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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der A GmbH in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 19. Oktober 1992, Zl 10/29/3-BK/P-1992, betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin schloß am 24. Oktober 1988 als Erwerber mit einer H-GmbH als Veräußerer einen Vertrag, wonach beim deutschen Patentamt in München unter dem AZ P 32 40 601.0 am 3. November 1982 ein sogenannter "TK-Thermokompressor" als "Verfahren zur Speisung eines Ölbrenners sowie Ölbrenner für eine Feuerungsanlage" (in der Folge: Patent) angemeldet worden sei. Das Patenterteilungsverfahren sei noch nicht abgeschlossen. Aus dem TK-Thermokompressor seien sogenannte "Daco-Auto-Geräte" entwickelt worden, die als Gebrauchsmuster beim deutschen Patentamt in München unter "G 86 32 529.9" am 4. Dezember 1986 angemeldet und am 18. Februar 1988 als eine "Vorrichtung zum Behandeln einer als Treibstoff oder Brennstoff dienenden Flüssigkeit" in die Gebrauchsmuster-Rolle beim deutschen Patentamt München eingetragen worden seien. Am 27. April 1988 sei unter "G 88 05 570.1" eine Ergänzung zum vorbezeichneten Gebrauchsmuster beim deutschen Patentamt in München zur Eintragung angemeldet worden. Unter Pkt II wurde festgehalten, daß der Veräußerer mit Datum vom 9. Oktober 1988 sämtliche Rechte an den vorstehenden Entwicklungen, Verfahren und Gebrauchsmustern vom Rechtsnachfolger des Erfinders erworben habe. Nach Pkt III verkaufe der Veräußerer sämtliche ihm zustehenden gegenständlichen Rechte an den Erwerber. Gleichzeitig trete der Veräußerer hiemit auch vorsorglich diese Rechte mit sofortiger dinglicher Wirkung an den Erwerber ab. Dieser nehme die Abtretung an. Die Vertragsparteien seien sich also ausdrücklich darüber einig, daß der Erwerber mit sofortiger Wirkung über die an ihn abgetretenen Rechte frei verfügen könne. Nach Pkt IV betrage der Kaufpreis S 29 Mio zuzüglich 20 % Mehrwertsteuer (S 5,8 Mio), also insgesamt S 34,8 Mio. Insoweit trete der Erwerber hiemit ausdrücklich und unwiderruflich die ihm gegenüber einer Firma HK SA zustehende Forderung in Höhe von insgesamt S 42 Mio an den Veräußerer an Zahlungs Statt ab. Er versichere ausdrücklich, daß die abgetretene Forderung anderweitig weder abgetreten noch verpfändet oder gepfändet sei.
Das Finanzamt erließ nach Durchführung einer abgabenbehördlichen Prüfung über den Umsatzsteuervoranmeldungszeitraum Oktober 1988 einen von der Beschwerdeführerin mit Berufung angefochtenen Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für diesen Zeitraum, in welchem der Vertrag als Scheingeschäft beurteilt und die in einer auf diesen Vertrag bezugnehmenden Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer anerkannt wurde. In der Folge, nach weiteren Erhebungen in diesem Berufungsverfahren und einer weiteren, diesmal den Zeitraum 1985 und 1988 betreffenden abgabenbehördlichen Prüfung sowie nach Erlassung ua einer abweisenden Berufungsentscheidung hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlungen für Oktober 1988 wurde die Beschwerdeführerin zur Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer 1988 veranlagt, wobei der Vertrag abermals als Scheingeschäft beurteilt wurde und wogegen die Beschwerdeführerin abermals Berufung erhob. Im Rahmen der erwähnten Erhebungen und Prüfungen wurden zum Vertrag folgende Feststellungen getroffen: Die Verkäuferin (H-GmbH) sei hinsichtlich der Gebrauchsmuster nicht verfügungsberechtigt gewesen, weil diese im Eigentum anderer (natürlicher und juristischer) Personen gestanden seien. Die Rechte aus dem Patent selbst seien vom Erfinder am 1. August 1988 an einen Jürgen H unentgeltlich übertragen worden, von welchem sie laut einem Vertrag vom 9. Oktober 1988 gegen einen Kaufpreis von DM 2 Mio (mit einem Zahlungsziel von 24 Monaten) an die H-GmbH veräußert worden seien. Dieser Kaufvertrag sei allerdings nicht von Jürgen X, sondern von dessen Vater Gerhard X unterschrieben worden. Die H-GmbH sei zwar beim Finanzamt G erfaßt, habe unter der angegebenen Adresse aber weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung; auch der bekanntgegebene inländische Wohnsitz ihres Geschäftsführers existiere nicht. Mit Ausnahme des gegenständlichen Kaufes und Verkaufes der Patentrechte habe die H-GmbH keinerlei gewerbliche Tätigkeit entfaltet. Die entsprechende Umsatzsteuer sei zwar vorangemeldet, aber nicht abgeführt worden. Zu den als Kaufpreis vereinbarten Forderungsabtretungen wurde erhoben, daß die HK SA, gegenüber welcher die Forderung bestehe, eine "Briefkastenfirma" in Panama sei. Grundlage dieser Forderung sei eine Rechnung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin an diese Gesellschaft über DM 6,65 Mio aus Verkäufen von Gesellschaftsanteilen und Liegenschaften, wobei der Betrag eine die Kaufpreise übersteigende Zahlung darstellen sollte. Der Geschäftsführer habe diese Forderung laut Kaufvertrag vom 9. Oktober 1986 an eine Konzerngesellschaft der Beschwerdeführerin um DM 6 Mio (S 42 Mio) verkauft, wobei festgehalten worden sei, daß die Forderung an HK SA in zwei Teilbeträgen ab 1. Jänner 1987 und 1. Mai 1987 fällig sei. In der Bilanz der die Forderung kaufenden Konzerngesellschaft sei diese als zweifelhaft eingestellt worden. Eine Bezahlung zu den beiden Fälligkeitsterminen sei nicht erfolgt; es seien auch keine Einbringungsmaßnahmen gesetzt worden.
Demgegenüber wurde seitens der Beschwerdeführerin in den erwähnten Berufungsverfahren eingewandt, daß der Vertrag keineswegs ein Scheingeschäft darstelle, weil das Ergebnis des Vertrages, nämlich der Übergang der Rechte aus der Patentanmeldung an die Beschwerdeführerin - eine Umschreibung auf die Beschwerdeführerin sei in der Folge tatsächlich erfolgt -, von beiden Vertragsparteien ernstlich gewollt gewesen sei. Der Umstand der mangelnden Verfügungsberechtigung der Verkäuferin hinsichtlich der beiden Gebrauchsmuster sei völlig unerheblich, weil es der Beschwerdeführerin bei Abschluß des Vertrages entscheidend (nur) auf den Erwerb sämtlicher Rechte aus der Patentanmeldung angekommen sei, die beiden Gebrauchsmuster dagegen nichts anderes als eine von der Verkäuferin in die Vorverhandlungen hineingetragene Zugabe darstelle, auf welche das Geschäftsinteresse der Beschwerdeführerin nicht ausgerichtet gewesen sei. Deshalb hätte die Beschwerdeführerin den gegenständlichen Vertrag auch ohne diese "Zugabe" zu unveränderten Konditionen (zum selben Kaufpreis) abgeschlossen. Hinsichtlich der Forderungen an die HK SA hätte die Beschwerdeführerin zu keinen wie auch immer gearteten Zweifeln Anlaß gehabt, da die konkreten, zum Vertragsabschluß führenden Gespräche unter direkter Beteiligung einer allseits anerkannten Persönlichkeit, nämlich des Prof N, eines abgesehen von seiner Professur in Deutschland zugelassenen Rechtsanwaltes, erfolgt seien. Die Beschwerdeführerin räumte ein, daß die Grundkäufe, welche Entstehungsanlaß für die ursprünglich persönliche Forderung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin gegenüber der HK SA gewesen seien, nicht abschließend ausgeführt bzw vollzogen worden seien. Dies ändere aber nichts an der seitens der HK SA gegenüber dem Geschäftsführer wirksam und verbindlich eingegangenen Rechtsverpflichtung. Es sei auch nicht berücksichtigt worden, daß die sich aus dem strittigen Vertrag ergebenden Rechte mit Vertrag vom 5. Jänner/7. Februar 1990 an die Y International Trading, Quezon City, Philippinen, um einen Kaufpreis von S 70 Mio weiterverkauft worden seien. Im Zusammenhang mit der Frage, ob die entsprechende Erfindung überhaupt funktioniere, verwies die Beschwerdeführerin auf ein an sie gerichtetes Schreiben vom 14. Februar 1991 seitens eines staatlichen Unternehmens im ehemaligen Jugoslawien, wonach eine auf dem im Vertrag angeführten Patent beruhende Anlage einwandfrei funktioniere.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde auch die nunmehr eingebrachte Berufung ab und bestätigte die Beurteilung durch das Finanzamt, daß der Vertrag ein Scheingeschäft darstelle. Dies im wesentlichen mit folgender Begründung:
1)
Zur fehlenden Berechtigung der Verkäuferin, die Gebrauchsmuster zu verkaufen, und dem diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführerin meint die belangte Behörde, daß bereits darin ein Grund für die Beurteilung bestehe, daß das Geschäft von keinem der beiden Vertragspartner tatsächlich gewollt gewesen sei. Eine nach kaufmännischen Grundsätzen organisierte und agierende Firma - wie sie nach außen hin sowohl die Beschwerdeführerin als auch die H-GmbH sei bzw gewesen sei - würde nämlich niemals ein Mehr an Ware hingeben, wenn sie für ein Weniger an Ware denselben Preis bekommen könnte (H-GmbH) bzw niemals denselben hohen Preis für ein Weniger an Ware bezahlen würde (Beschwerdeführerin).
2)
Ebenfalls für das Vorliegen eines Scheingeschäftes spreche, daß es sich beim Vertragspartner der Beschwerdeführerin um eine "Briefkastenfirma" (in Österreich) handle, deren einzige geschäftliche Tätigkeit im Kauf bzw Verkauf der gegenständlichen Patentanmeldung und Gebrauchsmuster bestanden habe und die über den Verkauf eine Rechnung mit 20 % Mehrwertsteuer ausgestellt habe, obwohl die Leistung gemäß § 10 Abs 2 Z 17 UStG nur mit 10 % zu versteuern gewesen sei. Sowohl die Verkäuferin wie auch die Käuferin hätten, wenn das Geschäft tatsächlich ernsthaft gewollt gewesen wäre, ohne Schwierigkeiten erkennen können, daß die Umsatzsteuer überhöht ausgewiesen sei. Verwiesen werde dazu nur auf den Beraterstab der Beschwerdeführerin von mehreren Rechtsanwälten und einem Steuerberater, mit dem sich die Beschwerdeführerin in geschäftlichen Angelegenheiten umgeben habe.
3)
Am vertraglich vereinbarten Kaufpreis sei bemerkenswert, daß die Beschwerdeführerin durch eine Forderungsabtretung eine Mehrzahlung von S 7,2 Mio geleistet habe. Diese Kaufpreiszugabe lasse sich auch nicht mit dem Argument, durch die Mehrzahlung solle das Eintreibungsrisiko abgegolten werden, erklären, weil ein nach kaufmännischen Grundsätzen geführtes Unternehmen für die äußerst geringe Chance, anstatt S 34,8 Mio S 42 Mio zu bekommen, niemals das Risiko auf sich nehmen würde, überhaupt nichts zu erhalten; wobei im gegenständlichen Fall dieses Risiko praktisch zur Gewißheit werde, wenn man bedenke, daß HK SA eine Briefkastenfirma sei und daß die Forderung gegen diese Firma auf äußerst mysteriöse Weise zustande gekommen sei. Daß es sich bei der HK SA um eine Briefkastenfirma handle, gehe eindeutig aus den Ermittlungen hervor. Daran ändere auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, das Unternehmen sei durch Prof N vertreten worden, nichts. Die Person des Repräsentanten sei für die Beantwortung der Frage, ob eine Briefkastenfirma vorliege oder nicht, ohne jede Bedeutung. Daß die Forderung gegen die Firma HK SA dubios sei, gehe allein schon daraus hervor, daß die Konzerngesellschaft der Beschwerdeführerin beim Forderungserwerb vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin diese als zweifelhafte Forderung in ihre Bilanz 1986 eingestellt habe. Berücksichtige man dann noch die der Forderung zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte, so werde der Zweifel am Bestehen der Forderung zur Gewißheit. Dies umsomehr, als die Beschwerdeführerin selbst bestätigt habe, daß die Rechtsgeschäfte nicht abschließend ausgeführt worden seien.
4)
Die Behauptung der Beschwerdeführerin, der von der H-GmbH gezahlte Kaufpreis in Höhe von DM 2 Mio habe die seit dem Jahre 1982 aufgelaufenen Entwicklungskosten umfaßt, erscheine noch glaubwürdig. Nicht erklärbar sei dagegen, welcher Umstand für die enorme Wertsteigerung, die die Rechte bei der H-GmbH innerhalb eines Zeitraumes von 13 Tagen erfahren hätten, ausschlaggebend gewesen sei. Hiezu sei von der Beschwerdeführerin auch nichts vorgebracht worden. Sie habe nur zur Kaufpreisermittlung hinsichtlich des Weiterverkaufes an die Y International Trading Stellung genommen. Das diesbezügliche Vorbringen eines Bemühens, mit dem Verkaufspreis eine Verlustabdeckung bzw eine bankübliche Verzinsung einer gegenverrechneten Forderung in Zusammenhang mit dem Ankauf der Rechte zu erreichen, sei jedoch für eine nach kaufmännischen und betriebswirtschaftlichen Grundsätzen agierende Käuferin völlig unmaßgeblich. Für diese zähle bei ernstgemeinten Geschäften einzig und allein der Wert, den die Patentanmeldung für sie repräsentiere. Selbst wenn man die Kosten bis zur endgültigen Patenterteilung berücksichtige, sei ein Wert von zunächst S 34,8 Mio und dann S 70 Mio nicht nachvollziehbar, zumal trotz Aufforderung seitens der Behörde weder ein Wertermittlungsgutachten eines Sachverständigen noch eine zahlenmäßig detaillierte Berechnung der Wertsteigerung vorgelegt worden sei.
Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird zunächst die Frage aufgeworfen, ob die belangte Behörde den im § 23 Abs 1 BAO umschriebenen Tatbestand in rechtlich zutreffender Weise erkannt hat. Soweit sich die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf Reeger-Stoll, Tz 2 zu § 23, 123, stützt, wonach für die Anwendung des § 23 BAO kein Raum bleibe, wenn das Ergebnis eines Vertragsabschlusses ernstlich gewollt ist, wenn es also auch in Wirklichkeit bestehen soll, und dazu beschwerdefallbezogen meint, daß nach den unstreitigen Tatsachen der gegenständliche Rechtserwerb keineswegs etwa nur auf dem Vertragspapier aufscheine, sondern unter Aufwendung nicht unerheblicher Kosten tatsächlich erfolgt sei, so berücksichtigt die Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen nur eine Seite des Rechtsgeschäftes, nämlich die Leistungsseite, nicht aber die Gegenleistungsseite. Dem angefochtenen Bescheid ist nun insbesondere zu entnehmen, daß bei Prüfung des Rechtsgeschäftes neben Zweifeln zum Wert der Patentrechte auch Zweifel entstanden sind, ob es der ernstliche Wille der Vertragsparteien war, für die übertragenen Patentrechte (netto) S 29 Mio zu bezahlen bzw zu erhalten. Die belangte Behörde hat daher neben einer wiederholten Aufforderung an die Beschwerdeführerin, alle Unterlagen, die für die Wertermittlung von S 29 Mio entscheidend gewesen seien (Sachverständigengutachten usw), vorzulegen, Ermittlungen einerseits dazu angestellt, wie der Vertragspartner in den Besitz der im Vertrag übertragenen Rechte gelangt ist. Andererseits bezogen sich die Ermittlungen auf die als Gegenleistung für die übertragenen Rechte an Zahlungs Statt abgetretene Forderung.
Das Ersuchen um Vorlage aller Wertermittlungsunterlagen beantwortete die Beschwerdeführerin in ihrer Vorhaltsbeantwortung vom 25. Februar 1991 lapidar damit, daß "direkte Wertermittlungsgutachten" nicht existierten. Die erwähnten Ermittlungen führten ua zu den unbestrittenen Ergebnissen, daß die Vertragspartnerin der Beschwerdeführerin, die H-GmbH, nicht berechtigt war, über die zumindest auch Gegenstand des Vertrags bildenden Gebrauchsmuster zu verfügen, die Patentrechte vom Erfinder am 1. August 1988 (also nicht einmal drei Monate vor dem zu beurteilenden Rechtsgeschäft) an einen Jürgen X, von welchem sie die H-GmbH nach einem nicht von diesem, sondern von seinem Vater unterschriebenen Vertrag erwarb, unentgeltlich übertragen wurden, die H-GmbH beim Finanzamt zwar steuerlich erfaßt, aber - mit Ausnahme des An- und Verkaufes der Patentrechte - keine Geschäftstätigkeit ausgeübt hat, und letztlich die den Kaufpreis aus dem strittigen Geschäft darstellende abgetretene Forderung ursprünglich aus einem letztlich nicht abgewickelten Rechtsgeschäft des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin resultierte, welche über eine Konzerngesellschaft der Beschwerdeführerin - diese hatte die Forderung in ihrer Bilanz als dubios bewertet, wobei diese Einschätzung in der Folge dadurch bestätigt wurde, daß eine Zahlung zu den Fälligkeitstagen tatsächlich nicht erfolgte - im Verrechnungsweg an die Beschwerdeführerin gelangte. Auf Grund dieser ermittelten und von der Beschwerdeführerin wie erwähnt auch nicht bestrittenen Umstände durfte die belangte Behörde aber, ohne gegen Denkgesetze zu verstoßen, ihre Zweifel sowohl an einem nicht dem im Vertrag zum Ausdruck gebrachten entsprechenden Wert der übertragenen Rechte als auch an einer Willensübereinstimmung auf Zahlung eines Kaufpreises von S 29 Mio für die übertragenen Rechte als erhärtet beurteilen.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin liegt darin, daß die belangte Behörde von einer Uneinbringlichkeit der abgetretenen Forderung ausgegangen ist, keine unschlüssige Beweiswürdigung. Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe zu Unrecht nicht zwischen "Rechtsbestand" einer Forderung (welcher im Beschwerdefall zweifelsfrei zu bejahen sei) und der "Durchsetzbarkeit" dieser Forderung unterschieden, ist deswegen unberechtigt, weil hier nicht der Rechtsbestand, sondern gerade die "Durchsetzbarkeit", weil sie uneinbringlich ist, entscheidend ist. Ist eine allenfalls bestehende Forderung nämlich tatsächlich nicht durchsetzbar, so ist deren Wert gleich Null. Selbst für den Fall einer bestehenden Forderung in Höhe von S 42 Mio, die aber - insoweit unbestritten - uneinbringlich ist, kann daher in Übereinstimmung mit der Ansicht der belangten Behörde keine ernstlich gewollte Gegenleistung in Höhe von S 34,8 Mio (einschließlich Umsatzsteuer) gesehen werden. Es war daher schon deshalb nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde von einem Scheingeschäft, und sei es auch nur im Hinblick auf die im Vertrag aufscheinende, in Wahrheit aber nicht vereinbarte Gegenleistung, ausgegangen ist. Die mangelnde Gegenleistung rechtfertigt aber auch die Annahme der belangten Behörde, daß der Vertragsgegenstand - seien es nun die Patentrechte und die unbestritten wertlosen Gebrauchsmuster oder auch nur die Patentrechte - nicht den im Vertrag durch die vereinbarte Gegenleistung zum Ausdruck gebrachten Wert repräsentiere. Die Beschwerdeführerin hat mit Ausnahme des Vertrages selbst trotz wiederholter Aufforderung durch die belangte Behörde keinerlei Anhaltspunkte zum Wert der Patentrechte geliefert. Wenngleich es zutreffen mag, daß - wie die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren vorgebracht hat - ein "direktes Wertermittlungsgutachten" nicht existiert habe, ist es auszuschließen, daß ein Unternehmer ein Wirtschaftsgut im Wert von S 29 Mio anschafft, ohne auch nur über irgendwelche (Kalkulations-)Unterlagen zur Frage des Wertes dieses Wirtschaftsgutes für sein Unternehmen zu verfügen. Um nichts anderes als die Vorlage solcher "Unterlagen" zur Wertermittlung hat die belangte Behörde aber ersucht. Wenn die Beschwerdeführerin solche Unterlagen trotz ausdrücklicher Aufforderung nicht vorgelegt hat, ist der Beschwerdevorwurf unberechtigt, die belangte Behörde hätte im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht ein Sachverständigengutachten einholen müssen, zumal die Patentrechte nicht einmal drei Monate vor dem beschwerdegegenständlichen Rechtsgeschäft vom Erfinder unentgeltlich an einen Dritten übertragen worden waren. Umfang und Intensität der amtswegigen Ermittlungspflicht sind nämlich nur unter Bedachtnahme auf die korrespondierenden Pflichten der Partei bestimmbar. In dem Ausmaß, in dem die Partei zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung ungeachtet ihrer Verpflichtung hiezu nicht bereit ist bzw eine solche unterläßt, tritt die Verpflichtung der Behörde, den Sachverhalt nach allen Richtungen über das von ihr als erwiesen erkannte Maß hinaus zu prüfen, zurück (vgl das hg Erkenntnis vom 3. November 1986, 84/15/0197). Dies ganz abgesehen davon, daß im Hinblick auf die mangelnde Gegenleistung der tatsächliche Wert der Patentrechte als solcher gar nicht mehr entscheidungsrelevant ist.
Ist die behördliche Annahme eines Scheingeschäftes aber das Ergebnis einer schlüssigen Beweiswürdigung, so kommt dem Umstand, daß die im Vertrag übertragenen Rechte in einem späteren Jahr weiterveräußert wurden, und den damit im Zusammenhang stehenden Umständen keine Bedeutung mehr zu. Eine Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Verfahrensrügen ist daher ebenso entbehrlich wie mit den Verfahrensrügen zur Frage der "Funktionsfähigkeit des Patentes" und zur Frage, ob es sich bei der HK SA tatsächlich um eine "Briefkastenfirma" handelte.
Da es der Beschwerde somit nicht gelingt, die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1992140224.X00Im RIS seit
21.06.2001Zuletzt aktualisiert am
25.08.2011