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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und die Hofräte Dr. Thoma und Mag. Straßegger als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der W GmbH in I, vertreten durch die Harisch & Partner Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Otto Holzbauer Straße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 26. August 2021, RV/7105938/2017, betreffend Rechtsgeschäftsgebühr (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Unbestritten ist, dass die Revisionswerberin am 25. Mai 2016 als Pächterin einen Bestandvertrag über Räumlichkeiten in einem Fachmarktzentrum zum Betrieb eines Handelsgeschäfts für Sport- und Freizeitprodukte abschloss. In Punkt A 4. wurde eine Pachtdauer von zehn Jahren mit dem Recht zugunsten der Revisionswerberin eingeräumt, das Pachtverhältnis zweimalig um die bestimmte Dauer von fünf Jahren zu verlängern. Unter Punkt B 11., „Unterverpachtung, Präsentationsrecht“, wurde der Revisionswerberin das Recht eingeräumt, einen neuen Pächter schriftlich namhaft zu machen. Der Verpächter sei sodann verpflichtet, binnen 14 Tagen mit einem vom Pächter namhaft gemachten Dritten einen Pachtvertrag mit demselben Inhalt und Konditionen abzuschließen, sofern kumulativ bestimmte weitere gesellschaftsrechtliche und wirtschaftliche Voraussetzungen erfüllt seien. In diesem Fall sei die bereits abgelaufene Vertragsdauer im neu abzuschließenden Pachtvertrag derart zu berücksichtigen, dass die Laufzeit des neu abzuschließenden Vertrages sich um die bereits abgelaufene Pachtdauer verlängere und die Gesamtlaufzeit beider Pachtverträge zusammen die Pachtdauer des revisionsgegenständlichen nicht übersteige.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde der Revisionswerberin teilweise Folge und setzte die Rechtsgeschäftsgebühr für den Bestandvertrag gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG mit 1 Prozent der auf einer Vertragsdauer von insgesamt 20 Jahren errechneten Bemessungsgrundlage mit dem Betrag von 95.785,92 € gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültig fest und wies im Übrigen die Beschwerde als unbegründet ab.
Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass gegen sein Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision, in der sich die Revisionswerberin in ihrem Recht auf Festsetzung einer Rechtsgeschäftsgebühr auf Grundlage des dreifachen Jahreswertes nach § 33 TP 5 Abs. 3 GebG verletzt erachtet.
4 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).
5 Für ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Vergleichbarkeit der jeweils zugrundeliegenden Sachverhalte erforderlich (VwGH 19.4.2016, Ro 2015/22/0004, mwN).
6 Ein Revisionswerber, der - entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes - eine Abweichung des angefochtenen Erkenntnisses von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, hat konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten Entscheidung gleicht, das Verwaltungsgericht im revisionsgegenständlichen Fall jedoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Hiezu reichen eine bloße Wiedergabe von Rechtssätzen ebenso wenig wie die bloße Zitierung aus Literaturfundstellen ohne jegliche Bezugnahme auf solche Rechtsprechung oder die Zitierung von Erkenntnissen nach Zahlen, ohne auf die behaupteten inhaltlichen Abweichungen von dieser Rechtsprechung einzugehen (vgl. etwa VwGH 10.9.2018, Ra 2018/16/0134, mwN), aus.
7 Soweit die vorliegende Revision das in Punkt B 11. des verfahrensgegenständlichen Bestandvertrages vereinbarte Präsentationsrecht dafür ins Treffen führt, dass damit ein unbefristetes Bestandverhältnis vorliege, und dafür in der Darlegung der Revisionsgründe letztlich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1990, 90/15/0034, näher rekurriert, findet dieses Vorbringen schon im Beschluss vom 18. August 2020, Ra 2020/16/0115, auf den gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird und der auf das damalige kursorische Revisionsvorbringen einging, seine Beantwortung. Weder dem ursprünglichen noch einem nach Punkt A 4. verlängerten (noch einem in Ausübung des Präsentationsrechts nach Punkt B 11. gestalteten) Bestandverhältnis kommt der Charakter eines unbefristeten zu, wie auch aus der Anrechnungsregel des Punktes B 11. erhellt. Selbst wenn man der Ausübung des Präsentationsrechts das Momentum einer Ungewissheit für die Dauer des ursprünglichen Bestandvertrages unterstellte, käme diesem Umstand als auflösende Bedingung in Anwendung des § 17 Abs. 4 GebG keine Bedeutung für die Entstehung der Gebührenschuld zu. Denn gemäß § 17 Abs. 4 GebG ist es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von einer Genehmigung eines der Beteiligten abhängt (VwGH 7.8.2003, 2000/16/0322 = Slg. 7846/F).
8 Im Übrigen übergeht auch die vorliegende Revision die eingehenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Erkenntnis zum hier gegenständlichen Präsentationsrecht in Abgrenzung zum zitierten Erkenntnis vom 17.September 1990. Weder darin noch mit dem eingangs der Darlegung der Zulässigkeit der Revision umfangreichen Klammerzitat von Judikaten des Verwaltungsgerichtshofes nach Datum und Zahl - aber auch solchen des Verwaltungsgerichtes selbst - wird ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargelegt.
9 Ebenso wenig vermag die nähere Bezugnahme auf das Erkenntnis vom 27. Jänner 2000, 99/16/0017, eine Zulässigkeit der Revision darzulegen, dessen zugrundeliegender Sachverhalt sich vom nun revisionsgegenständlichen unterschied und dessen tragende Aussage der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9. September 2015, Ro 2014/16/0072, nicht mehr aufrecht hielt.
10 Die Revision ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 25. November 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021160087.L00Im RIS seit
29.12.2021Zuletzt aktualisiert am
04.01.2022