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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant, Hofrat Dr. Schwarz und Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, in der Revisionssache des F C, vertreten durch Rast & Musliu Rechtsanwälte in 1080 Wien, Alser Straße 23/14, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 6. April 2021, VGW-151/060/13569/2019-74, betreffend Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 9. September 2019 wurde der Antrag des Revisionswerbers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, vom 18. August 2017 auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte gemäß § 54 Abs. 1 und 7 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zurückgewiesen und festgestellt, dass der Revisionswerber nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts falle. Begründend hielt die Behörde fest, dass es sich aus näher dargestellten Gründen bei der zwischen dem Revisionswerber und einer tschechischen Staatsangehörigen geschlossenen Ehe um eine Aufenthaltsehe handle.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien nach Durchführung einer (an drei Terminen fortgesetzten) mündlichen Verhandlung sowie nach Vernehmung des Revisionswerbers, dessen Ehegattin und mehrerer Zeugen mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
3 Das Verwaltungsgericht legte im Rahmen seiner mehr als zehnseitigen, detaillierten Beweiswürdigung dar, weshalb es aus vielerlei Gründen, und zwar vor allem aufgrund der in den Aussagen der Eheleuten aufgetretenen Widersprüche, die Auffassung der Behörde teile, wonach gegenständlich eine Aufenthaltsehe vorliege. Es stehe für das Verwaltungsgericht Wien fest, dass zwischen dem Revisionswerber und dessen Ehegattin ein tatsächliches Eheleben nicht bestehe und auch nie bestanden habe. Ausgehend davon bestätigte das Verwaltungsgericht Wien den Bescheid des Landeshauptmanns von Wien.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung im Wesentlichen gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts wendet und einzelne Aspekte der diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen Erwägungen für nicht stichhaltig bzw. nicht tragfähig erachtet. Zudem habe das Verwaltungsgericht weder festgestellt noch nachgewiesen, dass die in Rede stehende Ehe zum ausschließlichen Zweck der Erlangung einer fremdenrechtlichen Berechtigung eingegangen worden wäre.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt festgehalten, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG im Zusammenhang mit der Überprüfung der Beweiswürdigung nur dann vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung ist nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorgangs, nicht aber um die konkrete Richtigkeit handelt, sowie wenn es darum geht, ob die in diesem Denkvorgang gewürdigten Beweisergebnisse in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind (vgl. VwGH 20.5.2019, Ra 2018/22/0011, Pkt. 4.2. der Entscheidungsgründe, mwN).
9 Eine derartige vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unvertretbarkeit vermag der Revisionswerber mit seinem - letztlich nur die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes bekämpfenden - Vorbringen fallbezogen nicht aufzuzeigen. Die Revision legt nicht dar, dass diese auf eine Mehrzahl von Aspekten gestützte Beweiswürdigung unvertretbar wäre. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts gründen sich zudem auf ein umfangreiches Ermittlungsverfahren und beruhen in weiten Teilen auf den im Rahmen mehrerer Verhandlungstermine erzielten Ermittlungsergebnissen. Eine Verkennung der amtswegigen Ermittlungspflichten ist dem Verwaltungsgericht somit nicht vorzuwerfen.
10 Aus den dargelegten Erwägungen liegen die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor. Die Revision erweist sich daher als unzulässig und war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 29. November 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021220134.L00Im RIS seit
27.12.2021Zuletzt aktualisiert am
25.01.2022