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21/01 Handelsrecht;Norm
AbgÄG 1994 Art10 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der Oesterreichischen Nationalbank in Wien, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Stadtgemeinde Innsbruck vom 30. März 1995, Zl. MD/I-1624/1995, betreffend Feststellung der Kommunalsteuerpflicht, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Schreiben an den Magistrat der Landeshauptstadt Innsbruck (im folgenden: Erstbehörde) vom 13. Juli 1994 vertrat die beschwerdeführende Oesterreichische Nationalbank die Auffassung, sie sei nicht Unternehmer im Sinne des Kommunalsteuergesetzes 1993 (KommStG 1993), weshalb die von ihr an ihre Dienstnehmer in der Zweiganstalt Innsbruck ausbezahlten Arbeitslöhne zur Gänze nicht der Kommunalsteuer unterlägen. Sie bitte um Rückantwort bzw. um Erlassung eines Feststellungsbescheides im Falle der Ablehnung ihrer Rechtsansicht.
Die Erstbehörde teilte mit Schreiben vom 4. August 1994 mit, daß ihrer Auffassung nur im Bereich der Vollziehung devisenrechtlicher Vorschriften das Fehlen eines Unternehmensbereiches angenommen werden könne, weshalb ersucht werde, den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides zu konkretisieren und nähere Angaben über das Ausmaß der Tätigkeit auf diesem Gebiet zu machen.
Im Schreiben an die Erstbehörde vom 1. September 1994 vertrat die Beschwerdeführerin wiederum die Auffassung, sie habe keinen Unternehmensbereich, und beantragte die bescheidmäßige Feststellung, daß die an ihre Dienstnehmer in der Zweiganstalt Innsbruck ausbezahlten Bezüge nicht der Kommunalsteuer unterlägen.
Mit Bescheid der Erstbehörde vom 3. November 1994 wurde der von der Beschwerdeführerin gestellte Feststellungsantrag abgewiesen und ausgesprochen, daß die Beschwerdeführerin mit ihrer Zweiganstalt in Innsbruck bezüglich der gesamten an ihre Dienstnehmer ausbezahlten Arbeitslöhne der Kommunalsteuerpflicht unterliege. In der Begründung dieses Bescheides hielt die Erstbehörde den gestellten Feststellungsantrag für zulässig, jedoch insbesondere im Hinblick auf § 3 Abs. 1 3. Satz KommStG 1993 (i.d.F. des Art. X Z. 1 AbgÄG 1994 BGBl. Nr. 680) für unbegründet. Da sich die von der Beschwerdeführerin begehrte Feststellung nicht auf einen bestimmten Zeitraum erstreckt habe, sei von der Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung auszugehen gewesen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, § 3 Abs. 1 3. Satz KommStG 1993 sei auf sie nicht anzuwenden, weil sie nicht nach handelsrechtlichen Vorschriften zur Buchführung verpflichtet sei sondern aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften. Dies habe zur Folge, daß sie nicht kraft ihrer Rechtsform der Kommunalsteuerpflicht unterliege.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 13. Jänner 1995 gab die Erstbehörde der Berufung keine Folge. In der Begründung trat sie der Auffassung der Beschwerdeführerin, auf sie treffe § 7 Abs. 3 KStG 1988 nicht zu, entgegen.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde aus, zentrale Bedeutung komme § 3 Abs. 1 3. Satz KommStG 1993 (i.d.F. des AbgÄG 1994) zu. Die dort genannten Rechtsgebilde seien stets und in vollem Umfang als Unternehmer anzusehen, und zwar unabhängig davon, ob das Gebilde unternehmerisch oder nicht unternehmerisch tätig sei. Bei den in dieser Gesetzesstelle genannten Körperschaften im Sinne des § 7 Abs. 3 KStG 1988 handle es sich u.a. um Aktiengesellschaften. Die Beschwerdeführerin sei in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft eingerichtet. Auch wenn § 129 Aktiengesetz (durch das Rechnungslegungsgesetz-RLG BGBl. Nr. 475/1990) aufgehoben worden sei, habe sich nichts an der Buchführungspflicht der Aktiengesellschaften nach handelsrechtlichen Vorschriften geändert, weil die neuen Regelungen über die Rechnungslegung (Buchführung) zufolge § 6 in Verbindung mit § 38 HGB auch bei Kapitalgesellschaften anzuwenden seien. Daran ändere auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf § 67 Abs. 2 Nationalbankgesetz 1984-NBG, BGBl. Nr. 50/1984, nichts, denn die in der genannten Gesetzesstelle enthaltene Anordnung, daß Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung nach den allgemeinen kaufmännischen Grundsätzen aufzustellen seien, lasse in Verbindung mit dem Rechnungslegungsgesetz auf das Bestehen einer handelsrechtlichen Verpflichtung der Beschwerdeführerin im Sinne des § 7 Abs. 3 KStG 1988 (Buchführungspflicht nach handelsrechtlichen Vorschriften) schließen. Die Beschwerdeführerin falle demnach unter § 3 Abs. 1 3. Satz KommStG 1988, sodaß Kommunalsteuerpflicht "kraft Rechtsform" bestehe.
Im übrigen würde die Unternehmereigenschaft einer Rechtsperson des privaten Rechtes nicht dadurch ausgeschlossen, daß sie eine Tätigkeit als sogenannter "beliehener Unternehmer" ausübe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht, Kommunalsteuer nur nach Maßgabe des Kommunalsteuergesetzes in der geltenden Fassung entrichten zu müssen, als verletzt und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 3 Abs. 1 KommStG 1993 (in der seit 27. August 1994 geltenden Fassung des AbgÄG 1994) lautet wie folgt:
"§ 3. (1) Das Unternehmen umfaßt die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn (Überschuß) zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. Als Unternehmer und Unternehmen gelten stets und in vollem Umfang Körperschaften im Sinne des § 7 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes 1988, Stiftungen sowie Mitunternehmerschaften im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988 und sonstige Personengesellschaften."
§ 7 Abs. 3 KStG 1988 hat folgenden Inhalt:
"(3) Bei Steuerpflichtigen, die auf Grund der Rechtsform nach handelsrechtlichen Vorschriften zur Buchführung verpflichtet sind, sind alle Einkünfte (§ 2 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988) den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 23 Z. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988) zuzurechnen. Bei Betrieben gewerblicher Art (§ 2), die nach handelsrechtlichen Vorschriften zur Buchführung verpflichtet sind, und bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ist der Gewinn nach § 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 zu ermitteln."
§ 67 Abs. 2 NBG hat folgenden Wortlaut:
"(2) Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung sind nach den allgemeinen kaufmännischen Grundsätzen aufzustellen und mit 31. Dezember jedes Jahres abzuschließen. Hiebei sind die im Besitz der Bank befindlichen Wertpapiere zum Tageskurs des 31. Dezember in die Bilanz einzustellen; wenn dieser Kurs jedoch höher ist als der seinerzeitige Ankaufskurs, erfolgt die Einstellung in die Bilanz auf Grundlage des letzteren."
§ 72 Abs. 1 NBG in der Fassung des Art. II Z. 1 BGBl. Nr. 697/1991 lautet wie folgt:
"(1) Das geschäftliche Ergebnis des gemäß § 67 unter Beachtung von § 69 Abs. 1 erstellten Jahresabschlusses ist als Einkommen im Sinne des § 22 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 der Steuerbemessung zugrunde zu legen. Die Körperschaftsteuer ist beim Einkommen nicht zu berücksichtigen."
2. Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, sie sei keine Körperschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 KStG 1988, weil § 72 Abs. 1 NBG lex specialis zu § 7 Abs. 3 KStG 1988 sei. Aufgrund der im § 72 Abs. 1 NBG enthaltenen Bestimmung, was als Einkommen im Sinne des § 22 Abs. 1 KStG 1988 der Steuerbemessung zugrunde zu legen sei, sei die im § 7 Abs. 3 KStG 1988 enthaltene Zurechnungsvorschrift auf die Beschwerdeführerin nicht anwendbar.
Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß der im § 3 Abs. 1 3. Satz KommStG 1993 enthaltene Hinweis auf Körperschaften im Sinne des § 7 Abs. 3 KStG 1988 keinen Verweis auf die Zurechnungsvorschriften dieser Gesetzesstelle enthält, sondern allein den dort verwendeten Begriff der Körperschaften, die aufgrund ihrer Rechtsform nach handelsrechtlichen Vorschriften zur Buchführung verpflichtet sind, übernimmt. § 72 Abs. 1 NBG enthält nichts, was mit der Auffassung, die Beschwerdeführerin sei als Aktiengesellschaft nach handelsrechtlichen Vorschriften zur Buchführung verpflichtet, nicht vereinbar wäre.
3. Die Beschwerdeführerin meint, sie sei nicht aufgrund ihrer Rechtsform nach handelsrechtlichen Vorschriften zur Buchführung verpflichtet, sondern aufgrund des § 67 Abs. 2 NBG. Bei diesem Gesetz handle es sich um Vorschriften des besonderen Verwaltungsrechtes, somit des öffentlichen Rechtes, und nicht um handelsrechtliche Vorschriften.
Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß sich die Buchführungspflicht der Beschwerdeführerin, die zufolge § 2 Abs. 1 NBG eine Aktiengesellschaft ist, aus § 6 in Verbindung mit den §§ 189 ff HGB ergibt (vgl. Torggler in Straube HGB II/RLG, § 189 Rz 3 und 8 ff; Fellner, KommStG, § 3 Rz 23). Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Vorschrift des § 67 Abs. 2 NBG statuiert nicht ihre Buchführungspflicht, sondern enthält - wie andere Regelungen des Art. XII (das sind die §§ 67 bis 70) NBG - besondere Bestimmungen über die Bewertung bestimmter Vermögensgegenstände im Jahresabschluß. Im übrigen sind auch diese Bestimmungen handelsrechtlicher Natur (vgl. Torggler, a.a.O., vor § 189 Rz 21).
4. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, § 3 Abs. 1
3. Satz KommStG 1993 enthalte nur eine Auslegungsregel für solche Rechtsträger, die typischerweise unternehmerisch tätig seien. Die Beschwerdeführerin sei jedoch typischerweise nicht unternehmerisch tätig, sondern erfülle aufgrund des NBG, des Devisengesetzes, des Bankwesengesetzes und anderer Gesetze öffentliche Aufgaben. Sie sei nur deshalb in der Rechtsform der Aktiengesellschaft errichtet worden, weil diese im Zeitpunkt der erstmaligen Gründung der Notenbank im Jahr 1816 die einzige mögliche Rechtsform für eine vom Staat unabhängige Institution gewesen sei. Das NBG weiche in zahlreichen Punkten vom Aktiengesetz ab.
Der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung, bei § 3 Abs. 1 3. Satz KommStG 1993 handle es sich um eine Auslegungsregel, kann sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anschließen, weil sie auch im äußersten möglichen Wortsinn dieser Gesetzesstelle keine Deckung findet. Diese Gesetzesstelle bestimmt mit einer kaum überbietbaren Deutlichkeit ("als Unternehmen gelten stets und in vollem Umfang ..."), daß die darin genannten Körperschaften, Stiftungen, Mitunternehmerschaften und sonstigen Personengesellschaften als Unternehmer gelten. Es ist daher ohne Belang, ob und in welchem Ausmaß eine solche Körperschaft unternehmerische Tätigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 2. Satz KommStG 1993 entfaltet.
Im Hinblick darauf, daß solche Körperschaften "stets und in vollem Umfang" als Unternehmer gelten, kommt auch entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin eine Aufteilung im Sinne des § 5 Abs. 3 KommStG 1993 nicht in Betracht (vgl. Fellner, a.a.O, § 3 Rz 21). Eine solche Aufteilung kommt begrifflich nur bei solchen Unternehmen in Frage, die nicht nach dem Gesetz "stets und in vollem Umfang" als Unternehmer gelten und bei denen daher eine Trennung in eine unternehmerische Tätigkeit (arg. "insoweit" in § 5 Abs. 3 KommStG 1993) und eine nichtunternehmerische Tätigkeit möglich ist.
Die von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang gegen § 3 Abs. 1 3. Satz KommStG 1993 vorgetragenen gleichheitsrechtlichen Bedenken teilt der Verwaltungsgerichtshof - unter Zugrundelegung der gebotenen Durchschnittsbetrachtung - nicht, weshalb er für die von der Beschwerdeführerin angeregte Antragstellung gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG keine Veranlassung sieht.
5. Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, daß die Rechtslage, auf welche die belangte Behörde ihren Bescheid gestützt habe, erst seit 27. August 1994 bestehe. Der Zeitraum davor hätte aber im Hinblick auf die damals bestehende Rechtslage anders beurteilt werden müssen.
Mit diesen Ausführungen verkennt die Beschwerdeführerin das Wesen des angefochtenen Bescheides. Dieser enthält keinen Abspruch über die Kommunalsteuerpflicht für vergangene Zeiträume, sondern bezieht sich auf die im Zeitpunkt seiner Erlassung bestehende Sach- und Rechtslage und entfaltet bindende Wirkung ab seiner Erlassung bis zu einer wesentlichen Änderung der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung maßgeblichen Sach- und Rechtslage. Richtig ist der Hinweis der Beschwerdeführerin, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann, wenn darüber abzusprechen ist, was für einen bestimmten Zeitraum rechtens war, nicht die im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides bestehende Rechtslage maßgeblich ist sondern die in dem betreffenden Zeitraum geltende. Einen solchen zeitraumbezogenen Abspruch, z.B. die Festsetzung einer Abgabe für einen bestimmten Zeitraum, enthält der angefochtene Bescheid nicht, sodaß die Frage, wie die Kommunalsteuerpflicht hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin in der Zeit vor dem 27. August 1994 gewährten Arbeitslöhne zu beurteilen ist, in diesem Verfahren auf sich beruhen kann.
6. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erwiesen hat, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995140073.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
06.10.2011