TE Pvak 2021/7/2 A15-PVAB/21

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Veröffentlicht am 02.07.2021
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Norm

PVG §41 Abs1
PVGO §1 Abs1
PVGO §5 Abs1
PVGO §5 Abs2
PVGO §6

Schlagworte

Antragsberechtigung PV; Zuständigkeit PVAB; Prüfung des Verhaltens einzelner PV nur bei Zurechenbarkeit; Tagesordnung von PVO-Sitzungen; Aufnahme von TOP in die TO; Ergänzung der TO; keine Streichung von TOP; Vertagung von TOP; TO keine inhaltliche Festlegung

Text

 

 

A 15-PVAB/21

Bescheid

Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde (PVAB) hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr.in Anita PLEYER als Vertreterin des Dienstgebers und Dr. Wolfgang SETZER als Vertreter der Dienstnehmer/innen über den Antrag des ZA-Mitglieds A (Antragsteller), die Geschäftsführung des Vorsitzenden des Zentralausschusses ***) (ZA) wegen Aufnahme zweier Tagesordnungspunkte (TOP 9: „Disziplinaranzeige gegen den Antragsteller“; TOP 10: „Freigabe des Antragstellers zur disziplinären Verfolgung“) in die mit der Einberufung der ZA-Sitzungen für März 2021 und April 2021 versendeten Tagesordnungen dieser Sitzungen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, gemäß § 41 Abs. 1 PVG entschieden:

Der Antrag wird mangels rechtswidriger Geschäftsführung des ZA-Vorsitzenden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit E-Mail vom 16. April 2021 beantragte ZA-Mitglied A (Antragsteller), die Geschäftsführung des ZA-Vorsitzenden wegen dessen Einberufung der ZA-Sitzung für April 2021 unter Anschluss einer Tagesordnung, die zwei nach Meinung des Antragstellers gesetzwidrige TOP enthielt, nämlich die Erstattung einer Disziplinaranzeige gegen den Antragsteller wegen Gesundheitsgefährdung von Mitarbeiter/innen durch Nichteinhaltung der COVID-Schutzbestimmungen (TOP 9) und die Freigabe des Antragstellers zur disziplinären Verfolgung (TOP 10). Ebenso wie bereits in der ZA-Sitzung vom März 2021 versuche der ZA-Vorsitzende lt. Antragsvorbringen damit, ein ZA-Mitglied anderer Fraktion entgegen den Vorgaben des PVG zu disziplinieren.

Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die vom ZA-Vorsitzenden B mit der Einladung zur ZA-Sitzung für März 2021 in der Tagesordnung erstmals versendeten TOP lauteten:

10. Vors.         Disziplinaranzeige bzgl. Gefährdung der Gesundheit von Mitarbeitern durch Nichteinhaltung der COVID-Schutzbestimmungen durch ZA-Mitglied A Bericht, Beschluss

11. Vors.         Disziplinaranzeige TOP 10 ZA-Mitglied A; Freigabe zur Disziplinären Verfolgung; Bericht, Beschluss

In den ZA-Sitzungen vom März, April, Mai und Juni 2021 wurden diese beiden TOP (seit April TOP 9 und TOP 10 der jeweiligen Sitzung) trotz der Einwände der Vertreter der Minderheitsfraktionen vom ZA durch Beschluss mehrheitlich in den Tagesordnungen belassen, jedoch die Behandlung der beiden TOP in mehreren Vertagungsschritten immer wieder aufgeschoben. In der ZA-Sitzung im Juni 2021 wurde letztlich die Debatte darüber einstimmig bis zum Vorliegen der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) über die Beschwerde des Antragstellers zum Bescheid der PVAB zu GZ A 5-PVAB/21 vertagt.

Eine inhaltliche Beschlussfassung zu diesen beiden TOP im ZA erfolgte nicht.

Da sowohl dem Antragsteller als auch den übrigen ZA-Mitgliedern der entscheidungsrelevante Sachverhalt im Detail bekannt ist, war ein Vorgehen der PVAB gemäß § 45 Abs. 3 AVG („Parteiengehör“) nicht erforderlich und hatte daher aus Gründen der Verfahrensökonomie zu unterbleiben.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 41 Abs.1 PVG sind antragsberechtigt an die PVAB u.a. Personen, die die Verletzung ihrer Rechte durch gesetzwidrige Geschäftsführung eines PVO behaupten.

Antragsberechtigt nach § 41 Abs. 1 PVG sind auch die Mitglieder eines PVO, weil diesen Anspruch auf gesetzmäßige Geschäftsführung des PVO auch im Innenverhältnis zukommt, sofern sie die nunmehr bekämpfte Angelegenheit nicht mitgetragen haben. Der Antragsteller ist Mitglied des ZA und fühlt sich durch die Aufnahme der beiden verfahrensgegenständlichen TOP in die Tagesordnungen für die ZA-Sitzungen im März und April 2021 durch den ZA-Vorsitzenden in seinen ihm durch das PVG gewährleisteten Rechten auf gesetzmäßige Geschäftsführung des ZA verletzt.

Seine Antragsberechtigung ist gegeben.

Die PVAB ist gemäß § 41 Abs. 1 PVG zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung von PVO berufen und nicht zur Beurteilung des Verhaltens einzelner Mitglieder von PVO, es sei denn, deren Verhalten ist dem PVO zuzurechnen.

Es steht außer Zweifel, dass die Handlungen und Unterlassungen des ZA-Vorsitzenden B für den ZA dem Kollegialorgan zuzurechnen sind. Daher belasten sie die Geschäftsführung des ZA mit Gesetzwidrigkeit, sofern sie entgegen den Vorgaben des PVG erfolgen.

§ 5 Abs 1 PVGO sieht vor, dass die Tagesordnung von dem die Sitzung einberufenden Mitglied des PVO festzulegen und jedes Mitglied berechtigt ist, Punkte auf die Tagesordnung setzen zu lassen.

Gemäß § 5 Abs. 2 PVGO ist die Tagesordnung vom Vorsitzenden nach Eröffnung der Sitzung und Feststellung der Beschlussfähigkeit des Ausschusses zu verlesen. Aus § 5 Abs. 2 zweiter Satz PVGO ergibt sich, dass die Tagesordnung auch noch in der Sitzung erweitert werden darf, jedoch nicht durch den Vorsitzenden, sondern nur durch einen Beschluss des PVO, der noch vor dem Eingehen in die Tagesordnung zu erfolgen hat (PVAK 15.11.2012, A 27-PVAK/11).

Aus § 5 Abs. 1 und 2 PVGO in Verbindung mit § 6 PVGO folgt zudem eindeutig, dass nach dem klaren Wortlaut des Verordnungstextes die vom Vorsitzenden verschickten TOP nicht mehr aus der Tagesordnung gestrichen werden dürfen, weil nach §§ 5 und 6 PVGO nur die Ergänzung der TO, nicht aber eine Streichung von TOP durch Beschluss des PVO rechtlich möglich ist.

Nach dem Eingehen in die Tagesordnung besteht für das PVO aber die Möglichkeit, bestimmte TOP durch Beschluss nach ordnungsgemäßer Debatte auf spätere Sitzungen zu vertagen. Erfolgte die Vertagung bestimmter TOP, ist der Vorsitzende dazu verpflichtet, diese TOP in die Tagesordnung der nächsten Sitzung aufzunehmen, was im vorliegenden Fall nach Vertagung der beiden verfahrensgegenständlichen TOP in der Sitzung vom 23.03.2021 für die weiteren ZA-Sitzungen der Fall war.

Es stellt sich die rechtliche Frage, ob die Aufnahme der beiden vom Antragsteller als gesetzwidrig erachteten TOP in die Tagesordnung der ZA-Sitzung vom März 2021 durch den Vorsitzenden rechtswidrig erfolgte und damit die Geschäftsführung des ZA mit Gesetzwidrigkeit belastet.

Diese Frage ist aus rechtlicher Sicht zu verneinen.

Wie allen Mitgliedern des ZA steht auch dem ZA-Vorsitzenden das Recht zu, TOP auf die Tagesordnung von ZA-Sitzungen zu setzen.

Die ausgesendete Tagesordnung beinhaltet – ebenso wenig wie die allenfalls ergänzte Tagesordnung einer ZA-Sitzung – noch keine inhaltlichen Festlegungen der Geschäftsführung des ZA. Die einzelnen TOP beinhalten lediglich die Themen (Materien), mit denen sich der ZA entsprechend der Tagesordnung in der jeweiligen Sitzung zu beschäftigen hat.

Den TOP der Tagesordnung einer ZA-Sitzung kommt daher erst dann Relevanz in rechtlicher Hinsicht zu, wenn die entsprechenden Beschlüsse nach ordnungsgemäßer Debatte gefasst sind. Dabei steht es dem ZA in pflichtgemäßem Ermessen frei, den Anträgen des ZA-Vorsitzenden – allenfalls in modifizierter Form - zu folgen, die vom Vorsitzenden auf die Tagesordnung gesetzten TOP zu vertagen oder die entsprechenden Anträge des Vorsitzenden durch Beschluss abzulehnen. Erst dann, wenn ein TOP abgehandelt wurde und ein Beschluss des ZA vorliegt, kann die allfällige Gesetzwidrigkeit des Beschlusses – und nicht des TOP – durch die PVAB geprüft und beurteilt werden.

Dass der Vorsitzende Themen in die Tagesordnung aufnimmt, die seiner Meinung nach vom ZA behandelt werden sollten, kann keine gesetzwidrige Geschäftsführung darstellen, weil er wie alle ZA-Mitglieder, wie bereits ausgeführt, ex lege nach § 5 Abs. 1 PVGO dazu berechtigt ist, seine Wünsche zur Tagesordnung zu äußern, weshalb auch die von ihm gewünschten Punkte Eingang in die Tagesordnung zu finden haben. Nochmals sei in diesem Zusammenhang betont, dass ein TOP nur ein Thema darstellt, dessen Diskussion und abschließende Behandlung der Beschlussfassung des Ausschusses als Kollegialorgan obliegt.

Die Aussendung der Tagesordnung, in die der Vorsitzende von ihm gewünschte TOP aufnimmt, erfolgt daher gemäß § 5 Abs. 1 PVGO in gesetzmäßiger Geschäftsführung.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass mit der Aufnahme eines TOP, um bestimmte Themen (Materien) im ZA zu behandeln, in die Tagesordnung einer Sitzung durch den ZA-Vorsitzenden nach § 5 Abs. 1 PVGO keine Gesetzwidrigkeit verbunden sein kann, und zwar unabhängig davon, ob die Beschlussfassung im ZA zu diesem TOP allenfalls zur Gesetzwidrigkeit seiner Geschäftsführung führen könnte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 2. Juli 2021

Die Vorsitzende:

Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:PVAB:2021:A15.PVAB.21

Zuletzt aktualisiert am

23.12.2021
Quelle: Personalvertretungsaufsichtsbehörde Pvab, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/personalvertretungsaufsichtsbehorde
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