TE Vwgh Beschluss 2021/11/30 Ra 2021/20/0350

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Veröffentlicht am 30.11.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Revisionssache des M B in W, vertreten durch Mag. Doris Steinhausen, Rechtsanwältin in 1090 Wien, Türkenstraße 15, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juli 2021, W153 2188703-1/14E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der aus dem Iran stammende Revisionswerber stellte am 15. Jänner 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

2        Mit dem Bescheid vom 22. Februar 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Mit Erkenntnis vom 30. Juli 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Zu ihrer Zulässigkeit bringt die Revision vor, das Bundesverwaltungsgericht habe eine antizipierende Beweiswürdigung vorgenommen, sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach allein aus dem Umstand, dass im Herkunftsland nach den Länderberichten Urkundenfälschungen häufig seien, nicht auf das Vorliegen einer Fälschung im konkreten Fall geschlossen werden dürfe (Hinweis auf VwGH 18.4.2002, 2001/01/0397; 4.11.2004, 2002/20/0391), und habe weitere Ermittlungen zur Echtheit und Richtigkeit der Urkunde unterlassen.

8        Das Bundesverwaltungsgericht befasste sich mit dem bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren übersetzten Inhalt der vorgelegten Urkunde und legte seiner Beweiswürdigung in erster Linie Widersprüche zwischen dem Inhalt des Dokuments und den Angaben des Revisionswerbers sowie Widersprüchlichkeiten und Unstimmigkeiten in dessen Aussagen (etwa hinsichtlich des Zeitpunktes der behaupteten Kenntniserlangung von der Existenz des Gerichtsurteils) zugrunde. Entgegen dem Revisionsvorbringen stützte es sich nicht ausschließlich darauf, dass sich aus den Länderfeststellungen die leichte Erhältlichkeit falscher und gefälschter Dokumente im Iran ergäbe, sondern führte diesen Umstand nur ergänzend an.

9        Angesichts dessen zeigt die Revision mit dem Vorbringen, eine fachmännische Beurteilung der Echtheit der Urkunde sei unterlassen worden, keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf. Die Frage, ob auf Basis eines konkret vorliegenden Standes eines Ermittlungsverfahrens ein „ausreichend ermittelter Sachverhalt“ vorliegt oder ob weitere amtswegige Erhebungen erforderlich sind, stellt nämlich regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern eine jeweils einzelfallbezogen vorzunehmende Beurteilung dar. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 15.3.2021, Ra 2021/20/0043, mwN), was das Zulässigkeitsvorbringen nicht erkennen lässt.

10       Überdies ist der Verwaltungsgerichtshof nach ständiger Rechtsprechung als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtsicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der - zur Rechtskontrolle berufene - Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 20.10.2021, Ra 2021/20/0290, mwN). Dass das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung eine unschlüssige Beweiswürdigung vorgenommen hätte, zeigt die Revision - deren Vorbringen sich nur auf Teilaspekte der Beweiswürdigung bezieht - nicht auf.

11       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 30. November 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200350.L00

Im RIS seit

24.12.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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