TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/18 94/09/0288

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Veröffentlicht am 18.10.1996
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Index

67 Versorgungsrecht;

Norm

KOVG 1957 §4 Abs1;
KOVG 1957 §7 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der FM in K, eingetreten in das Verfahren ihres verstorbenen Ehegatten CM, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Bundessozialamt Kärnten vom 12. August 1994, Zl. OB: 710-032514-008, betreffend Kriegsopferversorgung (Anerkennung einer Gesundheitsschädigung als Dienstbeschädigung und Zuerkennung einer Beschädigtenrente), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1916 geborene Ehegatte der Beschwerdeführerin hatte während seines Wehrdienstes infolge eines Sturzes am 27. Juni 1942 eine Verletzung im Bereich der rechten Schulter erlitten. Mit Bescheid vom 23. Oktober 1946 stellte das Landesinvalidenamt für Kärnten bezüglich des als Wehrdienstbeschädigung angemeldeten Körperschadens ("Restzeichen traumatischer Neuritis des N. axillaris re.") fest, daß Versehrtheit im Sinne des § 83 des Wehrmachtsfürsorge- und Versorgunggesetzes (WFVG, Deutsches RGBl. 1938 I, S. 1077), nicht vorliege. Für diesen Körperschaden werde allerdings im Bedarfsfalle Heilbehandlung gemäß §§ 70 bis 82 WFVG bewilligt (einem amtsärztlichen Gutachten vom 25. September 1946 ist u.a. zu entnehmen, daß der Ehegatte der Beschwerdeführerin infolge der Wehrdienstbeschädigung nach der "Versehrtenstufe 0" einzustufen sei).

Der Ehegatte der Beschwerdeführerin stellte mit Schriftsatz vom 19. September 1989 einen Antrag nach dem KOVG 1957 auf "Neueinschätzung der Dienstbeschädigung wegen Verschlimmerung" und "Zuerkennung einer Beschädigtenrente".

Diesem Antrag gab das Landesinvalidenamt für Kärnten u.a. nach Einholung eines ärztlichen Sachverständigengutachtens Dris. H vom 13. Juni 1990 mit Bescheid vom 21. August 1990 keine Folge. Die Gesundheitsschädigung "Axillarisstörung rechts, Bizepssehnenriß rechts" sei gemäß den §§ 1 und 4 KOVG 1957 nicht als Dienstbeschädigung anzuerkennen. Der Antrag auf Zuerkennung der Beschädigtenrente werde gemäß § 7 Abs. 1 KOVG 1957 abgelehnt. In der Begründung wird ausgeführt, daß in dem aufliegenden Krankenblatt betreffend einen Aufenthalt des Ehegatten der Beschwerdeführerin im Lazarett St.V. vom 19. September bis 23. November 1945 ein Zustand nach Plexuslähmung infolge eines Sturzes auf die rechte Schulter am 27. Juni 1942 bzw. das Auftreten eines Serumexanthems nach Impfung beschrieben sei. Aus dem in diesem Krankenblatt enthaltenen Befund gehe hervor, daß die faradische und galvanische Erregbarkeit der Nervenstämme und der Muskelgruppe der rechten oben Extremität am 27. September 1945 unauffällig gewesen sei. Dieser Befund sei anläßlich der sachverständigen Befundaufnahme am 25. September 1946 bestätigt worden. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten vom 13. Juni 1990 seien die nunmehr feststellbaren Störungen bzw. Bewegungseinschränkungen im Bereich der rechten Extremität nach dem 25. September 1946 eingetreten. Degenerative Veränderungen im Schultergelenksbereich mit Bewegungseinschränkungen könnten im Alter spontan auftreten, jedoch auch durch leichte Kontusionen, die sich der Ehegatte der Beschwerdeführerin bei Unfällen (Unfall vom 7. Juni 1984 usw.) zugezogen haben könnte, verursacht worden sein. Nach dem Sachverständigengutachten vom 13. Juni 1990 und der hiezu vom leitenden Arzt beim Landesinvalidenamt für Kärnten abgegebenen Stellungnahme sei erwiesen, daß eine meßbare Minderung der Erwerbsfähigkeit verursachende Folgezustände nach der Schädigung am 27. Juni 1942 nicht feststellbar seien.

In der Berufung trat der Ehegatte der Beschwerdeführerin dieser Beurteilung entgegen, ersuchte u.a. ein neuerliches Sachverständigengutachten einzuholen und beantragte, die im Bereich der rechten oberen Extremität vorliegende Gesundheitsschädigung einschließlich der Bewegungseinschränkung im Schultergelenk als vollkausale Dienstbeschädigung anzuerkennen, sowie nach dem Ausmaß der daraus resultierenden Minderung der Erwerbsfähigkeit eine Beschädigtenrente zuzuerkennen.

In der Folge führte die belangte Behörde ein umfangreiches Ermittlungsverfahren durch, in dem es zur Einholung mehrerer ärztlicher Sachverständigengutachten (und Stellungnahmen des Beschwerdeführers hiezu) kam.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung insoweit teilweise Folge gegeben, als die Gesundheitsschädigung "Weichteilkontusion der Schulter rechts - Kausalanteil 1/2 -" als Dienstbeschädigung im Sinne der §§ 1 und 4 KOVG 1957 anerkannt, die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung einer Beschädigtenrente nach den §§ 7 und 8 KOVG 1957 jedoch bestätigt wurde. Zur Begründung wird ausgeführt, die belangte Behörde habe aufgrund der vorgebrachten Berufungseinwendungen eine Überbegutachtung durch Dr. K veranlaßt und dieser Sachverständige habe in seinem Gutachten vom 10. März 1991 ausgeführt, daß die Veränderungen im Bereich des rechten Schultergelenkes, die dadurch bedingte Bewegungseinschränkung sowie ein Rotatorenmanschettenriß und ein Bizepssehnenriß als Folge des 1942 erlittenen Traumas anzusehen seien. Diese Schädigungen seien nach der Richtsatzposition I c 29 mit 40 Prozent bewertet worden. Nachdem vom leitenden Arzt beim Landesinvalidenamt für Kärnten Bedenken bezüglich einer Kausalität auch deshalb aufgekommen seien, weil ein Vergleichsröntgen beider Schultergelenke der Beurteilung nicht zugrundegelegt worden sei, habe die belangte Behörde eine (weitere) Überbegutachtung durch Prim. Dr. H veranlaßt. In diesem am 5. September 1991 erstellten Gutachten werde attestiert, daß das heutige Zustandsbild mit dem seinerzeitigen Serumexanthem jedenfalls nicht im Zusammenhang stehe. Die rechts wesentlich stärker ausgeprägten Veränderungen des Schultergelenkes seien aber auf das vom Ehegatten der Beschwerdeführerin behauptete Trauma zurückzuführen. Es sei zwar im Gutachten vom 5. September 1991 ein Kausalfaktor nicht festgelegt worden, aus der Bemerkung, daß die Gelenksveränderungen rechts deutlicher ausgeprägt seien als links, habe allerdings auf eine Teilkausalität geschlossen werden können, zumal sonst Veränderungen ausschließlich rechts hätten beschrieben werden müssen. Nachdem auch am linken Schultergelenk Veränderungen vorgelegen seien, habe der leitende Arzt beim Landesinvalidenamt in der Stellungnahme vom 25. September 1991 die Meinung vertreten, daß die rechtsseitigen Gelenksveränderungen im Bereich der Schulter nach der Position I c 29 mit 40 Prozent, jedoch nur zur Hälfte als kausal, also mit 20 Prozent, zu bewerten seien. Die Einschätzung sei entsprechend dem Ausmaß der vorliegenden Bewegungseinschränkung erfolgt. Ergänzend zu dieser Stellungnahme sei aufgrund der Vorbringen im Rahmen des Parteiengehörs vom leitenden Arzt festgestellt worden, daß jedenfalls der Gebrauchsarm eingeschätzt worden sei, da nicht der oberste, sondern der obere Rahmensatzwert herangezogen worden sei. Nachdem in dem Gutachten Dris. H vom 5. September 1991 ein Kausalfaktor nicht festgesetzt worden sei, sei dieser Sachverständige neuerlich mit der Angelegenheit befaßt und in einem Ergänzungsgutachten vom 3. November 1992 sei ausgeführt worden, daß Vollkausalität bestehe. Dieses Gutachten könne von der belangten Behörde aber deshalb nicht als schlüssig anerkannt werden, weil darin neuerlich festgestellt werde, daß die rechtsseitigen Veränderungen ÜBERWIEGEN und die auch dort bestehenden Basisveränderungen NICHT mit einem Trauma in Verbindung zu bringen seien. Das bedeute aber, daß nicht der gesamte Zustand auf der rechten Seite kausal sein könne. Das Gutachten Dris. K vom 10. März 1991 werde von der belangten Behörde deshalb nicht als Entscheidungsgrundlage herangezogen, weil darin noch wesentliche Befunde (wie das Vergleichsröntgen beider Schultergelenke) gefehlt hätten. Dieser Argumentation habe sich auch der leitende Arzt beim Landesinvalidenamt in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15. März 1993 angeschlossen und es sei neuerlich bemerkt worden, daß degenerative Veränderungen an beiden Schultergelenken objektiviert worden seien und daher Vollkausalität auf keinen Fall angenommen werden könne. Zu dem Vorbringen des Ehegatten der Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs bezüglich der vorgenommenen Einschätzung sei vom leitenden Arzt ergänzend festgehalten worden, daß der oberste Rahmensatzwert bereits der Richtsatzposition I c 27, also einer völligen Versteifung in ungünstiger Stellung, entsprechen würde bzw. allenfalls auch der Position 33 für ein Schlottergelenk und es daher "einsichtig" sein müsse, daß für eine Bewegungseinschänkung, die ca. 1/2 bis 2/3 des normalen Ausmaßes ausmache, nicht der oberste bzw. der obere Rahmensatzwert in Frage komme. Der Kausalfaktor von 1/2 werde neuerlich deshalb herangezogen, weil die Dienstbeschädigung durch akausale und kausale Ursachen zu annähernd gleichen Teilen verursacht werde und die Beweglichkeit gegenüber dem linken Arm, der lediglich altersbedingte Basisveränderungen aufweise, eine Funktionsbeeinträchtigung von weniger als der Hälfte ausmache. Letztendlich sei wegen neuerlichen Parteienvorbringens sowie wegen auch seitens der Behörde erster Instanz angemeldeter Bedenken bezüglich einer vollkausalen Anerkennung der Akt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgelegt worden. Dieses Ministerium habe ebenfalls ein Gutachten eingeholt, welches Dr. L am 17. März 1994 erstellt habe. Auch darin werde bereits eingangs betont, daß der Ansicht Dris. H hinsichtlich der Kausalitätsbeurteilung nicht beigepflichtet werden könne. Wie allen Angaben sowie den Befunden zu entnehmen sei, müsse zumindest mit Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, daß durch den während der Wehrdienstleistung erlittenen Sturz mit Schulterprellung lediglich eine Weichteilverletzung ohne knöcherne Beteiligung erfolgt sei. Solche Weichteilprellungen könnten bleibende Funktionsstörungen bewirken. Der im Gutachten Dris. K beschriebene Bizepssehnenriß könne aber mit der Schulterkontusion keinesfalls in Einklang gebracht werden und es sei deshalb hinsichtlich des Gesamtleidenszustandes jedenfalls der halbkausalen Beurteilung des leitenden Arztes beizutreten. Entgegen dem Gutachten Dris. H ließen die "nunmehr neuerlich angefertigten Röntgenbefunde" keine posttraumatischen Veränderungen (weder rechts noch links) der Schultergelenke erkennen. Aufgrund dieses Sachverhaltes ergebe sich nunmehr folgende Einzel- und Gesamteinschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit nach § 7 KOVG 1957:

"Lfd.

      Dienstbeschädigung        Richts.         Kausal- Kausale

Nr.                                     MdE

                                Pos.            faktor   MdE

1 Weichteilcontusion der re. Schulter

                                 I c 29  40%     1/2     20%

(mittlerer Rahmensatz wird

herangezogen, weil brauchbare

Restbeweglichkeit des Gebrauchsarmes jedenfalls gegeben ist; halbkausal, da der Gesamtzustand nicht ausschließlich auf den

seinerzeit erlittenen Sturz

zurückzuführen ist. - Auch

degenerative Veränderungen - )."

Daraus ergebe sich - so die belangte Behörde weiter in ihrer Begründung -, daß auch die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit mit 20 v.H. festgesetzt werden müsse. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird sodann noch eine berufskundliche Einstufung nach § 8 KOVG 1957 für die billigerweise sozial zumutbare Erwerbstätigkeit eines selbständigen Gastwirtes dargestellt und auch hier unter Berücksichtigung des Kausalfaktors von 1/2 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 Prozent festgestellt. Gemäß § 7 KOVG 1957 bestehe nur dann ein Anspruch auf eine Beschädigtenrente, wenn und insolange die Erwerbsfähigkeit infolge der Dienstbeschädigung um mindestens 25 v.H. vermindert sei. Die belangte Behörde habe daher letztlich spruchgemäß zu entscheiden gehabt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen "Rechtswidrigkeit im Verfahren" erhobene Beschwerde. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin ist nach Einbringung der Beschwerde verstorben. Mit Antrag vom 21. Juni 1996 hat die nunmehrige Beschwerdeführerin, FM, gemäß § 48a KOVG 1957 die Fortsetzung des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsgerichtshofes vorgelegt und in der Gegenschrift der Abweisung der Beschwerde beantragt. In einer Stellungnahme vom 14. August 1996 sprach die belangte Behörde aus, daß ihrerseits gegen den Fortsetzungsantrag keine Bedenken bestünden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 KOVG 1957 ist eine Gesundheitsschädigung als Dienstbeschädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 KOVG 1957 anzuerkennen, wenn und insoweit die festgestellte Gesundheitsschädigung zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist. Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn nach der geltenden ärztlichenwissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. dazu z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1990, 89/09/0060, und vom 11. Juni 1990, 89/09/0157).

Die rechtliche Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges im Sinne dieser Bestimmung setzt voraus, daß der Kausalzusammenhang im medizinisch-naturwissenschaftlichen Sinn in dem durch § 90 KOVG 1957 geregelten Verfahren geklärt wird und allenfalls strittige Tatsachen im Zusammenhang mit der Wehrdienstleistung bzw. dem schädigenden Ereignis und der Krankheitsvorgeschichte von der Behörde ermittelt und festgestellt werden (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1992, 92/09/0235).

Wenn die Behörde in ihrer Entscheidung in freier Beweiswürdigung ein Sachverständigengutachten zugrundelegt, so ist dies im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden nachprüfenden Kontrolle daraufhin zu überprüfen, ob ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt bzw. ob die Erwägungen den Denkgesetzen, somit dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen können (vgl. beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. März 1992, 91/09/0187).

Gemäß § 7 Abs. 1 KOVG 1957 hat der Beschädigte Anspruch auf Beschädigtenrente, wenn und insolange seine Erwerbsfähigkeit infolge Dienstbeschädigung um mindestens 25 v.H. vermindert ist. Unter Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die durch die Dienstbeschädigung bewirkte körperliche Beeinträchtigung in Hinblick auf das allgemeine Erwerbsleben zu verstehen.

Gemäß § 90 Abs. 1 KOVG 1957 haben die Landesinvalidenämter (ab der Novelle BGBl. Nr. 314/1994 "Bundesämter für Soziales und Behindertenwesen"), soweit die Berechtigung von Versorgungsansprüchen von der Beantwortung von Vorfragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen Fachwissens fallen, ärztliche Sachverständige zu befragen.

In der Beschwerde wird vorgebracht, die belangte Behörde habe sich mit dem vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren erstatteten Parteienvorbringen im angefochtenen Bescheid nicht auseinandergesetzt. In Ausführung dieser Verfahrensrüge wird geltend gemacht, die belangte Behörde sei einer in der schriftlichen Stellungnahme vom 8. Juni 1994 beantragten nochmaligen fachärztlichen Befunderhebung nicht nachgekommen. Die von Dr. L beurteilten Röntgenbilder seien im Juni 1991 angefertigt worden und es wäre wegen der bereits drei Jahre zurückliegenden Röntgenuntersuchung, welche Basis des Sachverständigengutachtens Dris. L gebildet habe, eine neuerliche Befunderhebung "absolut erforderlich" gewesen.

Es ist zutreffend, daß der Sachverständige Dr. L zu seiner Gutachtenserstellung am 17. März 1994 eine im Verwaltungsakt befindliche schriftliche "persönliche Befundung" vom 9. März 1994 über die von Dr. H am 24. Juni 1991 angefertigten Röntgenaufnahmen abgab. Aufgrund dieser Befundung gelangte Dr. L zur Feststellung, daß sich röntgenologisch posttraumatische Veränderungen an den Schultern weder rechts noch links "nachbefunden" ließen. Da unbestritten die Folgen eines im Jahre 1942 erlittenen Traumas zur Beurteilung standen, ist nicht erkennbar und wird das auch durch die Beschwerdeausführungen nicht deutlich, inwieweit neuerliche, und somit noch weiter vom schädigenden Ereignis entfernte, Röntgenaufnahmen einen anders gearteten Aufschluß über aus dem Jahr 1942 herrührende Verletzungsfolgen hätten geben können. Daß die im angefochtenen Bescheid allenfalls mißverständlich wiedergegebene Formulierung in bezug auf die Schilderung des Gutachtens Dris. L (arg. laut Beschwerde: "Festgestellt wurde auch, daß entgegen dem Gutachten Dris. H die NUNMEHR NEUERLICH ANGEFERTIGTEN RÖNTGENBEFUNDE keine posttraumatischen Veränderungen ... der Schultergelenke erkennen lassen") eine relevante "Sachverhaltswidrigkeit" darstellen sollte, ist nicht einsichtig, zumal auch die Beschwerde - wie der angefochtene Bescheid - davon ausgeht, daß der im angefochtenen Bescheid verwerteten Gutachtenserstellung Dris. L die im Juni 1991 angefertigten Röntgenbilder (und keine "neuerlich angefertigten") zugrunde lagen.

Gegenstand des Berufungsverfahrens war die durch die Behörde erster Instanz als "Axillarisstörung rechts, Bizepssehnenriß rechts" umschriebene, beim Sturz während des Wehrdienstes im Jahr 1942 erlittene Gesundheitsschädigung (laut Berufung: "schweres Arm- und Schultertrauma rechts mit Bewegungseinschränkung"), die im angefochtenen Bescheid - insoweit in der Beschwerde auch nicht in Streit gestellt - als "Weichteilkontusion der rechten Schulter" umschrieben wurde. Eine Knochenerkrankung der Osteoporose als - allenfalls mittelbare - Dienstbeschädigung war nicht Sache des Berufungsverfahrens. Soweit in der Beschwerde erstmals in bezug auf die "persönliche Befundung" von Röntgenbildern Dris. L vom 9. März 1994, in der unter anderem davon die Rede ist, eine Osteoporose sei keinesfalls auffallend, dafür beweisend wäre nur eine Aufnahme beider Schultern auf einem Bild bei gleichzeitiger Belichtung, offenbar darin ein wesentlicher Verfahrensmangel gesehen wird, daß diese "Aufnahme beider Schultern" unterblieben ist, kann dem keine Relevanz hinsichtlich der Dienstbeschädigung der Weichteilkontusion beigemessen werden (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1991, 89/09/0008).

In der Beschwerde wird weiters die Gutachtensqualität des Sachverständigengutachten Dris. L in Zweifel gezogen, weil dieser in einer Stellungnahme vom 2. Februar 1994 angegeben habe, daß im Sachverständigengutachten vom September 1946 eine traumatische Neuritis mit psychogener Lähmung des rechten Armes aufscheine und diese Schädigung nicht als Dienstbeschädigung anerkannt worden sei. Dies stehe im Widerspruch zum Bescheid des Landesinvalidenamtes vom 23. Oktober 1946, mit welchem für den Körperschaden "Restzeichen einer traumatischen Neuritis des Nervus axillaris rechts und seine Folgen" Heilbehandlung gemäß WFVG (§§ 70 bis 82) bewilligt worden sei. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß in dem erwähnten Bescheid aus dem Jahr 1946 auch festgestellt wurde, daß Versehrtheit im Sinne des § 83 WFVG (nach dieser Bestimmung war Versehrtheit gegeben, wenn ein Soldat durch eine Wehrdienstbeschädigung oder ihre Folgen dauernd oder auf nicht absehbare Zeit körperlich erheblich beeinträchtigt war) nicht vorliegt und Dr. L ohnedies die in Rede stehende Gesundheitsschädigung (wenn auch entgegen dem Vorbringen des Ehegatten der Beschwerdeführerin nur halbkausal) als Dienstbeschädigung wertete.

Der Sachverständige Dr. L hat die Dienstbeschädigung nach der "Richtsatzverordnung" vom 9. Juni 1965, BGBl. Nr. 150, unter Position I c 29 eingeordnet, die für "höhergradige Bewegungsbehinderung" für den Gebrauchsarm eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 30 bis 50 Prozent vorsieht. Im Gutachten wurde dazu der mittlere Rahmensatz von 40 Prozent herangezogen, weil brauchbare Restbeweglichkeit des Gebrauchsarmes jedenfalls gegeben sei. Aufgrund dieser in der Beschwerde auch nicht bestrittenen Beurteilung der Beweglichkeit des Gebrauchsarmes ist die Einstufung in der mittleren Rahmensatzposition durchaus schlüssig, sodaß den ohne weitere nachvollziehbare Begründung vorgetragenen Beschwerdeausführungen, der ärztliche Sachverständige habe "auf einmal im mittleren Wert dieser Rahmensatzposition eingeschätzt", nicht gefolgt werden kann.

Schließlich bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde hätte die schriftliche Stellungnahme des Ehegatten der Beschwerdeführerin zum Gutachten Dris. L vom 8. Juni 1994 auch dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorlegen müssen, weil dieses Ministerium auch die belangte Behörde angewiesen habe, ihrer Entscheidung das Sachverständigengutachten Dris. L zugrundezulegen. Dazu ist zu sagen, daß rechtlich keine Verpflichtung zu einer derartigen Vorgangsweise bestand und damit schon deshalb keine Rechtsverletzung gegeben sein konnte (zu den zur Wesentlichkeit dieses "Verfahrensmangels" in der Beschwerde enthaltenen Ausführungen, bei einer neuerlich vorgenommenen Röntgenbefunderhebung wären geänderte Befunde zu erwarten gewesen, ist im übrigen auf das oben Gesagte zu verweisen).

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als insgesamt frei von der in der Beschwerde geltend gemachten "Rechtswidrigkeit im Verfahren". Da dieser auch ansonsten nicht als rechtswidrig zu erkennen ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Ursächlicher Zusammenhang und Wahrscheinlichkeit Allgemein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994090288.X00

Im RIS seit

27.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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