TE Lvwg Erkenntnis 2021/12/15 LVwG-2021/35/3168-1

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Veröffentlicht am 15.12.2021
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Entscheidungsdatum

15.12.2021

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol

Norm

AVG §8
AVG §68 Abs1
NatSchG Tir 2005 §17 Abs1 litb

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Christ über die Beschwerde von Herrn AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 18.10.2021, ***, betreffend den Antrag auf Aufhebung eines im forstrechtlichen Verfahren ergangenen Bescheides und den Antrag auf Wiederherstellung des vorigen Zustandes nach Maßgabe des TNSchG 2005

zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.   Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensablauf:

1. Zum angefochtenen Bescheid vom 18.10.2021, ***:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 12.10.2020, ***, wurde Herrn BB, Z, in dem im gegenständlichen Beschwerdeverfahren maßgeblichen Spruchpunkt I. die forstrechtliche Bewilligung für die dauernde Rodung einer Teilfläche des Grundstücks **1, KG ***** X, im Gesamtausmaß von 12.093 m2 zur Errichtung eines Damwildgeheges zur Zucht und Fleischgewinnung erteilt. Mit Spruchpunkt II. wurde die Anzeige des Herrn BB, Z, über die Haltung von Damwild zur Zucht und Fleischgewinnung auf dem oa. Grundstück tierschutzrechtlich zustimmend zur Kenntnis genommen.

Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 16.12.2020, ***, wurde die Beschwerde des Herrn AA, Z, gegen den genannten Spruchpunkt II. (tierschutzrechtliche Kenntnisnahme) als unzulässig zurückgewiesen.

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 06.07.2021, ***, wurde die Beschwerde des Herrn AA, Z, gegen den genannten Spruchpunkt I. (Rodungsbewilligung für ein Damwildgehege) als unbegründet abgewiesen.

Mit Eingabe vom 8.10.2021 hat Herr AA, Z, bei der Bezirkshauptmannschaft Y einen Antrag auf Aufhebung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 12.10.2020, ***, eingebracht und des Weiteren die Wiederherstellung des vorigen Zustandes auf der Gp. **1, KG ***** X, in Bezug auf diverse bauliche Maßnahmen beantragt.

Mit dem in weiterer Folge erlassenen und nunmehr angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde wie folgt:

„I.

(Aufhebung des Bescheides)

Der Antrag des Herrn AA, Z, um Aufhebung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 12.10.2020, ***, wird gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 58/2018, zurückgewiesen.

II.

(Wiederherstellung des vorigen Zustandes)

Dem Antrag des Herrn AA, Z, auf Wiederherstellung des vorherigen Zustandes in Bezug auf diverse baulichen Maßnahmen auf dem Gst. **1, KG ***** X, wird gemäß § 43 Tiroler Naturschutzgesetz (TNSchG) 2005 i.V.m. § 8 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 58/2018, nicht Folge gegeben.“

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen wie folgt aus:

„Gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Aufgrund der vorliegenden Rechtslage und des rechtskräftigen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 12.10.2020, Zahl ***, war spruchgemäß zu entscheiden.

ZU SPRUCHPUNKT II.:

Gemäß § 8 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte; insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

Aufgrund der angeführten Rechtslage konnte zum Ansuchen der Wiederherstellung des vorherigen Zustandes des Herrn AA eine Parteistellung nicht abgeleitet werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.“

Laut dem im Akt beiliegenden Rückschein wurde der im vorliegenden Fall angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer am 29.10.2021 zugestellt.

2. Beschwerde:

Gegen den unter Z 1 genannten Bescheid erhob Herr AA Beschwerde, welche am 26.11.2021 per Mail an die Bezirkshauptmannschaft Y übermittelt wurde.

Begründet wird diese Beschwerde wie folgt:

„Mit Schreiben vom 09.09.2021 habe ich mehrere Anzeigen gegen BB vlg. CC Adresse 2, **** Z im Zusammenhang zur Errichtung eines Damwildgeheges auf Grundparzelle **1 bei der Bezirkshauptmannschaft **** Y zu Hd Hr. DD eingebracht (siehe Beilage).

Weiters habe ich ein Schreiben am 08.10.2021 bei der Bezirkshauptmannschaft **** Y zu Hd. Hr. DD eingebracht, und habe den Antrag auf Aufhebung des Bescheides *** der Bezirkshauptmannschaft **** Y vom 12.10.2020 wegen fehlender rechtlichen Unterlagen gestellt, da zu diesem Zeitpunkt weder eine Änderung des Flächenwidmungsplanes ***, noch eine Änderung des örtlichen Raumordmingskonzeptes *** auf der Gp **1 KG ***** X (BB) seitens der Gemeinde vorhanden war (siehe Beilagen-Kundmachungen Gemeinde Z).

Im Schreiben vom 08.10.2021 (siehe Beilage) habe ich nochmals wie schon im Schreiben vom 09.09.2021 (siehe Beilage) an die BH **** Y zu Hd Hr DD hingewiesen, dass durch die Rodung und Kultivierungsarbeiten teilweise im Sumpfgebiet die EE Hausquelle, da sie unterhalb des Einzugsgebietes liegt, sowie die darunterliegende Wasserquelle massiv gefährdet sind, oder nicht mehr verwendet werden können. Weiters wurde auch die Riese durch die Kultivierungsarbeiten unbrauchbar gemacht und daher ist eine Holzbringung von meiner Gp **2 nicht mehr möglich.

Unverständlich ist auch für mich, wie mehrere Wegbauten und Kultivierungsarbeiten teilweise in Sumpfgebieten ohne Prüfung und Genehmigungen der Umweltbehörde durchgeführt werden konnten.

Weiters möchte ich noch auf das Schreiben vom Amt der Tiroler Landesregierung. Baubezirksamt-Y-Wasserrecht Geschäftszahl, *** v 13 10 2021 v Hr DD hinweisen.

Als befremdend und meiner Meinung nach nicht der Rechtslage entsprechend, finde ich das die beiden Begehungen ohne mich durchgeführt wurden.

Diese Befunde bzw Gutachten sehe ich als Gefälligkeitsgutachten und nicht der Realität entsprechend.

- Die Wasseraustritte befinden sich meiner Meinung sehr wohl im Einzugsbereich der EE Hausquelle ***, da bei größeren Niederschlägen oder Schneeschmelzen die Wasseraustritte neben der Gemeindestraße (Böschung) wo sich unterhalb meine Wasserquelle befindet ersichtlich sind (siehe Foto)

- Unverständlich ist für mich auch, dass oberhalb meiner Hausquelle, wenn 25 ausgewachsene Wildtiere im Sumpfgebiet ihren Kot, Urinausscheidungen und zusätzlich in Nassgebieten suhlen, die Sachverständigen zum Schluss kommen, dass von keiner Beeinträchtigung der EE Hausquelle *** ausgegangen werden kann.

- Das im westlichen des Grundstückes **1 KG ***** X nur durch Windwurf und Schneedruck entwurzelte und beschädigte Bäume entfernt wurden, und tiefgründige Eingriffe in den Untergrund sowie größere Kultivierungsarbeiten nicht festgestellt wurden, entspricht meiner Meinung nicht den Tatsachen. (siehe Foto)

- Weiteres mochte ich hinweisen, dass im nördlichen und im südlich -mittleren Bereich des geplanten Geheges nicht 3 Meter breite Ebenen, sondern mehrere Wege teilweise in Sumpfgebiete errichtet wurden, die sehr wohl einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind. Unterhalb meiner Gp **3 wurde ein Weg gebaut, der östlich sogar ein Sumpfgebiet durchquert Dieser Weg hat zwei Enden aber keinen Anfang.

- Hinweisen möchte ich auch, dass das geplante Wildgehege keine Fläche von 13,5 ha aufweist sondern nur 1,35 ha. und in dieser Gesamtfläche sehr wohl mehrere Sumpf-und artenreiche Nassflächen vorhanden sind, die sehr wohl einem Bewilligungstatbestand unterliegen.

Daher stelle ich den Antrag alle in diesem Schreiben aus meiner Sicht nicht rechtlich abgeklärten Punkte einer Prüfung zu unterziehen.

- Welche Behörde trägt die Verantwortung, dass langfristig meine beiden Wasserquellen nicht beeinträchtigt werden?

- Hat der Bescheid der BH-Y vom … für die Errichtung des Damwildgeheges überhaupt eine Gültigkeit, da zu diesem Zeitpunkt weder eine Änderung des Flächenwidmungsplanes noch eine Änderung des örtlichen Raumorndungskonzeptes vorhanden war? (siehe Kundmachung der Gemeinde Z)“

II. Rechtliche Erwägungen:

1. Zur Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Tirol:

Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Tirol, in der vorliegenden Rechtssache zu entscheiden, gründet in der Bestimmung des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG, wonach über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit die Verwaltungsgerichte erkennen.

Das Landesverwaltungsgericht ist in der gegenständlichen Angelegenheit gem Art 131 Abs 1 B-VG zuständig, zumal sich aus den Abs 2 und 3 dieser Bestimmung keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts des Bundes ergibt.

2. Zur Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde:

Die Beschwerde wurde innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist nach § 7 Abs 4 VwGVG eingebracht und ist insofern rechtzeitig.

Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist die vorliegende Beschwerde auch zulässig.

3. Zur Sache:

Im vorliegenden Fall ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Prüfumfang des Landesverwaltungsgerichtes nach § 27 VwGVG darauf beschränkt ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen, wobei die Beschwerde nach § 9 Abs 1 Z 3 und 4 VwGVG die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, und das Begehren zu enthalten hat.

Das gegenständliche Beschwerdevorbringen ist aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes allerdings nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzulegen.

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Was diesen Spruchpunkt betrifft, ist zunächst klarzustellen, dass aufgrund der Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichtes die gegenständliche Entscheidung lediglich die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des Antrages auf Aufhebung des Spruchpunktes I. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 12.10.2020, ***, nicht aber auch des Spruchpunktes II. betrifft.

Hinsichtlich dieses Bescheides, dessen Aufhebung vom Beschwerdeführer beantragt wurde, hat die belangte Behörde zu Recht ausgeführt, dass dieser bereits in Rechtskraft erwachsen ist, da die dagegen von Herrn AA erhobene Beschwerde vom Landesverwaltungsgericht Tirol mit Beschluss vom 16.12.2020, ***, als unzulässig zurückgewiesen bzw mit Erkenntnis vom 06.07.2021, ***, als unbegründet abgewiesen wurde.

Der im gegenständlichen Fall maßgebliche § 68 AVG lautet wie folgt:

„Abänderung und Behebung von Amts wegen

§ 68.

(1) Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

(2) Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

(3) Andere Bescheide kann die Behörde, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, oder die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im öffentlichen Interesse insoweit abändern, als dies zur Beseitigung von das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährdenden Mißständen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schädigungen notwendig und unvermeidlich ist. In allen Fällen hat die Behörde mit möglichster Schonung erworbener Rechte vorzugehen.

(4) Außerdem können Bescheide von Amts wegen in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde als nichtig erklärt werden, wenn der Bescheid

1. von einer unzuständigen Behörde oder von einer nicht richtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen wurde,

2. einen strafgesetzwidrigen Erfolg herbeiführen würde,

3. tatsächlich undurchführbar ist oder

4. an einem durch gesetzliche Vorschrift ausdrücklich mit Nichtigkeit bedrohten Fehler leidet.

(5) Nach Ablauf von drei Jahren nach dem in § 63 Abs. 5 bezeichneten Zeitpunkt ist eine Nichtigerklärung aus den Gründen des Abs. 4 Z 1 nicht mehr zulässig.

(6) Die der Behörde in den Verwaltungsvorschriften eingeräumten Befugnisse zur Zurücknahme oder Einschränkung einer Berechtigung außerhalb eines Berufungsverfahrens bleiben unberührt.

(7) Auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts steht niemandem ein Anspruch zu. Mutwillige Aufsichtsbeschwerden und Abänderungsanträge sind nach § 35 zu ahnden.“

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 68 Abs 1 AVG (siehe etwa VwGH 21.5.2012, 2010/10/0132, oder VwGH 8.10.2014, 2013/10/0191) sind Anbringen von Beteiligten, die die Abänderung eines formell rechtskräftigen Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wobei die objektive Grenze der Wirkung der Rechtskraft durch die Identität der rechtskräftig entschiedenen Verwaltungssache mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt wird. "Entschiedene Sache" liegt daher vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage, noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Die Rechtskraft wird jedoch auch dann nicht durchbrochen, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid abgewiesenen Begehren nur dadurch unterscheidet, dass es in für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unwesentlichen Nebenumständen modifiziert worden ist.

Dem Beschwerdeführer, der einen auf Grund des § 68 Abs 1 AVG ergangenen Bescheid bekämpft, obliegt es in diesem Zusammenhang, konkret aufzuzeigen, inwiefern sich das den Gegenstand seines neuen Antrages bildende Vorhaben in Umständen von rechtlich erheblicher Bedeutung von jenem unterscheidet, das Gegenstand der rechtskräftigen Entscheidung war. Die Prüfung der Frage, ob der Antrag der Partei zurückzuweisen oder der rechtskräftige Bescheid angesichts des geänderten Sachverhalts abzuändern oder aufzuheben ist, hat ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei bei der zur Entscheidung in erster Instanz zuständigen Behörde vorgebracht wurden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG-Kommentar, Rz 41 zu § 68, und die dort angeführte VwGH-Judikatur).

Nach dem Konzept des AVG dürfen also rechtskräftige Bescheide nicht mehr ohne weiteres aufgehoben oder abgeändert werden. Dies dient der Rechtssicherheit und gewährleistet einen gewissen Vertrauensschutz für die Parteien. Es kann zwar überwiegende öffentliche Interessen geben, einen rechtskräftigen Bescheid nachträglich aufzuheben oder abzuändern, etwa weil er an einem besonders schweren Fehler leidet oder weil seine Auswirkungen den öffentlichen Interessen widerstreiten. Diese der Behörde nach § 68 Abs 2 bis 4 AVG eingeräumte Befugnis, von einem bereits rechtskräftigen Bescheid wieder abzugehen, soll ihr im Interesse der Rechtssicherheit aber nur in ganz bestimmten Ausnahmefällen zustehen. Die Wahrnehmung dieser Befugnisse steht daher nicht im Belieben der Behörde, sondern sie hat dabei Ermessen, wobei insbesondere zwischen der Schwere des Fehlers bzw der Auswirkungen des Bescheides einerseits und dem Prinzip der Rechtssicherheit andererseits abzuwägen ist. Das Vorhandensein der Voraussetzungen für die Abänderung oder Behebung des Bescheides nach den zitierten Bestimmungen muss, da es sich um eine Ausnahme von der grundsätzlich bestehenden materiellen Rechtskraft handelt, immer streng geprüft werden (VwGH 27.05.2014, 2011/10/0197, mit weiteren Nachweisen).

Gemäß § 68 Abs 7 AVG steht auf die Ausübung des der Behörde gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts niemandem ein Anspruch zu (VwGH 25.03.2015, Ra 2015/13/0007 mit weiteren Nachweisen). Durch die Nichtausübung kann somit eine Rechtsverletzung nicht stattfinden (VfGH 13.09.2013, B 349/2013-8).

Vom Beschwerdeführer wurde im vorliegenden Fall ausgeführt, dass der Bescheid vom 12.10.2020, ***, keine Gültigkeit hätte, da zum Zeitpunkt der Entscheidung weder eine Änderung des Flächenwidmungsplanes noch eine Änderung des örtlichen Raumordnungskonzeptes vorgelegen habe.

Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen ist dieses Vorbringen nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Mit seinem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer nämlich nicht darzulegen, dass sich gegenüber dem früheren Bescheid die Rechtslage oder der Sachverhalt wesentlich geändert hätten und wurde auch dargelegt, dass sich laut höchstrichterlicher Rechtsprechung durch die Nichtausübung der der Behörde gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts keine Rechtsverletzung ergeben kann.

Die gegenständliche Beschwerde erweist sich insofern hinsichtlich des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides, soweit damit der Antrag auf Aufhebung des Spruchpunktes I. des Bescheides vom 12.10.2020, ***, zurückgewiesen wurde, als unbegründet und war daher spruchgemäß abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Mit diesem Spruchpunkt hat die belangte Behörde über den Antrag des Beschwerdeführers vom 8.10.2021 auf Wiederherstellung des vorherigen Zustandes entschieden. Dem Antrag wurde mangels Parteistellung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 8 AVG sind Personen, soweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien eines Verwaltungsverfahrens, wobei aber das AVG selbst weder die Parteistellung begründende subjektive Rechte einräumt, noch eine Regelung darüber enthält, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit von einem solchen Recht die Rede sein kann. Die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Parteistellung besitzt, kann also nicht auf Grund des AVG allein, sondern muss vielmehr anhand der Vorschriften des materiellen Rechts, also des Besonderen Verwaltungsrechts – zB des TNSchG 2005 – gelöst werden (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 8 RZ 3 und 4). Da nach dem TNSchG 2005, welches die belangte Behörde als Rechtsgrundlage im Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides nennt, für die naturschutzrechtliche Bewilligung ausschließlich öffentliche Interessen maßgebend sind, führt etwa die Tatsache des Eigentums an der vom Vorhaben erfassten Grundfläche weder zu einem vom Tiroler Naturschutzgesetz anerkannten rechtlichen Interesse noch zu einem Rechtsanspruch des Grundeigentümers auf Versagung der in Rede stehenden Bewilligung. Das soeben für das Grundeigentum Gesagte gilt auch für sonstige dingliche Rechte, die sich auf die vom Vorhaben erfasste Grundfläche beziehen (siehe in diesem Sinn etwa VwGH 16.12.1996, 96/10/0238).

In Verfahren zur Erlangung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung haben somit nur der Bewilligungswerber, die vom Vorhaben berührte Gemeinde und der Landesumweltanwalt eine – teilweise eingeschränkte – Parteistellung. Ein etwa bloß Servitutsberechtigter ist nicht vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses an der genannten Angelegenheit beteiligt.

Für das Landesverwaltungsgericht war im vorliegenden Fall zunächst entscheidend, worauf, also auf welche Sache, sich das gegenständliche Anbringen überhaupt bezieht, weil nur dann beurteilt werden kann, ob der Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse hat. Bei der Ermittlung von Rechtsqualität und Inhalt eines Anbringens kommt es nicht auf die Bezeichnung, sondern auf den Inhalt der Eingabe, also das daraus erkenn- und erschließbare Ziel des Einschreiters an (vgl etwa VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007).

Vor diesem Hintergrund sind jedenfalls die oben genannten Regelungen des TNSchG 2005 über die Parteistellung im Bewilligungsverfahren nur bedingt maßgeblich, da vom Beschwerdeführer zweifellos keine naturschutzrechtliche Bewilligung beantragt wurde. Das TNSchG 2005 enthält nun allerdings in seinem § 17 Regelungen über die Wiederherstellung des früheren Zustandes. Diesbezüglich ist im Abs 1 Folgendes geregelt:

„Wird ein nach diesem Gesetz, einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes oder einem der in der Anlage zu § 48 Abs. 1 genannten Gesetze bewilligungspflichtiges Vorhaben, ausgenommen Werbeeinrichtungen, ohne naturschutzrechtliche Bewilligung oder entgegen einem in diesen Vorschriften enthaltenen Verbot, ohne dass hiefür eine Ausnahmebewilligung vorliegt, ausgeführt, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde demjenigen, der dies veranlasst hat, oder, wenn dieser nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt werden kann, dem Grundeigentümer oder dem sonst über das Grundstück Verfügungsberechtigten mit Bescheid

a) die weitere Ausführung des Vorhabens oder die Verwendung einer Anlage zu untersagen und

b) die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Maßnahmen auf seine Kosten aufzutragen; ist die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht möglich oder kann der frühere Zustand nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand festgestellt werden, so ist dieser zu verpflichten, den geschaffenen Zustand auf seine Kosten so zu ändern, dass den Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 bestmöglich entsprochen wird.“

Der Beschwerdeführer begründet seinen Antrag auf Wiederherstellung damit, dass in Sumpfgebieten und artenreichen Nasswiesen diverse Maßnahmen ohne naturschutzrechtliche Bewilligung durchgeführt worden wären, sodass für das Landesverwaltungsgericht nachvollziehbar ist, wenn die belangte Behörde als Sache des gegenständlichen Ansuchens offenkundig ein Wiederherstellungsverfahren nach dem TNSchG 2005 sieht. Diesbezüglich besteht allerdings kein Zweifel, dass ein solches Verfahren nicht antragsbedürftig ist, sondern von Amts wegen einzuleiten ist, und gegen den Veranlasser oder Grundeigentümer bzw den sonst über das Grundstück Verfügungsberechtigten zu führen ist. Eine Parteistellung – abgesehen von den Amtsparteien - anderer Personen gibt es in diesen Verfahren nicht (vgl hierzu etwa VwGH 27.3.2014, Ro 2014/10/0010).

Insofern ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie dem gegenständlichen Antrag auf Wiederherstellung des vorigen Zustandes mangels Parteistellung keine Folge gegeben hat.

Die vorliegende Entscheidung der belangten Behörde konnte auch ohne Erlassung eines Verbesserungsauftrages an den Beschwerdeführer getroffen werden, da nach der Rechtsprechung des VwGH zwar etwa eine unrichtige Parteienbezeichnung, nicht aber fehlende Parteifähigkeit (vgl VwGH 26.5.2011, 2008/07/0156), einen verbesserungsfähigen Mangel darstellt.

Insgesamt war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Da nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens nur die Frage nach der Parteistellung im Naturschutzverfahren war, konnte durch das Landesverwaltungsgericht keine Klärung inhaltlicher Fragen im Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer behaupteten Beeinträchtigung von Wasserquellen erfolgen und musste vom Landesverwaltungsgericht auch eine allfällige Parteistellung nach anderen Materiengesetzen grundsätzlich nicht geklärt werden. Angemerkt sei diesbezüglich allerdings, dass – soweit der gegenständliche Antrag auf Wiederherstellung als im Zusammenhang mit der forstrechtlichen Bewilligung laut Bescheid vom 12.10.2020 stehend betrachtet wird – sich wohl auch aus dem Forstgesetz 1975 keine Parteistellung des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit dem beantragten Wiederherstellungsverfahren ableiten lässt.

4. Zum Entfall einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Die vorliegende Entscheidung konnte im Sinn des § 24 VwGVG ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Nach dem Abs 1 dieser Bestimmung hat das Verwaltungsgericht nämlich nur auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Im vorliegenden Fall haben weder der Beschwerdeführer noch die sonstigen Parteien des Verfahrens die Durchführung einer Verhandlung beantragt.

Aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichts war aber auch keine Verhandlung erforderlich, da der maßgebliche Sachverhalt schon aufgrund der vorliegenden Akten hinreichend geklärt war und nur rechtliche Fragen zu klären waren, sodass eine mündliche Verhandlung zu keiner weiteren Klärung der Rechtssache hätte beitragen können.

In diesem Zusammenhang betont der VwGH in ständiger Rechtsprechung (siehe etwa VwGH 27.9.2013, 2012/05/0212, oder VwGH 29.1.2014, 2013/03/0004) außerdem, dass die staatlichen Behörden auch auf Aspekte der Effizienz und Verfahrensökonomie Rücksicht und auf das Gebot der angemessenen Verfahrensdauer Bedacht nehmen können.

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die ordentliche Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die maßgeblichen Rechtsfragen nach dem Vorliegen einer entschiedenen Sache, einem Rechtsanspruch auf Ausübung der Befugnisse nach § 68 AVG und nach der Parteistellung im Naturschutzverfahren wurden in Übereinstimmung mit der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung gelöst.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Christ

(Richter)

Schlagworte

Entschiedene Sache
Wiederherstellung
früherer Zustand
Parteistellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.35.3168.1

Zuletzt aktualisiert am

23.12.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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