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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §34;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Dr. M in T, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat III) vom 30. Juni 1992, Zl 6/153/5-BK/Mi-1992, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1987 bis 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Facharzt, errichtete in den Jahren 1987 bis 1989 ein Eigenheim, hinsichtlich dessen er von den in den einzelnen Jahren aufgelaufenen Baukosten jeweils ein Drittel als außergewöhnliche Belastung geltend machte. Seine Gattin sei infolge eines im Jahr 1984 erlittenen Verkehrsunfalles querschnittgelähmt, weshalb mit dem Hausbau zwangsläufig größere Aufwendungen (laut Auskunft des bauausführenden Architekten um mindestens ein Drittel der Baukosten) verbunden gewesen seien, als sie der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwüchsen.
Über Vorhalt des Finanzamtes, eine Aufstellung der zusätzlichen Kosten, die durch den behindertengerechten Bau des Hauses entstanden seien, zu übermitteln, wurde vorgebracht, daß sich die schriftliche Beantwortung der Anfrage äußerst schwierig gestalte. Um dem Finanzamt vorweg einen Überblick über die Problematik zu verschaffen, sei der bauausführende Architekt ersucht worden, aus seiner Sicht eine Stellungnahme abzugeben. Diese sei in einem (der Vorhaltsbeantwortung angeschlossenen) Aktenvermerk über die Besprechung zwischen dem Architekten und dem steuerlichen Vertreter festgehalten worden. Danach hätten sich die Mehrkosten im wesentlichen dadurch ergeben, daß die Räume in einer Ebene angeordnet worden seien, womit ein entsprechend großes (weitgehend ungenütztes) Keller- und Dachgeschoß verbunden gewesen sei. Die dadurch verursachte, um ca ein Drittel größere Kubatur habe entsprechend höhere Kosten verursacht. Die Alternativen, wie Einbau von "Lift oder eine Rollstuhlhebezeuge" sei wegen der technischen Unsicherheit und der zusätzlichen Mehrkosten, dies bedeute "unterm Strich gleiche Kosten bei größerer Kubatur", wieder fallengelassen worden. In der Folge merkte der Architekt noch an, daß eine Situierung der Schlafräume im Obergeschoß den Ansprüchen der Familie viel eher entsprochen hätte, weil die Behaglichkeit eines in zwei Etagen situierten Wohngebäudes wesentlich höhere Wohnqualität habe. In der Vorhaltsbeantwortung selbst wurde in der Folge ausgeführt, der Architekt habe sich im Hinblick auf die ohnehin sehr schwierige Situation des Beschwerdeführers angeboten, dem Finanzamt Einblick in die komplette Bauabwicklung, insbesondere die Planung wegen der Querschnittlähmung der Gattin des Beschwerdeführers zu geben. Das Planungsmaterial und die damit verbundenen Kostenabrechnungen etc seien jedoch so umfangreich, daß um einen gesonderten Termin für eine Vorsprache beim Finanzamt oder im Architekturbüro gebeten werde. Der Bauplan wurde dem Schreiben in Kopie angeschlossen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag im Instanzenzug ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, daß gegenständlich einerseits keine mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpfte vermögensmindernde Ausgaben vorlägen. Auch wenn die größeren Keller- und Dachräumlichkeiten für den Beschwerdeführer subjektiv keinen Gegenwert darstellten (was zu bezweifeln sei), so sei bei objektiver Betrachtung jedenfalls ein Gegenwert geschaffen worden. Als potentieller Käufer des Hauses komme nicht nur ein in ähnlicher Weise Behinderter in Frage, weil vielfach größere Raumreserven im Dachgeschoß auch von nicht behinderten Personen gesucht würden. Da es sich bei den Baukosten daher nur um eine Vermögensumschichtung handle, komme schon aus diesem Grund ein Abzug als außergewöhnliche Belastung nicht in Betracht. Andererseits sei es nicht außergewöhnlich, daß sich Steuerpflichtige, die über ein Einkommen wie der Beschwerdeführer verfügten, ein Haus in der Art, Ausstattung und Größe, wie es vom Beschwerdeführer erbaut wurde, anschaffen. Auch die Art der Anordnung aller Räume in einer Ebene könne nicht als außergewöhnlich angesehen werden. Diese Art der Anordnung der Räume werde auch von Personen ohne Behinderung gewünscht und als zweckmäßig erachtet, wobei auch großzügige Keller- und Dachbodenräumlichkeiten vielfach erwünscht seien, um größere Abstellflächen oder Raumreserven für einen allfälligen Aus- oder Umbau zu bekommen. Den Ausgaben für den Hausbau fehle somit auch das Merkmal der Außergewöhnlichkeit.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid erkennbar in seinem Recht auf Anerkennung der beantragten außergewöhnlichen Belastung verletzt und begehrt die Bescheidaufhebung mit Kostenzuspruch wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Voraussetzung für die Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung ist sowohl nach § 34 EStG 1972 als auch nach § 34 EStG 1988 ua, daß dem Abgabepflichtigen außergewöhnliche Aufwendungen erwachsen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind unter Belastungen im Sinne des § 34 EStG - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt hat - nur vermögensmindernde Ausgaben, also solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind. Ihnen stehen die Ausgaben gegenüber, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führen und die deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden (vgl Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer 1988, III C, Kommentar, Rz 3 zu § 34 und die dort zitierten
hg Erkenntnisse). Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht es auch, daß die Anschaffung oder Errichtung eines Eigenheimes eine Vermögensumschichtung darstellt (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 3. Oktober 1990, 89/13/0152, mwN) und Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes in der Regel von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen sind (vgl das hg Erkenntnis vom 19. Februar 1992, 87/14/0116). Eine andere Beurteilung könnte dann geboten sein, wenn Wirtschaftsgüter beschafft werden müßten, die infolge Verwendbarkeit für nur bestimmte individuelle Personen (zB deren Prothesen, Seh- und Hörhilfen) oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit (zB Rollstühle) keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert haben (vgl das hg Erkenntnis vom 5. Dezember 1973, 817/73, Slg Nr 4609/F, oder das im angeführten Bescheid zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1982, B 220/81, Slg Nr 9596, betreffend einen Aufzug für ein bloß einstöckiges Wohnhaus eines Querschnittgelähmten).
Vor diesem Hintergrund erweist sich der angefochtene Bescheid als mit keiner Rechtswidrigkeit belastet. Die, wenn auch durch die Querschnittlähmung der Gattin des Beschwerdeführers motivierte, entsprechend gewählte Bauweise einer Anordnung aller Räume in einer Ebene ändert nichts daran, daß den Aufwendungen ein Gegenwert gegenübersteht. Die Ansicht, daß diese Bauweise "eine sinnvolle Wohnstruktur nur in sehr eingeschränktem Ausmaß gestatte und sich die Anordnung der Räumlichkeiten für einen Nichtbehinderten als zum Teil unwohnlich bzw unwirtschaftlich" darstelle, hat der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar dargetan, zumal dieser Ansicht der Umstand entgegensteht, daß die Anordnung der Räumlichkeiten in einer Ebene bei Eigenheimen eine durchaus auch gebräuchliche Bauweise darstellt. Die Ansicht der belangten Behörde, daß ein Eigenheim mit einer entsprechenden Anordnung der Wohnräume und dementsprechend großem Keller- und Dachgeschoß erwünscht und gesucht sei, widerspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung.
Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, das Haus sei in vielen Details behindertengerecht ausgestaltet, woraus sich ein erheblich geminderter Wert gegenüber den tatsächlichen Errichtungskosten ergebe, ist darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren weder konkrete (Mehr-)Aufwendungen für eine speziell behindertengerechte Ausgestaltung noch konkrete, zumindest nach Ansicht des Beschwerdeführers wertmindernde Umstände, wie etwa die erstmals in der Beschwerde erwähnte Raumgestaltung selbst (überdimensioniertes WC und einen ebensolchen "Schlaffloor") dargetan hat. Er hat sich vielmehr darauf beschränkt, seinen behaupteten Mehraufwand mit der durch die Anordnung der Räume bedingten höheren Kubatur des Hauses zu begründen, welche allein aber aus den angeführten Gründen, nämlich einer von der belangten Behörde zu Recht angenommenen Vermögensumschichtung, eine steuerliche Anerkennung der entsprechenden Mehrkosten nicht rechtfertigt. Eine Geltendmachung von konkreten, für die allenfalls in vielen Details behindertengerechte Ausgestaltung des Hauses entstandenen Mehrkosten als außergewöhnliche Belastung im Wege der Mehrkosten der höheren Kubatur, wie sie dem Beschwerdeführer sozusagen in pauschalierter Form vorschwebt, findet im Gesetz keine Deckung. Dem Ersuchen des Finanzamtes, eine Aufstellung der zusätzlichen Kosten, die durch den behindertengerechten Bau des Hauses entstanden seien, vorzulegen, kam der Beschwerdeführer substantiiert nicht nach.
Die Beschwerdebehauptung, der Beschwerdeführer habe mit Schreiben vom 15. Jänner 1988 die zeugenschaftliche Vernehmung des bauausführenden Architekten beantragt, ist aktenwidrig. In diesem Schreiben wurde nur die Bereitschaft des Architekten deponiert, der Behörde Einblick in die Planungsunterlagen zu gewähren. Ein Beweisthema ist diesem "Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung" im übrigen nicht zu entnehmen. Die Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte insofern beantragte Beweise nicht aufgenommen, ist daher verfehlt.
Wenn der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides meint, es sei nicht nachvollziehbar, daß man bei der Ausgestaltung eines Wohnhauses eine unsicherere und weniger bedürfnisgerechte Ausgestaltung - nämlich einen Lift, dessen Einbaukosten nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1982, B 220/81, Slg Nr 9596, als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen wäre - wählen müßte, um die erforderlichen Mehraufwendungen im Rahmen einer außergewöhnlichen Belastung geltend machen zu können, so übersieht der Beschwerdeführer, daß ein Lifteinbau unter den auch im Beschwerdefall gegebenen Umständen nach dem zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes keine Werterhöhung, sondern eher eine Wertminderung darstellt, den vom Beschwerdeführer gesetzten Maßnahmen, auch soweit deren Kosten als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht wurden, aber ein Gegenwert gegenübersteht. Im übrigen sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß aus der Stellungnahme der bauausführenden Architekten entnommen werden kann, daß der Beschwerdeführer den Umstand des entsprechenden Gegenwertes bei der gewählten Bauführung durchaus selbst erkannt haben dürfte. Wenn der Architekt nämlich ausführt, ein Lifteinbau sei nach Diskussion ua deswegen unterblieben, weil "unterm Strich gleiche Kosten bei größerer Kubatur" entstanden wären, so kann dies in Verbindung mit dem sonstigen Vorbringen nur so verstanden werden, daß zwei kostenmäßig in etwa gleiche Varianten zur Verfügung standen: Einmal ein Haus mit der Anordnung der Räume in zwei Ebenen (kleinere Kubatur und damit verbundene geringere Kosten) plus Kosten des Lifteinbaues und demgegenüber ein Haus mit der Anordnung der Räume in einer Ebene (größere Kubatur und damit verbunden höhere Kosten) ohne zusätzliche Kosten. Wenn sich der Beschwerdeführer nun bei "unterm Strich gleichen Kosten" für die zweite Variante entschieden hat, so wohl deswegen, weil er selbst den Lifteinbau bei der ersten Variante letztlich als verlorenen Aufwand beurteilt, hingegen bei der zweiten Variante einen dem mit der größeren Kubatur verursachten Kostenaufwand gegenüberstehenden Gegenwert erkannt hat.
Abschließend ist zum Beschwerdevorbringen darauf hinzuweisen, daß im Beschwerdefall mangels Belastungen im Sinne des § 34 EStG 1972 bzw EStG 1988 dahingestellt bleiben kann, ob diese das Merkmal der Außergewöhnlichkeit im Sinne dieser Gesetzesbestimmungen erfüllen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1992140172.X00Im RIS seit
07.06.2001Zuletzt aktualisiert am
24.09.2018