatlich eine Überweisung an den Erstmitbeteiligten erfolgt sei. Auch sei für die Beschwerdeführerin und den Erstmitbeteiligten zum jetzigen Zeitpunkt kein Zugriff mehr auf die Abrechnungssoftware möglich, anhand derer festgestellt werden könnte, wann der Provisionsanspruch jeweils entstanden ist. Problematisch sei in diesem Zusammenhang auch, dass der Anspruch auf Provision für die abgeschlossenen Verträge von mehreren Faktoren abhängig gewesen sei und sich dieser daher nicht zwangsläufig in dem Monat des Vertragsabschlusses realisiert habe. Aufgrund der mangelhaften Aufzeichnungen und fehlenden Unterlagen sei eine exakte Zuordnung daher nicht mehr möglich und könne somit auch der Anspruchslohn laut anzuwendendem Kollektivvertrag nicht mehr ermittelt werden.

Aus diesem Grund seien im gegenständlichen Fall die Beitragsgrundlagen in Anlehnung an die herrschende Praxis zur Verrechnung von Ausfallsentgelten bzw. Provisionen (bei kombinierter Entlohnungsform bestehend aus Fixum zuzüglich Provisionen) auf Basis einer Durchschnittsberechnung ermittelt worden.

Eine Entlohnung bloß auf Provisionsbasis sei grundsätzlich zulässig. Kollektivvertragliche Mindestentgelte dürften allerdings (im Jahresbezugsvergleich) durch Provisionsvereinbarungen nicht unterschritten werden (Ortner/Ortner, Personalverrechnung in der Praxis 2015, Rz 169a). Wegen der Schwierigkeit der fiktiven Ermittlung des Entgeltes bei Leistungslöhnen (z.B. Abschlussprovisionen) ziehe das Gesetz (wie § 9 Abs. 4 ARG sowie die inhaltsgleiche Regelung des § 6 Abs. 4 UrlG zeigen würden) die Errechnung eines Durchschnittsbetrages einer weitgehend spekulativen Einzelfallberechnung vor, da der dem ausgefallenen Entgelt eher entspreche, weil die Entgeltentwicklung in einem hinsichtlich der jeweiligen Entgeltform repräsentativen Zeitraum berücksichtigt werde (vgl. VwGH 97/08/0521). Auch der anzuwendende Kollektivvertrag Gewerbe, Handwerk und Dienstleistung sehe in Bezug auf die Anrechnung von Provisionen auf das Mindestgrundgehalt in seinem § 18 vor, dass das Mindestgrundgehalt eines Provisionsbeziehers dann als erreicht gelte, wenn sein Monatsbruttogehalt zuzüglich der jahresdurchschnittlichen Provision das Mindestgrundgehalt der entsprechenden Verwendungsgruppe erreiche.

Auf den gegenständlichen Fall angewendet bedeute dies, dass aus der Summe der jährlichen Provisionszahlungen (2018 insgesamt EUR 5.239,57, 2019 insgesamt EUR 6.129,88) ein Durchschnittsbetrag zu errechnen sei, der angesichts der mangelhaften Aufzeichnungen einer spekulativen Einzelfallberechnung vorzuziehen sei.

Dass der Erstmitbeteiligte u.a. über eine Gewerbeberechtigung für die „Energiekostenberatung“ verfügt habe, sei insofern ohne Belang, als die Innehabung eines Gewerbescheines (und daraus folgend die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG) lediglich bei Vorliegen eines freien Dienstvertrages die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 4 ASVG ausschließe (vgl. § 4 Abs. 4 lit. a ASVG). Es sei auch keineswegs ausgeschlossen, dass ein Dienstverhältnis vorliege, wenn der Dienstnehmer zusätzlich über einen Gewerbeschein verfügt (vgl. z.B. VwGH 2010/08/0129). Auch die SVS habe festgestellt, dass hinsichtlich der Tätigkeit des Erstmitbeteiligten für die Beschwerdeführerin von keiner Zuordnung zum GSVG auszugehen sei.

Bezugnehmend auf die Stellungnahme der Dienstgeberin vom 02.09.2020 (ON 52) sei festzuhalten, dass es im Sinne des § 10 Abs. 1 ASVG nicht darauf ankomme, für welchen Zeitpunkt der Beginn des Arbeitsverhältnisses vereinbart war. Die Pflichtversicherung beginne nicht mit dem vereinbarten Arbeitsbeginn oder gar mit dem Vertragsabschluss selbst, sondern mit dem Tag der tatsächlichen Aufnahme der Beschäftigung (Julcher in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 10 ASVG Rz 40).

Ebenso wenig sei für das Ende der Pflichtversicherung ausschlaggebend, wann die letzte Auszahlung erfolgt ist. Die Pflichtversicherung erlösche nach § 11 Abs. 1 ASVG grundsätzlich mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses (bzw. Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses). Fällt allerdings der Zeitpunkt, an dem der Anspruch auf Entgelt endet, nicht mit dem Zeitpunkt des Endes des Beschäftigungsverhältnisses zusammen, so erlösche die Pflichtversicherung mit dem (früheren oder späteren) Ende des Entgeltanspruchs. Der arbeitsrechtliche Anspruch auf Kündigungsentschädigung sei ein solcher auf Geldbezüge und Sachbezüge im Sinne des § 49 Abs. 1 ASVG. Da die Kündigungsentschädigung aus dem Arbeitsverhältnis hervorgehe und für einen bestimmten Zeitraum nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (und damit des Beschäftigungsverhältnisses) zustehe, sei das Ende dieses Zeitraumes als jenes des Entgeltanspruches im Sinne des § 11 Abs. 1 zweiter Satz in Verbindung mit § 49 Abs. 1 ASVG aufzufassen (VwGH 83/08/0174). Punkt 7.1. der zwischen der Beschwerdeführerin und dem Erstmitbeteiligten geschlossenen Vereinbarung bestimme, dass der auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Vertrag unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Monatsletzten aufgekündigt werden kann. Die zeitwidrige Kündigung löse das Arbeitsverhältnis zum verfehlten Kündigungstermin auf, worauf die Rechtsfolgen des § 29 AngG eintreten würden (RIS Justiz RS0028223). Beim Anspruch auf Kündigungsentschädigung handle es sich nicht um einen Entgelt- (Erfüllungs-), sondern um einen aus dem Gesetz abgeleiteten (Schadens-)Ersatzanspruch, der in der Fortzahlung des vertragsmäßigen Entgelts durch eine bestimmte Zeit hindurch bestehe, nämlich für jenen Zeitraum, der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit oder durch ordnungsgemäße Kündigung durch den Dienstgeber hätte verstreichen müssen (gegenständlich somit der 31.07.2019) (VwGH 13.9.1983, 82/11/0056). Dass nur Provisionseinkünfte, aber kein Fixgehalt bezogen wurde, stehe dem Anspruch auf Kündigungsentschädigung nicht entgegen. Im Zweifel sei diese nach den zuletzt durchschnittlich verdienten Provisionen zu bemessen (OGH 9 ObA 17/08b, RS0124052).

Weil das so errechnete durchschnittliche Einkommen des Erstmitbeteiligten aus der gegenständlichen Tätigkeit im spruchgegenständlichen Zeitraum die jeweilige Geringfügigkeitsgrenze überschritten habe, sei die Vollversicherung eingetreten.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertretung binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde, die im Wesentlichen damit begründet wurde, dass nicht nachvollziehbar sei, wieso die belangte Behörde fälschlich annehme, die selbständige Vertriebspartnertätigkeit wäre als Anstellungsverhältnis zu werten. Die von der Behörde angeführten Merkmale eines Dienstverhältnisses lägen eindeutig nicht vor. Der Erstmitbeteiligte sei nicht persönlich für die Beschwerdeführerin tätig gewesen, sondern über ein Unternehmen, nämlich die XXXX e.U. Persönlich sei er in keinem Vertragsverhältnis mit der Beschwerdeführerin gestanden.

Auch die vertragliche Gestaltung zwischen der Beschwerdeführerin und der RN zeige, dass kein Dienstverhältnis vorliege. Die RN sei weisungsfrei gestellt worden, habe Dienstzeit und Dienstort frei bestimmen können, es sei keine persönliche Arbeitspflicht vorgesehen gewesen und es habe keine bestimmten Vorgaben zu Mindestumsätzen o.ä. gegeben.

Im Weiteren liege der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin auch Korrespondenz vor, aus der klar ersichtlich sei, dass der Erstmitbeteiligte die Vertriebstätigkeit über zwei Angestellte, nämlich Frau XXXX und Frau XXXX durchführen habe lassen – auch das spreche gegen ein Anstellungsverhältnis. Warum es daher nicht zu Einvernahmen der beiden Angestellten des Erstmitbeteiligten gekommen sei, erschließe sich der Beschwerdeführerin nicht und begründe dies einen Mangel des von der Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens. Zur Beurteilung der Sachlage wäre es jedenfalls erforderlich gewesen, die beiden Zeuginnen einzuvernehmen.

Darüber hinaus habe es die Behörde auch unterlassen, sowohl den Erstmitbeteiligten als auch einen informierten Vertreter der Beschwerdeführerin einzuvernehmen. Gerade in einem derartig sensiblen Bereich wie der Frage, ob ein Vertragsverhältnis der Sozialversicherungspflicht unterliegt oder nicht, wäre es nicht nur angezeigt, sondern unbedingt erforderlich gewesen, dass die Beteiligten einvernommen werden, um zu den Details der vertraglichen Gestaltung des Vertragsverhältnisses einerseits und der tatsächlich gelebten Praxis andererseits Fragen stellen zu können.

Hätte die Behörde diese Einvernahmen durchgeführt, hätte sich gezeigt, dass es tatsächlich zu keiner Vorgabe von Arbeitszeit oder -ort gekommen sei, weder Arbeitskleidung noch -mittel vorgegeben gewesen seien, der Erstmitbeteiligte nicht in den Betrieb der Beschwerdeführerin eingegliedert gewesen sei, sondern vielmehr als externer Dienstleister gearbeitet habe, nicht selbst anwesend sein habe müssen, sondern selbständig entscheiden habe können, welche Aufträge er durchführt und welcher Mitarbeiter er sich dafür bedient, und somit insgesamt betrachtet kein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis vorliege.

Das Einholen von schriftlichen Stellungnahmen sowohl der Beschwerdeführerin als auch des Erstmitbeteiligten könne den Anforderungen an ein ordentliches Ermittlungsverfahren nicht gerecht werden und liege im Unterlassen der Einvernahmen ebenfalls ein Mangel des Verfahrens. Die Notwendigkeit der Einvernahmen werde schließlich nochmals durch die Widersprüche in den Angaben des Erstmitbeteiligten sowie des informierten Vertreters der Beschwerdeführerin aufgezeigt. Um diese Widersprüche aufklären zu können, wären Einvernahmen durchzuführen gewesen und nicht beweiswürdigend die schriftliche Stellungnahme einer Partei den Feststellungen zugrunde zu legen gewesen.

Zentraler Punkt der rechtlichen Beurteilung scheine die Annahme zu sein, dass der zwischen dem Erstmitbeteiligten und der Beschwerdeführerin abgeschlossene Vertrag eine ausgeprägte Abhängigkeit des Erstmitbeteiligten von der Beschwerdeführerin begründe, indem die Beschwerdeführerin den Vertragsabschluss mit vermittelten Kunden ohne Angabe von Gründen verweigern könne, was zu einer einseitigen Einflussnahme auf die Höhe der zustehenden Provisionen führen solle. Diese Annahme könne zwar theoretisch nachvollzogen werden, widerspreche aber der Praxis der Energievermittlung. Die Provision für den Subvermittler mache ja nur einen Teil des Honorars des Vermittlers aus. Im konkreten Fall habe die Beschwerdeführerin ja umso mehr Umsatz generiert, umso mehr Umsatz der Erstmitbeteiligte generiert habe und daher ein gesteigertes Interesse daran gehabt, dass der Erstmitbeteiligte möglichst viele Verträge vermittelt und natürlich dafür bezahlt werde. Die vertragliche Vereinbarung sei allerdings notwendig, um sicherzustellen, dass keine wettbewerbswidrigen Vermittlungsmethoden angewendet oder falsche Kundendatensätze verwendet werden.

Bei richtiger Interpretation des Vertrages wäre die Behörde daher zum Ergebnis gelangt, dass das Vertragsverhältnis mit dem Erstmitbeteiligten nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt.

3. Am 18.11.2020 einlangend legte die ÖGK die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

4. Am 30.09.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher die Rechtvertreterin der Beschwerdeführerin und eine Vertreterin der belangten Behörde sowie der Erstmitbeteiligte teilnahmen. Im Rahmen der Verhandlung wurden die Zeugen XXXX (im Folgenden: A.M.), XXXX , XXXX und XXXX zur Tätigkeit des Erstmitbeteiligten befragt. Der geladene Zeuge C.L. erschien unentschuldigt nicht zur Verhandlung. Die Zeugin M.K. sowie der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, Herr XXXX (im Folgenden: M.R.), ließen sich krankheitshalber entschuldigen.

5. Am 12.11.2021 wurde eine weitere Verhandlung durchgeführt, in welcher die Einvernahme des M.R. sowie der Zeugen C.L. und M.K. nachgeholt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Die Beschwerdeführerin war im beschwerdegegenständlichen Zeitraum im Bereich der Energiekostenberatung tätig und vermittelte für den Energielieferanten „ XXXX “ (im Folgenden: EKG) Energielieferverträge, wobei sie sich dafür Subvermittler bediente.

Der Erstmitbeteiligte wurde im beschwerdegegenständlichen Zeitraum auf Basis einer zwischen seinem Einzelunternehmen („ XXXX e.U.“) und der Beschwerdeführerin am 17.05.2018 auf unbestimmte Zeit geschlossenen schriftlichen Vereinbarung für die Beschwerdeführerin als Subvermittler tätig. Seine Hauptaufgabe bestand darin, an sog. Promotionsständen an stark frequentierten Plätzen oder in XXXX filialen im Raum Wien und Niederösterreich Privatkunden für die von der EKG angebotenen Dienstleistungen und Produkte zu akquirieren und Vertragsabschlüsse zu vermitteln. Dabei wurden die Kundendaten in die von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellte Vertragsabrechnungssoftware „energyweb.at“ eingepflegt, aus welcher der aktuelle Bearbeitungsstatus, insbesondere ob noch Handlungsbedarf bestand (z.B. Ergänzung und Korrektur der Verträge, Einholung weiterer Daten etc.) oder ein Vertragsstorno erfolgte, ersichtlich war. Die Bearbeitung dieses Handlungsbedarfs gehörte ebenfalls zum Aufgabengebiet des Erstmitbeteiligten und wurde mit seinem privaten Laptop zu Hause durchgeführt.

Der Erstmitbeteiligte beschäftigte bei der Ausübung seiner Tätigkeit auch Hilfskräfte. Die Ausübung des wesentlichen Teils der Tätigkeit, nämlich die Kundenakquise, erfolgte zumeist gemeinsam mit anderen für die Beschwerdeführerin bzw. mit den für den Erstmitbeteiligten tätigen Personen (teils als Angestellte, teils als selbständige Vertriebspartner) an den Promotionsständen.

Die Arbeitszeit (Datum, Vormittags- oder Nachmittagsschicht) und der Arbeitsort (welcher Standplatz) konnten frei gewählt werden. Die Diensteinteilung wurde von C.L. oder M.K., die als Bindeglied zwischen der Gruppe, in der sich der Erstmitbeteiligte befand, und M.R., dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, fungierten, koordiniert. Die Präferenzen und Verfügbarkeiten hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort fanden weitestgehend Berücksichtigung. Die fertigen Dienstpläne wurden von C.L. wöchentlich im Voraus in die gemeinsame WhatsApp-Gruppe „Promotruppe“ gestellt und waren für die Mitarbeiter auch in der Applikation „Shyftplan“ ersichtlich.

Der Erstmitbeteiligte konnte sich jedoch nicht jederzeit nach Gutdünken durch geeignete Ersatzpersonen vertreten lassen oder Hilfskräfte einsetzen. Der Einsatz „eigener“ Mitarbeiter oder Vertriebspartner, die vom Erstmitbeteiligten entlohnt wurden, erforderte, dass diese auf die oben beschriebene Weise zum Dienst eingeteilt wurden, und bedurften somit zumindest die Verständigung des C.L.

Der Erstmitbeteiligte nahm in regelmäßigen Abständen an Besprechungen und Schulungen in den Räumlichkeiten der Dienstgeberin teil. Diese waren zum Teil verpflichtend.

Weisungen betreffend das arbeitsbezogene Verhalten, wie etwa die Aufforderung, pünktlich an den Ständen zu erscheinen, sich dort auf eine bestimmte Weise zu kleiden oder zu verhalten, gab es nur im Zusammenhang mit der Tätigkeit auf Promotionsständen in den XXXX filialen ab Herbst 2018, wobei die Weisungen auf entsprechenden Vorgaben seitens XXXX und XXXX beruhten. Die Einhaltung wurde von C.L. kontrolliert. Im Tätigkeitszeitraum davor gab es keine derartigen Vorschriften.

Der Erstmitbeteiligte war zur Geheimhaltung verpflichtet und unterlag – soweit er auf den Promotionsständen von Auftraggebern der Beschwerdeführerin tätig wurde – einer Konkurrenzklausel. Vertraglich war auch eine dreimonatige Kündigungsfrist vereinbart.

Die wesentlichen, zur Ausübung der Tätigkeit notwendigen Betriebsmittel, wie die Promotionsstände, Tablets samt Vertragsabrechnungssoftware inklusive Zugangsdaten, Vertragsunterlagen und Informationsblätter, Werbematerialien, Namensschilder, Klemmbretter und Kugelschreiber sowie T-Shirts mit Logo der Auftraggeber wurden ebenso wie die Räumlichkeiten für die Schulungen und Meetings von der Beschwerdeführerin bzw. ihren Auftraggebern zur Verfügung gestellt.

Der Erstmitbeteiligte verfügte im beschwerdegegenständlichen Zeitraum über keine eigene betriebliche Infrastruktur.

Die Entlohnung erfolgte auf Basis eines von der Dienstgeberin festgesetzten Provisionssatzes pro erfolgreich vermitteltem Energieliefervertrag, welcher im Zeitraum vom 29.05.2018 bis 31.01.2019 EUR 40,00 und im Zeitraum vom 01.02.2019 bis 31 07.2019 EUR 50,00 betrug. Von der Beschwerdeführerin wurde monatlich eine Stornoreserve in der Höhe von 20 % der monatlichen Provisionssumme einbehalten und nach sechs Monaten mit den tatsächlichen Storni gegengerechnet. Von den „eigenen“ Mitarbeitern und Vertriebspartnern konnte ein Teil der Provision einbehalten werden. Die Ablehnung bereits zugesagter Dienste in den XXXX filialen hatte eine Pönale von EUR 250,00 zur Folge.

Der Erstmitbeteiligte war im beschwerdegegenständlichen Zeitraum – mit Ausnahme einer Tätigkeit als Nacht-Rezeptionist (Night Audit) in einem Hotel – ausschließlich für die Beschwerdeführerin tätig. Er war Inhaber der mittlerweile gelöschten Firma XXXX e.U. (FN XXXX ) und im Besitz mehrerer Gewerbeberechtigungen (u.a. Energiekostenberatung), welche allesamt mit 05.09.2019 zurückgelegt wurden (ON 56).

2. Beweiswürdigung:

Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin für die EKG Energielieferverträge vermittelte und sich dabei Subvermittler bediente, sowie die Tatsache, dass zwischen der Beschwerdeführerin und dem Einzelunternehmen des Erstmitbeteiligten am 17.05.2018 eine auf unbestimmte Zeit abgeschlossene schriftliche Vereinbarung getroffen wurde, der zufolge das Einzelunternehmen mit der Vermittlung dieser Verträge an Privatpersonen beauftragt wurde.

Gleiches gilt für den Inhalt der Tätigkeit des Erstmitbeteiligten sowie die Feststellung, dass er sich dabei Hilfskräfte bedienen konnte.

Der festgestellte Tätigkeitszeitraum stützt sich auf die glaubhaften Angaben des Erstmitbeteiligten. So führte er mehrmals aus, dass der erste Arbeitstag der 29.05.2018 gewesen sei (vgl. z.B. ON 47, ON 61). Die Beschwerdeführerin führte hingegen aus, dass die Kooperation zwischen den Parteien mit Unterfertigung der Vereinbarung am 17.05.2018 begonnen habe (ON 52). Konsens besteht somit darüber, dass die verfahrensgegenständliche Tätigkeit zumindest ab dem 29.05.2018 ausgeübt wurde. Das Ende des beschwerdegegenständlichen Zeitraums ergibt sich daraus, dass der Erstmitbeteiligte glaubwürdig dargelegt hat, dass das Vertragsverhältnis seitens der Dienstgeberin mit E-Mail vom 08.04.2019 beendet wurde, und dies seitens der Beschwerdeführerin auch nicht ausdrücklich bestritten wurde. Letztere brachte in ihrer im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahme lediglich vor, dass eine schriftliche Kündigung der Vereinbarung in den Unterlagen der Beschwerdeführerin nicht aufliege, aus den Auszahlungen aber geschlossen werden könne, dass nach dem 31.05.2019 keine Auszahlungen mehr an XXXX e.U. erfolgt seien (ON 52). Auch in den mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde seitens der Beschwerdeführerin nichts Gegenteiliges behauptet. Unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Monatsletzten ergibt sich somit ein Beschäftigungsende mit 31.07.2019.

Die Feststellungen zur Diensteinteilung gründen auf den Angaben des Erstmitbeteiligten, die von den im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht einvernommenen Zeugen bestätigt wurden (s. VH-Schrift vom 30.09.2021 und 12.11.2021). Die Feststellungen stehen auch in Einklang mit jenen der anderen für die Beschwerdeführerin tätigen Vertriebspartner (im Rahmen von bei der ÖGK, der Finanzpolizei und dem Bezirksgericht Wien Innere Stadt geführten Verfahren) und konnten durch entsprechende Dokumente und Fotos untermauert werden (s. ON 23, 29). Schließlich räumte auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ein, dass der Erstmitbeteiligte hinsichtlich der Dienstzeit und des Dienstortes „Prioritäten bekannt geben“ konnte, die auch Berücksichtigung fanden.

Dass der Einsatz „eigener“ Mitarbeiter und Vertriebspartner die Verständigung des C.L. bedurfte, ist dem Umstand geschuldet, dass für die Tätigkeit Zugangsdaten für die Vertragsabrechnungssoftware notwendig waren, über welche nur die Beschwerdeführerin verfügte, eine Verpflichtung zur Geheimhaltung bestand, die der Heranziehung von Hilfskräften ohne vorherige Verständigung entgegenstand, und C.L. die Besetzung der Stände koordinierte, weswegen dieser wissen musste, welche Personen wann und wo tätig werden. Dem steht auch das in der mündlichen Verhandlung am 12.11.2021 vorgelegte E-Mail an das Büro der Beschwerdeführerin (Beilage ./2) nicht entgegen, aus dem hervorgeht, dass der Erstmitbeteiligte eine Hilfskraft zur Probe arbeiten ließ, ohne diese vorher zu melden, zumal aus dem E-Mail auch hervorgeht, dass der Erstmitbeteiligte nach Absolvierung des Probearbeitstages um Übermittlung der Zugangsdaten für die Hilfskraft ersuchte.

Das der Erstmitbeteiligte in regelmäßigen Abständen an Besprechungen und Schulungen in den Räumlichkeiten der Dienstgeberin teilnahm, gaben alle in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht einvernommenen Zeugen übereinstimmend an. Dass diese zum Teil verpflichtend waren, ergibt sich aus den vom Erstmitbeteiligten vorgelegten E-Mails und Chat-Verläufen (ON 23, 29) sowie aus den glaubwürdigen Angaben des Zeugen A.M. in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (s. VH-Schrift 12.11.2021).

Die Feststellung, dass im Zusammenhang mit der Beschäftigung in den XXXX filialen eine bestimmte Kleiderordnung und Verhaltensvorschriften einzuhalten war und dies auch kontrolliert wurde, gründet ebenfalls auf den vorgelegten WhatsApp- und E-Mail-Nachrichten (ON 23, 29, 35). Schließlich wurde dies von C.L. in der mündlichen Verhandlung auch mit der Einschränkung bestätigt, dass die Vorgaben auf Wunsch von XXXX und XXXX erfolgten (s. VH-Schrift 12.11.2021).

Anhaltspunkte, dass derartige Weisungen auch vor dem Einsatz des Erstmitbeteiligten in den XXXX filialen ab Herbst 2018 bestanden, ergeben sich aus der Aktenlage keine, zumal sich die Feststellungen der belangten Behörde zum arbeitsbezogenen Verhalten ausschließlich auf Beweise stützte, welche die Tätigkeit des Erstmitbeteiligten in den XXXX filialen betreffen.

Die Geheimhaltungs- und Konkurrenzklausel sowie die dreimonatige Kündigungsfrist ergeben sich aus der vorliegenden vertraglichen Vereinbarung.

Dass die zur Ausübung der Tätigkeit notwendigen Betriebsmittel von der Beschwerdeführerin bzw. ihren Auftraggebern zur Verfügung gestellt wurden, räumten ebenfalls alle Befragten in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ein.

Die Feststellung, dass der Erstmitbeteiligte im beschwerdegegenständlichen Zeitraum über keine eigene betriebliche Struktur verfügte, gründet auf seinen niederschriftlichen Angaben (ON 9) und seiner im Verwaltungsverfahren abgegebenen Stellungnahme (ON 27), wonach er kein eigenes Büro gehabt, sondern teilweise die Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin genutzt habe oder in seinen privaten Wohnräumlichkeiten mit privatem Laptop tätig geworden sei, welchen er nicht in sein Betriebsvermögen aufgenommen habe. Auch aus dem Firmenbuch bzw. dem Zentralen Melderegister ergibt sich, dass der Betriebssitz des XXXX e.U. ident mit der Wohnadresse des Erstmitbeteiligten war.

Hinsichtlich der Feststellungen zur Entlohnung des Erstmitbeteiligten darf zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Beweiswürdigung der belangten Behörde verwiesen werden, deren Ergebnis in der Beschwerde unbestritten blieb.

Dass ein Teil der Provision der „eigenen“ Mitarbeiter und Vertriebspartner einbehalten wurde, gaben A.M. und C.L. in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht – von der beschwerdeführenden Partei unwidersprochen – übereinstimmend an (VH-Schrift vom 30.09.2021, VH-Schrift vom 12.11.2021).

Die Feststellung, dass der Erstmitbeteiligte – mit Ausnahme einer Beschäftigung als Nacht-Rezeptionist (Night Audit) in einem Hotel – ausschließlich für die Beschwerdeführerin tätig war, gründet auf dessen Angaben und scheint in Anbetracht der Tatsache, dass sein Einzelunternehmen nach Beendigung der Tätigkeit für die Beschwerdeführerin aus dem Firmenbuch gelöscht wurde, auch glaubhaft.

Die Gewerbeberechtigungen ergeben sich aus den vorliegenden GISA-Auszügen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.

Im vorliegenden Fall stellt die Frage der Versicherungspflicht die Hauptfrage dar und liegt somit eine Angelegenheit vor, die auf Antrag eine Senatszuständigkeit unter Beteiligung fachkundiger Laienrichter begründen würde. Mangels Stellung eines entsprechenden Antrages hat die Entscheidung jedoch mittels Einzelrichters zu erfolgen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung pflichtversichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet; sie sind nach § 1 Abs. 1 lit. a AVG 1977 arbeitslosenversichert, wenn sie nach gesetzlichen Vorschriften in der Krankenversicherung pflichtversichert sind.

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes (im Sinne des Absatzes 1 Z 1), wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hierzu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBI. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um

1. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG 1988 oder

2. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen oder

3. Bezieher/innen von Geld- oder Sachleistungen nach dem Freiwilligengesetz.

Gemäß § 4 Abs. 4 ASVG stehen den Dienstnehmern Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für

1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit), wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,

a) dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs. 1 BSVG oder nach § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind oder

b) dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Z 1 lit. f BKUVG handelt oder

c) dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder

d) dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des § 2 Abs. 1 des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, handelt.

Gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 ASVG sind Dienstnehmer und ihnen gemäß § 4 Abs. 4 ASVG gleichgestellte Personen, ferner Heimarbeiter und ihnen gleichgestellte Personen sowie die im § 4 Abs. 1 Z 6 ASVG genannten Personen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß Abs. 2 nicht übersteigt (geringfügig beschäftigte Personen), von der Vollversicherung nach § 4 ASVG — unbeschadet einer nach § 7 ASVG oder nach § 8 ASVG eintretenden Teilversicherung — ausgenommen.

Gemäß § 5 Abs. 2 ASVG in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung gilt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn daraus im Kalendermonat kein höheres Entgelt als EUR 438,05 (Wert 2018) bzw. EUR 446,81 (Wert 2019) gebührt.

Gemäß § 10 Abs. 1 ASVG beginnt die Pflichtversicherung der Dienstnehmer unabhängig von der Erstattung einer Anmeldung mit dem Tag des Beginnes der Beschäftigung bzw. des Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses. Nach § 11 Abs. 1 ASVG erlischt die Pflichtversicherung mit dem Ende des Beschäftigungs-, Lehr- oder Ausbildungsverhältnisses. Fällt jedoch der Zeitpunkt, an dem der Anspruch auf Entgelt endet, nicht mit dem Zeitpunkt des Endes des Beschäftigungsverhältnisses zusammen, so erlischt die Pflichtversicherung mit dem Ende des Entgeltanspruches.

Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

Auf Grund der Bestimmung des § 44 Abs. 1 ASVG gilt als Grundlage für die Beitragsbemessung der im Beitragszeitraum gebührende Arbeitsverdienst, wobei als Arbeitsverdienst das Entgelt im Sinne des § 49 ASVG anzusehen ist.

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Gemäß § 539a Abs. 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend. Gemäß Abs. 2 können durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetzt, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden. Nach Absatz 3 ist ein Sachverhalt so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen wäre.

§ 1151 Abs. 1 ABGB bestimmt, dass, wenn sich jemand auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet, ein Dienstvertrag entsteht; wenn jemand die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt, ein Werkvertrag.

§ 29 Abs. 1 Angestelltengesetz bestimmt, dass wenn der Dienstgeber den Angestellten ohne wichtigen Grund vorzeitig entlässt oder wenn ihn ein Verschulden an dem vorzeitigen Austritt des Angestellten trifft, dieser, unbeschadet weitergehenden Schadenersatzes, seine vertragsmäßigen Ansprüche auf das Entgelt für den Zeitraum, der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit oder durch ordnungsmäßige Kündigung durch den Dienstgeber hätte verstreichen müssen, unter Einrechnung dessen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat, behält.

Gemäß Abs. 2 leg.cit. kann der Angestellte, soweit der im Absatz 1 genannte Zeitraum drei Monate nicht übersteigt, das ganze für diese Zeit gebührende Entgelt ohne Abzug sofort, den Rest zur vereinbarten oder gesetzlichen (§ 15) Zeit fordern. Der Anspruch auf die dem Angestellten gebührende Abfertigung (§§ 23 und 23a) bleibt unberührt.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Vorliegend ist strittig, ob der Erstmitbeteiligte aufgrund seiner Tätigkeit für die Beschwerdeführerin der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 oder 4 ASVG oder der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 GSVG unterliegt.

Was zunächst die Abgrenzung eines Dienstverhältnisses iSd § 4 Abs. 2 oder Abs. 4 ASVG von der Tätigkeit eines Selbständigen iSd § 2 Abs. 1 GSVG betrifft, so hat die ÖGK zutreffend vorangestellt, dass die Tätigkeit des Erstmitbeteiligten jedenfalls nicht im Rahmen eines Werkvertrages erfolgt ist.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat sich in seinem Erkenntnis vom 20. Mai 1980, Slg. Nr. 10.140/A, grundlegend mit der Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag andererseits beschäftigt und – in Übereinstimmung mit der in diesem Erkenntnis zitierten Lehre – ausgeführt, dass es entscheidend darauf ankommt, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liegt ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall liegt ein Werkvertrag vor), wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, während es beim Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf die Bereitschaft des Letzteren zur Erbringung von Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit, ankommt. Der Werkvertrag begründet in der Regel ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung – in der Regel bis zu einem bestimmten Termin – zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet (vgl. VwGH 05.06.2002, 2001/08/0107, 0135, sowie 03.07.2002, 2000/08/0161).

Der Erstmitbeteiligte wurde im beschwerdegegenständlichen Zeitraum auf Basis einer zwischen seinem Einzelunternehmen („ XXXX e.U.“) und der Beschwerdeführerin am 17.05.2018 auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen schriftlichen Vereinbarung für die Beschwerdeführerin als Subvermittler tätig. Seine Hauptaufgabe bestand darin, an sog. Promotionsständen an stark frequentierten Plätzen oder in XXXX filialen im Raum Wien und Niederösterreich Privatkunden für die von der EKG angebotenen Dienstleistungen und Produkte zu akquirieren und Vertragsabschlüsse zu vermitteln. Dabei handelt es sich nicht um ein Endprodukt im genannten Sinn, sondern um laufend zu erbringende, durchschnittlich qualifizierte (Dienst)leistungen eines Erwerbstätigen, der – mag er sich für seine Arbeit auch eigener Betriebsmittel (hier: eigener Laptop) bedienen – über keine unternehmerische Organisation verfügt und letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponiert. Aus einem solchen Erwerbstätigen wird auch dann kein selbständiger Erbringer von Werkleistungen, wenn die genannten Dienstleistungen gedanklich in einzelne zeitlich bzw. mengenmäßig bestimmte Abschnitte zerlegt und diese Abschnitte sodann zu "Werken" mit einer "gewährleistungstauglichen Leistungsverpflichtung" erklärt werden (vgl. VwGH 24.04.2014, 2013/08/0258, mwN; zu "atomisierten Werkverträgen" vgl. Mosler, Die sozialversicherungsrechtliche Stellung freier Dienstnehmer, DRdA 2005, 487 ff). Demgemäß ist auch kein Maßstab ersichtlich, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des "Werkes" solcher "selbständiger Vertriebspartner" beurteilt werden sollten (vgl. VwGH 21.09.2015, Ra 2015/08/0045, mwN).

Es liegt somit keine selbständige Tätigkeit im Rahmen eines Werkvertragsverhältnisses vor. Der Erstmitbeteiligte hat die Dienstleistungen zudem (überwiegend) persönlich erbracht (s. dazu weiter unten) und war mangels Verfügung über wesentliche eigene Betriebsmittel auch wirtschaftlich abhängig (vgl. § 4 Abs. 4 ASVG), sodass auch das Vorliegen eines unternehmerähnlichen freien Dienstvertrags auszuschließen ist (vgl. VwGH 23.01.2008, 2007/08/0223, VwSlg 17359 A/2008).

Bleibt somit die Frage zu klären, ob der Erstmitbeteiligte in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wurde (§ 4 Abs. 2 ASVG), oder ob er auf Grund eines freien Dienstvertrages zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet war (§ 4 Abs. 4 ASVG).

Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgeschlossen ist noch nach § 7 ASVG eine Teilversicherung begründet.

Dienstnehmer ist gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer gemäß § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist. Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen A

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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